Donnerstag, 01. Dezember 2022
Grußworte Dezember 2022
Liebe Leserin, lieber Leser,
wortlos stellte meine Mutter die kleine Schüssel mit den spärlichen Resten des Weihnachtsgebäcks auf den Tisch. Mein Vater, meine Schwester und ich blickten uns an. Sie brauchte nichts zu sagen und ihr Schweigen war die Höchststrafe für uns.
Wir haben das Weihnachtsgebäck, das mit so viel Liebe in den Tagen vorher gebacken wurde, still und heimlich geplündert. Meine Schwester und ich wussten voneinander, dass Papa auch heimlich genascht hat, entnahmen wir seinem betroffenen Schweigen. Auch der Versuch, unsere Tat dadurch zu entschuldigen, dass sie eben vor Weihnachten besser schmeckten, erhellte die Laune unserer Mutter nicht.
Daran muss ich immer wieder denken, wenn ich sehe, dass schon Ende September das Weihnachtsgebäck in den Supermärkten angeboten wird. Anfangs ignoriere ich die verlockenden Auslagen, um dann von Woche zu Woche zu schauen, ob diejenigen Süßigkeiten, Lebkuchen, Baumkuchen und andere Köstlichkeiten, die ich mir unbedingt kaufen möchte, noch in genügender Anzahl vorhanden sind. Nach St. Martin, so versuche ich mich zu entschuldigen, kann ich sie kaufen. Vorher auf keinen Fall.
Habe ich sie dann glücklich nach Hause gebracht und sorgfältig verstaut, bleibt doch die stete Gefahr, die eine oder andere Köstlichkeit schon jetzt zu genießen. Das Warten, ich gebe es unumwunden zu, fällt mir schwer. Vielleicht ergeht es Ihnen wie mir und das Warten fällt schwer.
Ein Blick in den Duden weitet meinen Blick. Die Herkunft des Verbes ‚warten‘, so wird ausgeführt, leitet sich vom Substantiv ‚Warte‘ ab, bedeute daher: ‚den Blick auf etwas richten‘. Die Ausgangsbedeutung gehe im Lauf der Zeit über in ‘achthaben, sorgen, pflegen’, auch ‘seinen Blick auf das Begehrte richten, das man zu erhalten hofft’, und führe zu der heute allgemein üblichen Bedeutung von ‘harren’, ‚ausharren‘. Ich entnehme den Ausführungen auch, dass damit ‚Wärter‘ verbunden sei. Also ein ‚Aufseher‘, ein ‚Türöffner‘ und ein ‚Pfleger‘. Das Verb ‚aufwarten‘ sei auch davon herzuleiten, was wiederum ‚bedienen, dienen, seine Gunst erweisen‘ bedeute.
Vielleicht schwirren die vielen Begriffe und deren Bedeutung nun wild in Ihrem Kopf herum. Mir ist deutlich geworden, dass ‚ausharren‘ nur eine Seite dieses Verbes ist. So scheint mir, dass plötzlich alles, was mir und wohl auch Ihnen begegnet, darin seine Berechtigung finden kann. Das Geheimnis des Weihnachtsfestes, das tiefe Geheimnis der Menschwerdung Gottes ist wohl weiter, als nur dem persönlichen Gefühl des ‚Ausharrens‘ stattzuhalten.
So weit die Bedeutungsgeschichte dieses Verbes ist, so weit scheint auch die Einladung, die Gott mit seiner Menschwerdung ausgesprochen hat. So lese ich heraus, dass es darauf ankommt, auf die Würde der Armen zu achten, für Gerechtigkeit und Frieden zu sorgen und eine Kultur der Geschwisterlichkeit zu pflegen. Ich sehe auch, dass ich zum ‚Türöffner‘ berufen bin, um Mauern überwinden zu helfen und neue Zugänge zu schaffen, die auch meine Kirche betreffen. Dem Nächsten mit Wertschätzung zu begegnen und zu dienen, um gemeinsam die uns verbindende Würde zu teilen und zu leben.
Eine prall gefüllte Schüssel mit Vorschlägen, die in Gedanken vor Ihnen steht. Ich lade Sie natürlich ein, schon jetzt daraus zu kosten und sie zu probieren.
Ich möchte jedoch nicht dahingehend missverstanden werden, dass Sie jetzt schon die Plätzchen und Süßigkeiten plündern. In einem bin ich mir aber ganz sicher, wenn wir die Einladung Gottes nicht ergreifen, dann scheint auch die Reaktion meiner Mutter beim Plündern des Gebäcks verständlich. Es wäre ein Schweigen, das noch lange in unseren Herzen nachhallen würde.
Ich wünsche Ihnen von ganzem Herzen eine gesegnete Zeit, viel Spaß beim Backen und auch beim Harren auf den Genuss der Köstlichkeiten. Ich wünsche Ihnen Gottes reichen Segen für die kommende Zeit und auch das bald beginnende Jahr.
Ich denke, dass wir uns alle ganz tief den Frieden wünschen für alle Menschen auf unserer Erde.
Mit den herzlichsten Segenswünschen
Markus Hary, Pfarrer
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