Redaktion der pilger

Mittwoch, 24. Mai 2023

Gegenpol zur digitalen Bilderflut

Rückkehr zur guten alten Kamera und zur analogen Fotografie. (Foto: Pixabay)

Im Trend: Vor allem junge Leute entdecken die analoge Fotografie wieder

Die Digitalisierung der Welt, die schnellen Fortschritte von Künstlicher Intelligenz (KI) gehen einher mit einer Renaissance des Analogen: Vinyl-Schallplatten, mechanische Uhren und auch die analoge Fotografie sind im Trend – vor allem bei jungen Menschen.

„Du hast den Farbfilm vergessen“, sang Nina Hagen in den 1970ern. Der Schlager aus der DDR hat wieder aktuellen Bezug: Analoge Fotografie mit klassischem Rollfilm und chemischer Entwicklung erlebt einen Boom. Das alles ist keine Nostalgie. Inzwischen gibt es auch Innovationen rund um die traditionelle Fotografie. Das Analoge „ist kein Strohfeuer“, sagt Marc Ludwig, Gründer und Herausgeber von „FotoTV.“, der größten Online-Fotoschule Deutschlands. Berichten zufolge kann die Industrie die Nachfrage nach Filmmaterial kaum mehr bedienen.

Der Regensburger Kulturwissenschaftler Gunther Hirschfelder sieht in der analogen Fotografie den Wunsch nach Unvergänglichkeit. Sie „holt uns gewissermaßen die Perspektive Ewigkeit zurück“, sagte er dem Evangelischen Pressedienst (epd): „Ich mache etwas, was den Augenblick festhält. Das ist ein anderer Umgang mit der Zeit. Ich halte quasi den analogen Augenblick auch analog fest.“ Das legendäre Optik-Unternehmen Leica im hessischen Wetzlar produziert bis heute neben digitalen auch analoge Kameras. Eine Rückbesinnung auf die „gute, alte Zeit“ mit Werten wie Zuverlässigkeit, Beständigkeit und Qualität sei als Bewegung innerhalb der Gesellschaft schon seit geraumer Zeit zu beobachten, erklärte die Leica Camera AG. Käufer seien oftmals „junge Leute, die mit der Digitalisierung aufgewachsen sind und es einfach spannend finden, die Mechanik zu verstehen und wieder aktiver Teil des fotografischen Schaffensprozesses zu werden“. Zu den Beweggründen gehörten hierbei sicherlich unter anderem ein „Bedürfnis nach Entschleunigung oder aber auch der Wunsch nach bewusstem Handeln“.

In den vergangenen Jahrzehnten gab es sehr viele Schritte in der Fotografie, wie Marc Ludwig beschreibt: Erst kamen die Digitalkameras, gefolgt von der digitalen Bildbearbeitung mit ihren unglaublichen Möglichkeiten, dann das Fotografieren mit dem Handy sowie Social-Media mit einer enormen Bilderflut. „Ich bemerke bei vielen Leuten, die alle diese Schritte mitgemacht haben, dass diese an einen Punkt kommen, wo sie die Sinnfrage stellen.“

Der letzte Schritt wäre die Künstliche Intelligenz, wo das Bild mit einem so minimalen Aufwand entsteht, dass es „eigentlich entwertet wird und nicht mehr echt ist“. Bei manchen Fotos frage man sich inzwischen: „Gibt es das eigentlich überhaupt oder nicht?“ Die Antwort auf all das ist Ludwig zufolge die „Rückkehr zum Analogen, eine vermeintlich sehr viel ehrlichere Fotografie.“

„Das fing vor vier, fünf Jahren zaghaft an, mit Leuten, die versucht haben, zu retten, was an altem Material noch zu retten war“, sagt Marc Ludwig. Inzwischen kämen zahlreiche junge Start-ups dazu, die nicht nur das Alte am Leben erhalten wollten, sondern viele neue Entwicklungen rund um die analoge Aufnahmetechnik wie Kameras und Filmmaterial anbieten würden. (epd)

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