Tipps für Jugendliche und Pädagogen
Für Jugendliche zum Thema (Cyber)Mobbing
Erstmal ruhig bleiben
Wenn du etwas Verletzendes gelesen oder gesehen hast, brennt es sich ein in dein Gedächtnis und du fühlst dich schlecht, bist verzweifelt und kannst nur noch daran denken. Es ist aber wichtig, dass du dich davon ablenkst, denn es gibt es trotzdem viele Dinge, die auch schön sind. Geh raus in die Natur, gönn dir was (Kino?), besuche Freunde oder schau dir aufmunternde Videos an. All das bringt dich erst mal auf andere Gedanken und mit etwas mehr Kraft kannst du die nächsten Schritte planen.
Du bist nicht allein
Vielleicht glaubst du, du kannst deine Probleme alleine lösen. Vielleicht schämst du dich auch dafür, dass du fertiggemacht wirst oder traust dich nicht, mit deinen Eltern zu sprechen, weil du Angst vor noch mehr Stress oder Medienverbot hast. Meistens tut es aber gut, sich jemandem mitzuteilen, und bei vielen Fällen von Mobbing braucht es Erwachsene, die sich einschalten. Wenn du dir aber lieber erstmal anonym Rat holen willst, dann kannst du dich an das Beratungsteam von Jugendlichen auf www.juuuport.de oder die Nummer gegen Kummer wenden. Ruf an unter 116111!
Dokumentier die Angriffe
Lerne, wie du Kopien von unangenehmen Nachrichten, Bildern oder Online- Gesprächen machst . Sie werden dir helfen, anderen zu zeigen, was passiert ist, und können helfen, deinen Peiniger zu ermitteln (z. B. an deiner Schule, bei deinem Mobilfunkanbieter, deinem Internetanbieter oder sogar der Polizei).
Blockieren, Melden, Löschen
Du kannst Beleidigungen, Hass-Postings und gemeine Bilder direkt in den Diensten melden, in denen sie auftauchen. Facebook, WhatsApp, Instagram, YouTube und andere Netzwerke bieten inzwischen Möglichkeiten, Dinge oder Personen zu melden und zu blockieren. Screenshot-Tutorials findest du in der App, unter www.klicksafe.de/service/schule-und-unterricht/leitfaeden oder über Suchmaschinen.
Verteidige dich
Verteidige dich clever! Zu Hause kannst du auch mal schwach sein, aber versuche in der Öffentlichkeit nicht zu viele Gefühle zu zeigen, also zum Beispiel nicht zu schreien – auch wenn du dich danach fühlst. Beleidige auch nicht zurück, denn das löst euren Konflikt nicht. Sage oder schreibe direkt, was dich verletzt und formuliere es ganz klar und deutlich z. B. so: „Es verletzt mich, dass…“, „Es geht mir schlecht, weil…“, „Ich will, dass es SOFORT aufhört!“. Am besten beziehst du zur Unterstützung Freunde mit ein. Wichtig ist auch, dass du dich über gesetzliche Bestimmungen informierst, denn › wenn jemand ungefragt Bilder von dir verbreitet, ist das nach § 22 KUG/KunstUrhG eine Verletzung des „Rechts am eigenen Bild“. › wenn dich jemand beleidigt, dann erfüllt das den Straftatbestand der „Beleidigung“ (§ 185 StGB).
Du bist in Ordnung
Und vergiss nicht: Kein Mensch hat das Recht, dich zu verletzen und zu beleidigen. Du bist toll so, wie du bist!
Für Pädagogen zum Thema (Cyber)Mobbing
Bieten Sie dem betroffenen Schüler eine gute Beziehung und einen sicheren Ort an!
Fragen Sie nach dem Sachverhalt und dem Erleben des Opfers. Bestärken Sie den betroffenen Schüler darin, dass es eine sehr gute Entscheidung war, zu Ihnen zu kommen und Hilfe zu holen. Erklären Sie ihm, dass Sie sich sorgen und etwas für ihn tun möchten.
Prüfen Sie eine Fremd- oder Selbstgefährdung!
Scheuen Sie sich nicht, nach selbst- oder fremdgefährdenden Gedanken oder Handlungen zu fragen. Sichern Sie so die seelische und körperliche Gesundheit des Betroffenen und Dritter. Erfahren Sie direkt durch den betroffenen Schüler von den Geschehnissen, können Sie zumindest für den Moment sicherstellen, dass sich die Person nicht aus einer Kurzschlussreaktion selbst gefährdet. Überlegen Sie gemeinsam mit dem Betroffenen wie die Gefährdungslage deeskaliert werden kann und welche Personen damit betraut werden müssen.
Klären Sie mit dem Betroffenen Ihren Auftrag und Ihre rechtliche Position
Fragen Sie, was sich der Betroffene in dieser Situation wünscht. Erläutern Sie, welche Möglichkeiten Sie haben, auf seine Bedürfnisse einzugehen. Seien Sie vorsichtig mit Ihren eigenen Lösungsvorstellungen. Sagen Sie ihm, dass Sie keinen Schritt unternehmen werden, ohne ihn vorher darüber in Kenntnis zu setzen oder ggf. sein Einverständnis einzuholen.
Achtung:
Wenn Sie einen Notstand oder eine Kindeswohlgefährdung ausschließen können und Schulsozialarbeiter, Schulpsychologe, Beratungslehrer oder Jugendberater sind, unterliegen Sie der Schweigepflicht nach § 203 StGB. Gegen den Willen des Opfers oder auch Täters ist Ihnen eine Weitergabe der Daten und vertraulichen Informationen in der Regel nicht gestattet! Die Schweigepflicht gilt in dieser uneingeschränkten Form nicht für Sie, wenn Sie eine Lehr oder andere Betreuungskraft sind. Hier müssen Sie in aller Regel tätig werden, die Schulleitung und die Eltern informieren. Das schließt Einzelhilfe oder Konflikthilfe nicht aus, wenn Sie die Erlaubnis haben, in diesem Sinne zu agieren.
Setzen Sie Schüler als Peer-Berater ein!
Erfahren Sie durch andere Schüler oder erwachsene Personen von der Problematik, bitten Sie diese, das Opfer zu motivieren, sich geeignete Hilfe zu holen.
Suchen Sie das Opfer auf, wenn es Hilfe ablehnt!
Verweigert sich das Opfer einer Vermittlung, lehnt es Hilfe ab, sollten Sie es unmittelbar aufsuchen, um seine Verfassung einzuschätzen. Dazu sind Sie vor allem dann verpflichtet, wenn es Hinweise auf Gefährdungen gibt.
Unterstützen Sie das Opfer, sich zur Wehr zu setzen!
Bestärken Sie das Opfer darin, sich gegen (Cyber)Mobbing gewaltfrei zur Wehr zu setzen. Appellieren Sie an seine Selbstachtung. Argumente können sein:
- Mobbing schädigt Menschen, oft noch lange danach. Es darf nicht toleriert und muss beendet werden – so schnell es geht.
- Es kann sein, dass es noch mehr betroffene Schüler gibt – diese werden ermutigt, wenn sich Widerstand gegen (Cyber)Mobbing rührt, und können den Entschluss fassen, sich auch zu melden.
- Es kann schlimmer werden, wenn man nichts tut.
Dokumentieren Sie den Sachverhalt!
Lassen Sie sich die Sachlage so lange erklären, bis Sie sie verstanden haben. Denken Sie daran, dass es sich dabei um eine subjektive Beschreibung handelt – die Sachlage kann von anderen anders beschrieben werden. Nehmen Sie sie dennoch unter allen Umständen ernst. Dokumentieren Sie die Geschehnisse detailliert. Nutzen Sie die Leitlinien zur Durchführung eines Interviews mit einer hilfesuchenden Person.
Prüfen Sie, ob Sie die Eltern, andere Lehrkräfte oder die Schulleitung informieren müssen!
Manche Konfliktparteien, Opfer sowie Täter, wollen nicht, dass die Eltern, andere Lehrkräfte oder die Schulleitung informiert werden. Diesen Wunsch gilt es zu verstehen, aber nicht immer, damit einverstanden zu sein. Sie müssen darauf Rücksicht nehmen, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind, anderenfalls machen Sie sich strafbar:
- Wenn Sie Schulsozialarbeiter, Schulpsychologe, Beratungslehrer (§ 203 StGB) oder Jugendberater sind.
- Wenn Ihnen keine gewichtigen Anhaltspunkte auf eine Kindeswohlgefährdung nach § 8a SGB VIII bekannt sind.
- Wenn Sie den Eindruck haben, dass das Kind (z. B. im Grundschulalter) reif genug und in der dafür notwendigen psychischen und geistigen Verfassung ist, die eigene Entscheidung gegen die Information der Eltern oder Schulleitung zu verstehen und zu verantworten.
Prüfen Sie, ob Sie die Polizei benachrichtigen oder dazu raten!
Eine polizeiliche Anzeige sollte zunächst dem Betroffenen oder seinen Eltern vorbehalten sein. Dies ist geboten, wenn:
- Sich das Konfliktgeschehen nicht mehr mit rein pädagogischen Mitteln deeskalieren lässt und die Polizei deeskalierend wirken kann .
- Ein Notstand eingetreten ist, der nur durch den Eingriff der Polizei beseitigt werden kann.
- Die Täter identifiziert sind, Straftaten begehen und nur noch durch polizeiliche Maßnahmen daran gehindert werden können, das Opfer zu schädigen.
- Die Täter nur durch polizeiliche Maßnahmen ermittelt werden können, ein Tatausgleich gescheitert ist und sich schulische Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen als wirkungslos herausgestellt haben, Täter nicht zur Schule gehören und auf sie erzieherisch kein Einfluss genommen werden kann.
Vernetzen Sie sich mit internen und externen Fachkräften!
Never walk alone! Arbeiten Sie, wann immer es machbar ist, im Team, auch wenn Sie Entscheider sind. Holen Sie sich wichtige Entscheider, erfahrene Fachkräfte und wichtige Bezugspersonen des Opfers an den Tisch. Teammitglieder müssen auf personenbezogene Daten des Falles zurückgreifen können. Holen Sie sich möglichst immer die Erlaubnis dafür ein.