Mittwoch, 21. Juli 2010
Südafrika: Droht wieder Fremdenhass?
Die Fußballweltmeisterschaft am Kap ist bereits einige Zeit abgepfiffen. Sie hat der Republik Südafrika in den zurückliegenden Wochen zu einem internationalen Imagegewinn verholfen und auch den ganzen „Schwarzen Kontinent”, oft aus neuen Perspektiven, ins Blickfeld der Welt gerückt.
Nachdem das runde Leder am Horizont verschwunden ist, ziehen nunmehr wieder die dunklen Wolken der Fremdenfeindlichkeit auf – eine „Wettervorhersage”, die die Kirchen im Land mit großer Sorge erfüllt.
Südafrika laufe Gefahr, das gewonnene internationale Ansehen zu verspielen, wenn sich jetzt wieder der Fremdenhass Bahn breche, warnt Erzbischof Buti Joseph Tlhagale (62) von Johannesburg, der Vorsitzende der Katholischen Bischofskonferenz des Südlichen Afrika (SACBC). Aus Kirchenkreisen in Kapstadt heißt es, in einem der dortigen Flüchtlingslager hätten fast 70 Prozent der Migranten Todesdrohungen erhalten.
Die Phänomene Fremdenfeindlichkeit und Ausländerhatz, ausgehend von Johannesburg und der Hafenstadt Durban, hatten Südafrika erstmals im Jahr 2008 weltweit in die Schlagzeilen gebracht. Damals kam es zu gewaltsamen Übergriffen, die auch Tote forderten, von südafrikanischen Bewohnern der Slumviertel gegen Flüchtlinge aus dem Nachbarland Simbabwe sowie aus Nigeria, Mosambik und Malawi. Die verarmten Südafrikaner in den Townships werfen den Migranten und Flüchtlingen vor, ihnen Arbeitsplätze und Wohnraum streitig zu machen. Während der WM wurden neue Gewaltausbrüche durch die massiven Sicherheitsmaßnahmen unterbunden.
Während Menschenrechtler angesichts einer drohenden neuen Welle der Xenophobie nach dem World Cup immer eindringlicher Alarm schlagen, suchen die Kirchen nach Wegen, diese Gefahr abzuwenden. Eine von Tlhagale angeführte Delegation der Religionsgemeinschaften appellierte bereits Anfang Juli im Gespräch mit Präsident Jacob Zuma (68), seinem Vize Kgalema Mothlanthe (61) und weiteren Regierungsoffiziellen, die Hinweise auf Fremdenfeindlichkeit ernst zu nehmen und ihnen entschlossen entgegenzutreten. Dem National Religious Leader's Forum haben sich neben Bischöfen der christlichen Kirchen auch Repräsentanten etwa der Muslime, Juden, Buddhisten und Hindus angeschlossen. In der Unterredung mit dem Staats- und Regierungschef thematisierten sie auch das Anliegen, die nationale Einheit, die moralische Erneuerung sowie die Beziehungen zwischen den Religionsgemeinschaften und dem Staat zu fördern.
Unmittelbar zum Auftakt der Fußball-WM appellierte Thlagale dann an jene, die neuen Fremdenhass schüren, ihrem Protest gegen gesellschaftliche Probleme in Südafrika mit anderen Mitteln Ausdruck zu verleihen. Die Vorwürfe, mit denen Migranten und Flüchtlinge zu Sündenböcken für soziale Missstände gemacht würden, entbehrten jeder Grundlage. Im Übrigen bewirke die Zuwanderung eher neue Arbeitsplätze als deren Zerstörung. Die Regierung, so unterstrich der SACBC-Vorsitzende, habe angesichts der vielen Krisenherde in den Nachbarregionen mit der Öffnung der Grenzen für Flüchtlinge ein gutes und richtiges Signal für die noch junge Demokratie am Kap gegeben.
Südafrika mit seinen 50 Millionen Einwohnern, ist Schätzungen zufolge seit dem Ende der Apartheid zum Ziel von bis zu zehn Millionen Zuwanderern geworden. Es kommen nicht nur Flüchtlinge aus Konfliktregionen, sondern auch Menschen, die sich von einem Leben in Afrikas stärkster Volkswirtschaft bessere Perspektiven für die eigene Existenz erhoffen. kna