Mittwoch, 26. Juni 2024
Zug um Zug zur Gemeinschaft
Schachclub Ramstein-Miesenbach arbeitet mit Gemeinschaftswerk zusammen
Schach ist eine bierernste Angelegenheit. Wer das behauptet, kann sich in den Wohnangeboten Ramstein vom Gegenteil überzeugen. Hier lassen sich Bewohner und Bewohnerinnen seit dem Spätsommer 2023 zweimal wöchentlich von Werner Weller, Vorsitzender des Schachclubs Ramstein-Miesenbach, in die Regeln des königlichen Spiels einweihen. Mit viel Lust am Lernen und Spaß an der Freud.
Alexandra fixiert konzentriert das Brett. Welchen Zug soll sie als nächstes machen? Entschlossen greift sie zum Springer. Jetzt ist Rüdiger an der Reihe. Er lässt sich Zeit, die Strategie will ja gut durchdacht sein. Gespannt verfolgt die ganze Runde, wie sich die Partie entwickelt. Würde ein Zug ins Dilemma führen, schaltet sich Werner Weller ein und gibt alternative Tipps. „Schließlich ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.“ Er ist es auch, dem die Schachgruppe zu verdanken ist. „Ich hatte im ,Wochenblatt‘ über Kooperationen des Ökumenischen Gemeinschaftswerks mit Vereinen gelesen. Da habe ich mir überlegt, dass das auch was für unseren Schachclub wäre. Weller zögert nicht lange und stellt seine Idee in den Wohnangeboten Ramstein vor. „Wir waren auf Anhieb begeistert“, sagt Karen Jentzer vom Sozialdienst, „und uns ist auch sofort jemand eingefallen, der sich bestimmt dafür interessiert.“
Wenige Tage später sitzt Werner Weller dem ersten Kandidaten gegenüber. Es ist Walter, er will seine Kenntnisse auffrischen. „Ich habe ganz früher mal Schach gespielt, das ist gefühlt schon hundert Jahre her. Ich möchte versuchen, das Spiel wieder zu erlernen, und es macht mir Spaß“. Schnell macht das neue Angebot die Runde, es melden sich weitere Interessenten. Aus dem Einzel- unterricht in Walters Apartment wird eine siebenköpfige Schachrunde im Gruppenraum. Alle sind mit so großem Eifer bei der Sache, dass ihnen ein Treffen pro Woche nicht genügt. Werner Weller lässt sich nicht lange bitten und kommt nun immer montags und mittwochs – zu ebenso lehrreichen wie vergnüglichen Nachmittagen. „Bei aller nötigen Konzentration soll der Spaß ja nicht zu kurz kommen“, sagt er. Deshalb geht es locker zu, die Atmosphäre ist entspannt. „Wir gehen Schritt für Schritt vor. Ich erkläre alles, bis es jeder verstanden hat. Denn jeder hat sein eigenes Tempo. In der ersten Stunde trainieren wir, in der zweiten wird gespielt.“ Für die Vermittlung des Spiels mit seinen Regeln und Möglichkeiten nutzt er auch Schachhefte für Anfänger, in denen alles anschaulich erklärt wird.
Eine Herausforderung, die glücklich macht
Allen aus der Gruppe bescheinigt er, gute Fortschritte zu machen. Das motiviert die Teilnehmenden zusätzlich. „Ich kannte Schach zuvor nicht. Ich hoffe, dass ich das Spiel in Zukunft gut kann und vielleicht sogar in einem Verein spielen kann“, sagt Thomas. Und auch Rüdiger hat Blut geleckt: „Es ist eine neue Herausforderung, der ich mich stelle, und es erfüllt mich. Anfangs wusste ich nicht, wie die einzelnen Figuren ziehen, das habe ich jetzt gelernt.“ Mittlerweile spielt er auch außerhalb der Gruppe mal mit seiner Freundin Alexandra eine Partie. „Mir gefällt das Schachspiel richtig gut“, sagt sie und lobt den Lehrmeister: „Herr Weller erklärt das Ganze sehr gut und nimmt sich Zeit.“ Das ist auch nötig. „Denn beim Schach sind nicht nur klare Regeln zu beachten, sondern auch drei wichtige Komponenten: das Brett, der Gegner und die Uhr. Das kann ganz schön stressig sein. Deshalb lassen wir die Uhr derzeit noch weitgehend außen vor“, erklärt Weller. Er ist sich sicher, dass alle das Niveau erreichen, auch gegen die Zeit zu spielen. Das Potential sei hoch, sagt er und sieht sich bestätigt, dass auch Menschen mit Beeinträchtigungen ebenso gut Schach spielen können.
Für die Schachgruppe gab es bereits einen großen Erfolg. „Wir haben uns für den Sportpreis im Rahmen der Förderprojektes ,INPULS‘ des Landessportbundes Rheinland-Pfalz beworben. Für die kreative Idee haben wir als einer von sieben ausgezeichneten Vereinen eine Prämie von 500 Euro bekommen. Für das Geld haben wir einiges angeschafft, zum Beispiel Schachspiele, Übungshefte und T-Shirts für die Gruppenmitglieder.“ Die sind knallgrün, tragen den Namen jedes einzelnen und sind sichtbares Zeichen einer Gemeinschaft, die das Schachspiel vereint. (Friederike Jung)