Erstellung eines nachhaltigen örtlichen Hochwasserschutzkonzeptes für die Verbandsgemeinde Vallendar (Vallendar – Niederwerth – Urbar)
Hochwassergefahren in der VG Vallendar (Niederwerth-Vallendar-Urbar)
Die 2011 von der Wasserwirtschaftsverwaltung in Rheinland-Pfalz erstellten Hochwassergefahrenkarten zeigen an den Fließgewässern im Land die überschwemmten Gebiete bei einem häufigen Hochwasser (10-jährlich), mittlerem Hochwasser (100-jährlich) und bei einem extremen Hochwasser auf. Die Karten sind im Internet unter www.hochwassermanagement.rlp.de mit vielen hilfreichen weitergehenden Erläuterungen zu finden. Die Hochwassergefahrenkarte für die VG Vallendar (von Hochwasser betroffen sind Teile von Niederwerth, Vallendar und Urbar an der B 42) sind nach den Erläuterungen zum nachhaltigen örtlichen Hochwasserschutzkonzept für die VG Vallendar zu finden. Häufig betroffen von Hochwasser sind die in den Karten grün gefärbten Flächen und Gebäude. Die blau gefärbten Flächen und Gebäude sind bei einem 100-jährlichen Hochwasser betroffen, einem Ereignis, welches etwa 60 cm höher als das Hochwasser von 1993 sein wird. Die Hochwassergefahrenkarten dienen nur der Information, sie haben keine rechtliche Verbindlichkeit.
Die Hochwassergefahrenkarte für die VG Vallendar zeigt deutlich die besondere Betroffenheit der Stadt Vallendar und der Ortslage Niederwerth. Die Häuser entlang der B42 in Urbar sind erst bei selteneren Hochwasserereignissen betroffen, zuletzt 1993 und 1995. Die B 42 und die Keller der Häuser standen damals unter Wasser. Die B 42 war für den Verkehr gesperrt, Verteilerkästen standen unter Wasser, die Stromversorgung viel aus, die Menschen in den Häusern mussten teilweise per Boot versorgt werden.
Nachhaltiges örtliches Hochwasserschutzkonzept für die VG Vallendar
Die Diskussion um einen baulichen Hochwasserschutz für Vallendar und Niederwerth wird schon seit Jahrzehnten geführt. Nach dem Hochwasser von 1993 wurden die ersten Planungen im Auftrag des Landes Rheinland-Pfalz, vertreten durch die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) in Koblenz durchgeführt: 1993/1994 Machbarkeitsstudie zum Hochwasserschutz Vallendar, 2000/2001 Variantenstudium über Schutzmaßnahmen mit eingeschränktem Hochwasserschutzkomfort, 2002/2003 Ergänzung und Zusammenfassung der Hochwasserschutzstudien und 2010 Wirtschaftlichkeitsbetrachtung. Die Wirtschaftlichkeit der untersuchten Maßnahmen konnte nicht nachgewiesen werden, d.h. die Kosten für die Maßnahmen würden höher liegen, als die durch die Baumaßnahmen verhinderten Schäden durch Hochwasser. Somit wurde eine Realisierung solcher baulichen Maßnahmen zum Hochwasserschutz bisher nicht angegangen.
Mit dem Inkrafttreten des neuen Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) im März 2010 wurde in Deutschland die EU-Richtlinie von 2007 über die Bewertung und das Management von Hochwasserrisiken rechtlich umgesetzt und das Hochwasserrisikomanagement für Gebiete mit signifikanten Hochwasserrisiken verbindlich eingeführt. Für Vallendar bedeutete dies den Startschuss für eine neue Diskussion zum Hochwasserschutz.
Ziel eines umfassenden Hochwasserrisikomanagements ist die Verringerung der hochwasserbedingten nachteiligen Folgen auf die menschliche Gesundheit, die Umwelt, das Kulturerbe, wirtschaftliche Tätigkeiten und erhebliche Sachwerte. Alle Handlungsmöglichkeiten vor, während und nach einem Hochwasser sollen im Hinblick auf dieses Ziel analysiert und optimiert werden.
Überregionale Handlungsmöglichkeiten im Umfeld von Vallendar werden im Rahmen von Arbeitssitzungen (Workshops) der Hochwasserpartnerschaft „Nördlicher Mittelrhein“ diskutiert und vereinbart. Die konkret auf einen Ort bezogenen Themen „Technischer Hochwasserschutz“, „Hochwasserschutz im privaten Bereich (Bauvorsorge)“ und „Freihaltung der Abflussquerschnitte (hier: Rheinufergestaltung)“ werden in Rheinland-Pfalz mit den Betroffenen und den zuständigen Stellen im Rahmen von örtlichen ganzheitlichen Hochwasserschutzkonzepten vertieft diskutiert und es werden ortsbezogene Maßnahmenpakete vereinbart, den Zielen des Hochwasserrisikomanagements zu folgen. Diese neue Vorgehensweise wird in ausgewählten Pilotprojekten erprobt und weiterentwickelt. Nach dem ersten Pilotprojekt in Leutesdorf startete in der VG Vallendar das zweite Pilotvorhaben mit einer Informationsveranstaltung am 22. August 2011. Es war von Anfang an vorgesehen, Teilnehmer aus den von Hochwasser betroffenen Ortslagen von Vallendar, Niederwerth und Urbar für das Projekt zu gewinnen. Leider beschränkte sich der Teilnehmerkreis vorerst aber nur auf Betroffene aus Vallendar und Niederwerth.
Das Pilotprojekt in der VG Vallendar gliederte sich in drei Workshopreihen:
- Workshop 1 „Technischer Hochwasserschutz“, Sitzungen: Mo. 05.09.2011, 07.11.2011, 12.03.2012, jeweils 18:00 bis etwa 21:00 Uhr.
- Workshop 2 „Rheinufergestaltung“, Sitzungen: Mo. 10.10.2011, 06.02.2012, jeweils 18:00 bis etwa 21:00 Uhr.
- Workshop 3 „Maßnahmen im privaten Bereich (Bauvorsorge)“, Sitzung: Mo. 26.03.2012, 18:00 bis etwa 20:30 Uhr.
In den Workshops fanden jeweils zu den verschiedenen Themen Erfahrungsaustausche im Teilnehmerkreis statt, die jeweiligen Handlungsmöglichkeiten wurden fachlich aufgezeigt und erläutert, Fachleute der Wasserwirtschafts- und der Straßenbauverwaltung stellten sich der Diskussion. Im Teilnehmerkreis wurden Ziele geklärt und schließlich mehrheitlich getragene Empfehlungen für weiterführende Maßnahmen herausgearbeitet und vereinbart.
Ergebnisse/Empfehlungen Workshop 1 „Technischer Hochwasserschutz“:
Die bisher in den Studien betrachteten HWS-Linien am Rheinufer sowie rhein- bzw. B-42-seitig des Bahnbauwerks wurden vorgestellt und mit den jeweiligen Konsequenzen in der baulichen Umsetzung erläutert. Problematisch erweist sich ein baulicher Hochwasserschutz in Vallendar aufgrund der Länge der Schutzlinie von über 1.300 m, des stark durchlässigen Untergrundes von etwa 10 m Mächtigkeit, der drei die HWS-Linie querenden Bäche und der Bauwerkshöhe beim Schutz gegen 10-jährliche Hochwasserereignisse von etwa 2,5 m am Rheinufer und 1,7 m am Bahnbauwerk bzw. beim Schutz gegen 100-jährliche Ereignisse von etwa 4,9 m am Rheinufer und 4 m am Bahnbauwerk. Die HWS-Linienführung am Rheinufer wäre aus wasserrechtlichen Gründen nicht genehmigungsfähig, da dann das HWS-Bauwerk am Vallendarer Rheinufer am angeströmten Prallufer stehen würde und demnach eine negative Beeinflussung der Strömungsverhältnisse in Niederwerth nicht auszuschließen wäre. Demnach verbleiben für weitergehende Betrachtungen lediglich mögliche Schutzlinien am Bahnbauwerk.
Sollen die vorhandenen Sichtbeziehungen im Wesentlichen erhalten bleiben, wäre ein großer Anteil an mobilen Hochwasserschutzelementen erforderlich, welcher die Kosten für Herstellung, Betrieb und Unterhaltung noch deutlich erhöhen würde. Zudem wäre ein großer Personalaufwand für Auf- und Abbau, die Lagerung und Unterhaltung des mobilen HWS-Systems von Vallendar zu erbringen.
Die Baukosten für einen umfassenden örtlichen Hochwasserschutz würden für Vallendar mindestens 18 Mio. € (hochgerechnet aus den alten Studien auf aktuelle Baupreise) betragen. In der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung von 2010 wurde berechnet, dass auf Grund der Schadenspotenziale in Vallendar eine Wirtschaftlichkeit eines baulichen Hochwasserschutzes nur gegeben wäre, wenn die Baukosten nicht mehr als 9 bis 13 Mio. € (je nach Finanzierungsmethode), im Mittel nicht mehr als 11 Mio. € betragen würden. Diese Zahlen belegen deutlich, dass ein umfassender baulicher Hochwasserschutz für Vallendar aufgrund des Haushaltsrechts (Wirtschaftlichkeit) nicht umsetzbar ist.
Dennoch sollte weiter nach einer machbaren Lösung gesucht werden. Aus der Diskussion entwickelte sich der Gedanke, das Bahnbauwerk als Hochwasserschutzbauwerk gegen kleine, häufige Hochwasserereignisse zu nutzen (Schutzhöhe vielleicht bei 1 bis 1,2 m). Hierbei wären die Durchfahrten mit mobilen Elementen zu verschließen und es müssten Maßnahmen gegen den Grundwasserandrang (wie z.B. Drainagen, Brunnen, Pumpen, Anpassungen am Kanalnetz und an den Hausanschlüssen, vielleicht auch an den Bächen, Straßenentwässerung, vielleicht eine Untergrundabdichtung) getroffen werden. Ein solches Schutzkonzept mit einem reduzierten Schutzniveau würde zumindest die Befahrbarkeit der B42 bei Hochwasser verbessern. In der Ortslage von Vallendar könnte vielleicht durch weitere mobile Schutzwände und/oder eine verbesserte Bauvorsorge mit einer „zweiten Verteidigungslinie“ die Hochwassergefährdung bei höheren Hochwasserereignissen gemindert werden. Grundvoraussetzung für dieses Schutzkonzept wäre eine Zustimmung der DB Netz AG als Eigentümer des Bahnbauwerks. Auf Anregung aus dem Workshops fand am 23.01.2012 ein Gespräch mit Vertretern der DB Netz AG statt, bei dem einer Untersuchung einer solchen Lösung mit nur geringem Einstau des Bahnbauwerks erstmalig grundsätzlich zugestimmt wurde.
Nach Entscheidung der Gremien in der VG Vallendar für die weitergehende Untersuchung der Machbarkeit des aufgezeigten Schutzkonzeptes mit einem Schutz gegen häufige Ereignisse am Bahnbauwerk in Verbindung mit einer zweiten Verteidigungslinie im Ort (Veranstaltung hierzu am 16.08.2012), würde die SGD in Koblenz diese Prüfung auf Machbarkeit beauftragen. Diese zweite Projektphase sollte dann auch wieder mit Workshops mit den zu beteiligenden Fachleuten der DB Netz AG, der Wasserwirtschaft und des Straßenbaus, der VG-Verwaltung sowie mit interessierten Bürgern begleitet werden. Nach positivem Entscheid könnte diese Studie im Herbst 2012 begonnen werden. Im November 2012 würde hierüber eine Informationsveranstaltung für die Bürgerinnen und Bürger stattfinden.
Ergebnisse/Empfehlungen Workshop 2 „Rheinufergestaltung“:
In den beiden Workshops zur Rheinufergestaltung wurden verschieden Szenarien für den Zugang vom Rheinufer zur Innenstadt sowie für das zentrale Rheinvorland von Vallendar, das ehemalige Hafengelände und für den Bereich zwischen Kanu-Verein und Biergarten skizziert, diskutiert und schließlich Strategien zu Neugestaltung formuliert.
Der zentrale Zugang zum Rheinufer sollte über die Hellenstraße gestaltet werden, eingebunden in die Neugestaltung dieses Bereiches mit der neuen Stadthalle. Die Oberflächengestaltung sollte sich aus der Stadt in Richtung Rheinufer hinziehen, damit vom Rhein kommende Besucher deutlich zur Stadtmitte hin geführt werden. Die Durchfahrt sollte als Mischfläche, ohne Bordstein gestaltet werden (die Verkehrsführung würde sich mit der Realisierung der Bahnüberführung im Bereich des Lidl-Parkplatzes ändern). Langfristig ließe sich die Durchfahrt u.U. in Abstimmung mit der DB Netz AG verbreitern (eine solche Möglichkeit sollte bei der Konzeption einer HWS-Anlage berücksichtigt werden).
Wünschenswert wäre ein zentraler Anleger für Fahrgastschiffe in unmittelbarer Verlängerung der Hellenstraße. Hierfür wäre zumindest ein Tausch der derzeitigen Steigeranlagen erforderlich. Im Rahmen eines vorgeschlagenen „Diskussionsforums Steigeranlagen“ sollten mit den Eigentümern der Steigeranlagen Handlungsmöglichkeiten einer Neugestaltung der Anleger am Vallendarer Rheinufer entwickelt und diskutiert werden. Diese Verlegung der zentralen Steigeranlage für Fahrgastschiffe würde das größte Entwicklungspotenzial für das zentrale Rheinvorland in Vallendar bieten. Eine Neuordnung der Frei- und Grünflächen, der Parkplätze, der Wege bis hin zu einer teilweisen Öffnung des Bachlaufes und die Anlage eines Wasserspielplatzes wären möglich. Im Vorfeld einer weitergehenden Planung wäre also die Durchführung eines solchen „Diskussionsforums Steigeranlagen“ erforderlich.
Für das ehemalige Hafengelände wurde eine kostengünstige Neugestaltung begrüßt. Die Hochebene sollte neuen Parkraum für PKW und vielleicht Caravans und Busse bieten, die Mittelebene mit Grünflächen und einem Fußweg neu gestaltet, die vorhandene Ufereinfassung des ehemaligen Hafens vorläufig beibehalten, u.U. alternative Standorte für Steigeranlagen geschaffen werden. Mittel- bis langfristig könnte hier zumindest ein teilweiser Rückbau in Verbindung mit einer ökologischen Uferaufwertung erfolgen.
Im Bereich am Kanuverein und Biergarten wird durch den Landesbetrieb Mobilität bald (wohl bis 2013) der Geh- und Radweg in Richtung Urbar ausgebaut. Wer diesen Weg dann in Richtung Vallendar nutzt, wird unweigerlich auf die dort am Rheinufer parkenden Autos geführt. Eine Neugestaltung und Verlegung der Parkplätze ist in diesem Abschnitt also sehr zu empfehlen. Anzustreben wäre ein rheinseitiger Geh- und Radweg, eine Verlagerung und Neuordnung der Parkplätze in Richtung Bahnbauwerk und eine Verlagerung des Spielplatzes (der bei Hochwasser immer für viel Reinigungsaufwand sorgt) in den Bereich des zentralen Rheinvorlandes.
In allen Abschnitten wäre die Parkraumsituation neu zu ordnen. Als Grundvoraussetzung für eine Neuordnung wäre ein übergeordnetes Parkraumkonzept für Vallendar zu empfehlen, bei dem auch die Verfügbarkeit der Parkplätze und die Verkehrsführung bei den verschiedenen Hochwassersituationen zu beachten wäre (die Erstellung eines solchen Konzeptes ist beauftragt).
Ergebnisse/Empfehlungen Workshop 3 „Maßnahmen im privaten Bereich (Bauvorsorge)“:
Der Erfahrungsaustausch zur Bauvorsorge bestätigte nochmals die Notwendigkeit eines umfassenden Verkehrs- und Parkplatzkonzeptes auch speziell für Hochwasserlagen. Zudem sollten Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwassergefahrenbewusstseins, insbesondere für Neubürger entwickelt werden. Ein erster Schritt ist z.B. schon mit der Veröffentlichung der Hochwassergefahrenkarten für die VG Vallendar auf den Internetseiten der VG getan. Weitere Schritte wären Poster zur Aufklärung über die Hochwassergefahren in Vallendar z.B. im Rathaus und in der Sparkasse, vielleicht an weiteren zentralen Orten, auch wäre die Anlage von Hochwassermarken in Vallendar hilfreich. Zudem wurde im Workshop vereinbart, dass die SGD die Baugenehmigungen für bestehende und neue Bauwerke im Überschwemmungsgebiet in Vallendar überprüfen wird. Ein Anlass hierfür ist u.a. die ARAL-Tankstelle beim Aldi, die nach den Hochwasserereignissen 1993 und 1995 hochwasserangepasst genehmigt und neu gebaut wurde, deren heutiger Pächter aber offensichtlich über seine Hochwassergefahrensituation nicht sensibilisiert und informiert ist.
Zudem wurde angeregt, Informationsbroschüren zur Bauvorsorge bereitzustellen und mögliche Ansprechpartner zu benennen. Die weiterhin in die Diskussionen eingebundene Technische Universität Kaiserslautern wird hier Empfehlungen ausarbeiten die dann im Rahmen der folgenden Projektphase umgesetzt werden sollen.
Ausschnitte aus der Hochwassergefahrenkarte der VG Vallendar:
(alle Abbildungen für Vallendar, Niederwerth, Urbar)
Ihre Ansprechpartner:
für Planungen:
Hans-Peter Kuhl
Tel.: 0261 / 6503-154
Fax: 0261 / 6503-177
E-Mail: hans-peter.kuhl@vg-vallendar.de
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