Verwaltungsvorschrift "Öffentliches Auftrags- und Beschaffungswesen in Rheinland-Pfalz"
Unterhalb der EU-Schwellenwerte ist das Vergaberecht dem Haushaltsrecht zugeordnet. Die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit konkretisieren § 55 Landeshaushaltsordnung (LHO) und § 22 Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO) mit dem Grundsatz der Öffentlichen Ausschreibung als Regelform der Auftragsvergabe und der Vorgabe, dass beim Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen nach einheitlichen Richtlinien zu verfahren ist.
Solche einheitlichen Richtlinien (Verfahrensregeln) enthalten die Vergabe- und Vertragsordnungen VOB Teil A und VOL Teil A, - jeweils Abschnitt 1 -, deren Anwendung in der jeweils geltenden Fassung verpflichtend vorgegeben wird durch die Verwaltungsvorschrift "Öffentliches Auftrags- und Beschaffungswesen in Rheinland-Pfalz vom 24.04.2014" und die Verwaltungsvorschrift des Finanzministeriums zu § 55 LHO.
Reform des Vergaberechts unterhalb der EU-Schwellenwerte
a) Bauleistungen
Die Reform des Kartellvergaberechts (Oberschwellenbereich) ist am 18.04.2016 in Kraft getreten. Für den Unterschwellenbereich hat der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA) in der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A 1. Abschnitt) bereits im Januar und nochmals im Juni 2016 eine Reihe von Anpassungen vorgenommen. Aufgrund der Verweisung in Nummer 2.2 der Verwaltungsvorschrift über das öffentliche Auftrags- und Beschaffungswesen in Rheinland-Pfalz vom 24.04.2014 (MinBl. S. 48) gilt die VOB/A 1. Abschnitt in der Fassung der Gesamtausgabe 2016 seit 01.10.2016. Hierauf wurde mit Rundschreiben des MWVLW vom 28.09.2016 hingewiesen.
Zwischenzeitlich hat der DVA eine Reihe weiterer Änderungen an der VOB/A 1. Abschnitt vorgenommen, die im Februar 2019 im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden. Diese Änderungen sind aufgrund der Verweisung in Nummer 2.2 der vorbezeichneten Verwaltungsvorschrift seit 1. März 2019 zu beachten (Einführung VOB A Abschnitt 1).
HINWEIS:
Die neue VOB/A 1. Abschnitt sieht unter § 3 a Abs. 1 Satz 1 die Wahlmöglichkeit zwischen öffentlicher Ausschreibung und Beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb vor. Die Anwendung dieser Bestimmung zur Gleichrangigkeit bedarf jedoch zuvor einer Änderung des § 55 der Landeshaushalts-ordnung und des § 22 der Gemeindehaushaltsverordnung. Vorbehaltlich der diesbezüglichen Änderungen gilt der Grundsatz der öffentlichen Ausschreibung weiter. Für die Zulässigkeit der Beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb sind daher die bisherigen Vorschriften insoweit weiterhin anzuwenden. Die Gleichrangigkeit von öffentlicher Ausschreibung und Beschränkter Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb ist Gegenstand des Entwurfs eines Landesgesetzes zur Änderung haushalts- und vergaberechtlicher Vorschriften.
b) Liefer- und Dienstleistungen
Für die Vergabe von Lieferungen und Dienstleistungen im Unterschwellenbereich hat der Bund-Länder-Ausschuss für das öffentliche Auftragswesen, federführend durch das Bundeswirtschaftsministerium, eine „Verfahrensordnung für die Vergabe öffentlicher Liefer- und Dienstleistungsaufträge unterhalb der EU-Schwellenwerte“ (Unterschwellenvergabeordnung – UVgO) erarbeitet. Dieser Rechtsrahmen ist am 07.02.2017 im Bundesanzeiger bekanntgemacht worden und soll künftig die VOL/A 1. Abschnitt ablösen. Der Bekanntmachung im Bundesanzeiger kommt für sich genommen noch keine Rechtswirkung zu. Hierzu bedarf es noch eines ausdrücklichen Anwendungsbefehls in der Verwaltungsvorschrift über das öffentliche Auftrags- und Beschaffungswesen in Rheinland-Pfalz.
Die Reform des Vergaberechts im Unterschwellenbereich erfordert umfangreiche Änderungen und Anpassungen auf verschiedenen rechtlichen Ebenen. So ist auch eine Neufassung der Verwaltungsvorschrift zum öffentlichen Auftragswesen in Rheinland-Pfalz vorgesehen. Bis zum Inkrafttreten dieser Neufassung bleiben die aktuelle Verwaltungsvorschrift vom 24.04.2014 und damit für die Vergabe von Liefer- und Dienstleistungen die VOL/A 1. Abschnitt maßgebend.
Damit sich die Praxis bereits auf die neuen Regelungen der Unterschwellenvergabeordnung einstellen kann, sei bereits jetzt auf die Bekanntmachung der UVgO sowie die Erläuterungen des Bundeswirtschaftsministeriums zur UVgO im Bundesanzeiger hingewiesen.
Vereinfachung des Vergaberechts - Festsetzung von Auftragswertgrenzen
Für den Bereich Liefer- und Dienstleistungen konnte sich der zuständige Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Leistungen (DVAL) bisher nicht - wie angestrebt - auf ländereinheitliche Auftragswertgrenzen einigen. Damit gilt für die Zulässigkeit der Freihändigen Vergabe nach § 3 Abs. 5 Buchst. i VOL/A der mit in Kraft treten der Verwaltungsvorschrift "Öffentliches Auftrags- und Beschaffungswesen in Rheinland-Pfalz vom 24.04.2014 (MinBl. S. 48) am 05.07.2014 festgesetzte Höchstwert von 20.000 Euro (ohne Umsatzsteuer). Zugleich wurde auch bei kleineren Liefer- und Dienstleistungen die Möglichkeit der Beschränkten Ausschreibung bis zu einer Auftragswertgrenze von 40.000 Euro (ohne Umsatzsteuer) ohne weitere Einzelbegründung eröffnet.
Im Vorgriff auf die Neufassung der Verwaltungsvorschrift zum öffentlichen Auftragswesen wurden die Auftragswertgrenzen mit Rundschreiben des MWVLW vom 17. Juli 2019, veröffentlicht am 23. Juli 2019, ab sofort wie folgt festgesetzt:
Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb | Freihändige Vergabe | |
Bauleistungen nach VOB/A | 200.000 Euro, (abweichend von § 3a Abs. 2 Nr. 1 VOB/A 1. Abschnitt) | 40.000 Euro (Abweichend von § 3a Abs. 3 Satz 2 VOB/A 1. Abschnitt) |
Liefer- und Dienstleistungen nach VOL/A | 80.000 Euro | 40.000 Euro |
Darüber hinaus können Liefer-, Dienst- und Bauleistungen unter Berücksichtigung der Haushaltsgrundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit bis zu einem geschätzten Auftragswert - ohne Umsatzsteuer - von 3.000 Euro ohne ein Vergabeverfahren (Direktauftrag) beschafft werden.
Weitere Einzelheiten zu der Vorgriffsregelung entnehmen Sie bitte dem Rundschreiben des MWVLW vom 17. Juli 2019.
Bekanntmachung öffentlicher Aufträge
Bekanntmachungen über Auftragsvergaben der rheinland-pfälzischen Landesverwaltung einschließlich der Landesbetriebe zu nationalen Vergabeverfahren werden auf dem Vergabemarktplatz Rheinland-Pfalz (www.vergabe.rlp.de) veröffentlicht. Vergaben, deren Auftragswerte unter dem EU-Schwellenwert liegen, können an nationale Vergabeportale weitergeleitet werden.
Landestariftreuegesetz (LTTG)
Das Landesgesetz zur Gewährleistung von Tariftreue und Mindestentgelt bei öffentlichen Auftragsvergaben (Landestariftreuegesetz - LTTG -) ist am 1. März 2011 in Kraft getreten (GVBl. S. 426) und zuletzt durch Gesetz vom 8. März 2016 (GVBl. S. 178) - BS 70-31 - geändert worden. Es verpflichtet das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände sowie die sonstigen öffentlichen Auftraggeber im Sinne von § 98 Nr. 2 bis 5 GWB (§§ 99 und 100 GWB n.F.) öffentliche Aufträge ab einem geschätzten Auftragswert von 20.000 Euro nur an solche Unternehmen zu vergeben, die ihren Beschäftigten bei der Auftragsausführung mindestens das in diesem Gesetz vorgesehene Mindestentgelt bezahlen bzw. sich tariftreu verhalten.
Weitere Informationen zum LTTG finden Sie auf den Internetseiten des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz (vgl. externes Internetangebot).
Mittelstandsförderungsgesetz (MFG)
Eine mittelstandsgerechte Vergabe von Aufträgen der öffentlichen Hand ist ein wesentlicher Bestandteil mittelstandsfreundlicher Rahmenbedingungen. Mit der Neufassung des Mittelstandsförderungsgesetzes (MFG) vom 9. März 2011 (GVBl. S. 66), geändert durch Gesetz vom 8. März 2016 (GVBl. S. 180), BS 70-3, wurden die Grundsätze der Mittelstandsförderung insbesondere zu Teil- und Fachlosen weiterentwickelt.
Korruptionsprävention
Wegen ihrer Finanzwirksamkeit ist die Vergabe öffentlicher Aufträge in besonderem Maße den Angriffen korruptiver und anderer unlauterer Handlungen ausgesetzt. Nummer 4 der Verwaltungsvorschrift der Landesregierung zur Korruptionsprävention in der öffentlichen Verwaltung vom 22. Januar 2019- FM - 0308-0004-0401-415 (MinBl. 2019 S. 14) enthält daher besondere Bestimmungen für das öffentliche Auftragswesen.