Liturgisches Jahrbuch 2/2021
Inhalt der Ausgabe 2/2021
Editorial
LITURGIEREFORM IN DEN ORDEN
Winfried Haunerland
Liturgische Erneuerung als Anliegen der Ordensoberen. Zu ihren Voten in der Antepraeparatoria des II. Vatikanums
Jürgen Bärsch
Ordenseigene Liturgiebücher als Quellen der liturgischen Zeitgeschichte. Beobachtungen zur Rezeption der nachkonziliaren Erneuerung des Gottesdienstes – dargestellt am Beispiel von Ritualien des Kapuzinerordens
Andreas Metzger
Rezeption der Liturgiereform in männlichen Ordensgemeinschaften des deutschen Sprachgebietes. Bericht über das Symposium vom 17. bis 19. Februar 2020 in Beuron und das digitale Symposium vom 11. bis 12. Februar 2021
Georg Braulik OSB
Die Psalmen sind Gespräche
Albert Gerhards und Andreas Odenthal
In memoriam Msgr. Prof. Dr. phil. Wolfgang Bretschneider (7. August 1941 – 12. März 2021)
Buchbesprechungen
Editorial 2/2021: LITURGIEREFORM IN DEN ORDEN
Dass Erneuerung und Reformen zum Wesenszug des christlichen Gottesdienstes gehören, ist eine Grunderkenntnis, die viele Studien zur Liturgie- und Frömmigkeitsgeschichte offenkundig gemacht haben. Es waren nicht zuletzt die Ordensgemeinschaften, die mit ihrem je eigenen spirituellen Profil und ihrer spezifischen missionarischen Sendung wesentliche Impulse für die Erneuerung des gottesdienstlichen Lebens gesetzt haben. Ihre Wirkung blieb häufig nicht auf den inneren Kreis der Gemeinschaften selbst beschränkt. Auch darüber hinaus trugen sie zur Entwicklung von Liturgie und Frömmigkeit in der Kirche insgesamt bei.1 Insofern ist es an der Zeit, der jüngsten Ordensgeschichte Rechnung zu tragen und zu fragen, wie die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils in den Ordensgemeinschaften aufgenommen und wie sie von ihnen rezipiert wurde. Diese Frage drängt sich umso mehr auf, als vergleichbare Untersuchungen zu Bistümern und Pfarreien schon seit mehreren Jahren die liturgische Zeitgeschichte beschäftigt.2
Vor zwei Jahren begannen die Liturgiewissenschaftler an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt und an der Ludwig-Maximilians-Universität München die Arbeit an einem von der DFG geförderten Forschungsprojekt, das sich eingehend der Rezeption der Liturgiereform in den Orden des deutschen Sprachgebietes widmet. Zusammen mit rund Dreißig Kooperationspartnerinnen und -partnern werden zunächst, auch aus wissenschaftsorganisatorischen Gründen, die männlichen Ordensgemeinschaften untersucht. Selbstverständlich ist eine Fortsetzung des Projekts geplant, bei der die weiblichen Ordensgemeinschaften im Mittelpunkt stehen werden. Diese Differenzierung hilft, den jeweiligen Besonderheiten der Orden Rechnung zu tragen.
Das vorliegende Heft bietet einen ersten Einblick in die laufende Arbeit und kann als eine Arbeit Werkstattbericht gelesen werden. Mag. Andreas Metzger, einer der Projektmitarbeiter, gibt einen Überblick über die Themen und anregenden Diskussionen der Tagungen, die 2020 in der Erzabtei St. Martin in Beuron, 2021 dann pandemiebedingt digital stattfanden. Hier wurde nicht nur die große Bandbreite der Ordensspiritualitäten sichtbar, auch die ganz unterschiedlichen liturgischen Traditionen traten deutlich hervor. Ein geplanter Sammelband soll dieses eindrucksvolle Panorama gottesdienstlichen Lebens im 20. Jahrhundert dokumentieren.
Darüber hinaus klingen in zwei kleineren Studien inhaltliche Aspekte an. Winfried Haunerland (München) untersucht die liturgisch relevanten Eingaben der Ordensoberen zur Antepraeparatoria des Zweiten Vatikanischen Konzils. Es ist überraschend, dass dabei die spezifischen Anliegen der ordenseigenen Liturgie gar nicht zur Sprache kamen. Haunerland fragt deshalb, welche Gründe es dafür gegeben haben mag und welche Konsequenzen für die Forschungsperspektive des Projekts daraus zu ziehen sind. Besondere Quellen für die Erforschung der Ordensliturgie stellen die ordeneigenen Breviere, Missalien und Ritualien dar. Jürgen Bärsch (Eichstätt) greift exemplarisch Ritualien zweier Kapuzinerprovinzen in Deutschland auf, um daran inhaltliche Entwicklungslinien aufzuzeigen, die die Ordensliturgie am Vorabend des Konzils bestimmt haben. Sie bildeten den Ausgangspunkt für die nachkonziliaren Reformen in den Gemeinschaften.
Ergänzend hinzu tritt ein Beitrag des Wiener Alttesamentlers und Benediktiners Georg Braulik, der die Kommunikationsstrukturen der Psalmen analysiert und fragt, welche Rolle sie für den betenden Umgang mit dem Psalter spielen.
Schließlich würdigen Albert Gerhards (Bonn) und Andreas Odenthal (Bonn) in einem Nachruf den am 12. März 2021 verstorbenen Kirchenmusiker und Hochschullehrer für Musik- und Liturgiewissenschaft, Professor Dr. Wolfgang Bretschneider, dem die Musik im Gottesdienst ein lebenslanges Anliegen war.
1 Vgl. die einschlägigen Beiträge in: Liturgiereformen. Historische Studien zu einem bleibenden Grundzug des christlichen Gottesdienstes. FS Angelus A. Häussling, 2 Bde., hg. v. Martin Klöckener / Benedikt Kranemann (LQF 88), Münster 2002.
2 Vgl. den Überblick bei Jürgen Bärsch / Winfried Haunerland, Liturgiereform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil in den deutschsprachigen Diözesen, in: Geschichte der Liturgie in den Kirchen des Westens. Ritualle Entwicklungen, theologische Konzepte und kulturelle Kontexte 2: Moderne und Gegenwart, hg. v. Jürgen Bärsch / Benedikt Kranemann in Verb. mit Winfried Haunerland / Martin Klöckener, Münster 2018, 247–306; jüngst erschien Roland Baule, Kirchenbau und gottesdienstliches Leben in Kirchengemeinden des Bistums Hildesheim. Ein Beitrag zur Erforschung der ortskirchlichen Rezeption der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils (Quellen und Studien zur Geschichte und Kunst im Bistum Hildesheim 14), Regensburg 2021.