Redaktion der pilger

Donnerstag, 27. Oktober 2022

Kleines Werk mit großer Wirkung

„Impression, Soleil levant“ ist das berühmteste Gemälde

Vor 150 Jahren schuf Claude Monet ein Bild, das dem Impressionismus seinen Namen gab

Ein buntes Bild mit drei kleinen Fischerbooten im Vordergrund und einer glühenden Sonne im Zentrum, deren Strahlen sich orange im Wasser des Hafens von Le Havre spiegeln. Geschaffen hat es 1872 der französische Maler Claude Monet bei Sonnenaufgang von einem Hotelbalkon aus. Ein Kunstwerk, das Geschichte machen sollte. Sein Titel „Impression, Soleil levant“ gab einer Stilrichtung den Namen, die heute als Impressionismus bekannt ist und ihren Anfang in der Normandie fand.

Monets Sonnenaufgang entstand am 13. November 1872, morgens um 7.35 Uhr. Das jedenfalls haben Wissenschaftler unlängst herausgefunden, als sie Wetterberichte und andere für die Entstehung des Gemäldes relevante Daten wie Wasserstand und Öffnungszeiten der Hafenschleuse miteinander verglichen. Monets Gemälde und damit der Impressionismus feiert damit Mitte November seinen 150. Geburtstag.

Vor allem wie die Sonne, die Landschaften ebenso wie Gebäude, Menschen, Tiere und Pflanzen in immer wieder neues Licht rückte, hatte es den Impressionisten angetan. Kirchenfassaden wie der Kathedrale von Rouen hauchte sie neues Leben ein. Und Gartenlandschaften wie in Giverny erstrahlten in ihrem Glanz in immer neuen Farben.

Den Siegeszug der Impressionisten beschleunigten vor allem zwei Erfindungen. Zum einen die 1841 patentierte Fertigung von Ölfarben in Tuben, die das Malen im Freien möglich machte. Zum anderen die Fotografie. Mit ihr war die Abbildung der Realität nicht mehr nur Sache der Maler, sondern auch der Fotografen, die damit der Malerei ganz neue Perspektiven vermittelten und so den Weg für eine künstlerische Weiterentwicklung der Malerei freimachten.

Claude Monet war einer ihrer Pioniere. 1874 hatte er seine ersten Bilder zusammen mit denen anderer Maler in einem Pariser Fotoatelier ausgestellt, darunter auch seinen in Le Havre gemalten Sonnenaufgang, den mancher Ausstellungsbesucher damals als „von Affen gemalt“ beschimpfte. Als „impressionistisch“ dagegen bezeichnete der Kunstkritiker Louis Leroy Monets Gemälde, was damals allerdings ebenfalls abwertend gemeint war. „Eine Tapete im Urzustand ist ausgearbeiteter als dieses Seestück,“ schimpfte er in seiner Rezension des Bildes.

Mit kurzen Pinselstrichen, teilweise so dünn aufgetragen, dass die Leinwand durchschien, hatte Monet ein Bild geschaffen, von dem er nicht ahnte, dass es große Geschichte machen sollte. Schon seine Titulierung bereitete ihm Schwierigkeiten. „Da ich das Bild schlecht ‚Ansicht von Le Havre‘ nennen konnte, sagte ich: ‚Nennen Sie es Impression.‘“ Mit dem Titel „Impression. Soleil levant“ kam es schließlich zur Ausstellung 1874, wo es für 800 Francs einen Käufer fand, der es vier Jahre später für nur noch 210 Franc an einen Kunstsammler weiterverkaufte. Schließlich hatte Monet in der Zwischenzeit weitere Gemälde auf den Markt gebracht, die sein Meisterstück vergessen ließen.

Als 1878 ein erstes Buch über die „impressionistischen Maler“ erschien, fand Monets Sonnenaufgang nicht einmal mehr Erwähnung. Auch die Organisatoren großer Impressionismus-Ausstellungen fragten lange nicht nach dem Bild, sondern zeigten von Monet lieber den Bahnhof in Paris Saint Lazare oder Ansichten von den Tuilerien. Im Werkverzeichnis des Künstlers wurde das Bild sogar auf 1873 datiert, obwohl es eine Signatur mit der Jahreszahl 1872 trug.

Zu den Wegbereitern des Impressionismus zählte Monets Mentor Eugene Boudin. Er unterhielt in Le Havre ein Geschäft für Malutensilien und Bilderrahmen, in dem er eines Tages den jungen Monet kennenlernte, der sich mit Karikaturen erstes Geld verdient hatte. Boudin nahm ihn mit in die Natur, wo sie ihre Staffeleien aufstellten und die Stimmung am Strand oder in den Häfen in Ölgemälden einfingen. Männer wie Gustave Courbet, Jean-Baptiste Camille Corot, Alfred Sisley oder der Holländer Johan Barthold Jongkind gesellten sich zu ihnen.

Das Licht am Ufer der Seine oder der Atlantikküste, wo die Sonne vor allem morgens und abends grandiose Szenerien zauberte, fand so neu Gestalt. Oft war es unmöglich, auf den Bildern zwischen dem Aufgang der Sonne und ihrem Untergang zu unterscheiden. Auch Monets Hafenbild wurde lange Zeit als Sonnenuntergang („Impression, soleil couchant“) etikettiert. Unter diesem Titel wechselte es 1878 den Besitzer und kam schließlich ins Pariser Museum Marmottan Monet, der heute größten Sammlung von Bildern Monets. Wie Phönix aus der Asche tauchte das Gemälde mit der Hafenszenerie dort Ende der 1950er Jahre endlich als eines der Meisterstücke Monets wieder auf, taxiert auf einen Wert von 50 Millionen Franc. Kein Wunder, dass dieser Schätzwert auch eine Diebesbande inspirierte, die Monets Bild 1985 aus dem Pariser Museum raubte. Fünf Jahre später aber wurde es wiedergefunden und bestens gesichert neu aufgehängt.

Monet war einer der wenigen Impressionisten, der – wenn auch erst spät – von seiner Malerei leben konnte. 1883 bezog er mit seiner zweiten Frau und acht Kindern in Giverny, einem kleinen Dorf in der Normandie, ein Haus mit riesigem Garten, dessen Teich mit Seerosen ihn immer wieder malerisch inspirierte. Heute gehört sein inzwischen von einer Stiftung verwaltetes Haus zu den gewichtigsten Touristenzielen in Frankreich. Als Museumsshop dient sein einstiges Atelier, in dem er seine viele Meter breiten Bilder mit Seerosen nebeneinander platzieren konnte. (Günter Schenk)

Artikel teilen:

Weitere Nachrichten

24.06.24
Redaktion der pilger

Letzte Ruhe in der Kirche

Eine Besonderheit in der Pfalz: Das kolumbarium in der Kirche
24.06.24
Redaktion der pilger

Einsamkeit nimmt zu

Die Folgen sind massiv – und das nicht nur in Einzelfällen
20.06.24
Redaktion der pilger

Humanitäre Katastrophe in Ost-Kongo

Freiburger Erzbischof Burger besuchte Hilfsprojekte und Flüchtlingslager – Bistum...
20.06.24
Redaktion der pilger

Bunter und vielsprachiger Austausch

Priester der Weltkirche aus 13 Diözesen oder Ordensgemeinschaften trafen sich im...
20.06.24
Redaktion der pilger

Sein Großonkel ist sein Vorbild

Gabriel Kimmle aus Birkenhördt wird am 29. Juni von Bischof Wiesemann zum Priester...
12.06.24
Redaktion der pilger

Kirchentag in der Westpfalz

Protestantische Landeskirche lädt für 23. Juni alle Christen nach Otterbach ein
12.06.24
Redaktion der pilger

Offene Kapellen besuchen

Am 16. Juni in der Verbandsgemeinde Herxheim: Musik, Andacht und Imbiss
12.06.24
Redaktion der pilger

Leitbild und Zukunftsstrategien diskutiert

Kolpingwerk Speyer traf sich zur Diözesanversammlung in Hochspeyer
12.06.24
Redaktion der pilger

Vom Fluss bis ans Meer: Frieden

Hunderte Bewohner Jerusalems treffen sich zum interreligiösen Friedensmarsch
12.06.24
Redaktion der pilger

Am Ende ist alles gut

Sterbende und ihre Angehörigen zu begleiten, ist eine erfüllende Aufgabe
12.06.24
Redaktion der pilger

Feuer unterm Kessel

Synodaler Ausschuss geht am 14. und 15. Juni in die zweite Runde
06.06.24
Redaktion der pilger

Neue Pfarreistruktur

Bistum Speyer will bestehende Zuschnitte „moderat“ verändern
06.06.24
Redaktion der pilger

Hat Maria gesprochen?

Der Vatikan will mit neuen Regeln Erscheinungen besser überprüfen
06.06.24
Redaktion der pilger

Wie Spreu im Wind

Sprichwörter aus der Heiligen Schrift (11)
06.06.24
Redaktion der pilger

Tagung steht im Zeichen zweier Jubiläen

Straßburg: Edith-Stein-Gesellschaft feiert 30-jähriges Bestehen und „Edith Stein –...
06.06.24
Redaktion der pilger

Hürden für Visum werden immer höher

Bistum Speyer beklagt mangelnde Unterstützung des Staates für die Beschäftigung...
06.06.24
Redaktion der pilger

Schätze aus Keller und Speicher

Dominikanerinnen von St. Magdalena in Speyer laden am 15. Juni zum Klosterfest mit...
03.06.24
Redaktion der pilger

Auf den Spuren der Mönche

Zwölf Kilometer lange wanderung mit herrlichen ausblicken
03.06.24
Redaktion der pilger

Waren und Herzenswärme

Ehrenamtliche betreiben Lebensmittelausgabe für Bedürftige
03.06.24
Redaktion der pilger

Anregen, schulen, fortbilden

Heinrich Pesch Haus Ludwigshafen feiert sein 50-jähriges Bestehen
03.06.24
Redaktion der pilger

Die AfD ist keine Alternative für Christen

Widerchristliches Gedankengut mit Anleihen in der nationalsozialistischen Ideologie
03.06.24
Redaktion der pilger

Jeder Tag hat seine Plage

Sprichwörter aus der Heiligen Schrift (10)
27.05.24
Redaktion der pilger
News-Feed (RSS) von der Zeitungsseite in die Webfamilie

Ganz viel frischer Wind für die Bibel

Bibeltage im Bistum Speyer bringen die Heilige Schrift an außergewöhnliche Orte –...
27.05.24
Redaktion der pilger

Hilfe für Flutgebiete

Generalvikar Markus Magin sichert Betroffenen Unterstützung zu
27.05.24
Redaktion der pilger

„Wir sind bunt“

Pfarrei Dudenhofen setzt mit farbigen Bändern ein Zeichen für Demokratie,...
27.05.24
Redaktion der pilger

Schlechte Bedingungen

Mitarbeiter der Vatikanischen Museen verklagen ihren Arbeitgeber
27.05.24
Redaktion der pilger

Über Tod und Leben

Ein Gemeinschaftsprojekt holt das Thema Sterben und Trauer in den Alltag
21.05.24
Redaktion der pilger

Die Mütter des Grundgesetzes

Vier Frauen mussten damals reichen. Aber sie schafften es, trotz starkem Gegenwind...
17.05.24
Redaktion der pilger

Sprichwörter aus der Bibel: "Das ist mir zu hoch"

Sprichwörter und „geflügelte Worte“ verwenden wir zuhauf. Oft wissen wir gar nicht,...
17.05.24
Redaktion der pilger

Pfälzer Kirchen: Aufstehen und Flagge zeigen

„Aufstehen für Menschenwürde und Demokratie“ so nennen das Bistum Speyer und die...
16.05.24
Redaktion der pilger

Dringend benötigter Wohnraum

Gemeinnütziges Siedlungswerk schafft im Speyerer „Seppelskasten“ und in einem...
16.05.24
Redaktion der pilger

Neuer Schwung für den Glauben

Heute müssen wir stärker denn je um Gottes Geist bitten und uns auf ihn einlassen
16.05.24
Redaktion der pilger

Für Würde und Demokratie

Bistum und Landeskirche starten am 17. Mai eine Kampagne zu den Wahlen
16.05.24
Redaktion der pilger

Ein Mann, zwei Aufgabengebiete

Christopher Jakob ist neuer Ansprechpartner für queersensible Pastoral und...
16.05.24
Redaktion der pilger

Lichtkreuze in den Kirchen

Ausstellung mit Werken des Künstlers Ludger Hinse kommt nach Landau
15.05.24
Redaktion der pilger

Pfingsten – von Gott neu belebt werden

Ja, so ist Pfingsten: Die Jünger trauen sich was. Es treibt sie raus vor die Türen....
14.05.24
Redaktion der pilger

Nacht der Kirchen an Pfingsten

Umfangreiches Programm in Kaiserslautern – Kirchennacht auch im Saarland
10.05.24
Redaktion der pilger

Die zweitälteste TV-Sendung im Land

Otto hat es parodiert, die Toten Hosen singen ihr eigenes, und im TikTok-Zeitalter...
10.05.24
Redaktion der pilger

Neuer Schwung für Ökumene?

Schwerer Rückschlag für die Ökumene: Kürzlich hat die letzte gemeinsame „Woche für...
08.05.24
Redaktion der pilger

„Fest der Demokratie“

Neustadt feiert vom 23. bis 26. Mai unter dem Motto „Europa – gelebte Solidarität“