Donnerstag, 03. August 2023
„Vorspiel“ der Auferstehung
Jesu Verklärung schenkt uns Trost und Hoffnung
Wie eine umgedrehte Schüssel erhebt sich der Berg Tabor im Norden Israels etwa 450 Meter aus der ihn umgebenden Ebene. Er hat eine herausragende und zugleich ebenmäßige Form. Auf die Kuppe des Berges, der nur wenige Kilometer von Nazareth entfernt ist, führt eine kurvenreiche Asphaltstraße; oder man wählt den einstündigen, anstrengenden Fußweg.
Oben auf dem Berg erwartet die Pilger die prächtige Basilika, die vor hundert Jahren über den Ruinen einer byzantinischen Kirche nach syrisch-römischen Vorbildern erbaut wurde. Die beiden Türme der Basilika stehen auf den alten Oratorien des Moses und Elija und beherbergen zwei Kapellen, welche den alttestamentarischen Heiligen geweiht sind, die im Evangelium zusammen mit Jesus auf dem Berg Tabor stehen.
In der Kirche führt eine breite Treppe hinunter zur offenen Krypta und der antiken Apsis, während von den Seitenschiffen Treppen zum hochgelegenen Hauptaltar, der von einem Mosaik der Verklärung Christi überragt wird, führen. Dort an diesem Altar in der Höhe der Kirche feiern die katholischen Christinnen und Christen im Heiligen Land am 6. August den Festgottesdienst.
In der Kirche sind an diesem Tag viele Gläubige von nah und fern versammelt. In den letzten Jahren sieht man auch mehr und mehr jugendliche Fußpilger, die bereits am frühen Morgen den Berg betend und singend erklimmen, um den Festgottesdienst mitzufeiern.
Der Festtag liegt mitten im Hochsommer. Es ist jedes Jahr heiß, sehr heiß. In der ganzen Kirche, besonders am hochgelegenen Hochaltar, staut sich die Hitze. Im wahrsten Sinne des Wortes feiert man diesen Gottesdienst im Schweiße seines Angesichts. Alle schwitzen; und trotzdem ist die Messe immer sehr festlich und feierlich und man fühlt sich dem Himmel ganz nah.
Vor dem feierlichen Schlusssegen gehen alle gemeinsam in einer Prozession hinaus ins Freie und nach ein paar Metern versammelt sich die Gottesdienstgemeinde bei einer kleinen und schlichten Kapelle, die innen nur mit einem Kreuz geschmückt ist. Sie trägt den Namen „Descendentibus“, was „Hinabsteigen“ bedeutet. Die meisten Pilger gehen an dieser kleinen, scheinbar unbedeutenden Kapelle oft achtlos vorbei und übersehen sie. Mit einem kurzen Gebet, dem Segen für die Gläubigen und der Segnung von grünen Zweigen, welche die Teilnehmer mit nach Hause nehmen können, endet an dieser Kapelle der Gottesdienst.
So wird durch die Feier der Liturgie dieses Festtages am Ort selbst das Geheimnis des Evangeliums von der Verklärung Jesu Christi anschaulich: zum einen der festliche Gottesdienst in der Basilika, welcher eine Ahnung des Himmels gibt, und andererseits das Bereiten für den Wieder-Abstieg, das schlichte Kreuz, der Segen und die grünen Zweige als Erinnerung an diesen Höhepunkt des Evangeliums, der einen Vorgeschmack auf Ostern gibt.
Am Ende des Evangeliums steht die Unterweisung Jesu an seine Jünger, niemanden von dieser Taborerfahrung zu erzählen „bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist“ und das Erlebte wie ein besonderes Geheimnis zu bewahren. Warum? Weil die Taborerfahrung selbst ein österliches Ereignis ist, eine Verklärung oder wie das Fest im Lateinischen heißt: eine Transfiguration, eine Verwandlung, eine Umgestaltung.
Oft fehlen uns die Worte, wenn wir von den Hoch- und Höhepunkten unseres Lebens erzählen wollen – und diese momentane Sprachlosigkeit ist kein Mangel. Manchmal ist es besser, den Glanz des Momentes wie ein Geheimnis im Herzen zu bewahren und das Erfahrene wachsen zu lassen. In den Niederungen und den Tiefpunkten des Alltags kann uns die Erinnerung an das Erlebte Hoffnung und Kraft zum Durchhalten geben. Dann kann auch unser Leben neu und umgestaltet werden – bis zu unserem persönlichen Ostern. (P. Elias Pfiffi OSB)