Mittwoch, 20. September 2023
Wahrheit
Pinocchio zeigt ein Wesensstück unseres Christseins
So viele Pinocchios auf einmal stehen da in dem Regal. So berühmt und beliebt ist Pinocchio, dass er in Geschäften mit Spielsachen und Andenken in Italien kaum fehlen darf. Pinocchio kommt ja von dort. Carlo Collodi (826 bis 1890) erfand 1881 das Kerlchen, das durch den Tischler Gepetto auf einmal zu leben begann. Den Namen hat er von der Pinie, aus der er geschnitzt war. Viele Abenteuer erlebt Pinocchio, wie ein rechter Lausbub, bis sein sehnlichster Wunsch in Erfüllung ging: Er wird ein Junge aus Fleisch und Blut. Dazu musste er vieles ändern, auch in sich selbst, vor allem das Lügen, woher ja seine berühmte lange Nase kommt, die immer wuchs, wenn er log.
Ehrlich gesagt, sind wir doch alle irgendwie Pinocchios, kleine, mittlere, große Pinocchios. Lügen ist nahezu gesellschaftsfähig. Bloßer Kinderkram ist es jedenfalls nicht. Immer müssen wir doch erfahren, wie weit Lügen und Betrügen verbreitet ist. Und wir selbst? Wenn jedes Mal die Nasen wüchsen, wären lange Nasen nichts Besonderes mehr. Die achselzuckende Frage des alten Fuchses Pilatus: „Was ist Wahrheit?“, wird bis heute immer wieder nicht minder spöttisch und süffisant gestellt. Sie suggeriert, mit der Wahrheit müssten wir es nicht so ganz ernst nehmen. Zumindest die kleinen Lügen, vor allem die Notlügen seien nicht so schlimm, wir könnten sie sportlich sehen.
Das trifft auch uns Christen. Fassen wir uns selbst einmal bei der Nase: Wie halten wir es mit der Wahrheit? Dabei sind wir als Christen besonders der Wahrheit verpflichtet. Mehr noch: Wahrheit gehört zu unserem Wesen, unserem Charakter. Und diese Wahrheit ist nicht halb oder nur teilweise, sondern ganz. Sie ist unteilbar, wie auch wir nicht nur hier und da, dann und wann, mehr oder weniger Christen sind, sondern ganz und immer. Nicht auch nur ein kleinster Teil unseres Lebens ist ausgenommen.
Das ist so, weil wir Christen sind, die den Namen von ihm tragen, der mit göttlicher Autorität von sich gesagt hat: „Ich bin die Wahrheit“ (Johannes-Evangelium 14,6). Und die ist letztlich von und in Gott. Das hat die berühmte Pilatus-Frage provoziert, dass Jesus Christus ihm bekannte: „Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme“ (Johannes-Evangelium 18,37).
Das wird noch einmal deutlicher, da Jesus Christus nicht nur sagte „Ich bin die Wahrheit“, sondern „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben“ (Johannes-Evangelium 14,6). Unser Leben haben wir ja nicht aus uns selbst. Wir leben nicht aus uns selbst, sondern Jesus Christus lebt in uns, und deshalb leben wir (Galaterbrief 2,20). Als viele „zum Glauben an ihn“ gekommen waren, sagte Jesus Christus: „Wenn ihr in meinem Wort bleibt, seid ihr wahrhaft meine Jünger. Dann werdet ihr die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch befreien“. Lüge, in welcher Form auch immer, ist der totale Gegensatz zur Wahrheit und damit zu Jesus Christus und zum Christsein. Lüge ist des Teufels, „denn er ist ein Lügner und der Vater der Lüge“ (Johannes-Evangelium 8,30–32.44).
Gerade auf seine eigene Art und Weise kann uns Pinocchio daran erinnern. Dabei geht es vor allem um jenes alltägliche Kleinklein: dort wahrhaftig zu sein und nicht all diesen kleinen Schwindeleien nachzugeben, die so harmlos daherkommen als Notlüge, gar als Beschlagenheit und Schläue. (kh)