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Kaspar Anton von Mastiaux war in seinen jungen Jahren einer der führenden Vertreter der rheinischen Aufklärung, ehe er sich in seiner zweiten Lebenshälfte große Verdienste um die katholische Erneuerung in Bayern erwarb.
Kaspar Anton von Mastiaux wurde am 3.3.1766 als zweiter Sohn des Hofkammerrates Johannes Godefridus von Mastiaux und seiner Frau Maria Anna Bernardina von Pelzer in der Bonner Pfarrei St. Martin getauft. Einer seiner Taufpaten war der mächtigste Mann im Kurfürstentum Köln: Minister Caspar Anton von Belderbusch. Seine Mutter wurde als Tochter des Hofkammerrates Franciscus Matthias von Pelzer und der Anna Maria Gudula von Halberg am 30.10.1739 in St. Martin zu Bonn getauft. Sie verstarb am 15.10.1773 in Bonn. Der Vater Johannes Godefridus, geboren 1726, überlebte seine Ehefrau um 17 Jahre und wurde am 3.11.1790 in Bonn bestattet.
Kaspar Anton von Mastiaux hatte sechs Geschwister, die nachweislich in Bonn getauft wurden: Maximilianus Maria Josephus (getauft am 1.7.1764), sein Zwillingsbruder Kaspar Anton Josephus, Maximilianus Josephus und Maria Anna Walburgis, ebenfalls Zwillinge (getauft am 11.4.1768), Maria Magdalena Amalia (getauft am 12.4.1770), die eine Schülerin des jungen Beethoven war, sowie Maria Anna Jacobina (getauft am 2.11.1772).
Der junge von Mastiaux war ein wissbegieriger und fleißiger Schüler, der seine Studien an der Maxischen Akademie, dem Vorläufer der ersten Bonner Universität, aufnahm und bereits im Alter von 18 Jahren an der Universität zu Köln den Magister der Philosophie erwarb. In den nachfolgenden Jahren wandte er sich vermehrt den Rechtswissenschaften zu. Er studierte an der in aufgeklärten Kreisen beliebten Universität Göttingen und wurde 1786 an der Universität Heidelberg zum Doktor der Rechte promoviert.
Da er von seinen Eltern für den geistlichen Stand vorgesehen war, erhielt er erst siebenjährig am 6.8.1773 in Köln die niederen Weihen und 1786, im Alter von gerade einmal 20 Jahren, ein Kanonikat im Bonner Cassiusstift. Er trat sein Kanonikat jedoch bereits im Februar 1789 an seinen jüngeren Bruder Max Joseph ab, da er im November 1788 eine Dompräbende in Augsburg erhalten hatte. Seine Priesterweihe erfolgte jedoch erst am 28.3.1789 in Köln. Die in biographischen Notizen zu seiner Person häufig zu findende Angabe, er sei 1790 in Rom zum Doktor der Theologie promoviert worden, ist aufgrund seiner regen Tätigkeit in Bonn zu dieser Zeit sehr unwahrscheinlich.[1]
Der junge, intelligente, aufgeschlossene und leidenschaftliche von Mastiaux begeisterte sich früh für die Ideen der Aufklärung. Bereits 1784, im Alter von nur 18 Jahren, verfasste er eine „historisch-geographische Beschreibung des Erzstifts Köln“, die unter dem Namen seines Freundes Johann Peter Eichhoff herausgegeben wurde. In diesem Buch werden erstmals umfassend statistische Informationen zur Geographie, Bevölkerung und Wirtschaft des Erzstifts präsentiert. Solche Landesbeschreibungen wurden zu dieser Zeit von aufgeklärten Gelehrten in zahlreichen Territorien verfasst.
Daher verwundert es kaum, dass er 1787 das jüngste der 13 Gründungsmitglieder der Bonner Lesegesellschaft war, in der sich die führenden Vertreter der Aufklärung zusammenschlossen. Im Sommer 1789 wurde er zum ständigen Sekretär der Gesellschaft gewählt. Vieles deutet darauf hin, dass er der Verfasser des Artikels „Ein Vorschlag zur Verbreitung wahrer Aufklärung unter allen Ständen“ ist, der am 30.4.1789 in den Bonner Intelligenzblättern veröffentlicht wurde.[2] In diesem Artikel werden konkrete Vorschläge gemacht, wie aufgeklärte Ideen verbreitet werden können und wie die Erziehung aller Menschen zu edlen und glücklichen Mitgliedern der Gesellschaft zu erfolgen habe. Dieses Thema lag von Mastiaux während seiner Bonner Zeit besonders am Herzen.
Seine Rede anlässlich der Enthüllung eines kurfürstlichen Porträts im Versammlungssaal der Gesellschaft am 2.12.1789 – der aufgeklärte und engagierte Kurfürst Max Franz genoss hohes Ansehen unter den Mitgliedern der Gesellschaft – ist überliefert. Darin tritt die Leidenschaft und die Begeisterung Mastiaux‘ für die Aufklärung und die Lesegesellschaft deutlich zutage: Ziel der Gesellschaft sei es nicht nur die Wissenschaften und Künste zu befördern, sondern „in jedem Winkel des Staates das heilige Feuer der Aufklärung anzufachen, zu nähren [und] zu unterhalten“.[3]
Im April 1790 wurde der erst 24-jährige Priester zum Direktor der Lesegesellschaft gewählt. Er trat weiterhin als visionärer und mutiger Wortführer der Aufklärung in Bonn in Erscheinung. Dabei wurde ihm eine Flugschrift, die er 1790 anonym verfasst und unter den Mitgliedern der Lesegesellschaft heimlich verteilt hatte, zum Verhängnis. Anlass war die Beschwerde des Kölner Domkapitels über die die Religion gefährdenden Reden und Lehren des Kurators von Spiegel und dreier Bonner Professoren. In dieser Flugschrift verteidigt von Mastiaux vehement die aufgeklärte Ausrichtung der Universität und wagt es gar, die Domkapitulare als Lügner, Müßiggänger und Ankläger der Finsternis zu bezeichnen.[4]
Noch bevor er als Verfasser der Schrift entlarvt worden war, verließ er Bonn und zog nach Dillingen im Bistum Augsburg. Sein Nachfolger wurde erst bestimmt, nachdem Mastiaux in einem Brief vom 3.11.1790 darum gebeten hatte. Er kehrte zwar 1792/1793 nach Bonn zurück und wurde dort mit offenen Armen von seinen alten Freunden empfangen, musste sich aber trotz seiner Reue über seine Verunglimpfungen der Domherren in der Öffentlichkeit zurückhalten: Er konnte froh sein, dass eine Bestrafung durch den Kurfürsten unterblieben war.
1798 trat von Mastiaux eine Dompredigerstelle in Augsburg an. Zu dieser Zeit etwa distanzierte sich er sich auch deutlich von der Aufklärungsbewegung – wie andere seiner früheren Mitstreiter auch. Stattdessen engagierte er sich in der Bewegung der katholischen Erneuerung in Bayern. 1803 erhielt er eine Stelle als Landesdirektionsrat in der kurpfalzbayerischen Provinz Schwaben, 1806 wurde er zum Wirklichen Geheimen Rat des bayerischen Königs in München befördert. Daneben verfasste er mehrere Kirchenlied- und Gebetbücher sowie einige Abhandlungen zur Kultur- und Sozialpolitik.
Als Chefredakteur der „Litteraturzeitung für katholische Religionslehrer“ setzte er sich seit dem 1.6.1818 für eine strengere Orthodoxie im Katholizismus ein. Er verlor seine scharfe Zunge auch im Alter nicht und trat als strenger und mutiger Kritiker immer wieder in Erscheinung. Die zunehmende Kritik an seiner spitzen Feder bewog ihn schließlich dazu, im Jahr 1825 vom Amt des Chefredakteurs zurückzutreten. Er starb am 28.12.1828 in München.
Werke (Auswahl)
Historisch-geographische Beschreibung des Erzstiftes Cöln, Frankfurt am Main 1783.
Rede an die versammelten Mitglieder der Litteraturgesellschaft in Bonn bey der feierlichen Aufstellung des Portraits Sr. Kurfürstl. Durchlaucht ihres gnädigsten Schutzherrn, gehalten am 2.12.1789 zu Bonn, Bonn 1790.
Carl Borromäus, Cardinal der römischen Kirche und Erzbischof von Mailand. Eine Skizze, Augsburg 1796.
Katholisches Gesangbuch zum allgemeinen Gebrauche bei öffentlichen Gottesverehrungen, 3 Bände, München 1810.
Vollständige Sammlung der besten alten und neuen Melodien nach Anleitung des katholischen Gesangbuchs, 8 Hefte, Leipzig/München 1812–1819.
Zwei Worte über die weltlichen Zehnten, und die Ungerechtigkeit ihrer Zernichtung, ohne die Berechtigten entschädigt zu haben, Köln 1814.
Gesangbuch der königl. Elementar-Volksschulen zu München, Landshut 1817.
Literatur
Braubach, Max, Kanoniker des Bonner Münsterstifts als Förderer der Aufklärung, in: Bonner Geschichtsblätter 3 (1947), S. 43-86.
Braubach, Max, Ein publizistischer Plan der Bonner Lesegesellschaft aus dem Jahre 1789, in: Herrmann, Alfred (Hg.), Aus Geschichte und Politik. Festschrift zum 70. Geburtstag von Ludwig Bergsträsser, Düsseldorf 1954, S. 21-39.
Hansen, Joseph, Quellen zur Geschichte des Rheinlandes im Zeitalter der französischen Revolution 1780-1801, 4 Bände, Bonn 1931-1938, besonders Band 1, S. 490-498, 701-716.
Ruckstuhl, Karl, Geschichte der Lese- und Erholungsgesellschaft in Bonn, in: Bonner Geschichtsblätter 15 (1961), S. 26-180.
- 1: Braubach, Kanoniker als Förderer der Aufklärung, S. 84, Anm. 102.
- 2: Ein Vorschlag zur Verbreitung wahrer Aufklärung unter allen Ständen, in: Gnädigst priveligirtes Bönnisches Intelligenzblatt vom 30 April 1789, S. 139-143, online: http://s2w.hbz-nrw.de/ulbbn/periodical/pageview/410750 [24.4.2012].
- 3: Mastiaux, Rede an die versammelten Mitglieder der Litteraturgesellschaft in Bonn bey der feierlichen Aufstellung des Portraits Sr. Kurfürstl. Durchlaucht ihres gnädigsten Schutzherrn, Bonn 1790, abgedruckt in: Hansen, Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, Band 1, S. 490-498, hier S. 495.
- 4: Die Vorrede der Flugschrift ist im Wortlaut abgedruckt in: Hansen, Quellen zur Geschichte des Rheinlandes, Band 1, S. 701-716.
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Schlöder, Christian, Kaspar Anton von Mastiaux, in: Internetportal Rheinische Geschichte, abgerufen unter: https://rheinische-geschichte.lvr.de/Persoenlichkeiten/kaspar-anton-von-mastiaux/DE-2086/lido/57c949309809c4.42386783 (abgerufen am 19.08.2024)