Redaktion der pilger

Mittwoch, 28. Juli 2010

Was macht uns reich vor Gott?

"Liebe empfangen und Liebe geben" - lesen Sie hier einen Beitrag von Pastoralreferent Claus Kasper zum Lukas-Evangelium 12, 13–21.

Wie, liebe Leserinnen und Leser, beantworten Sie diese zentrale Frage unseres christlichen Glaubens? ... Für Jesus stand diese Frage im Mittelpunkt seines Denkens, Fühlens und Handelns. Jesus war „Theozentriker“, das heißt, für ihn stand GOTT und die Frage nach seinem Willen im Zentrum. Entscheidend ist, was vor Gott zählt, was in Gottes Augen wertvoll ist, was Gottes Willen entspricht. Darin liegt auch der Sinn des Lebens, nämlich vor Gott reich zu werden. Aber genau hier stellt sich für uns die Frage: Vor Gott reich werden – wie soll das gehen und wie ist dieses Reichwerden vor Gott zu verstehen? Vor Gott reich werden bedeutet, Gottes Willen zu erfüllen, das zu leben und zu tun, worauf es in Gottes Augen ankommt. Die zentralen Fragen lauten also: Was zählt vor Gott? Worin liegt der Sinn des Lebens?

Mit dem Beispiel, das im heutigen Evangelium genannt wird, macht Jesus klar, worin der Sinn des Lebens wohl nicht bestehen kann, nämlich im Überfluss zu leben, inmitten von materiellen Reichtümern ohne Ende. Darauf kommt es also vor Gott nicht an. Jesus warnt eindrücklich vor solch einem Leben: „Gebt Acht, hütet euch vor jeder Art von Habgier.“ 

Jesus möchte nicht materiellen Reichtum an sich verteufeln, aber warnen möchte er vor Habgier, vor dem, was das Herz unfrei und böse macht. Und hiermit sind wir an dem vor Gott entscheidenden „Ort“ angelangt : dem Herzen des Menschen, gemeint ist der „Ort“, wo der Mensch entscheidet, worauf es im Leben ankommt, worin also der Sinn des Lebens besteht.

Worin besteht der Sinn des Lebens, worauf kommt es an – vor Gott, was macht wirklich reich im Leben – vor Gott? Wenn wir uns dieser Grundfrage unseres Glaubens stellen, dann stehen wir ganz nah bei Jesus, der erfüllt war von dieser einen Frage: Was macht den Menschen reich – vor Gott. Noch einmal: GOTT zählt;  was macht in GOTTES Augen reich, worauf kommt es im Leben vor GOTT an? ...

Es kommt auf unser „Herz“ an und auf alles, was daraus fließt: auf unser Denken, Reden und Tun kommt es an. Ja, das lehrt  und zeigt uns Jesus in seinem Evangelium: das Hauptgebot der Liebe: Liebt Gott und liebt euren Nächsten. Ganz im Sinne Jesu lässt sich auf die entscheidende Frage, was vor Gott reich macht, antworten: „Liebe, und werde reich vor Gott.“ Die Liebe im Herzen und das Tun der Liebe – darauf kommt es an, das macht vor Gott reich, darin liegt der Sinn des Lebens. Was Liebe im Sinne Jesu konkret bedeutet, können wir aus seinem Evangelium klar erkennen. Von Jesus selbst lernen wir, was vor Gott zählt, worauf es in Gottes Augen ankommt. 

Aus dem Evangelium Jesu hat die Kirche die sieben leiblichen und die sieben geistlichen Werke der Barmherzigkeit abgeleitet. Auf dieses Tun der Liebe kommt es an, um vor GOTT reich zu werden. Die sieben leiblichen Werke der Barmherzigkeit lauten: die Hungrigen speisen; die Durstigen tränken; die Nackten bekleiden; die Fremden beherbergen; die Gefangenen erlösen; die Kranken besuchen; die Toten begraben. Die sieben geistlichen Werke der Barmherzigkeit lauten: die Zweifelnden beraten; die Unwissenden belehren; die Sünder zurechtweisen; die Trauernden trösten; erlittenes Unrecht verzeihen; die Lästigen geduldig ertragen; für die Lebenden und die Verstorbenen beten. Anhand dieser Aufzählung kann ein jeder sich prüfen bzw. fragen, inwieweit diese „Werke der Barmherzigkeit“ sein Denken, Fühlen und Handeln bestimmen. 

Manchmal oder auch oft kommt es in unserem Alltag gar nicht auf die „großen Werke“ der Barmherzigkeit an, sondern eher auf die „kleinen Werke“, auf die Gesten der Wärme, die wir einander zeigen und schenken können: ein kurzes Lächeln; ein freundlicher Händedruck; ein vergebender Blick; eine zärtliche Umarmung; ein ermutigendes und aufmunterndes Wort; ein gemeinsamer Spaziergang; ein Urlaubsgruß; ein überraschendes Telefonat; ein Besuch am Krankenbett; ein phantasievolles Geschenk; ein gemeinsamer Cappuchino trotz Terminflut und Arbeitsstress; eine SMS voll Liebe; eine Nähe, die stärkt und wärmt; eine Freundschaft, die treu ist auch in Krankheit und Not; ein Gebet, das einer dem anderen verspricht; ein Wort, das tröstet und befreit; eine Hand, die die meine hält ... Gesten der Wärme, die uns als Menschen reich und glücklich machen können, die uns auch vor Gott reich machen, denn vor Gott macht die Liebe reich, vor Gott zählt das Herz, vor Gott kommt es darauf an, dass Liebe unser Denken, Fühlen und Handeln bestimmt. „Liebe, und werde reich vor Gott ...“ – „Liebe, und spüre den Sinn des Lebens ...“. 

Es gibt etwas im Leben, was man als Mensch „immer ersehnen und manchmal bekommen kann, nämlich menschliche Zärtlichkeit“. Dieser Wort von Albert Camus macht deutlich, worin der Sinn des Lebens und das wahre Reichsein, das Reichsein vor Gott liegen können: im Empfangen und Geben von Liebe.

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