Donnerstag, 15. Juli 2010
Görlitzer Oberhirte Zdarsa wird in Augsburg Bischof
Es ist eine Personalie, die bei der Besetzung vakanter Bischofsstühle in Deutschland ungewöhnlich schnell entschieden wurde: Der frühere Augsburger Bischof Walter Mixa erklärte am 21. April seinen Rücktritt, am 8. Mai wurde dieser vom Papst angenommen. Jetzt, kurz vor seiner Abreise in seine Sommerresidenz Castelgandolfo, hat Papst Benedikt XVI. am 8. Juli den bisherigen Görlitzer Bischof Konrad Zdarsa als Mixas Nachfolger bestellt.
Der bisherige Oberhirte des 1994 errichteten Grenzbistums Görlitz ist zwar in der Leitung einer großen Diö-zese noch unerfahren, gilt jedoch als „bodenständiger Seelsorger“, wie Erzbischof Robert Zollitsch im Glückwunschschreiben an den 66-Jährigen formulierte. Mit seinem Interesse für das offene Gespräch und seiner „herzlichen Zuwendung zu den Menschen“ habe Zdarsa dem Bistum Görlitz eine Zukunftsperspektive gegeben. Diese Qualitäten seien in Augsburg gefragt.
In einem Interview einer Augsburger Tageszeitung rief Bischof Konrad die Katholiken seiner neuen Diözese dazu auf, die Streitigkeiten zu beenden. Es sei jetzt an der Zeit, nach vorn zu schauen. Der Bischof warb um einen Neubeginn im Bistum Augsburg. Notwendig sei ein „personeller und kommunikativer Neuanfang“, der über die Person des Bischofs hinausreiche. Zugleich sagte er, es lasse sich nicht bestreiten, dass sein Vorgänger im Bistum große menschliche Verwerfungen hervorgerufen und die Öffentlichkeit gegen sich aufgebracht habe.
Konrad Zdarsa räumte ein, dass er Respekt vor der schwierigen Aufgabe habe und bislang noch wenig über Augsburg und sein künftiges Bistum wisse. Er werde erst einmal viel lernen müssen und dazu „auf die Menschen zugehen und das Gespräch suchen“. Die Katholiken von Augsburg hätten „eine ganz andere Art des Kircheseins“ als das, was er bisher in Ostdeutschland kennengelernt habe. Sich selber charakterisierte Zdarsa als einen Menschen, der „nicht so der Typ ist, der ausbricht ins Extreme“.
Konrad Zdarsa hat sechs ältere Geschwister und wurde 1974 in Dresden zum Priester geweiht. Da er auch österreichischer Staatsbürger ist, konnte er noch zu DDR-Zeiten 1977 zum Weiterstudium nach Rom wechseln, wo er an der päpstlichen Universität Gregoriana einen Doktortitel in Kirchenrecht erlangte. Von 2004 bis 2007 war er Verwaltungschef im Bistum Dresden-Meißen. „Wir hier in Görlitz verlieren unseren Bischof, weil der Heilige Vater Bischof Konrad zutraut, das Bistum Augsburg, das in Turbulenzen geraten ist, im Geist des Evangeliums zu leiten“, bewertete der Görlitzer Generalvikar Hubertus Zomack die Personalentscheidung Benedikts. Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx sagte, die Gläubigen und Priester Augsburgs erhielten einen Bischof, „der Mut macht zum Glauben und zum Leben in der Gemeinschaft des Volkes Gottes“. Das Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken wies auf die besondere Diaspora-Situation der Diözese Görlitz hin: In dem kleinsten deutschen Bistum gehören mit 30000 Katholiken nur vier Prozent der Bevölkerung der Kirche an. Zdarsa werde in Augsburg von seinen Erfahrungen profitieren, so Generalsekretär Georg Austen vom Bonifatiuswerk.
Zdarsas neues Bistum zählt mit 1,4 Millionen Katholiken und einem Etat von 287 Millionen Euro zu den großen deutschen Diözesen. Sie erstreckt sich von Neu-Ulm bis zum Starnberger See und vom Donau-Ries bis zu den Allgäuer Alpen. Unter den bisher 1000 Pfarreien sind viele kleine Gemeinden mit vergleichsweise wenigen Gläubigen. Das Bistum befindet sich mitten im Strukturwandel. Christen kamen bereits mit den Römern in die Gegend. Erste namentlich bekannte Glaubenszeugin ist die heilige Afra, die um 304 den Märtyrertod erlitt, bedeutendster Bischof war der heilige Ulrich (923 bis 973), der auch erster Bistumspatron ist.
In sein Amt eingeführt werden soll der neue Augsburger Bischof am 23. Oktober. Grund für das ungewöhnlich späte Datum seien Terminschwierigkeiten, wie das Bistum Augsburg mitteilte. Gemäß Kirchenrecht muss ein Diözesanbischof eigentlich drei Monate nach seiner Ernennung installiert sein.