Freitag, 06. Oktober 2023
Die Flucht von Franz Weber, erster Pfarrer in Ballweiler, und seine neue Heimat
Von Ballweiler nach Iapu und nicht wieder zurück
Der aus Kaiserslautern stammende Priester Franz Weber war der erste Pfarrer der neugegründeten Pfarrei St. Josef Ballweiler. Im Zusammenhang der Saarabstimmung (13.01.1935) war Pfarrer Weber einer der führenden Köpfe des Status quo. Aus Angst vor Verfolgung durch die Nazis floh Pfarrer Weber deshalb vor dem Anschluss des Saargebiets an das Deutsche Reich (1.3.1935) in die Schweiz. Nach einer abenteuerlichen Flucht über die Schweiz, Österreich, Böhmen, England, Frankreich, Spanien und Portugal erreichte Pfarrer Weber schließlich mit einer Gruppe anderer Emigranten am 11.05.1941 Brasilien. Dort wirkte er bis zu seinem Tod 1962 in der Pfarrei Santo Estêvão in Iapu, Diözese Caratinga, Minas Gerais. Im Mittelpunkt stehen die Gründe und Umstände der Flucht sowie die Motivation dieses unbeugsamen Speyrer Priesters.
Prof. Dr. Reimund Bieringer
Do, 12. Oktober ‘23
19 Uhr, Ballweiler
Kirche St. Josef
Biesinger Str. 78 | Kostenbeitrag: 3,-
Aus diesem Anlass veröffentlichen wir unten stehend noch einmal den Text, der unter dem Titel »Pfarrer Franz Weber in Brasilien« im Pilger Ende 1962 als Nachruf herausgegeben wurde.
Wir sind sehr dankbar für die Weitsicht und das Zeugnis des ehemaligen Pfarrers von Ballweiler.
Hier der Text:
Erst jetzt erreichte uns die amtliche Nachricht, dass der ehemalige Pfarrer von Ballweiler, Diözesanpriester Franz Weber in seiner brasilianischen Pfarrei Japu am 29. August gestorben ist. Er brach während der Abendmesse nach dem Evangelium vor den Augen seiner bestürzten Pfarrkinder tot zusammen. Ein ungewöhnliches, jedoch reicherfülltes Priesterleben hat damit seinen irdischen Abschluß gefunden.
Pfarrer Franz Weber wurde als Sohn eines Eisenbahn-Kontrolleurs am 9. Januar 1896 in Zeiskam geboren, verbrachte jedoch seine Jugend zumeist in Kaiserslautern. Während des Ersten Weltkriegs wurde er Soldat. Für seine Tapferkeit an der Front erhielt er das Eiserne Kreuz II. Klasse und das Bayerische Militärische Verdienstkreuz. Seine theologischen Studien machte er zu München. Schon frühzeitig beschäftigte er sich intensiv mit den Problemen und Aufgaben der christlichen Politik und der sozialen Frage. Mit 24 Teilnehmern des Ersten Weltkrieges empfing er am 25. Juni 1922 in Speyer die hl. Priesterweihe. Als Kaplan war er in Germersheim, Kirchheimbolanden und Ramstein tätig. Schon 1925 erhielt er die selbständige Stelle eines Lokalkaplans in Ballweiler, das damals noch zur Pfarrei Blickweiler gehörte und im Saargebiet lag. Die erste Aufgabe des jungen Seelsorgers bestand in der Erbauung einer würdigen Kirche anstelle der Kirchenbaracke. Die Aufgabe wurde 1929 nach den Plänen von Prof. Bosslet erfolgreich gelöst. Die stattliche Josephskirche von Ballweiler ist ein Schmuckstück des Bliestales. In Anerkennung des bewiesenen Opfersinnes wurde Ballweiler 1930 zur Pfarrei erhoben und Franz Weber ihr erster Pfarrer.
Pfarrer Weber war ein entschiedener Demokrat und deshalb schon ein scharfer Gegner des aufkommenden Nationalsozialismus. In aller Offenheit bekämpfte er Hitler und seine Weltanschauung. Nach der ersten Rückgliederung des Saargebietes 1935 mußte er, um Leben und Freiheit zu retten, ins Ausland gehen.
Er fand Verwendung in Österreich. Als aber dieses Land 1938 besetzt wurde, floh Pfarrer Weber in letzter Stunde nach der Tschechei. Er verdankte seine Rettung einem Grenzbewohner, der den Flüchtling über einen Grenzfluß trug. Da auch die Tschechei nicht sicher war, flog Pfarrer Weber über England und USA nach Brasilien. Im Staate Minas, nördlich von Rio de Janeiro fand er eine neue Wirkungsstätte. Es war die Pfarrei Santo Esteran mit 20 000 Seelen. Er baute dort unter anderem zwei Kapellen. Später übernahm er die Pfarrei Japu, wo er nach seinem plötzlichen Tod auch sein Grab fand.
In diesem Leben spiegelt sich ein Priesterschicksal unserer Zeit. Man mag darüber streiten, ob Pfarrer Weber die politische Entwicklung immer richtig beurteilt hat. Sicher ist, daß er aus lauteren Motiven seine Entscheidungen getroffen hat. Immer blieb er, der große Herz-Jesu-Verehrer, ein treuer Sohn seiner Kirche, der er in seiner Heimat wie in der Ferne mit ganzer Hingabe gedient hat.
R. i. p. (Ruhe in Frieden)
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