Manches möchte man dann doch genauer wissen

Kirchensteuer - die Details

  • Meine Bank hat mich darüber informiert, dass sie verpflichtet ist, die Kirchensteueranteile im Bezug auf die Abgeltungssteuer weiterzuleiten. Ist das eine zusätzliche Steuer? Switch

    • Das Verfahren zur Erhebung der Kirchensteuer auf die Kapitalertragsteuer (Abgeltungssteuer) wird ab dem 1. Januar 2015 automatisiert. Das bedeutet, dass die anfallende Kirchensteuer dann automatisch einbehalten und über die Finanzverwaltung an die steuerberechtigte Religionsgemeinschaft abgeführt wird.
    • Bei der Neuregelung handelt es sich nicht um eine neue Steuer, sondern lediglich um ein modernisiertes und automatisiertes Verfahren. Auch in der Vergangenheit ist bei Kirchenmitgliedern Kirchensteuer auf die Kapitalertragsteuer erhoben worden, da Kapitalerträge als Teil des Einkommens kirchensteuerpflichtig sind.
    • Betroffen sind nur diejenigen Kunden, deren Kapitalerträge den Freibetrag übersteigen (801 Euro für Ledige und 1.602 Euro für Zusammenveranlagte). Erst dann erhebt der Staat die Kapitalertragsteuer, auf die dann im Falle der Kirchenzugehörigkeit 9 Prozent Kirchensteuer (in Bayern und Baden-Württemberg 8 Prozent) berechnet werden.
    • Ein Berechnungsbeispiel: Wer als Ehepaar einen Freistellungsauftrag in voller Höhe erteilt hat und Sparguthaben von 100.000 Euro zu einem Zinssatz von 2 Prozent angelegt hat, zahlt darauf 8,76 Euro Kirchensteuer im Jahr.
    • Damit die Banken wissen, welche Kunden einer steuererhebenden Religionsgemeinschaft angehören, wird künftig einmal jährlich die Religionszugehörigkeit der Kunden beim Bundeszentralamt für Steuern abgefragt. Die Religionszugehörigkeit wird verschlüsselt mitgeteilt. Die auf die Kapitalertragsteuer anfallende Kirchensteuer des jeweiligen Kunden wird dann über die Finanzverwaltung an die steuerberechtigte Religionsgemeinschaft abgeführt – also an die jeweilige Diözese, Landeskirche oder jüdische Kultusgemeinde.
    • Wer die Mitteilung der Religionszugehörigkeit mit einer verschlüsselten Kennziffer an das Geldinstitut nicht wünscht hat die Möglichkeit, beim Bundeszentralamt für Steuern einen Sperrvermerk eintragen zu lassen und nimmt an dem automatischen Verfahren zum Einbehalt von Kirchensteuer auf Kapitalertragsteuer nicht teil. In diesem Fall ist der kirchensteuerpflichtige Kunde jedoch weiterhin verpflichtet, sich selbst um die Abführung der Kirchensteuer zu kümmern und die erforderlichen Angaben in der Einkommensteuererklärung einzutragen. Das zuständige Finanzamt wird hierzu entsprechend auffordern.
    • Seit Einführung der Abgeltungssteuer im Jahr 2009 sind kirchensteuerpflichtige Kunden verpflichtet, entweder bei ihrer Bank einen Antrag auf Einbehalt von Kirchensteuer auf abgeltend besteuerte Kapitalerträge zu stellen oder die steuerpflichtigen Kapitalerträge in ihrer Einkommensteuererklärung anzugeben. Ab Januar 2015 wird dieses Verfahren nun modernisiert und in das System der Abgeltungssteuer eingebunden.
  • Warum gibt es die Kirchensteuer? Switch

    • Die Kirchensteuer ist ein Finanzbeitrag der Kirchenmitglieder für ihre Kirche. Sie ist keine staatliche Subvention, sondern ein Mittel der Selbstfinanzierung der Kirche durch ihre Mitglieder. Der Steuereinzug durch die staatlichen Finanzämter wird bezahlt und ist kein Geschenk.
    • Die Kirchensteuer beträgt in der Regel neun Prozent der Lohn- und Einkommensteuer (in einigen Bundesländern acht Prozent). Sie wird über das Finanzamt eingezogen und an die Kirchen weitergegeben. Der Staat erhält für diesen Dienst zwischen zwei und vier Prozent des Steueraufkommens.
  • Seit wann gibt es die Kirchensteuer? Switch

    • Im Zuge der Neuordnung weiter Teile Europas durch Napoleon wurde die Kirche auf deutschem Gebiet im Jahr 1803 weithin enteignet (auch bekannt als Reichsdeputationshauptschluss). Ihr Besitz ging als Entschädigung an die Landesfürsten, die ihre eigenen Güter an Frankreich abtreten mussten (Säkularisation). Im Gegenzug mussten sich die einzelnen Länder verpflichten, die Versorgung der Kirchen zu übernehmen.
    • Im Laufe des 19. Jahrhunderts entschlossen sich die meisten deutschen Länder dazu, diese direkte Pflicht auf die einzelnen Kirchenmitglieder zu übertragen. So entstand die Kirchensteuer nicht als Privileg für die Kirchen, vielmehr entlasteten sich die Länder, indem sie die Kirchenmitglieder belasteten. Nach der Gründung des Deutschen Reiches 1871 wurde das Kirchensteuerrecht einheitlicher: Die Kirchensteuer orientierte sich nun an staatlichen Steuern wie der Einkommen- und der Vermögenssteuer.
  • Wo ist das Recht zur Erhebung der Kirchensteuer festgeschrieben? Switch

    • „Die Religionsgesellschaften, welche Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, sind berechtigt, auf Grund der bürgerlichen Steuerlisten nach Maßgabe der landesrechtlichen Bestimmungen Steuern zu erheben.“ (Art. 140 Grundgesetz in Verbindung mit Art. 137, Abs. 6 Weimarer Reichsverfassung). Außerdem enthalten vertragliche Absprachen zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften (so genannte Staatskirchenverträge) Regelungen zum Kirchensteuerwesen.
    • Die einzelnen Bundesländer regeln schließlich in speziellen Kirchensteuergesetzen die konkreten Umsetzungsfragen. Die Kirchensteuergesetze der Länder sind Rahmengesetze, die von den Kirchen durch ihre eigenen kirchensteuerlichen Gesetze (Kirchensteuerordnung, Kirchensteuerbeschlüsse) ausgefüllt werden.
  • Wer darf Kirchensteuer erheben? Switch

    Das Recht, von den Mitgliedern Kirchensteuer zu erheben, ist kein Sonderrecht der katholischen Kirche. Das Grundgesetz bestimmt, dass sämtliche Religionsgemeinschaften dieses Steuererhebungsrecht besitzen, sofern sie als Körperschaft des öffentlichen Rechts anerkannt sind. Bislang machen folgende Religionsgemeinschaften von diesem Recht Gebrauch:

    • die (Erz-)Bistümer der Römisch-Katholischen Kirche
    • die Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland
    • die jüdischen Gemeinden
    • das Katholische Bistum der Alt-Katholiken in Deutschland
    • die Freireligiösen Gemeinden
    • die Unitarische Religionsgemeinschaft Freie Protestanten
  • Wer muss Kirchensteuer zahlen? Switch

    • Die Bistümer dürfen nur diejenigen zur Zahlung von Kirchensteuern heranziehen, die ihr angehören. Daher sind für die Kirchensteuerpflicht in allen Kirchensteuergesetzen zwei Kriterien entscheidend: Die Kirchenmitgliedschaft und der Wohnsitz des Kirchenmitglieds.
    • In Deutschland zahlen Kirchensteuer nur Kirchenmitglieder, die lohn- oder einkommensteuerpflichtig sind.
  • Gibt es auch Mitglieder der katholischen Kirche, die keine Kirchensteuer zahlen? Switch

    • Ja, denn tatsächlich zahlt nur knapp ein Drittel der Katholiken Kirchensteuer. Wer keine Lohn- und Einkommensteuer zahlt ist auch kein Kirchensteuerzahler. Das gilt für Geringverdiener, Rentner, Arbeitslose, Kinder, Schüler und Studierende sowie Ordensleute.
  • Andersherum gefragt: Ist die Zugehörigkeit zur Kirche an Kirchensteuer gebunden? Switch

    • Zentrales und unverlierbares Merkmal der Zugehörigkeit zur Kirche ist die Taufe. Durch die Taufe werden die Menschen zu Kindern Gottes neu geschaffen und der Kirche eingegliedert.
    • Die Zugehörigkeit zur Kirche hängt nicht davon ab, ob der getaufte Christ Kirchensteuer zahlt. Allerdings ist nach einem zivilen Kirchenaustritt, der eine schwere Verfehlung gegenüber der kirchlichen Gemeinschaft darstellt, die aktive Teilnahme am kirchlichen Leben nur noch eingeschränkt möglich.
  • Verdient die Kirche an Arbeitslosen? Switch

    • Nein, die Kirche bekommt grundsätzlich keine Kirchensteuer von Arbeitslosen. Da Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger normalerweise keine staatlichen Steuern zahlen, zahlen sie auch keine Kirchensteuer.
  • Verdient auch der Staat an der Kirchensteuer? Switch

    • Die Kirche zahlt dem Staat im Gegenzug zum Einzug der Kirchensteuer zwischen zwei und vier Prozent des Steueraufkommens. Die Bearbeitung der Kirchensteuer bedeutet keine große Mehrarbeit für den Staat. Sie reduziert vielmehr die allgemeinen Kosten der Finanzverwaltung.
    • Für die Kirche ist diese Lösung wesentlich kostengünstiger als der Aufbau einer eigenen Steuerbehörde.
  • Was sind die Vorteile der Kirchensteuer? Switch

    • Das deutsche Kirchensteuersystem ist vergleichsweise gerecht. Die Anbindung an das deutsche Einkommensteuerrecht sorgt dafür, dass jeder nur soviel bezahlt, wie es seinen finanziellen Möglichkeiten entspricht.
    • Die Kirche bewahrt ihre Unabhängigkeit. Es gibt grundsätzlich keine nichtkirchlichen Geldgeber, die entscheidenden Einfluss auf kirchliche Entscheidungen nehmen können.
    • Die Anlehnung an das staatliche Steuersystem gewährt eine weitgehende Planungssicherheit. Im Vergleich zu der Unsicherheit von Spenden bietet dieses System eine höhere Berechenbarkeit.
    • Die Kirche spart Kosten, indem sie auf vertraglicher Grundlage dem Staat für den Einzug der Kirchensteuer Gebühren zahlt. Ein eigenes Einzugssystem wäre teurer.
  • Gibt es Alternativen zur Kirchensteuer wie sie in Deutschland erhoben wird? Switch

    • In Deutschland finanzieren die Mitglieder der Kirche ihre Kirche überwiegend durch die Kirchensteuer selbst. Ähnlich verhält es sich in Österreich, wo es eine Kirchenabgabe gibt. In den deutschsprachigen Kantonen der Schweiz wird ebenfalls eine Kirchensteuer erhoben.
    • Daneben gibt es Spenden- und Kollektensysteme wie in den USA, Frankreich, Portugal, Irland und den Niederlanden.
    • Steuerliche Lösungen gibt es auch in Italien und Spanien. Doch sind diese fundamental anders als in Deutschland. Es handelt sich nämlich um staatliche Steuern und nicht – wie in Deutschland – um rein kirchliche Steuerbeiträge von Kirchenmitgliedern.
    • Außerdem existiert die überwiegende Kirchenfinanzierung durch Vermögenserträge wie beispielsweise in der Anglikanischen Kirche in Großbritannien.
    • Schließlich ist auch eine vollständige Kirchenfinanzierung durch den Staat vorstellbar.
    • Keines der anderen in Europa eingeführten Systeme der Kirchenfinanzierung ist in der Lage, den Dienst der Kirche auf dem in Deutschland gewohnten und weiterhin sinnvollen Niveau zu garantieren. Die Kirche in Deutschland hat sich wie kaum eine andere in Europa für den Dienst an der Gesellschaft verpflichten lassen.
  • Wieso geht die Kirchensteuer nicht direkt an die Gemeinden? Switch

    • Ein solches System hätte zur Folge, dass eine Kirchengemeinde, in der viele Leistungsstarke wohnen, entsprechend mehr Geld zur Verfügung hätte als eine Gemeinde, in der viele Arbeitslose wohnen.
    • Die Verwaltung der Kirchensteuer durch ein Bistum und ihre Verteilung nach gleichen Schlüsseln garantiert jeder Gemeinde eine angemessene Grundausstattung, unabhängig vom Kirchensteueraufkommen in ihrem Bereich.
  • Ist die Kirchensteuer gerecht? Switch

    • Die Kirchensteuer wird derzeit als Zuschlag zur Lohn- bzw. Einkommensteuer erhoben. Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer ist somit grundsätzlich die Jahreseinkommensteuer. Neben der Einkommensteuer und deren besonderen Erhebungsformen Lohnsteuer und Kapitalertragsteuer ist auch der Grundsteuermessbetrag als Bemessungsgrundlage in den meisten Kirchensteuergesetzen vorgesehen. Der Kirchensteuersatz beträgt derzeit in Bayern und Baden-Württemberg acht Prozent, in den anderen Bundesländern sind es neun Prozent der Lohn- und Einkommensteuer.
    • Basis für die Berechnung der Kirchensteuer ist in Deutschland die staatliche Lohn- und Einkommensteuer. Die Kirchensteuer wird als Zuschlag zur staatlichen Lohn- und Einkommensteuer erhoben. Damit übernimmt die Kirchensteuer weitgehend die Grundsätze der Einkommen- und Lohnsteuer, insbesondere auch den Grundsatz der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. In der Praxis bedeutet dies, dass nur diejenigen Kirchenmitglieder Kirchensteuer zahlen, die hierzu aufgrund ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in der Lage sind.
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