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Beiträge zur Dorferneuerung im Landkreis Kaiserslautern

Burgruine Diemerstein und Villa Denis
Mittelalter und 19. Jahrhundert - Burgruine Diemerstein und Villa Denis

„Dorferneuerung“ - Der immer währende Prozess bürgerschaftlichen Engagements

„Dorferneuerung“ ist ein Prozess dem die Gemeinde seit mehr als 850 Jahren unterliegt.Vor genau 866 Jahren wurde Burg Frankenstein, einige Zeit später auch Burg Diemerstein, erstmals geschichtlich erwähnt. Zur Bewirtschaftung der Burgen musste natürlich auch die entsprechende Nahrungsmittelproduktion sichergestellt werden. Bauern und Handwerker wurden in unmittelbarer Nachbarschaft der Burgen angesiedelt. Erste dörfliche Strukturen entstanden. Einerseits waren diese Siedler oft Leibeigene der Burgherren, andererseits entwickelten sich aus dieser Leibeigenschaft und der damit verbundenen Spezialisierung auch das Wissen und die handwerkliche Kunst der Stände des Mittelalters.

Der Ort Frankenstein

20. Jh.: Schulbau mit Jugendstilanleihen
20. Jh.: Schulbau mit Jugendstilanleihen

Dorferneuerung bedeutete zunächst den Aufbau einer funktionellen, örtlichen Infrastruktur. Neben der Subsistenzwirtschaft wurden entsprechende Abgaben an den Burgherren geleistet. Dieser bot gegebenenfalls Schutz und Hilfe im Verteidigungsfall. Die Wirren des Mittelalters, die Pestepedemien und des 30 jährigen Krieges dezimierte die Zahl der Frankensteiner Bürger von mehreren hundert, auf unter 10 Personen. An synergetische Strukturen war nicht mehr zu denken.
Projekte zur Dorferneuerung waren aber auch schon in dieser Zeit unabdingbar. So entstanden zu späteren Zeiten Getreide-, Pulver-, Schleif- und Lohmühlen die die Existenz der Bewohner sicherten. Sozikulturelle und ökonomische Zwänge veranlassten die Grundeigentümer gegen Ende des Mittelalters bis in das Zeitalter der Renaissance zu einer neuen Siedlungspolitik. Neben Schweizer Mennoniten wurden auch andere Personengruppen als Siedler umworben.

Frankenstein blieb, bedingt durch seine topografische Struktur, jedoch stets ein Dorf der Waldarbeiter, Triftknechte, Tagelöhner und Subsistenzbauern, bzw. Hirten.

Ab 1850 ermöglichte die Eisenbahn erstmals einen individuellen Anschluss an die damals prosperierenden Städte. Diese Mobilität begünstigte natürlich auch die künftige Entwicklung der Ortsgemeinde. Neben Villa Denis entstanden Sägewerke und der Holz- und Kohlehandel blühte auf. Die später folgenden Kriege trugen sämtlich zur Stagnation der Entwicklung bei.

Zwischen 1950 und 1975 erlebte Frankenstein seine „Blütezeit“. Die Dorferneuerung fand im Wesentlichen durch ehrenamtliches Engagement und private, unternehmerische Tätigkeiten statt. Nach dem 2.Weltkrieg kümmerten sich die Bürger zunächst um den Wiederaufbau ihrer eigenen Existenz. Doch auch die Vereine erhielten in dieser Zeit Zulauf und Unterstützung.
Im Ort existierten eine Metzgerei mit Filiale, 2 Lebensmittelgeschäfte, 2 Haushaltswarengeschäfte, 1 Textil- und Schreibwarengeschäft, 2 Bäckereien, 1 Kiosk und 7 Gasthäuser.

Die Volksschule sicherte die Grundbildung der Kinder. Sowohl die protestantische als auch katholische Kirche hatten entsprechenden Zuspruch. Kleine Handwerksbetriebe wie Uhrmacher, Schuhmacher, Schneider, Schreiner, Friseur und eine Kistenfabrik belebten den Ort. Der Bahnhof garantierte den Anschluss Richtung Kaiserslautern oder Ludwigshafen.

Zu Beginn der 70 er Jahre hatte Frankenstein 1540 Einwohner (1972). Doch bereits ab dem Jahr 1974 begann der scheinbar unaufhaltsame Rückgang der Bevölkerungszahl.

Heute zählt die Ortsgemeinde noch 1000 Einwohner.

Ein Gasthaus, ein Kiosk und ein Friseur sind die letzten Bastionen des öffentlichen Lebens. Die Vereine gestalten, im Rahmen ihrer bescheidenen Möglichkeiten, das dörfliche Leben. Der Durchgangsverkehr bringt das öffentliche Leben, entlang der Hauptstraße, fast zum erliegen. Der stetig wachsende Schwerlastverkehr wurde zur Bedrohung für die Gesundheit (Lärm und Abgase) und zur unmittelbaren Gefahr für Leib und Leben.

Der demographische Wandel, verbunden mit der prekären Verkehrssituation, sorgt für zahlreiche Leerstände innerhalb des Ortskerns. Diese wiederum tragen durch entsprechend niedrige Immobilienpreise zur Entwicklung sozialer Brennpunkte bei. Ältere Bürger die nicht mehr über die entsprechende Mobilität verfügen können sich nicht mehr selbständig versorgen. Sie sind auf die Hilfe anderer Mitbürger angewiesen. Auch die kommunale Entwicklung stagniert inzwischen. Der hohe Verschuldungsgrat Frankensteins basierend auch auf topographischen Gegebenheiten, bot nie die Möglichkeit zur Ausweisung von Gewerbegebieten und damit zur Sicherstellung gemeindlicher Einnahmen. Der Rückgang der Bedarfszuweisungen durch das Land war letztlich der „Todesstoß“ für die Gemeinde und führte zum faktischen Verlust der kommunalen Eigenständigkeit.

Dorferneuerung

Die Dorferneuerung lässt nun erstmals wieder auf eine positive Entwicklung hoffen.
Grundlage des Erneuerungsgedankens stellt das in der „Agenda 21“ bereits 1992 manifestierte Verhältnis zwischen ökologischen, sozialen und ökonomischen Entwicklungsprozessen, unter der unabänderlichen Prämisse der Nachhaltigkeit, dar.
Alle Prozesse müssen mehrheitlich vom Bürger gewollt und unterstützt werden. Dabei können auch kontroverse Auffassungen von Weg und Ziel definiert werden. Letztlich müssen der Gedanke der tatsächlichen Umsetzbarkeit und der Wille zum generationsübergreifenden Mehrwert für die Gemeinde sichergestellt sein.

Individuelle Förderungen und soziale Integration gehören ebenso zu den nachhaltigen Projekten wie die ökologischen Aspekte zur Raumplanung.
Die Dorfmoderation dient dabei als Grundlage des politisch- bürgerschaftlichen Handelns. Die Fortschreibung bereits definierter Ziele und die Weiterführung bereits begonnener Aktivitäten muss dabei jedoch mit gleicher Energie betrieben werden wie die „Neuen Projekte“ aus der Dorfmoderation.

Im Zentrum des Dorferneuerungsgedankens könnten folgende Ziele stehen:

● Erhalt der Grundschule.
● Erhalt des Kindergartens.
● Dem demographischen Wandel mit entsprechender Versorgungssicherheit für ältere Mitbürger begegnen.
● Junge Familien mit Kindern an den Ort binden.
● Bestimmte Berufsgruppen bewerben.
● Die Betreuungsangebote für Kinder optimieren und die Spielplatzsituationen verbessern.
● Die Wertschöpfung aus dem Biosphärenreservat steigern.
● Siedlungsökologische Projekte starten.
● Hilfe bei der Gründung von Unternehmen geben.
● Touristische Aktivitäten steigern.
● Dienstleistungsgewerbe beraten.
● Bauberatung unter ökonomisch- ökologischen Gesichtspunkten fördern.
● Projektpatenschaften von Bürgern unterstützen.
● Unterstützung der Vereine sicherstellen.
● Partnerschaftlicher Umgang mit den Kirchen ausbauen.
● Vernetzung von Projekten mit anderen Ortsgemeinden anstoßen.
● Verkehrspolitische Entscheidungen herbeiführen.
● Gründung von Dorfpartnerschaften anstreben.
● Hilfe zur Selbsthilfe fördern.
● Hilfe im Bedarfsfall (Nachbarschaftshilfe) anbieten.

Selbstverständlich sind diese Ziele weder vollständig noch erheben sie den Anspruch auf Umsetzung.

Sie können jedoch dem interessierten Bürger als Diskussionsgrundlage dienen.

Eckhard Vogel
Ortsbürgermeister Frankenstein