Geleitwort von Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler zu den „Rahmenempfehlungen zum Ausbau und zur Weiterentwicklung der Hilfen für von Wohnungslosigkeit bedrohte und betroffene Menschen in Rheinland-Pfalz“
Der Beteiligungsprozess „Armut begegnen – gemeinsam handeln“, den das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie gemeinsam mit vielen Partnern landesweit auf den Weg gebracht hat, zeigt, dass die gezielte Unterstützung von Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten eine sehr wichtige und kontinuierlich weiter zu entwickelnde Aufgabe des Landes und der Kommunen darstellt.
Rheinland-Pfalz verfolgt seit geraumer Zeit einen Modernisierungsprozess bei der Gestaltung der Wohnungslosenhilfe. Dieser wurde zunächst mit der TAWO-Initiative (Teilhabe von abhängigkeitskranken Wohnungslosen in Rheinland-Pfalz) in Kooperation mit der Hochschule Koblenz begonnen. Ziel war die Verbesserung der Teilhabe von wohnungslosen Menschen durch professionelle Vermittlung und Koordination der Hilfeangebote von Wohnungslosen- und Suchtkrankenhilfe. Im Ergebnis führte dies zur Entwicklung eines verbesserten Schnittstellenmanagements.
Im Anschluss an das TAWO-Projekt wurde im Zuständigkeitsbereich des Landes das Modellprojekt zur „Erprobung neuer Wohnformen in der Wohnungslosenhilfe“ aufgelegt, mit dem neue Formen des dezentralen stationären Wohnens getestet wurden. Kerngedanke des dezentralen stationären Wohnens ist eine möglichst weitgehende Normalisierung der Wohnverhältnisse für Menschen mit einem relativ hohen Hilfebedarf.
Damit wurde für Rheinland-Pfalz ein Paradigmenwechsel eingeleitet: Personen, für deren intensive Unterstützung bisher zumeist größere zentrale Einrichtungen für erforderlich gehalten wurden, sollen nun verstärkt in dezentralen Angeboten im normalen Wohnungsbestand versorgt werden, das heißt entweder in Wohngruppen oder im Individualwohnen.
Flankierend hat das Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie gemeinsam mit dem Statistischen Landesamt eine Wohnungsnotfallstatistik entwickelt, die derzeit im Praxisbetrieb erprobt wird. Darüber hinaus unterstützen wir viele verschiedene Projekte, wie beispielsweise das Modell einer medizinischen Versorgung wohnungsloser Menschen.
Das Projekt zum dezentralen Wohnen wurde während der gesamten Laufzeit in mehreren Workshops wissenschaftlich begleitet. Neben den am Projekt beteiligten Einrichtungen und Trägern hat das Land zusammen mit der Leitungsebene der Einrichtungsträger und kommunalen Vertreterinnen und Vertretern eine weitere Workshop-Reihe durchgeführt, die die Weiterentwicklung der Wohnungslosenhilfe in Rheinland-Pfalz zum Ziel hatte. Hieraus entstand der vorliegende Abschlussbericht, in dem Rahmenempfehlungen zum Ausbau und zur Weiterentwicklung der Hilfen für von Wohnungslosigkeit bedrohte und betroffene Menschen in Rheinland-Pfalz formuliert sind. Diese Rahmenempfehlungen sollen zur Unterstützung der Praxis in der Wohnungslosenhilfe dienen und dazu beitragen die Lebenssituation betroffener Menschen zu verbessern.
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Hilfen für wohnungslose Menschen
Wohnungslosigkeit stellt eine der extremsten und sichtbarsten Formen von Armut dar. Sie ist mit der Menschenwürde unvereinbar und stellt zudem eine gravierende Gefahr für Leib und Leben der Betroffenen dar.
In Rheinland-Pfalz gibt es ein breit angelegtes Engagement, um drohender oder bestehender Wohnungslosigkeit entgegenzuwirken. Das Land als überörtlicher Träger und die Kommunen als örtliche Träger der Sozialhilfe sind nach dem Zwölften Sozialgesetzbuch zuständig für die "Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten" (§§ 67-69 SGB XII).
Folgende Hilfeformen befinden sich in der Zuständigkeit des Landes:
- 19 Resozialisierungseinrichtungen mit rund 430 Plätzen für Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten (teilstationäre und stationäre Einrichtungen)
- 98 Wohngemeinschaftsplätze für umherziehende Wohnungslose und Haftentlassene an 14 Standorten (Betreutes Wohnen)
Zur inhaltlichen Weiterentwicklung der Wohnungslosenhilfe in Rheinland-Pfalz hat das Sozialministerium verschiedene Projekte auf den Weg gebracht: 1) Modelle zum dezentralen stationären Wohnen und 2) „Schnittstellenmanagement in der Wohnungslosenhilfe – Region Koblenz“ (ein Modellprojekt des Instituts für Forschung und Weiterbildung (IFW) der Hochschule Koblenz). Die Ergebnisse des Projekts „Schnittstellenmanagement in der Wohnungslosenhilfe“ wurden am 8. Juni 2017 auf der Fachtagung „Perspektiven für junge Wohnungslose“ in Mainz vorgestellt. Hier können Sie die Tagungsdokumentation einsehen.