Donnerstag, 13. April 2023
Vier Augen sehen besser als zwei
Stephanie Rieth gehört seit vergangenem Jahr neben Bischof und Generalvikar der Mainzer Bistumsleitung an. Die "Bevollmächtigte des Generalvikars" und Mainzer Ordinariatsdirektorin spricht am 17. April in Speyer über ihre Erfahrungen mit einem bundesweit bislang einmaligen Leitungsmodell.
„Ich habe im Lauf der Jahre Hoffnung und Zuversicht verloren, dass die römisch-katholische Kirche sich wirklich wandeln kann“ – dieser Satz des ehemaligen Speyerer Generalvikars Andreas Sturm bewegte die Gemüter im Kontext seines Rücktritts vor rund elf Monaten sehr. Ausgerechnet eine "Kirchen-Frau" wird nun in Speyer am Montag, 17. April, mit einem Vortrags- und Diskussionsabend den früheren katholischen Priester möglicherweise widerlegen. Der Titel der Abendveranstaltung lautet: "Vier Augen sehen besser als zwei".
Denn im benachbarten Bistum Mainz zeigt die Bistumsleitung gerade, dass sich die Kirche doch aufmachen und Neues wagen kann. Während bisher die höchsten Positionen eines Bistums – die des Bischofs und Generalvikars – nur geweihten Personen vorbehalten waren, hat das Bistum seine „Architektur“ mit einem bisher einzigartigen Modell grundlegend geändert: Dort gibt es seit Frühjahr 2022 eine „Bevollmächtigte des Generalvikars“. Stephanie Rieth (47) ist Theologin, hat eine Familie und teilt sich nun offiziell mit Weihbischof Udo Markus Benz das Aufgabenfeld des Generalvikars – mit eigenem Verantwortungsbereich und eigenen Rechten und Pflichten.
Zu dritt mit Bischof Peter Kohlgraf sind sie nun die im Kirchenrecht „Ordinarius“ genannte Bistumsleitung und gehen damit neue Wege. "Dieses Amt ist auf jeden Fall ein Quantensprung, weil es das in dieser Grundsätzlichkeit bisher in Deutschland nicht gegeben hat", so urteilt Rieth in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur. " Wir verlassen damit nicht den Boden des Kirchenrechts. Aber ich spüre Tag für Tag, dass wir Pionierarbeit machen." Eine Reaktion aus Rom, vom Vatikan, blieb bisher aus: "Es überrascht mich insofern nicht, als diese Neuerung vielleicht noch gar nicht so bekannt ist oder aber auch nicht so interessant, denn die Möglichkeit, dieses Amt zu schaffen liegt im Rahmen der Gestaltungsvollmacht eines jeden Diözesanbischofs. Dennoch braucht es Mut, denn es geht um einen Wandel im kirchlichen Leitungsverständnis." Stephanie Rieth glaubt an das neue Konzept und hofft, dass allmählich andere Bistümer nachziehen, ihre Leitungsstruktur vielfältiger aufstellen und damit über die priesterliche Perspektive hinaus auch andere Blickwinkel prägend werden.
An diesem Abend (19.30 bis 21 Uhr, Friedrich-Spee-Haus Speyer, Edith-Stein-Platz 7) der Katholischen Erwachsenenbildung steht Stephanie Rieth daher Rede und Antwort. Rieth berichtet, wie sich ihr Bistum neu aufgestellt hat, welche Hürden und Vorurteile es gab, worüber sie sich bei ihrer Arbeit freut und wie alle – Bistumsleitung und „Kirchenvolk“ – tagtäglich dazulernen, Partizipation leben und Kirche neu erfinden.
Die Teilnahme ist kostenfrei, Anmeldung erwünscht - Telefon 06232/102180 oder Mail: keb@bistum-speyer.de