Dienstag, 04. Juli 2023
„Die Menschen vor Ort begleiten“
Zwei Frauen werden am 9. Juli zum Dienst als Gemeindereferentin im Bistum Speyer beauftragt
Mit einem Festgottesdienst im Speyerer Dom werden am Sonntag, 9. Juli, 10 Uhr, Nicole Gajos und Alina Menzel von Weihbischof Otto Georgens als künftige Gemeindereferentinnen beauftragt. Die beiden Frauen werden nach den Sommerferien in der Pfarrei Dahn bzw. in der Pfarrei Wörth die Arbeit als Seelsorgerinnen beginnen.
Gajos und Menzel haben sechs Semester Praktische Theologie an der Katholischen Hochschule Mainz studiert. Alina Menzel hat dort zusätzlich einen Studienabschluss in Sozialer Arbeit gemacht und ein Semester Theologie in Irland absolviert. An die Studien schloss sich bei beiden eine zweijährige Praktikums- und Berufseinführungsphase in der Pfarrei und im schulischen Religionsunterricht an. Während dieser Zeit waren die beiden zusätzlich im Pastoralkurs im Speyerer Priesterseminar, zusammen mit Bewerbern anderer Seelsorgeberufe und aus der Kirchenprovinz Bamberg. „Diesen Kurs neben der Arbeit zu machen, das zehrt doch sehr an den Nerven – aber wir haben es irgendwie geschafft“, sagt Menzel schmunzelnd.
Die beiden Seelsorgerinnen empfanden die gemeinsame Ausbildungszeit mit drei Priesterkandidaten als große Bereicherung. Alina Menzel: „Der Austausch ist sehr wertvoll, man lernt voneinander. Man nimmt etwas von der Berufung der anderen mit. Faszinierend ist auch, zu erfahren, was andere Menschen bewegt hat, einen kirchlichen Beruf zu ergreifen.“ Nicole Gajos schätzte es, aus der Arbeit in den anderen Bistümern zu erfahren (die drei Geistlichen stammten aus den Bistümern Eichstätt und Bamberg): „Wie läuft es dort, wie groß sind dort die Pastoralteams?“ Neben vielen Gemeinsamkeiten gibt es gerade zwischen der Pfalz und Bayern bzw. Franken noch manche Unterschiede: „Während bei uns die Zahl der Urnenbestattungen stark wächst, ist diese Form in Bayern doch eher die Ausnahme“, nennt Gajos ein Beispiel.
Mitarbeit in Blieskastel bei den Franziskanern
Nicole Gajos ist 1996 in Homburg geboren und in Zweibrücken aufgewachsen. Sie hat wie ihr Ehemann Michal polnische Wurzeln. „Die kirchliche Sozialisation ist mir in die Wiege gelegt worden.“ Prägend sei für sie ihre frühere Religionslehrerin Monika Schmidt geworden: „Sie arbeitete in Schule und Gemeinde, das fand ich als Kind ganz faszinierend.“ In ihrer Jugend hat Nicole Gajos bei den Franziskanern in Blieskastel mitgeholfen, eine Jugendgruppe zu gründen. Ein Praktikum beim Kloster hat es noch gefördert, das Franziskanische lieben zu lernen und „dass die Franziskaner für mich heute wie eine zweite Familie sind“. Zur ersten Familie gehört natürlich Nicole und Michal Gajos‘ zweijähriger Sohn. Die Berufseinführungsphase war für die Seelsorgerin aufgrund der familiären Situation eine Herausforderung. Während des Pastoralkurses in Speyer hat sie im Priesterseminar, getrennt von ihrer Familie, gelebt. Bewusst hat die junge Frau diesen Weg auf sich genommen, auch wenn das nicht einfach war. Wohnortnah hat Gajos in der Pfarrei Thaleischweiler-Fröschen bei Gemeindereferentin Egle Rudyte-Kimmle und Pfarrer Manfred Leiner ihre Praxiszeit geleistet. „Für mich war ein Meilenstein meine erste, selbst geleitete Wortgottesfeier. Das war der Punkt, an dem ich gespürt habe: Jetzt bin ich keine Ehrenamtliche, sondern bin hier hauptamtlich tätig.“
Vom ehrenamtlichen Engagement in den Beruf
Alina Menzel ist Anfang 1995 in Landau geboren. Aufgewachsen ist sie in Hauenstein, wo sie sich stark in der Jugendarbeit der Katholischen jungen Gemeinde und bei den Ministranten engagierte, aber auch im katechetischen Bereich Erfahrungen sammelte. „Ich wollte mein Hobby zum Beruf machen, zunächst sollte es aber Erzieherin sein“, verrät sie. Nach vielen Gesprächen, unter anderem mit Gemeindereferent Patrick Stöbener, habe sich schließlich für sie der Weg in einen pastoralen Beruf herauskristallisiert, bestärkt auch in einem Pfarreipraktikum in Dahn.
Ihre Praktikums- und Berufseinführungsphase fand in Ludwigshafen-Heilige Petrus und Paulus bei den Gemeindereferentinnen Simone Hartner und Renate Kröper sowie bei Pfarrer Alban Meißner statt. „Das Wichtigste war in dieser Zeit für mich, für andere da sein zu können und die Menschen vor Ort zu begleiten.“ Während einer Sabbatzeit des Pfarrers war sie noch stärker in die Verantwortung für die Pfarrei einbezogen. „Es war eine Herausforderung, aber daraus entwickelte sich auch Stärke, für das ganze Team.“ Menzel sagt, auch ihr zusätzliches Studium in Sozialer Arbeit habe sich gerade in der Großstadt Ludwigshafen bezahlt gemacht.
Herausforderung in der Kirche von heute
„Es ist nicht sehr schön, ständig Negativschlagzeilen zu lesen oder von den Austritten zu hören. Das tut weh“, bekennt Alina Menzel. Allerdings: „Kirche ist dafür nicht alleine verantwortlich, es ist auch ein gesellschaftliches Problem.“ Die junge Frau vermutet, dass doch viele zuerst einmal aus der Institution austräten. „Ihren Glauben legen sie damit aber nicht automatisch ab. Sie sind dennoch auf der Suche nach Halt und Trost.“ Klar ist für Menzel, dass sich etwas ändern muss. „Als Kirche weitermachen wie bisher, das funktioniert nicht mehr.“ Es gehe darum, die Menschen anzunehmen, ihre Bedürfnisse und Fragen zu kennen und das zu gestalten, was gebraucht werde. „Dann hat Kirche eine Chance.“ „Traurig“, so empfindet Nicole Gajos immer wieder die vielfach fast leeren Kirchen. Aber ein Gespräch mit ihrem Mann, der in Polen aufgewachsen und dort überfüllte Kirchen gewohnt war, veränderte ihren Blick: „Wer hier zu uns kommt, ist überzeugter Christ, er will etwas von uns, und er braucht uns.“ In der Glaubensweitergabe, etwa bei der Kommunionvorbereitung, sollten die Seelsorger und Pfarreien den Menschen möglichst gute Erfahrungen und eine erfüllte Zeit schenken. „Wenn wir die Herzen der Menschen berühren, erinnern sie sich an uns – und kommen auf uns zurück.“ (hm)