Redaktion der pilger

Donnerstag, 21. Oktober 2010

Hört doch auf, zu vergleichen!

Jeder muss seinen eigenen Möglichkeiten gerecht werden – ein Beitrag von Pastoralreferentin Christina Pollak-Tremel zum Sonntagsevangelium (zum Text in der Bibel – Lukas-Evangelium 18,9-14).

Sich mit andern zu vergleichen, scheint das Natürlichste auf der Welt zu sein. Schon im Kindergarten geht es los: „Ich bin aber schon viel größer als du.“ Oder: „Der hat was, was ich nicht habe. Das will ich auch.“

Beim Elternabend zur Ersten Klasse bat der Klassenlehrer die Eltern darum, ihr Kind nicht zu fragen: Wie schnell hat dein Nachbar die Mathe-Aufgabe gelöst? Wie viel Fehler hatte dein Freund beim Diktat?

Als Eltern denkt man sich gar nichts Böses dabei, man will das Kind nur besser einordnen können, aber solche Fragen können zu Konkurrenzdenken und unkollegialem Verhalten führen. Ich bin schneller und mache weniger Fehler als du, ich bin der Bessere und du taugst nichts!

Vergleiche können letztlich das Klassenklima vergiften oder – einmal auf das religiöse Leben übertragen – das christliche Miteinander in einer Gemeinde. Unsere Sternsingergruppe hat ja viel mehr Geld und Süßigkeiten gesammelt, als die anderen. Wie kann denn die jetzt zur Kommunion gehen, wo die doch so gut wie nie in der Kirche ist, und ich jeden Sonntag? Wir sind doch die frömmeren, wir beten jeden Tag den Rosenkranz und der Pfarrer erwähnt ausgerechnet den, der sonst nichts tut!

Solche – natürlich rein fiktiven Gedanken – können schnell Einzug halten, denn wer nur fleißig sucht, findet immer jemanden, der gottloser und egoistischer ist. Aber letztlich ist es nicht entscheidend, wie ich im Vergleich mit anderen abschneide, sondern wie weit ich meinen eigenen Möglichkeiten gerecht werde. Der Zöllner, der von Jesus gelobt wurde, blieb bei sich selbst und zog niemanden zum Vergleich heran. Er kehrte als Gerechter nach Hause zurück.

Zur Zeit Jesu glaubten die Juden, wenn sich alle einen Tag lang an Gottes Gebote halten, dann wird Gottes Reich Wirklichkeit. Nun existieren allerdings im Judentum über 600 Gebote, darunter auch genaue Vorschriften über Essenszubereitung, Hygiene und Sabbatruhe. Armen Juden war es aus finanziellen Gründen gar nicht möglich, alle Gebote einzuhalten. Sie konnten keinen Diener bezahlen, der am Sabbat für sie das Feuer machte, oder sich kein teures Olivenöl leisten, das nach jüdischen Vorschriften gepresst worden war. Von einigen frommen Pharisäern wurden sie dafür verantwortlich gemacht, Gottes Herrschaft zu behindern. 

Aus der Logik dieser Schuldzuweisung steigt Jesus aus. Er macht das Reich Gottes nicht abhängig von menschlicher Leistung und strikter Gebotserfüllung, er spricht Gottes Liebe allen zu, gerade den Sündern.

Für uns Menschen heute, die wir in einer Leistungsgesellschaft leben, ist das eine wunderbare Botschaft. Ich bin wertvoll, nicht weil ich dies und jenes im Leben erreicht habe oder in einem Gebiet (und sei es im religiösen) besser als andere bin, sondern weil ich von Gott gewollt und geliebt bin. 

Und für uns Christen gilt: Hört auf zu vergleichen! Macht nicht den Fehler und schaut auf gestern, wo sowieso alles viel besser war, weil es mehr Priester gab und die Leute frömmer waren, sondern bleibt im Hier und Jetzt. Und verzagt nicht angesichts der Reihe von bewundernswerten Christen, die alles besser können, bleibt die, die ihr seid, tragt das bei, was ihr könnt. 

In diesem Sinne erzählte Anthony de Mello folgendes Gleichnis: Das Himmelreich gleicht zwei Brüdern, die Gott zu seinen Jüngern berief. Der ältere ging frohen Herzens darauf ein, riss sich von seiner Familie los und reiste in ein fernes Land, wo er sein Leben im Dienste der Ärmsten der Armen zubrachte. Als in jenem Land eine Christenverfolgung einsetzte, wurde er gefangen genommen, zu Unrecht beschuldigt, gefoltert und getötet.

Und der Herr sagte zu ihm: „Du bist ein guter und treuer Diener. Du hast mir Dienste im Wert von tausend Talenten geleistet. Ich werde dir eine Milliarde geben. Tritt ein in die Freude deines Herrn.“ 

Die Antwort des jüngeren Bruders auf die Berufung war bei weitem nicht so hochherzig. Er  heiratete, führte ein erfolgreiches Geschäft und wurde reich und berühmt. Gelegentlich gab er einem Bettler eine Gabe oder er schickte seinem älteren Bruder einen Geldbetrag.

Als für ihn die Zeit zum Sterben kam, sagte der Herr zu ihm: „Bravo, du bist ein guter und treuer Diener. Menschen würden deinen Dienst mit zehn Talenten messen, aber ich will dir eine Milliarde Talente als Belohnung geben. Tritt ein in die Freude deines Herrn!“

Der ältere Bruder war überrascht, als er hörte, sein Bruder bekäme die gleiche Belohnung wie er. Und er war zufrieden. Er sagte: „Herr, nun da ich weiß, was ich weiß, würde ich, sollte ich noch einmal geboren werden und mein Leben noch einmal leben, genau dasselbe für dich tun, was ich getan habe.“

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