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Hugo Borger wurde besonders durch seine Jahrzehnte währenden Ausgrabungen unter dem Xantener Dom und in vielen anderen rheinischen Kirchen bekannt. Daraus folgten umfangreiche Forschungen zum frühen Christentum im Rheinland. Als langjähriger Direktor des Römisch-Germanischen Museums und Generaldirektor der Kölner Museen setzte er vor allem neue Maßstäbe in der Öffentlichkeitsarbeit und Museumsdidaktik. Mit seinem Namen sind die Neubauten des Römisch-Germanischen Museums (1974) und des Wallraf-Richartz-Museums (1986) sowie einige der bedeutendsten Sonderausstellungen der Kölner Museen verbunden.
Hugo Borger wurde am 23.11.1925 in Düsseldorf geboren und wuchs in Krefeld auf. Die Studienjahre in Köln zwischen 1948 und 1955 widmete er der Kunstgeschichte, der Klassischen Archäologie, der Germanistik und den Theaterwissenschaften. Als Dissertation bei Hans Kauffmann (1896-1983) an der Universität Köln behandelte Hugo Borger die Baugeschichte der ehemaligen Benediktinerabtei St. Vitus in Mönchengladbach. Seit 1955 führte er die Ausgrabungen von Walter Bader unter dem Xantener Dom und in der Stiftsimmunität Xanten fort. Außerdem war Hugo Borger auch in der Denkmälerinventarisation im Rahmen der Kunstdenkmäleraufnahme Rheinland tätig.
Seit 1961 in Diensten des Rheinischen Landesmuseums Bonn, dem heutigen LVR-LandesMuseum Bonn, leitete Hugo Borger als Mittelalterreferent parallel zu den Xantener Ausgrabungen weitere Grabungen etwa im Neusser Münster, in der Werdener Abteikirche, in St. Chrysanthus und Daria in Münstereifel, sowie unter und vor dem Bonner Münster, wobei sein Schwerpunkt mehr und mehr der Umfelduntersuchung und Siedlungsgeschichte galt. Hugo Borger fühlte sich in dieser Hinsicht methodisch stark von Edith Ennen geleitet. Der intensive Austausch mit bedeutenden Siedlungsarchäologen wie Walter Janssen (1936-2001), damals ebenfalls am Rheinischen Landesmuseum Bonn tätig, oder Kurt Böhner (1914-2007) sensibilisierten den eher kunsthistorisch ausgebildeten Hugo Borger zunehmend für die spezifischen Belange der Bodendenkmalpflege.
Dies wirkte sich auch auf seine museale Tätigkeit aus. Die bedeutende Ausstellung „Kirche und Burg in der Archäologie des Rheinlandes" 1962 gilt nach wie vor als richtungweisend und Meilenstein der rheinischen Mittelalterarchäologie. Ab 1967 setzte Hugo Borger als Abteilungsleiter Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Rheinischen Landesmuseums Bonn starke Impulse in der Vermittlung von Archäologie und Bodendenkmalpflege, wobei er durch völlig neue Veranstaltungs- und Präsentationsformate die Öffnung des Museums in breite Gesellschaftsschichten betrieb. Fortan fanden Musik, Literatur, die Vorboten unserer heutigen Polittalks und gesellschaftliche Events Eingang in den Museumsbetrieb. Diese Aufgabe erfüllte Hugo Borger so erfolgreich, dass ihn der Landschaftsverband Rheinland (LVR) 1970 zum Museumsberater und -pfleger des Rheinlandes berief.
Im Jahr 1972 folgte der Wechsel nach Köln, um als Direktor des Römisch-Germanischen Museums die Nachfolge Otto Doppelfelds anzutreten. Hugo Borger vollbrachte das Kunststück, für den bereits fertig gestellten Neubau des Museums von Heinz Röcke (gestorben 2006) und Klaus Renner aus Braunschweig ein Ausstellungskonzept zu entwickeln, das konsequent auf die Bedürfnisse der Museumsbesucher eingeht, ihnen den Denkmälerbestand in allgemein verständlicher Weise und spannender Inszenierung nahe bringt und so die Bereitschaft und Lust am Museumsbesuch steigert. Das Museum wurde so zum Entdeckungsort, das für nahezu jeden Bildungsgrad eine Projektionsfläche bereit hielt. Der Effekt waren 1,3 Millionen Besucher im Eröffnungsjahr 1974 - eine Größe, die auch heute noch beeindruckt.
Hugo Borger ist es zu verdanken, dass die archäologischen Museen des Rheinlandes in zuvor nie gekannter Weise zum Schaufenster der Bodendenkmalpflege wurden. Auf einmal begriff man die Bedeutung der Bodendenkmalpflege für die Erforschung und Vermittlung unserer Geschichte, sie wurde durch die Objekte geradezu manifest.
In den Jahren zwischen 1981 und 1990 war Hugo Borger zugleich Generaldirektor der Kölner Museen. In diesem Amt setzte er sich konsequent für den Ausbau der Sammlungen und eine bessere Unterbringung der gesamten Kölner Museen ein.
Als Initiator und Vorsitzender des Verbandes der Landesarchäologen leistete er zwischen 1973 und 1988 wertvolle Lobbyarbeit für die Akzeptanz der Bodendenkmalpflege in der Öffentlichkeit. Die Gründung der Zeitschrift „Archäologie in Deutschland" 1984 geht auf seine Initiative zurück; lange Jahre war Hugo Borger Chefredakteur des Magazins. Seit 1965 Lehrbeauftragter, lehrte er von 1973 bis 1995 als Honorarprofessor an der Universität Bonn Kunstgeschichte und Archäologie des Mittelalters und führte eine große Zahl von Schülern bis zur Promotion. Dabei bildete er den wissenschaftlichen Nachwuchs mit einem ausgeprägten interdisziplinären Ansatz aus. Dieser integrale und praxisorientierte Ansatz ist sicher einer der Gründe dafür, dass die frühmittelalterliche und mittelalterliche Bauforschung des Rheinlandes auf außergewöhnlich hohem Niveau betrieben wurde und weiterhin wird. Er zeigt zudem, wie sinnvoll und ergebnisreich die Verbindung von Universität und amtlicher Denkmalpflege und Bodendenkmalpflege ist.
Mit der Vergabe umfangreicher Grabungsaufarbeitungen an Examens- und Promotionskandidaten hat Borger effektiv zum Abbau unvollendeter oder aufgeschobener Projekte beigetragen, was insofern bemerkenswert ist, als dass diese für ihn stets mit einer intensiven und langjährigen Betreuung verbunden waren. Der Erfolg ist an einer beeindruckenden Liste abgeschlossener und publizierter Hochschularbeiten ersichtlich.
Für Hugo Borgers persönliche und wissenschaftliche Entwicklung dürfte seine frühe Begegnung mit Walter Bader aufgrund dessen eigenwilliger Persönlichkeit und fachlicher Reputation in hohem Maße prägend gewesen sein. Aufbauend auf einer exzellenten Denkmälerkenntnis und „Grundausbildung" - der junge Hugo Borger musste zu Beginn seiner Xantener Zeit bei Walter Bader genauso mittelalterliches Latein wie Grabungstechnik, typologische Methoden und Stilkritik „pauken" - entwickelte er die Ansätze seines Mentors weiter, zugleich löste er sich aufgrund eigener Forschungen zur Mittelalterarchäologie und zum Frühen Christentum im Rheinland von alten Denkmodellen. In dieser Hinsicht ist der reflektierte Beitrag Hugo Borgers zu Möglichkeiten und Grenzen einer Archäologie des Mittelalters bis heute richtungweisend und gültig.
Imponierend waren die rhetorischen Fähigkeiten Hugo Borgers: in Vorträgen, Fernsehberichten, Vorlesungen und Publikationen weckte er die Begeisterung der Menschen für die Denkmäler und erklärte gleichermaßen wissenschaftlich wie allgemeinverständlich die Inhalte von Kunst und Denkmalpflege. Seine Fernsehreihe „Denn sie bauten ein Abbild des Himmels…" in der ARD setzte auch medial neue Maßstäbe, indem einem Millionenpublikum die romanischen und gotischen Kirchen des Rheinlands in ihrer bau- und siedlungsgeschichtlichen Bedeutung erklärt wurden.
Am 8.12.2003 erhielt Hugo Borger den Karl-Friedrich-Schinkel-Ring, die höchste Auszeichnung des Deutschen Nationalkomitees für Denkmalschutz für sein denkmalpflegerisches Lebenswerk.
Hugo Borger, der sich als Ausgräber und Museumsfachmann bereits früh den Ruf erworben hatte, seine Forschungen und die seiner Kollegen besonders öffentlichkeitswirksam interpretieren zu können und somit einer breiten Schar von interessierten Bürgern und Bürgerinnen die Belange der Denkmal- und Bodendenkmalpflege nahe zu bringen, imponiert auch heute noch. Davon zeugen besonders seine umfangreiche Publikationstätigkeit, eine Vielzahl bedeutender Ausstellungen, sowie die große Schar seiner Studentinnen und Studenten, die sich nach erfolgtem Abschluss erfolgreich in „seinen" Fächern durchsetzen konnten.
Hugo Borger starb am 15.9.2004 in Bonn. Er war verheiratet mit Gisela Borger, geborene Schlüter (geboren 1925); aus dieser Ehe ging die Tochter Nicola (geboren 1951) hevor.
Werke (Auswahl)
Die Abbilder des Himmels in Köln. Kirchenbauten als Quelle zur Siedlungsgeschichte des Mittelalters, Band 1, Köln 1979.
Die Ausgrabungen an St. Quirin zu Neuss in den Jahren 1959-1964 (Vorbericht), in: Rheinische Ausgrabungen 1, Köln 1968, S. 170-240.
Beiträge zur Frühgeschichte des Xantener Viktorstifts, Düsseldorf 1969.
Einige Anmerkungen zur Frühgeschichte des Bonner Münsters, in: Senner, Walter (Hg.), Omnia disce: Kunst und Geschichte als Erinnerung und Herausforderung. Willehad Paul Eckert zum 70. Geburtstag und Goldenen Profeßjubiläum, Köln 1996, S. 350-357.
[zusammen mit] Zehnder, Frank Günter, Köln. Die Stadt als Kunstwerk. Stadtansichten vom 15. bis 20. Jahrhundert, 2. Auflage, Köln 1986.
Die Kölner Museen, Köln 1990.
Das Münster St. Vitus zu Mönchengladbach, Essen 1958 (Dissertation).
Handbuch der Historischen Stätten Deutschlands, 3. Band: Nordrhein-Westfalen, Landesteil Nordrhein, hg. von Walther Zimmermann und Hugo Borger, Stuttgart 1963.
Möglichkeiten und Grenzen einer Archäologie des Mittelalters, dargelegt am Beispiel Xanten, in: Frühmittelalterliche Studien 2 (1968), S. 251-277.
Stiegeler, Hansgeorg, Hugo Borger: eine Bibliographie, in: Wallraf-Richartz-Jahrbuch 47 (1986), S. 261-271.
Festschriften
Beuckers, Klaus Gereon, Kunstgeschichtliche Studien. Hugo Borger zum 70. Geburtstag, Weimar 1995.
Preiss, Joachim, Das Museum, die Entwicklung in den 80er Jahren. Festschrift für Hugo Borger zum 65. Geburtstag, München 1990.
Literatur (Auswahl)
Horn, Heinz Günter, Hugo Borger zum 75. Geburtstag, in: Kölner Museums-Bulletin 1 (2001), S. 49-58.
Nachruf
Vogelsang, Rosemarie, Zum Tod von Prof. Dr. Hugo Borger, in: Meerbuscher Geschichtshefte 21 (2004), S. 137-138.
Online
Bibliographie zu Hugo Borger/A> (EDV-Katalog des Kunsthistorischen Instituts in Florenz, Max-Planck Institut). [Online]
Soechting, Dirk, 75 Jahre Verband Rheinischer Museen – ein Rückblick (Information auf der Website des Verbandes Rheinischer Museen e.V.). [Online]
Zum Tod von Hugo Borger (Nachruf in museummagazin online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland). [Online]
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Otten, Thomas, Hugo Borger, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/hugo-borger-/DE-2086/lido/57c585cd424191.56479611 (abgerufen am 19.08.2024)