Donnerstag, 13. Januar 2011
Begeistert von Jesus Christus
Gottes Geist formt uns zur Gemeinschaft – Ein Beitrag von Dipom-Theologin Rita Höfer zum Sonntagstext aus der Bibel, Johannes-Evangelium 1, 29–34.
Den Beginn des Kirchenjahres haben wir mit der Advents- und Weihnachtszeit schon hinter uns gelassen. Jedes Jahr wieder feiern wir die Geburt Jesu. Viele lassen sich berühren und erinnern sich an dichte Erfahrungen wie Geburt und die ersten Jahre des eigenen Kindes. Nun hat uns der Alltag wieder, die Schule hat begonnen und diejenigen, die „zwischen den Jahren“ frei machen konnten, sind auch zurück an ihren alltäglichen Orten in den ernüchternden Realitäten.
Der 16. Januar wird in der katholischen Kirche bundesweit als „Familiensonntag“ gefeiert. Das Leitwort für den Familiensonntag 2011 lautet: „Ehe und Familie – Liebe miteinander leben“ und als Untertitel steht die Frage „Alles unter einen Hut gebracht?“ Im Vorwort der Arbeitshilfe schreibt Erzbischof Georg Sterzinsky: „Die Kirche will den Menschen nahe bringen, sich in diesen vielfältigen Aufgaben und Herausforderungen immer wieder am Leitbild der auf Ehe gegründeten Familie auszurichten.“
Die Kirche will hier deutlich machen, dass sie den Familien Heimat geben und der zunehmenden Vereinzelung entgegen wirken will. Der Blick auf den Alltag zeigt nämlich, wie Familien vielfältig unter Druck stehen. Zeit, die miteinander verbracht werden kann, ist ein sehr kostbares, weil seltenes Gut, die Organisation der verschiedenen Anforderungen in unterschiedlichsten Lebensbereichen erfordert Management – Fähigkeiten, die Leistungen und Anforderungen im Beruf steigen ständig und das Aushandeln und Aushalten der Lebensbereiche Familie und Beruf braucht viel Kraft. Der Druck, in der Schule erfolgreich sein zu wollen und die eigenen Kinder gut zu erziehen, ist für Eltern eine große Herausforderung. Sorgen und Nöte beziehen sich nicht zuletzt auch auf das Thema Finanzen.
Heute begegnet uns im Evangelium Johannes der Täufer, der Jesus als das Lamm Gottes vorstellt. Johannes tauft Jesus und bezeugt: „Ich sah, dass der Geist vom Himmel herabkam wie eine Taube und auf ihm blieb. Auch ich kannte ihn nicht; aber er, der mich gesandt hat, mit Wasser zu taufen, er hat mir gesagt: Auf wen du den Geist herabkommen siehst und auf wem er bleibt, der ist es, der mit dem Heiligen Geist tauft. Das habe ich gesehen, und ich bezeuge: Er ist der Sohn Gottes.“
Hinter der Theologie des Evangelisten Johannes verbirgt sich eine große Erfahrung. Die Überlieferung bezeugt ihn als den Jünger, den Jesus liebte. Es muss viel an Nähe zwischen beiden gewesen sein, sie haben Leben geteilt. Sie haben sich gesehen, waren miteinander im Gespräch und konnten sich aufeinander verlassen. Sie haben sich kennen und schätzen gelernt. Johannes ist ein Beispiel für uns heute. Johannes und Jesus waren aufeinander bezogen, interessierten sich füreinander und waren wohl auch füreinander da. Beide wussten auch um die schwierigen Lebenssituationen, und beide gingen in den Tod für ihre Überzeugung.
Auch wir sind berufen, in unserer Geschichte, in unserem Alltag das Beispiel und das Gebot Christi kundzutun und immer neu in Erinnerung zu bringen. Unsere Lebensformen heute haben sich geändert. Wo wird nun heute die liebende Nähe Gottes persönliche Realität? Wo sind die Orte, wo diese Liebe und Nähe Gottes erlebt wird, wo wir unbedingt angenommen und geliebt werden?
Stellen Sie sich folgendes Gedankenexperiment vor: Paulus schreibt heute an die Kirche Gottes, die in Speyer ist, an die Geheiligten in Christus Jesus, berufen als Heilige mit allen, die den Namen Jesu Christi anrufen. Diese Kirche hat sich gebildet, weil sie von Jesus Christus begeistert ist, den Geist empfangen hat. Diese Kirche hat die Verheißung Gottes von einem neuen Himmel und einer neuen Erde ernst genommen. Sie ist eine Gemeinschaft, die Familien Räume eröffnet, in denen sie ihren Weg suchen und ihren Kindern ermöglichen können, ihre Bestimmung zu finden. Hier sind Menschen, die nicht nur Erwartungen an andere, sondern eine Hoffnung für sie haben, die ansteckend und ermutigend wirkt. Diese Liebe Gottes ist vergleichbar der leiblich vermittelten und in lebendigen zwischenmenschlichen Beziehungen grundgelegten Liebe in einer funktionierenden Partnerschaft, Ehe und Familie.
Hier sehe ich einen engen Zusammenhang zum Familiensonntag. Eine der großen Leistungen, die Familien für uns alle erbringen, ist die Vermittlung des Gefühl des Geborgenseins auf der einen Seite und das Gefühl von Verantwortung und dem wohltuenden Verwiesensein aufeinander. Der Familiensonntag will hinweisen auf diese Leistungen und aber auch aufmerksam machen, dass die Kirche ihr Engagement für und mit Familien fortsetzt und das „Unter einen Hut bringen“ unterstützt mit ihrer Pastoral. Und zu beobachten ist ja, dass unsere Gemeinden immer älter werden. Deshalb meine Einladung, gerade die jungen Familien in den Gemeinden zu sehen, die uns mit ihrem Ja zum Leben anstecken und unseren Glauben erden und stärken, dass Gott der Welt Zukunft und Hoffnung über den Tod hinaus schenkt. Ergreifen wir jede Chance, Familien zum Andocken einzuladen und ihnen zu signalisieren, dass es gut ist, wenn sie verweilen. Familien brauchen diese Haltepunkte dringend. Hier erfahren sie Glauben als ein Lebens-Mittel im ganz normalen Alltag.