Donnerstag, 24. November 2022
Lösung für Konflikt in Sicht?
Hunderttausende Menschen im Ostkongo auf der Flucht
Im Osten der Demokratischen Republik Kongo tobt seit Jahrzehnten ein Kampf um Boden und Rohstoffe. Jetzt eskaliert der Konflikt zusehends. Die Fäden zieht der Präsident des Nachbarlandes Ruanda – angeblich.
Im Osten der Demokratischen Republik Kongo spielt sich eine humanitäre Tragödie ab. Die Kämpfe zwischen der kongolesischen Armee und der Rebellengruppe M23 sind seit einem Wiederaufflammen des Konflikts im Oktober eskaliert. Hunderttausende Bewohner mussten fliehen. „Es wird so heftig gekämpft, dass humanitäre Helfer nicht hinterherkommen, die vielen Notleidenden zu versorgen“, warnte am vergangenen Wochenende die International Crisis Group (ICG).
Bewaffneter Konflikt ist für den Osten des Riesenstaates nicht neu: Die Friedensmission der Vereinten Nationen „Monusco“ kämpft hier seit Jahrzehnten gegen etwa 120 verschiedene Rebellengruppen. Wöchentlich kommt es zu Überfällen auf Dörfer, Kirchen, Bergwerke und staatliche Einrichtungen. Einer der Kriegstreiber ist die „Bewegung vom 23. März“, besser bekannt als M23. Der bewaffneten Miliz war es zuletzt gelungen, mehrere Städte und Dörfer zu erobern. Vor einigen Tagen erreichten die Kämpfe einen neuen Höhepunkt, als Kongos Streitkräfte mehrere M23-Bastionen mit Kampfjets und Panzern angriffen.
Unterdessen erhebt die Regierung von Präsident Felix Tshisekedi schwere Vorwürfe gegen Ruanda: Das Nachbarland soll die Rebellen auf kongolesischem Boden unterstützen. Erst kürzlich verwies die Regierung in Kinshasa den ruandischen Botschafter des Landes und zog ihren eigenen Chefdiplomaten aus Kigali ab. Ende Oktober kam es zu Protesten in der Provinzhauptstadt Goma. Tausende forderten ein Ende der ruandischen Einmischung sowie Waffen, um sich gegen die vorrückenden Rebellen wehren zu können.
Die Kämpfe riefen auch die Kirche auf den Plan. „Tief besorgt zeigten sich vor einigen Tagen Ruandas katholische Bischöfe über das Schicksal der Zivilisten im Nachbarland. Dabei brachten sie ihre „Solidarität und geistige Verbundenheit“ mit allen zum Ausdruck, die „zur Beute der mörderischen Gewalt“ würden.
Schätzungen zufolge flohen bisher zwischen 180 000 und 250 000 Bewohner vor den Kämpfen. Viele von ihnen suchen Schutz in Camps rund um Goma. Dort fehlt es am Notwendigsten. „Sie haben weder Nahrung noch Wasser. Es ist ernst“, zitierte die Deutsche Welle am vergangenen Wochenende den Verantwortlichen eines Lagers. Wegen der unhygienischen Zustände sei es bereits zu Cholerainfektionen gekommen.
Viel glauben nicht an ein baldiges Ende der Kämpfe. Trotzdem besteht Hoffnung – dank einer lokalen Friedensinitiative: Vor zwei Wochen traf Kenias früherer Präsident Uhuru Kenyatta, der zuletzt als Vermittler bei afrikanischen Konflikten auftrat, auf mehrere Akteure in der Region – darunter auch auf Ruandas Präsidenten Paul Kagame. Dieser streitet jede Verbindung oder Unterstützung für die Rebellengruppe M23 ab. Dennoch habe er laut Kenyatta eingewilligt, seinen Einfluss zu nutzen, um die Rebellen zur Aufgabe zu „drängen“. Im Raum stehen derzeit eine Waffenruhe und eine Rückgabe der eroberten Gebiete.
Unterdessen laufen nördlich der Krisenregion Vorbereitungen für Friedensproteste. Der Bischof von Wamba, Janvier Kataka Luvete, rief in seiner Diözese zu einem Marsch auf. Man wolle zeigen, dass man die „ewig wiederkehrenden Kriege satt hat“. (kna)