Redaktion der pilger

Mittwoch, 23. August 2023

Anpacken für den Nächsten

Junge Freiwillige des Internationalen Bauordens helfen beim Wiederaufbau eines zerstörten Dorfes in der Nähe der bosnischen Stadt Srebenica mit. Foto: (epd)

Soziales Engagement und Abenteuer: Internationaler Bauorden mit Sitz in Ludwigshafen wird 70 Jahre alt

Soziales Engagement und Abenteuer: Junge Freiwillige können dies seit 70 Jahren in „Baucamps“ des Internationalen Bauordens erleben. Der Verein unterstützt in ganz Europa gemeinnützige und soziale Einrichtungen bei Bau- und Renovierungsarbeiten.

Undenkbar war es, dass Frauen damals auf Baustellen mit Schaufel und Maurerkelle anpackten. „Sie durften nur in der Küche mitmachen“, erzählt Geschäftsführer Peter Runck, wie es vor 70 Jahren beim Internationalen Bauorden war. Als der flämische katholische Ordensmann Werenfried van Straaten 1953 den Hilfsverein gründete, waren allein handwerklich begabte Männer zugelassen: In Deutschland und ganz Europa unterstützten sie soziale Projekte mit ehrenamtlichen Bau- und Renovierungsarbeiten – auch, um die Völker auf dem kriegsversehrten Kontinent wieder miteinander zu versöhnen.

Die ungleiche Situation ist längst passé. „Mitmachen können alle, die auf einer Baustelle zusammen mit anderen arbeiten wollen“, sagt Runck. In den Teams der mehrwöchigen sogenannten Baucamps sind Frauen mittlerweile mit zwei Dritteln in der Mehrheit. „Sie haben oft mehr Durchhaltevermögen als die Jungs“, lobt der 62-jährige Sozialpädagoge, der die Arbeit des Bauordens mit Sitz in Ludwigshafen am Rhein koordiniert. Schwerpunkt sind Projekte in Mittel- und Osteuropa – auch die kriegsgeschundene Ukraine wird weiter mit Geld- und Sachspenden unterstützt.

Soziales Engagement und Abenteuerlust: Auch sieben Jahrzehnte nach seiner Gründung scheint das Konzept des gemeinnützigen Vereins viele anzusprechen, vor allem junge Menschen im Alter von 18 bis 25 Jahren. Sechs bis zwölf Freiwillige bilden eine Gruppe. Sie helfen mit, etwa einen Kindergarten, ein Altenheim, ein kirchliches Gemeindezentrum oder ein Krankenhaus zu bauen oder wieder instand zu setzen. Dafür gibt es einen Zuschuss für Unterkunft und Verpflegung. Die Reisekosten müssen die Freiwilligen selbst tragen.

Etliche der in den Sommer- und Herbstferien in 16 Ländern stattfindenden Baucamps seien ausgebucht, sagt Bauorden-Geschäftsführer Runck. Insgesamt 35 Baucamps gibt es etwa in Polen, Lettland, Tschechien, Georgien, Albanien sowie in Frankreich und Belgien, 16 davon sind in Deutschland. Vor allem durch Mund-zu-Mund-Propaganda würden die oft kirchlich sozialisierten Freiwilligen auf die Arbeit des konfessionell und weltanschaulich offenen Vereins aufmerksam. Auch Senioren, Familien und minderjährige Jugendliche sind zu eigenen Baucamps eingeladen, mitmachen können zudem Geflüchtete.

Auch in Zukunft will der Bauorden gerade jungen Menschen, die schulisch nicht so gut, sozial benachteiligt oder auch straffällig geworden sind, die Chance zum Mithelfen geben, betont Runck. „Wir wollen in dieser Nische bleiben.“ Auch der Einsatz gegen Rassismus und Nationalismus bleibe wichtig: Wer mit anderen Freiwilligen etwa im bosnischen Srebrenica mehr als 25 Jahre nach dem Massaker an muslimischen Männern und Jungen ein zerstörtes Dorf wiederaufbaue, der erkenne, wie wertvoll ein friedliches Zusammenleben sei, sagt Runck.

In Deutschland ist der Bauorden besonders bei sozio-kulturellen Projekten aktiv. In Mannheim etwa unterstützen Freiwillige mit Maler-, Schreiner- und Renovierungsarbeiten ein inklusives Wohn- und Arbeitsprojekt auf einem ehemaligen Kasernengelände. Künstlerinnen und Künstler haben dort ihre Ateliers und Ausstellungsräume und leben mit Familien sowie Menschen mit Assistenzbedarf zusammen.

Auch wenn in der Ukraine derzeit keine Baucamps möglich seien, so werde die Arbeit von Partnerorganisationen etwa für Binnenflüchtlinge oder für Krankenhäuser und Kinderheime weiter unterstützt, sagt Runck, der zum Jahresende in den Ruhestand geht.(epd)

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