Dienstag, 05. März 2024
Seine Schäfchen ins Trockene bringen
Sprichwörter aus der Heiligen Schrift
Sprichwörter und „geflügelte Worte“ verwenden wir zuhauf. Oft wissen wir gar nicht, woher sie eigentlich kommen, was sie vielleicht zuerst bedeuteten. Das gilt vor allem für die erstaunlich vielen Sprichwörter, die aus der Heiligen Schrift in unsere Alltagssprache eingegangen sind.
Wenn jemand „sein (oder: seine) Schäfchen ins Trockene bringt“, sichert er etwas, was ihm wichtig ist. Meist geht es um materielle und finanzielle Werte, um einen Profit, einen Gewinn. Es kann auch bedeuten, sich einen Vorteil zu verschaffen. So ist das Sprichwort nicht so positiv besetzt, wie im ursprünglichen Sinn. Von Wurzeln in der Heiligen Schrift ist noch gar nichts zu erkennen.
Seinen Ursprung hat das Sprichwort vermutlich in der Sorge der Hirten für ihre Schafe, vor allem für die kleinen, nicht so „wetterfesten“ Lämmer: Bei starkem Regen brachten sie ihre „Schäfchen“ in trockenere Gefilde oder in einen Unterstand, damit sie durch die Nässe keinen Schaden nehmen. Diese Erklärung verband nun der Sprachwissenschaftler Friedrich Kluge (1856 bis 1926) in seinem 1883 erschienenen Standardwerk „Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache“, unter dem Stichwort „Schaf“, mit dem „guten Hirten“ Jesus Christus (Johannes-Evangelium 10,11). Dabei zog er allerdings nicht das noch treffendere Bild des „guten Hirten“ im Lukas-Evangelium heran, der das verlorene Schaf so lange sucht, bis er es findet und auf seinen Schultern „heim“ trägt (Lukas-Evangelium 15,4–7), sprich: „ins Trockene“ bringt, in die Sicherheit von Herde und Hirte.
Jetzt hat das Sprichwort eine völlig andere Bedeutung: Es steht nun nicht für ein mehr oder weniger nur aufs eigene Ich gerichtete Verhalten, sondern für das aufs Du bezogene, liebevoll sorgende Tun Gottes: Er sorgt sich um uns, damit wir sicher, geborgen sind und es uns gut geht. Das ist auch das „Muster“ für unser Verhalten. Nicht Egoismus darf unser Leben und Zusammenleben bestimmen, sondern es muss die Sorge um Andere sein: Wir dürfen niemand „im Regen stehen lassen“.(kh)