Donnerstag, 27. Oktober 2022
Gott ist ein Gott der Lebenden
Wer an diesen Gott glaubt, kann nicht im Tod sein
Wieder hat die Zeit des Jahres begonnen, da wir fast wie von selbst mehr als sonst an unsere Verstorbenen denken, ans Sterben und vielleicht auch an die eigene Endlichkeit. Die Natur stößt uns förmlich darauf: Die Ernte ist eingebracht, die Blätter fallen, Bäume stehen kahl, Nebel ziehen auf. Da kommen dann Fragen wie: Was wird aus denen geworden sein, die mir nah und wichtig waren? Und vielleicht auch: Was wird aus mir einmal werden?
Erklärungsversuche gab es schon immer, nicht nur heute. Nahtoderfahrungen, Seelenwanderung, bis hin zu Fragen der Wiedergeburt stellen sich auch in christlich geprägten Gesellschaften. In der Theologie versucht die Eschatologie‚ die Lehre von den äußersten, den letzten Dingen darauf Antworten zu geben. Liturgisch greift das Kirchenjahr nicht nur mit Allerheiligen und Allerseelen diese existentielle Frage auf.
Auch im heutigen Evangelienabschnitt geht es im wahrsten Sinne um Leben und Tod. Wir lesen von den Sadduzäern, einer Gruppe in der damaligen Gesellschaft, die ein Weiterleben nach dem Tod schlichtweg ablehnte. Mit dem Tod sei alles aus und vorbei, und das ließen sie auch Jesus wissen, in dem sie ihm diese verrückte Geschichte von den sieben Brüdern erzählten und das Ganze mit der Frage lächerlich zu machen suchten, indem sie Jesus die Frage stellten, mit welchen der sieben Brüder diese Frau denn nun im Himmel verheiratet sei.
Jesus antwortet darauf nur mit einem Satz, der nicht nur die Sadduzäer zum Verstummen bringt, sondern auch uns helfen kann: „Gott ist ein Gott der Lebenden und nicht der Toten“. Mit der vorhergehenden Nennung der Stammväter und der Dornbuscherzählung deutet Jesus auf Wegmarken der Heilsgeschichte hin und will auf das Wesentliche lenken: dass Gott eben ein Gott des Lebens ist!
Wie steht es nun mit meinem Glauben an das Leben nach dem Tod? Glaubt man so manchen Umfragen, dann feiern die Sadduzäer in der heutigen Gesellschaft eine ziemlich rasante „Wiedergeburt“. Jedenfalls soll bereits die Mehrheit der Menschen in Deutschland davon überzeugt sein, dass mit dem Tod alles aus ist, und das, obwohl sich doch die Hälfte als Christen bezeichnen.
Im Psalm 90, der die Überschrift trägt „Der ewige Gott – der vergängliche Mensch“ heißt es im zehnten Vers: „Unser Leben währt siebzig Jahre, / und wenn es hochkommt, sind es achtzig. Das Beste daran ist nur Mühsal und Beschwer, / rasch geht es vorbei, wir fliegen dahin.“ Viel konzentriert sich eigentlich nur noch auf diese vielleicht achtzig Jahre hier auf der Erde – das Leben danach, also das Leben in Ewigkeit spielt kaum noch eine Rolle.
Mag von daher das Streben nach Perfektionismus, der Ausradierung von Leid kommen – im alltäglichen, wie in der Frage nach dem unveräußerlichen Wert eines Menschen vom Anfang seiner Zeugung bis zu seiner Gebrechlichkeit im hohen Alter.Das Christentum gibt eine andere Antwort und letztlich hat sie Jesus heute wieder gegeben.
Letztlich hat das Ganze doch mit unserem Gottesbild zu tun. Es kann kein Zufall sein, dass Jesus im Streitgespräch mit den Sadduzäern gerade an die Dornbuschszene erinnert. Denn dort begann ja der Auszug aus Ägypten aus der Sklaverei ins gelobte Land der Freiheit. Und dort fing an, was im Bundesschluss am Gottesberg Horeb mit Gottes unbedingter Treuezusage gipfelte. Wenn Gott Gott ist, dann heißt das letztlich, dass er das absolute Gegenteil von Nichtsein ist; das hat sich oft genug erwiesen in der Heilsgeschichte Israels.
Wer an diesen Gott glaubt, lebt ewig, weil es für diesen Gott nichts Totes gibt und geben kann. Wir glauben also an einen personalen Gott, an einem Gott, der etwas an den Menschen liegt, der Leben schenkt, Leben erhält, der die Gemeinschaft mit jedem von uns sucht, über das irdische Leben hinaus.
Ich wünsche Ihnen die feste Zuversicht und die Gewissheit: Jesus Christus hat den Tod besiegt und uns eine Wohnung bereitet, in der wir ewig leben können. In diesen Tagen nach Allerheiligen und Allerseelen möge uns diese Zusage wahrhaft selig machen. (Pfarrer Ralf Feix)