Porträt aus der Praxis: Betreutes Wohnen in einer Hausgemeinschaft des Commit cbf in der Mainzer Innenstadt
Das Hausgemeinschaftsprojekt des Commit cbf hat zum Ziel, behinderten Menschen, unabhängig von ihrer Behinderungsart, ein selbstbestimmtes Leben mitten in der Stadt zu ermöglichen. Die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft soll so erleichtert und unterstützt werden. Im Rahmen des Betreuten Wohnens wird eine sozialpädagogische Betreuung von 3 Stunden geboten, dazu kann jeder, je nach persönlichem Bedarf, die weiteren ambulanten Dienstleistungen beauftragen, wie häusliche Fachpflege, Assistenz bis zu 24 Std. täglich, hauswirtschaftliche Versorgung.
In dem Projekt stehen 8 barrierefreie 1,5 Zimmer-Wohnungen zur Verfügung, 2 weitere haben eine Treppe und sind für Menschen geeignet, die zu Fuß laufen können. Ein barrierefreier Gemeinschaftsraum mit WC und ein Innenhof stehen für Feste, gemeinsame Treffen, etc. zur Verfügung. Die Mieten liegen im Rahmen des Mietspiegels von Mainz.
Warum haben Sie sich für diese Wohnform entschieden?
Ich kann alleine wohnen und bin trotzdem nicht allein. Ich finde leicht Kontakte zu den anderen Mietern. Wir treffen uns alle 14 Tage mit der Sozialpädagogin, da können wir alles klären und besprechen, wenn es mal im Haus Probleme gibt. Ich habe meine feste Betreuerin und kann mit ihr alles bereden und erledigen, insbesondere, was meine Krankheit betrifft. Das finde ich sehr gut.
Was gefällt Ihnen gut? Was würden Sie gerne noch weiter verbessern?
Die Wohnung liegt zentral und ich kann viele Menschen treffen. Die BetreuerInnen sind alle sehr nett und hilfsbereit. Ich fühle mich gut unterstützt, selbst die Geschäftsführerin hat immer ein offenes Ohr. Ich fühle mich hier sicher. Wenn ich was habe, kann ich zu einer Nachbarin gehen, wir unterstützen uns auch gegenseitig und helfen uns aus. Die Sicherheit ist mir ganz wichtig mit meiner Erkrankung. Hier im Haus sind immer irgendwelche Mitarbeiter vom Commit und die anderen Leute sind in der Nähe.
Welchen Tipp haben Sie für andere, die vor dem gleichen Schritt stehen?
Traut euch diesen Schritt zu gehen. Man ist nicht allein. Es kann immer einer Hilfe holen.
Träger / Organisator / Initiator: Commit Club Behinderter und ihrer Freunde in Mainz und Umgebung e.V., Geschäftsführendes Vorstandsmitglied : Ruth Jaensch
Lage: Mainzer Innenstadt, Rheinnähe, Nähe Schloss
Besteht seit: 2010
Rechtsform: eingetragener Verein, in Trägerschaft des Vereins
Anzahl der Wohnungen/ Eigentums- oder Mietwohnungen: Zehn einzeln zu vermietende Wohnungen in unserem Eigentum
Zahl der Bewohnerinnen und Bewohner: Zehn
„Geschichte“ der Liegenschaft: Das Mehrfamilienhaus wurde im Krieg zerstört. In den 60er Jahren wurde es wieder aufgebaut und als ganz normales Mietobjekt in Privatbesitz genutzt. In den 90er Jahren wurde es als Asylbewerber-Unterkunft genutzt und stand danach leer. Dementsprechend war der bauliche Zustand desolat, was für uns jedoch günstig war, da wir zu einem erschwinglichen Preis dieses Haus erwerben konnten. Die Sanierungskosten wurden dann gleich zum barrierefreien Umbau genutzt.
„Kern“ des Projektes: Das Projekt wurde unterstützt von der Aktion Mensch. Kredite, Eigenmittel und Spenden waren darüber hinaus notwendig. Leider konnte die Stadt Mainz keinen Zuschuss geben, hat das Projekt aber inhaltlich unterstützt. Die zentrale Lage in der Mainzer Innenstadt ist besonders hervorzuheben, das Rheinufer mit einem hohen Erholungswert ist nah, der Bahnhof und in die Innenstadt sind mit dem Elektrorollstuhl oder fußläufig alleine zu erreichen. Die Ärzte, Kinos, Cafes sind ebenfalls in unmittelbarer Nähe zu finden, dadurch ist eine größere Unabhängigkeit von Fahr- und Begleitdiensten gegeben und Kosten werden eingespart.
Besonderheiten des Projektes: Das Projekt richtet sich an die Menschen, die den Bedarf einer sozialpädagogischen Begleitung haben. Das Besondere an diesem Projekt ist die Hausgemeinschaft. Jeder hat eine eigene Wohnung, eigenen Briefkasten, Telefon etc. und ist trotzdem nicht allein. Die Gefahr der Isolation in einer namenlosen, anonymen Nachbarschaft ist nicht gegeben. Vorteilhaft sind darüber hinaus die Gemeinschaftsräume und Treffpunktmöglichkeiten im schönen Innenhof. Hier finden auch zahlreiche Veranstaltungen des Vereins statt, die ehrenamtlich organisiert werden. Jeder weiß, dass der Nachbar / die Nachbarin ähnliche Bedürfnisse und Probleme hat. Da fällt es leichter, Gespräche und die Gemeinschaft zu suchen und zu finden. Jeder erhält so viel Individualität wie er möchte und so viel Gemeinschaft wie es für ihn richtig ist. Die Interessenten betonen oft, dass der entscheidende Punkt für sie ist, dass man sich nicht so alleine fühlt in der Stadt. Die notwendige Unterstützung kann über das Betreute Wohnen hinaus in einem Modulsystem je nach Bedarf in Anspruch genommen werden, wie z.B. Häusliche Fachpflege, Assistenz, Hauswirtschaftliche Versorgung, Hausmeisterdienst.