Redaktion der pilger

Freitag, 20. Dezember 2024

Lasst uns hüpfen

eister von Boucicaut: Die Heimsuchung. Miniatur in einem Stundenbuch, Tinte, Gold und Temperafarben Frankreich, um 1415. Heute Teil der Sammlung des Cleveland Museum of Art (Cleveland, USA). (Foto: Wikipedia Commons/gemeinfrei)

Vor Freude und Glück, dass Gott mit uns ist

Das Evangelium vom vierten Adventssonntag erzählt von der Begegnung zweier Frauen, die unerwartet schwanger geworden sind. In ihren völlig unterschiedlichen Lebenssituationen erleben beide die Überraschung, den Schock und das Glück, ein Kind zu erwarten. Die Begegnung der beiden macht deutlich, dass Gott nicht immer nach unseren Vorstellungen handelt. Gottes Wege sind manchmal so gar nicht unsere Wege – und sie können unser Leben total auf den Kopf stellen.

Aber Gott geht alle Wege mit – Gott wird Mensch, um unsere Wege mit uns gehen zu können, um uns noch näher zu sein. Und doch fordert er uns heraus, neue Wege zu gehen, nicht alles beim Alten zu lassen.

In den Texten der Bibel werden Menschen immer wieder aus ihrer Komfortzone geholt – oder gerufen. Abraham und Sarah brechen auf, nur auf die Verheißung hin. Sie geben alles auf, was sie haben. Sie lassen ihr ganzes Leben hinter sich, ihre Bindungen, jede Sicherheit. Sie lassen los.

Im Neuen Testament fordert Jesus Menschen auf, ihm nachzufolgen. Auch das ist kein Spaziergang, sondern ein herausfordernder Weg. Manchmal sagt er es in radikalen Worten: wer die Hand an den Pflug legt und zurückschaut, ist meiner nicht wert. Und Maria, die junge Frau aus Nazareth, lässt Gott fragen, ob sie bereit ist, das Undenkbare zu denken, das Unvorstellbare zu leben, ein Kind, dieses Kind zur Welt zu bringen.

Gott fordert uns heraus. Gott lädt uns ein, nicht auf den alten, ausgetretenen Wegen zu bleiben, sondern neue zu wagen… fort aus Ägypten und der Sklaverei – in die Freiheit und in die Wüste… und viel später erst ins gelobte Land. Immer wieder geht es darum, aufzubrechen – die eigenen Pläne und Vorstellungen loszulassen und Wege zu wagen, die ungewiss sind. Sie fordern Vertrauen von uns. Gott fordert Vertrauen von uns.

Auch für Maria in Nazareth war es sicher nicht leicht, dieses Vertrauen aufzubringen und auf die Botschaft des Engels mit ihrem „Ja“ zu antworten. Mit allen Konsequenzen: einem Verlobten, von dem sie nicht wusste, wie er reagieren würde. Den Menschen in ihrem Umfeld, die sich ihren Teil gedacht haben werden, ihr vielleicht mit Ablehnung begegnet sind. Aber sie traut diesem Angebot und Ruf Gottes mehr als ihrem eigenen Wollen und Können. Sie lässt sich darauf ein, dieses Kind zur Welt zu bringen.

Beim Besuch des Engels hat sie den Hinweis bekommen, dass ihre Verwandte Elisabeth einen Sohn empfangen hat. Und so macht sie sich auf den Weg zu ihr – und anscheinend ist es genau das, was die beiden Frauen brauchen. Elisabeths spontane Reaktion, als Maria bei ihr auftaucht, ist ein Jubelschrei: „Gesegnet bist du!“ Elisabeth sieht mehr als das äußerlich Sichtbare. In ihrer ganzen Haltung wird spürbar, dass sich etwas Neues, Lebendiges, Hoffnungsvolles in ihr regt.

Guter Hoffnung ist sie – das verbindet die beiden Frauen – auch innerlich. Sie merken, dass das nicht durch ihre Anstrengung geworden ist. Es ist ein Geschenk. Es kommt von Gott. Sie freuen sich miteinander, füreinander und aneinander. Das stärkt und ermutigt alle beide.

Und Elisabeth spürt in dieser Begegnung das „Hüpfen“ ihres Kindes. Vielleicht nichts Ungewöhnliches für eine werdende Mutter ab dem fünften Monat der Schwangerschaft – und doch taucht dieser Begriff auch an einigen Stellen in der Bibel auf. Beim Propheten Maleachi heißt es, am Tag des Herrn springen die Menschen wie Kälber, die aus dem Stall auf die Weide kommen (Mal 3,20), in Psalm 114 hüpfen die Berge wie Widder und junge Lämmer (Ps 114,4.6).

Das Hüpfen vor lauter Freude klingt vielleicht verrückt, aber es scheint die einzig angemessene Reaktion auf das Erscheinen des Gesalbten in der Endzeit zu sein. Schon im Mutterleib reagiert Johannes mit Hüpfen, mit Freude auf die Ankunft des Messias. Und auch Elisabeth erweist sich als Prophetin. Sie deutet das Hüpfen ihres Sohnes als Gruß und Vorfreude auf das Kind, das in Maria heranwächst. Deshalb kann sie die junge Frau selig preisen. Faszinierend, dass Lukas auch in den Seligpreisungen das Wort „hüpfen“ verwendet. Wörtlich heißt es da (in Lk 6,23): „Freut euch und hüpft an jenem Tag“.

Wir können uns an diesem vierten Advent die Frage stellen, wann unser Herz zu hüpfen beginnt – oder unsere Seele. Was lässt uns aufatmen, was macht uns frei, was weitet unseren Blick, was macht uns Mut, neue Wege zu wagen? Vielleicht kann dieser Begriff und dieses Bild ein Einstieg in das Fest der Geburt Jesu sein: Da beginnt etwas Neues, etwas Lebendiges, Hoffnungsvolles, und es beginnt in uns. „Seht, ich schaffe Neues, schon sprießt es, erkennt ihr es nicht?“ (Jesaja 43,19).
Möge Weihnachten das Fest des Neuen für uns sein, das keimt und aufbricht und wächst – das Fest, das uns auch in der Dunkelheit unserer Welt hoffen und hüpfen lässt, weil Gottes Wege nicht immer unsere Wege sind, aber unsere Wege immer Gottes Wege.(Annette Schulze)

 

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