Mittwoch, 19. April 2023
Mensch muss entscheiden
Theologe: Einsatz von Künstlicher Intelligenz erfordert Regeln
Der Kölner Sozialethiker Elmar Nass verlangt internationale Regeln im Umgang mit Künstlicher Intelligenz (KI). Dadurch solle „eine KI-basierte Abschaffung von Würde und Demokratie“ verhindert werden, sagte Nass dem Online-Magazin des Erzbistums Köln.
KI beeinflusst Nass zufolge derzeit alle Lebensbereiche stark: „Sie stellt ärztliche Diagnosen, prägt Meinungsbildung, schafft effiziente Arbeitsprozesse, übernimmt die militärische Zielbestimmung von Waffen, zeigt humanoide Gefühle in Robotern, entwirft Predigttexte, sprachliche Übersetzungen oder ganze Doktorarbeiten.“ KI dürfe in allen Lebensbereichen aber nur ein Hilfsmittel sein, erklärte der an der Kölner Hochschule für Katholische Theologie (KHKT) lehrende Professor. „Die letzte Entscheidung muss stets beim Menschen liegen.“
Nass forderte „eine starke Technikethik und Forscher mit einem entsprechenden Ethos“. An Universitäten müsse es eine ethische Bildung geben – vor allem in technischen Fächern. Positiv bewertet der Sozialethiker den Einsatz von Künstlicher Intelligenz vor allem in der Pflege und Medizin. So könnten durch KI-basierte Hilfen Operationen erfolgreicher durchgeführt und Diagnosen schneller gestellt werden. Allerdings drohten auch in diesen Bereichen einige Risiken, die die Menschenwürde gefährdeten, etwa wenn Ärzte KI unreflektiert einsetzten. Der von KI behandelte Patient könnte auf eine komplexe Ansammlung von Daten reduziert werden. „Doch der Mensch ist mehr als das“, betonte der Theologe.
Weiter warnte er davor, dass durch KI die Kreativität etwa in Bildung, Kunst und Wissenschaft verloren gehe. So kritisierte er eine mit KI erzeugte „Künstliche Moral“. Dabei werde eine beste Vorstellung von Sinn, Leben und Gerechtigkeit vorgegaukelt.
Der Einsatz von KI in der Seelsorge ist laut Nass dann problematisch, wenn technisch erzeugte Vorlagen für Predigten oder Seelsorgegespräche kritiklos übernommen werden. Denn berechnete Floskeln würden Gott und seiner Botschaft nicht gerecht. „Das wäre das Ende von Seelsorge.“
Chancen von KI in den Blick nehmen
Der Präsident des Digitalverbands Bitkom, Achim Berg, dringt darauf, stärker die Chancen von Künstlicher Intelligenz (KI) in den Blick zu nehmen. „Das Wichtigste ist, dass wir die Menschen befähigen, mit KI umzugehen. In Deutschland reden wir als erstes darüber, wie wir diese neue KI verbieten können – zum Beispiel in den Schulen. Anderswo denken Lehrer eher darüber nach, wie sie die KI im Unterricht einsetzen können“, sagte Berg am 18. April im Interview der Mediengruppe Bayern.
Wichtig sei insgesamt, nicht die Technologie als solche zu regulieren, sondern zu schauen, wofür sie genutzt werden solle. „Dort, wo kein besonderes Risiko besteht, gibt es keine oder nur wenige Vorgaben. Dort, wo ein höheres Risiko besteht – etwa wenn KI in der medizinischen Versorgung eingesetzt wird – gelten höhere Anforderungen“, betonte Berg.
So wie bisherige Technologien werde auch KI menschliche Arbeit nicht überflüssig machen, zeigte sich Berg überzeugt. „Wir werden KI eher als Kollegen erleben, der uns Routinearbeiten abnimmt oder uns zuarbeitet, Ideen liefert.“ Aus demografischen Gründen kämen deutlich weniger junge Menschen auf den Arbeitsmarkt. „Das Angebot an Arbeitskräften wird also in den kommenden Jahren sinken – wenn KI dabei helfen kann, diesen Schwund abzufedern, dann wäre das keine Bedrohung, sondern eine extrem gute Nachricht.(kna)