Dienstag, 04. Juli 2023
Mit der Rikscha in die Natur
Neues Angebot des Hauses St. Matthias in Schifferstadt
Mittwoch ist Rikscha-Tag im Haus St. Matthias Schifferstadt, einer Außenstelle des Caritas- Altenzentrums St. Bonifatius. Dann kommt einer der drei ehrenamtlichen Piloten mit der Rikscha des Evangelischen Krankenpflegevereins vorbei und macht Ausflüge mit den Bewohnerinnen und Bewohnern in die nähere Umgebung.
„Wenn die Rikscha vor dem Haus ist, ist Party“, sagt Arletta Groß, Fachbereichsleiterin Sozialer Dienst im Haus St. Matthias lachend. Rund die Hälfte der 24 Bewohner und Bewohnerinnen sind richtige Rikscha-Fans. Sie warten schon darauf, sich den Fahrtwind um die Nase wehen zu lassen und eine Runde um den Schwanenweiher zu drehen, sich durch den Wald oder die Stadt fahren zu lassen.
Stephan Dierschke, der Vorsitzende des Evangelischen Krankenpflegevereins Schifferstadt, erzählt, wie der Verein zur Rikscha kam: „Wir bekamen die Anfrage eines engagierten Mitbürgers, ob wir die Organisation und Wartung einer Rikscha übernehmen würden, wenn er uns eine spenden und sich als erster ehrenamtlicher Fahrer sich einbringen würde.“ Dieses Angebot hat der Verein gerne angenommen und fährt nun aus versicherungstechnischen Gründen im Auftrag der Protestantischen Kirchengemeinde Schifferstadt. „Wir wollten die Rikscha-Fahrten aber nicht nur Gemeindemitgliedern anbieten, sondern sind offen für jeden“, so Dierschke. So kam es, dass der evangelische Pfarrer Michael Erlenwein auch im Haus St. Matthias nachfragte, ob Interesse an Rikscha-Fahrten bestehe.
Bei Arletta Groß rannte er offene Türen ein. „Toll, dass dieses Angebot auch für Menschen mit Demenz besteht.“ Im Haus Matthias wohnen 24 Männer und Frauen mit mittelschwerer bis fortgeschrittener Demenz. Groß habe schon länger darüber nachgedacht, wie sie eine Rikscha für die Einrichtung bekommen könnte. Da kam das Angebot wie gerufen.
Einer der ersten Fahrgäste der Rikscha war der Vater von Nina S., der seit einigen Monaten im Haus St. Matthias wohnt. Früher war er selbst leidenschaftlicher Radfahrer. Die Passion für das Radeln hat auch seine Tochter Nina geerbt. „Ich dachte mir, was ist das denn für ein tolles Projekt? Hier im Haus St. Matthias wird so viel geboten an Aktivierung, da wollte ich mich auch mit einbringen“, erzählt sie. Seitdem ist sie eine der drei Piloten und Pilotinnen der Rikscha, die im Wechsel jeden Mittwoch ins Haus St. Matthias kommen, um kleine Ausflüge mit den Senioren zu machen.
„Es war uns wichtig, eine Rikscha mit Bügel zu haben, das gibt Sicherheit“, sagt Dierschke, der mithilft. Die Rikscha sei eine Spezialanfertigung, für die Fahrt mit maximal zwei erwachsenen Passagieren ausgelegt und mit einem elektrischen Motor, der die Tretleistung der Pilotinnen und Piloten nach Bedarf unterstützt, erklärt er.
Sobald Nina S. in die Pedale tritt, fangen die beiden Fahrgäste an zu lachen und zu winken. Die Leute am Wegrand, an denen sie vorbeikommen, winken ihnen zurück. Für die Senioren sei es ein Erlebnis, erzählt Arletta Groß. Sie freuen sich über die Blumen in den Vorgärten und die Natur. Manche treffen auch alte Bekannte, dann hält Nina S. an für ein Schwätzchen. „Ich frage die Fahrgäste immer, wohin sie möchten“, erzählt sie. Gärten und Wald stehen gerade hoch im Kurs, auch der Friedhof ist ein beliebtes Ziel.
Es seien nicht nur das Fahrgefühl und die neuen Eindrücke, die die Rikscha-Ausflüge so reizvoll machen, erklärt Groß. Es ist auch die Nähe, die die Senioren spüren, wenn sie mit ihren Angehörigen oder einer Mitarbeiterin des Hauses in der Rikscha sitzen – denn in der Regel muss eine Begleitperson dabei sein. Manchmal legen sie sogar einen Halt beim Bäcker ein und kaufen ein Stück Kuchen. „Diese menschliche Begegnung in der Rikscha hätte ich mir so intensiv nicht vorgestellt“, sagt Arletta Groß. (CV)