Donnerstag, 18. April 2024
Die Würde jedes Menschen
Die katholischen Bischöfe sehen die Liberalisierung von Abtreibungen in Deutschland mit Sorge
Eine von der Bundesregierung eingesetzte Kommission empfiehlt eine Liberalisierung der Abtreibungsregeln. Auch die nicht-kommerzielle Leihmutterschaft und die Eizellspende sollen erlaubt werden.
Vertreter der katholischen Kirche haben mit scharfer Kritik auf die Vorschläge einer Kommission zur Reform des Abtreibungsrechts reagiert. Die Deutsche Bischofskonferenz kritisierte insbesondere, dass die Kommission die Meinung vertrete, dass ein Kind ein vollwertiges Lebensrecht erst mit der Geburt erlange. Die Empfehlungen beruhten auf der Annahme, dass ein ungeborenes Kind noch nicht im Besitz der vollen Menschenwürde sei, erklärte der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing.
Er sprach von einer Relativierung der fundamentalen Würde jedes Menschen, auch des ungeborenen Kindes. Eine solche Einschränkung oder Abstufung des damit verbundenen Grundrechts auf Leben „halten wir für falsch“, betonte Bätzing. Zudem widerspreche die Kommission damit zentralen Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts. Das Gericht gehe von einem vollwertigen Lebensschutz des ungeborenen Kindes ab dem Zeitpunkt der Einnistung der befruchteten Eizelle aus.
Auch die weiteren Empfehlungen – die Aufhebung des Verbots der Eizellspende sowie die Zulassung der nicht-kommerziellen Leihmutterschaft –, kritisierte die Bischofskonferenz. Die Praxis der Leihmutterschaft verletze die Würde der Frau und des Kindes. Auch die Kommission selbst sehe das hohe Risiko, dass bei der Durchführung einer Leihmutterschaft Rechte der beteiligten Personen verletzt würden.
Unterteilung in drei Phasen
Die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission empfiehlt, Abtreibungen in den ersten zwölf Schwangerschaftswochen zu erlauben. Dass Abtreibungen als grundsätzlich rechtswidrig betrachtet würden, sei zumindest in der Frühphase der Schwangerschaft nicht mehr haltbar, erklärte die Juristin Liane Wörner, die die entsprechende Arbeitsgruppe innerhalb der Kommission leitete.
Eine Abtreibung ist derzeit in Deutschland grundsätzlich rechtswidrig. Sie bleibt jedoch straffrei, wenn sie in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird und die schwangere Frau sich zuvor beraten lässt. Ausdrücklich nicht rechtswidrig ist ein Schwangerschaftsabbruch nach einer Vergewaltigung sowie bei Gefahren für das Leben, die körperliche oder seelische Gesundheit der Schwangeren.
Die Kommission unterteilt die Schwangerschaft in drei Phasen. Sie empfiehlt, eine Abtreibung in der Frühphase, den ersten 12 Wochen, in jedem Fall straffrei zu stellen und als rechtmäßig zu kennzeichnen. Es obliege dem Gesetzgeber, das mit einer Beratungspflicht zu verbinden. In der mittleren Phase, bis zur 22. Woche, könne der Gesetzgeber entscheiden, unter welchen Voraussetzungen ein Abbruch straffrei sein solle. Ab der 22. Woche sei der Abbruch rechtswidrig.
Die Kommission empfiehlt dem Gesetzgeber zudem, die Eizellspende zuzulassen. Eine gesetzliche Grundlage müsse aber sicherstellen, dass der Schutz der Spenderinnen und das Kindeswohl gewährleistet würden. Beim Thema Leihmutterschaft tut sich die Kommission deutlich schwerer. Ein weiteres Verbot sei nachvollziehbar, sagte die zuständige Sprecherin Friederike Wapler. Eine Legalisierung sei aber unter engen rechtlichen Voraussetzungen möglich. Zentral wäre dann, dass eine Ausbeutung der Leihmutter rechtlich verhindert werde.
Die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp, betonte, den Schwangerschaftsabbruch in der Frühphase zu legalisieren, würde das Ende eines klaren Lebensschutzkonzepts bedeuten. Menschliche Würde bestehe von Anfang an, so Stetter-Karp. Aus Sicht des ZdK sei eine Fristenlösung nicht akzeptabel. Insgesamt sei sie „irritiert“, dass ohne Not an den Pfeilern des Paragrafen 218 gesägt werde.
„Das passt einfach nicht zusammen“
Die Caritas erklärte, die Vorschläge der Kommission seien polarisierend und lebensfremd. Sie versuchten, den Schwangerschaftskonflikt einseitig aufzulösen, indem für das ungeborene Kind nur ein eingeschränkter und dazu willkürlich gestufter Schutz seiner Menschenwürde angenommen werde, kritisierte Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa. „In einer Zeit, in der Schwangere vom ersten Ultraschall an das Herz ihres Babys auf dem Monitor schlagen sehen, widerspricht es nicht nur ethischen Grundsätzen, sondern der lebensweltlichen Erfahrung, dem Embryo den Menschenrechtsschutz vorzuenthalten. Das passt einfach nicht zusammen.“
Auch der Katholische Deutsche Frauenbund warnte vor einem abgestuften Lebensrecht. Es würde den Beginn des Lebens abhängig vom Wunsch nach einer Schwangerschaft definieren und so Abstufungen bei der Würde des Menschen vornehmen, sagte Vizepräsidentin Monika Arzberger. Positiv sei die Forderung der Kommission, die Versorgung schwangerer Frauen zu verbessern. (kna)