Nachhaltige Beschaffung
Die Nachfragemacht der öffentlichen Hand kann einen signifikanten Beitrag für eine stärkere Ausrichtung der Wirtschaft auf Nachhaltigkeit leisten. Eine nachhaltige Wirtschaftsweise bedeutet dabei, die heutigen Bedürfnisse so zu befriedigen, dass nachfolgende Generationen zumindest dieselben ökologischen, sozialen und ökonomischen Möglichkeiten vorfinden wie wir sie heute haben. Eine nachhaltige Wirtschaftsweise kann somit sehr dauerhaft betrieben werden. Sie begründet zugleich aber auch die Verantwortung, grundlegende soziale und ökologische Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge zu berücksichtigen. Die nachhaltige Beschaffung gehört daher zu den Schlüsselthemen des Vergaberechts, und zwar auf allen Ebenen der öffentlichen Beschaffung (Bund, Länder und Kommunen).Grundsätzliches Ziel der Europäischen Kommission ist es, mit dem sozial-verantwortlichen öffentlichen Beschaffungswesen ein Beispiel zu setzen und Einfluss auf den Markt zu nehmen. Öffentliche Auftraggeber gehören traditionell zu den größten Nachfragern in Europa. Ihre Investitionen belaufen sich auf rund 18 % des Bruttoinlandsprodukts der EU (Quelle: Pressemitteilung des Europäischen Parlaments, Öffentliche Auftragsvergabe: Bessere Qualität und mehr Leistung für den Preis vom 15.01.2014). Dementsprechend können sie einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung leisten, indem sie ihre Kaufkraft in Güter und Dienstleistungen mit sozialverantwortlicher Ausrichtung stecken.
Rechtliche Grundlagen für das öffentliche Beschaffungswesen in der Europäischen Union bilden derzeit noch die Richtlinien 2004/17/EG (klassische Vergaberichtlinie) und 2004/18/EG (Sektorenrichtlinie). In Umsetzung dieser Richtlinien wurde mit dem Gesetz zur Modernisierung des Vergaberechts vom 20. April 2009 (Vergaberechtsmodernisierungsgesetz) erstmals die ausdrückliche Zulassung sozialer, umweltbezogener und innovativer Aspekte bei der Auftragsvergabe in § 97 Abs. 4 GWB für europaweite Vergabeverfahren gesetzlich verankert.
Durch die neuen Vergaberichtlinien (RL 2014/24/EU - klassische Vergaberichtlinie, RL 2014/23/EU - Konzessionsrichtlinie und RL 2014/25/EU - Sektorenrichtlinie) vom 26. Februar 2014, welche bis April 2016 in nationales Recht umzusetzen sind, werden die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verpflichtet, ihre Vergabevorschriften den neuen Erfordernissen anzupassen. Unter anderem sollen innovativere Lösungen, Sozialverträglichkeit und Umweltfreundlichkeit bei der öffentlichen Beschaffung stärker berücksichtigt werden. Hiervon betroffen sind zum Beispiel die Beschaffung von Natursteinen, Textilien, Spielwaren sowie Produkte der Informationstechnologie.
Bestimmungen für die Berücksichtigung von "Nachhaltigkeitsaspekten" im öffentlichen Beschaffungswesen in Deutschland finden sich für den Oberschwellenbereich künftig unter anderem im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), der Vergabeverordnung (VgV), der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (VSVgV), der Sektorenverordnung (SektVO) sowie der Konzessionsverordnung.
In Rheinland-Pfalz enthalten das Landestariftreuegesetz und die Verwaltungs-vorschrift "Öffentliches Auftrags- und Beschaffungswesen in Rheinland-Pfalz" vom 24. April 2014 (MinBl. S. 48) detaillierte Regelungen für die Berücksichtigung umweltbezogener, sozialer und innovative Aspekte bei der Vergabe öffentlicher Aufträge. Damit sind die Grundlagen für eine sozial verantwortliche Beschaffung gelegt. Öffentliche Auftraggeber können nun soziale Anforderungen für die Ausführung von Aufträgen vorgeben.
Insbesondere ist auf die Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung hinzuweisen, welche Teil des Beschaffungsamtes des Bundesinnenministeriums ist. Hier werden neben Gesetzen, Regelungen und Leitfäden auch Beispiele der Beschaffungspraxis aus Bund, Ländern und Kommunen dargestellt. Zu weiteren Informationen hierzu wird auf die Website: www.nachhaltige-beschaffung.info verwiesen.