Montag, 28. Oktober 2024
So lebendig kann Kirche sein
Gründergeist Gipfeltreffen mit 200 Menschen, die Kirche bewegen wollen
Karlsruhe. Rund 200 Kirchenpionier:innen haben am 19. Oktober 2024 im CVJM-Haus in Hochstetten bei Karlsruhe einen Tag voll Inspiration und Vernetzung erlebt. Das ökumenische Format „Gründergeist Gipfeltreffen“ zog Teilnehmende aus verschiedensten Bereichen an, die neue, ergänzende Formen von Kirche initiieren und gestalten wollen.
Musikalisch eröffnet wurde das „Festival für frische Formen von Kirche“ von dem internationalen Künstler:innen-Kollektiv „Central Arts“. Mitorganisator Tobias Aldinger, Referent der Erzdiözese Freiburg, betonte gleich zu Beginn: „Lebe deinen christlichen Glauben in deinem Stil und auf deine Weise. Wir brauchen diese Weite.“ Passend dazu spielte die Pop-Funk-Band zu Beginn ein Taizé-Lied, ein neu interpretiertes „Lobe den Herren“ und eigene Worship-Lieder.
Tradition und Innovation schätzen
Miriam Hechler, Pfarrerin für Innovation und Neue Aufbrüche der Evangelischen Landeskirche in Württemberg, betont: „Uns ist es wichtig, die kirchlichen Traditionen wertzuschätzen und gleichzeitig nach neuen Formen zu suchen, wie Glaube heute gelebt werden kann. Wir verstehen Neuaufbrüche als ein geistliches Geschehen, das sich auf die Ursprungsidee von Kirche zurückbesinnt: Innovation ist Tradition im neuen Kontext.“
Prof. Dr. Sandra Bils, Referentin für strategische Transformation bei midi Berlin (Evangelische Kirche in Deutschland), formulierte es in ihrem Hauptvortrag so: „Gründen ist ja nie aus dem Nichts heraus. Wir setzen immer an, bei dem was es schon gibt.“ Sie erinnerte daran, dass „Ekklesia“ – Kirche – nicht nur ein selbstorganisiertes Cliquentreffen ist, sondern eine Gemeinschaft, die von Gott herausgerufen ist – das bedeute auch ein Rausgehen aus eigenen Räumen. Sie fügte der Tradition und Innovation noch die Exnovation hinzu mit der Frage: „Wie viel Zeit meines kirchlichen Engagements investiere ich in Fortsetzen von Bisherigem, Anfangen von Neuem und bewusstes Beenden und Verlernen? – Wo schneidet ihr auch mal bewusst alte Zöpfe ab und sagt, das war gut, aber hat auch seine Zeit gehabt?“
Blick über den Tellerrand nach England
Tina Hodgett, Priesterin und Pionierin der anglikanischen Kirche, teilte ihre Erfahrungen aus der FreshX-Bewegung in England. Heutige Pionier:innen seien oft Frauen und nicht-klassisch ausgebildet. Das englische Wort „pioneer“ habe als Entsprechung das Wort „Anfänger“ im Deutschen – so, wie auch Jesus vieles neu und zum ersten Mal gemacht habe, etwa mit dem Abendmahl als eine Neuinterpretation eines bestehenden Rituals.
Loslegen!
Der Hamburger Startup-Berater Daniel Terner führte in die Praxis des Gründens ein und verglich den Start mit dem Kinderspiel Topfschlagen: Nach einer großen Idee, einer Analyse der Wunschwirkung und einer ersten Kostprobe der Idee heiße es: „Auf die Knie gehen, näher ran!“ Der kontinuierliche Austausch mit der Zielgruppe sei entscheidend, erst im nächsten Schritt solle die Werbung für das neue Format kommen. Das Erproben, ob man auf der richtigen Spur ist, höre nie auf. „Also ab jetzt immer auf den Knien im Kontakt mit den Leuten am Boden bleiben.“
In den Pausen, den Austauschrunden sowie Workshops war Gelegenheit, tiefer und praxisorientiert in die angesprochenen Themen einzutauchen und von den Erfahrungen anderer zu lernen sowie sich ausgiebig miteinander zu vernetzen.
Felix Goldinger, Mitorganisator und Leiter der Stabsstelle Innovation und Transformation im Bistum Speyer, ist begeistert von der großen Resonanz und betont: „Den Rückenwind, den die Teilnehmenden heute gespürt haben, soll viele Menschen vor Ort ermutigen, nach frischen Formen von Glaube und Kirche zu suchen und diese zu starten.“ – Oder, wie beim improvisierten Segenslied am Ende von Central Arts zu hören war: „Mach‘s einfach – und Gott gibt auf dich acht.“
Was ist Gründergeist?
Die Gründergeist Bewegung ist ein ökumenisches Netzwerk von evangelischen und katholischen Christ:innen und dem CVJM in Baden-Württemberg und der Pfalz. Das Netzwerk hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit einer Sehnsucht nach lebendigen und neuen Formen von christlicher Gemeinschaft zu suchen, zu vernetzen, zu inspirieren und zu ermutigen. Dies geschieht durch ein Team aus den Landeskirchen, dem CVJM und den katholischen Bistümern in Baden, Württemberg und der Pfalz, indem online Starterkurse, Lernreisen, Intensiv-Freizeiten, Coaching und das Jahrestreffen als „Gipfeltreffen“ angeboten werden. Das nächste Gipfeltreffen findet am 11. Oktober 2025 statt. Alle Infos finden sich unter: www.gruendergeist.info
Fotos und Text. Tobias Aldinger, Felix Goldinger
Diese Meldung und weitere Nachrichten des Bistums wurde veröffentlicht auf der Internetseite www.bistum-speyer.de