Gestern Abend bin ich regelrecht überrumpelt worden: Ein anstrengender Arbeitstag mit Mitarbeitern eines Forschungsprojekts, die sich in meiner Wohnung getroffen hatten, war zu Ende gegangen, die Studierenden und der Kollege hatten sich verabschiedet. Ich genoss die Ruhe und freute mich auf das Abendessen. Und dann noch mal an den Schreibtisch, um mich auf die heutige Predigt vorzubereiten, so war mein Plan für den gestrigen Abend.
Da klingelt es an meiner Haustür. Etwas unwirsch melde ich mich an der Sprechanlage. Eine fremde Frau steht vor der Tür. Sie stellt sich als Jakobus-Pilgerin vor und bittet um Aufnahme. Auf diese Überraschung bin ich nicht vorbereitet. Zunächst eher unwillig als begeistert öffne ich die Tür, nehme sie auf und biete ihr mein Gästezimmer an. Beim gemeinsamen Abendessen frage ich sie, wie sie an meine Adresse gekommen sei. Im Internet, auf der Homepage der Trierer St. Jakobusbruderschaft, habe sie meinen Namen gelesen, und als sie am Trierer Dom angekommen sei, habe sie Menschen auf meinen Namen hin angesprochen Schließlich habe sie jemanden getroffen, die mich kannte. Diese Person habe sie soeben zu meiner Wohnung geführt.
Es wird ein interessanter Abend: Sie erzählt von ihren spannenden Erfahrungen und Begegnungen auf dem zurückgelegten Pilgerweg, der sie über den Harz, über Göttingen, Paderborn, Köln und nun durch die Eifel nach Trier geführt hat. Schließlich stellt sie sich auch mit ihrem Namen vor: Sie heiße Sandra aus einer Kleinstadt in Mitteldeutschland in der Nähe von Magdeburg, habe sich in der Firma eine Auszeit genommen und sei als Jakobuspilgerin aufgebrochen. Schließlich verrät sie auch, dass sie nicht getauft ist!
Pilgernde Kirche – Kirche der Gastfreundschaft! In der Begegnung mit dieser Frau, die mit Rucksack, Stab, Wollmütze und einem selbstgemalten Jakobuszeichen vor mir steht, wird die Predigtvorbereitung ungeplant von der Wirklichkeit eingeholt und am Ende des Abends stelle ich mir die Frage: Zufall oder Wink Gottes? Auf der Suche nach einer Pilgerherberge unterbricht ein fremder Mensch meine Predigtvorbereitung – so als ob Gott mich durch Sandra, die Pilgerin, auf das Wort, das ich heute Abend an Sie richten darf, einstimmen wollte.
„Pilgernde Kirche – Kirche der Gastfreundschaft.“ Mit diesem Motto darf ich den Reigen der Fastenpredigten zur „Synode – gemeinsam unterwegs“ abschließen. Für viele von Ihnen wie auch für mich sind Worte wie Wallfahrt, Pilgern und Gastfreundschaft keine abstrakten Begriffe: Mit ihnen verbinden wir konkrete Gesichter, denen Sie, denen ich an diesem Ort – konkret bei der letzten Heilig-Rock-Wallfahrt, dem großen geistlichen Ereignis des Jahres 2012 – begegnen durfte. Menschen aus dem Bistum Trier und aus vielen Ländern dieser Erde, Junge und Ältere, kirchennah und eher suchend.
Und dann die vielen Helferinnen und Helfer, die „Rotjacken“, wie sie sich selbst genannt haben: Erkennbar am wetterfesten roten Anorak mit der Aufschrift. „Ich helfe!“ – an den unterschiedlichen Einsatzorten: In der Weberbach, den Moselauen, vor den Stationskirchen, bei der Ehrenwache im Dom usw. Pilger und Wallfahrer, Gastgeber und Helfer/innen – zwei Seiten einer Medaille der Heilig-Rock-Wallfahrt 2012. Unsere Helferinnen und Helfer, keine Security-Söldnertruppe, Gott-sei-Dank! Für das Leitbild der Gastfreundschaft schenkten sie der Heilig-Rock-Wallfahrt ihr menschliches und zugewandtes Gesicht, ihre zupackende Hilfe. Unsere Helferinnen und Helfer –ein Klimawunder: Sie waren die unvergessenen Werbeträger der Heilig-Rock-Wallfahrt, mit ihrer zugewandten freundlichen Art als Leistungsträger, die manchmal an den Grenzen ihrer Belastbarkeit waren: Die ca. 2.500 Helfer waren in den vier Wochen durchschnittlich an 9 Tagen mit 45 Stunden im Einsatz! In Wertschätzung dieser beeindruckenden und miteinander geteilten Erfahrungen unserer Helfer will ich heute über die Kultur der Gastfreundschaft sprechen. Zugleich will ich mit Blick auf die Diözesan-Synode (2013-2015) die Bedeutung der Gastfreundschaft für die Kirche auf ihrem Pilgerweg in die Zukunft nachdenken.
Mit diesem Thema „Pilgernde Kirche – Kirche der Gastfreundschaft“ beende ich den Reigen der Fastenpredigten 2014 „Kirche unterwegs“. Mit dem Thema schlage ich zugleich den Bogen zum Anfang und zur ersten Predigt von Dechant Jörg Meyrer, der am 9. März zu uns zum Thema gesprochen hat: „Ich bin dann mal weg. – Kirche entdecken“. Denn Pilger und Wallfahrer, Gastgeber und Helfer/innen – bilden zwei Seiten einer Medaille der Kirche unterwegs, auf ihrem Weg durch die Geschichte.
Von Anfang an ist die Gastfreundschaft im Gen-Code des Volkes Gottes eingespeichert. Stellvertretend für unendlich viele Belegstellen in der Bibel erinnere ich Sie an die Szene im Buch Genesis: Gott zu Gast bei Abraham und Sarah: „Der Herr erschien unter der Eiche von Mamre.“ Die Gastfreundschaft, die das kinderlose Ehepaar den Fremden, in denen Gott ihnen begegnet, gewährt, wird beiden zum Segen: „Nächstes Jahr um diese Zeit werde ich wieder zu dir kommen, d ann wird Sarah einen Sohn haben“ (vgl. Gen 18,1-15).
Vor allem das lukanische Doppelwerk, das Lukasevangelium und die Apostelgeschichte, legen einen besonderen Akzent auf die Gastfreundschaft. Sie bildet ein prägendes Kulturelement der jungen Kirche in der Zeit der Mission und des Gemeindeaufbaus in Palästina, Kleinasien und Europa. Das private Wohnhaus, das Christen den Gemeindemitgliedern und den durchreisenden Missionaren öffnen, wird zum Ausgangspunkt der Evangelisierung. Im Privathaus oder der Wohnung von Christen, als Ort konkret praktizierter Gastfreundschaft versammelt sich die Gemeinde zur Eucharistie am Sonntag, finden Menschen zum Glauben, werden künftige Gemeindeleiter und Missionare auf ihren Auftrag vorbereitet. Hier ist der Ort von Umkehr, Sammlung und Sendung. Hier kommt es zu oft überraschend neuen Begegnungen von Menschen und mit Gott (vgl. die Bekehrung des Kornelius in Apg 10,25-48).
Es kommt nicht von ungefähr, dass Lukas immer wieder von Gastmählern berichtet, in denen sich das Wunder von Umkehr und Neubeginn ereignet. Wie auf einer Perlenkette finden wir dieses Motiv in den Erzählungen und Gleichnissen des Lukasevangeliums aneinander gereiht. Ich erinnere an die Geschichte vom Zöllner Levi (Lk 5, 27-39), die Geschichte vom barmherzigen Samariter (Lk 10,25-37), an die Begegnung mit Martha und Maria (Lk 10, 38-42), an das Gleichnis vom Guten Vater und den beiden Söhnen (Lk 15,11-32) und an die Begegnung mit Zachäus (Lk 19, 1-10). Unter dem Aspekt der Gastfreundschaft gewinnt sogar das Versprechen, das Jesus dem Schächer am Kreuz gibt, einen eigentümlichen, unglaublich ernsten und feierlichen Ton: „Amen, ich sage dir: Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“ (Lk 23,43). Dieser Erzähltypos von Gastfreundschaft und Mahl mündet ein in die Emmausgeschichte (Lk 24, 13-35). In ihr sind es die beiden Jünger, die den unerkannten Jesus in ihr Haus einladen: „So erreichten sie das Dorf, zu dem sie unterwegs waren. Jesus tat, als wolle er weitergehen, aber sie drängten ihn und sagten: Bleib doch bei uns; denn es wird bald Abend, der Tag hat sich schon geneigt. Da ging er mit hinein, um bei ihnen zu bleiben.“ (Lk 24, 28f.)
Matthäus, der in seinem Evangelium bereits erste Strukturen frühchristlicher Kirchenbildung vor Augen hat, akzentuiert den Gedanken der Gastfreundschaft im Rahmen seiner Theologie in eigener Weise. Als vorbildlich wird im 9. Kapitel das Verhalten des Zöllners Matthäus herausgestellt: Der Ruf Jesu in die Nachfolge mündet ein in ein Festmahl, zu dem Matthäus einlädt. Gleichsam als Bestätigung seiner Berufung lädt dieser zum Mahl „der Zöllner und Sünder“ ein. Gastfreundschaft und Gegenwart Jesu treffen zusammen, und so wird die Begegnung für die Anwesenden zum Ort heilsamer Verwandlung und heilender Seelsorge. „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken.“ Schlagfertig reagiert Jesus auf die Vorwürfe der Pharisäer, er lasse sich mit Zöllnern und Sündern ein und esse mit ihnen (vgl. Lk 9,12). Gastfreundschaft wirkt wie ein Wunder, macht Menschen gesund, schenkt den Ausgeschlossenen Gemeinschaft und Heilung!
Für mich ist es daher folgerichtig, dass der Evangelist Matthäus die Gastfreundschaft als ein Entscheidungskriterium im Weltgericht (Mt 25,31-46) herausstellt. „Denn ich war fremd und obdachlos, und ihr habt mich aufgenommen.“ (Mt 25,35c) Jesus identifiziert sich mit dem Fremden, dem Pilger, dem Menschen auf der Suche nach Herberge: „Das habt ihr mir getan“1 – und schreibt der Gemeinde dieses absichtsfreie Handeln gleichsam ins Stammbuch hinein. (Bild – rechts))
In den Evangelien und in der Apostelgeschichte wird die Gastfreundschaft als Markenzeichen der jungen Kirche und ihrer Missionstätigkeit beschrieben.
Wenn wir auf unsere eigene Glaubenspraxis, auf das Handeln der Gemeinden und der Kirche in unserem Kulturkreis schauen, dann ist die Erfahrung der geschenkten und gewährten Gastfreundschaft gar nicht mehr selbstverständlich. (Und mit Bezug auf meine Erfahrung von gestern Abend möchte ich ergänzen: Eigentlich möchten wir nicht allzu sehr und nicht allzu oft in unserem Rhythmus „gestört“ werden.) Daher drängt sich mir sogar die Frage auf: Ist Gastfreundschaft, diese uralte Kultur der Menschheit, in unserem Leben, in unseren Gemeinden, in unserer Kirche vom Aussterben bedroht?
Soweit ich mich erinnern kann, habe ich die intensivsten Erfahrungen der geschenkten Gastfreundschaft nicht bei uns, sondern auf meinen Bolivien-Reisen sammeln können. Unvergessen ist mir der Besuch auf der ersten Begegnungsreise in Oruro (1989): Kardinal Julio Terrazas, damals Bischof in Oruro, hat unsere Kleingruppe auf die Begegnung mit der Familie in ärmlichen Verhältnissen vorbereitet mit den Worten: „Kleines Haus, großes Herz“. So oft habe ich diese großherzige Gastfreundschaft immer wieder auf meinen Reisen erfahren. Wie oft sind wir bei der Durchfahrt durch Dörfer von den Menschen zum Verweilen eingeladen worden. Verabschiedet wurden wir oft mit einem herzlichen Wort wie: „Aquí tienes tu casa“. (Das heißt übersetzt: „Hier hast Du dein Zuhause, hier bist du zu Hause!“) Das „Zeugnis der offenen Tür“, der Gastfreundschaft: Für die in der Bolivien-Partnerschaft Engagierten ist sie vielleicht das wichtigste Geschenk, das uns die Partnerkirche immer wieder gemacht und mit dem sie uns, Mitglieder einer wohlhabenden Kirche, beschämt hat, – vielleicht auch, weil wir diese Großherzigkeit so selten bei uns antreffen und so selten selber praktizieren.
Gastfreundschaft ist in unserer Gesellschaft eine Dienstleistung für Menschen in besonderer Not,
zu denen wir (Gott-sei-Dank) nicht gehören
Ein zweites Beispiel: Vor gut einem Jahr lernte ich die „Gastfreundschaft“ eines Frauenhauses etwas näher kennen. Seit meiner Zeit als Pfarrer begleite ich den Weg einer jungen Familie, die ich vor Jahren getraut und deren Tochter ich getauft habe. Nachdem der Ehemann mal wieder handgreiflich geworden war, floh die Frau mit der zehnjährigen Tochter ins Frauenhaus der benachbarten Stadt. Hier erfuhr die oft gedemütigte Frau den Segen der Gastfreundschaft und machte an diesem Ort eine neue (zuvor nicht gekannte) Erfahrung: Eine offene Tür, Menschen, die ihr freundlich begegnen und andere Frauen, mit denen sie ihre leidvollen Erfahrungen teilen konnte! In den Telefongesprächen mit ihr hat sich mir eine zuvor fremde Welt erschlossen. Mehr als einmal habe ich damals gedacht: Wie gut, dass es solche Orte gibt: Orte der Gastfreundschaft fürs Überleben und für einen Neubeginn.
Uns Verantwortlichen in der Kirche täte es gut, mehr von der Präsenz dieser stillen – diskreten – Orte zu wissen und diese zu würdigen: Als Herbergen, an denen Menschen nach schwerem Leid aufatmen, wo sie endlich mal ohne Angst schlafen und Abstand von ihren Ängsten gewinnen können.
Wenn es um „Gastfreundschaft“ in unserem Land geht, dann denke ich drittens an die Kloster-Welt: St. Matthias oder Maria Laach, Himmerod oder Tholey, Martenthal oder Arenberg... – Die Klöster halten in unserer christlichen Kultur noch am ehesten die Tradition und Praxis der Gastfreundschaft lebendig!
Wer von uns durfte nicht selbst einmal in den Genuss dieser Lebenskultur kommen! Es ist vielleicht kein Zufall, dass „meine Pilgerin“ auf ihrem bisherigen Pilgerweg ausgerechnet in einem Kloster die intensivste Erfahrung von Gastfreundschaft sammeln durfte: Als sie am Kölner Dom angekommen war und nach einer Herberge fragte, habe man ihr im Dom-Forum einige Adressen von Klöstern gegeben. Sie habe sich dann für ein nahe gelegenes Frauenkloster entschieden. Wie sie dort empfangen worden sei, das habe sie so sehr berührt, dass sie beim Einschlafen vor Dankb arkeit und tiefem Glück geweint habe. Glücksfälle wie diese gibt es Gott-sei-Dank immer wieder – und sie gibt es auch heute noch.
Aber das darf nicht davon ablenken, dass Gastfreundschaft in unserem eigenen Leben und in unserer Kirche ein kostbares, selten anzutreffendes Gut geworden ist. Fragen wir uns selbst: Wie steht es um die Gastfreundschaft in den Pfarrhäusern? Sind sie noch „Gasthäuser“ – Orte, an denen Menschen Aufnahme finden können: zum Aufatmen und Auftanken, zur geistlichen Einkehr und wie eine Herberge für Menschen, die „unter die Räuber gefallen sind“ (vgl. Lk 10,25-37). Sind bei uns Gäste und Pilger noch willkommen oder werden sie als Störung im Betriebsablauf wahrgenommen, weil die Kirche am Ort als Kind unserer Zeit von der Betriebsamkeit und Wirtschaftslogik geprägt ist und die Kultur vergessen hat, die auch bei uns einmal hoch im Kurs stand: die Kultur der Gastfreundschaft.
Pilgernde Kirche – Kirche der Gastfreundschaft. Dieses Motiv möchte ich der Diözesansynode mit auf den Weg geben. Denn auch in Zukunft soll die Gastfreundschaft wie ein „Gen-Code“ das Leitbild in unserem eigenen Leben, in unserer Kirche und der Gemeinde prägen. Da ist es gut, sich noch einmal an die guten Erfahrungen der Heilig-Rock-Wallfahrt 2012 zu erinnern.
Bei der Online-Befragung, die wir im vergangenen Herbst im Rahmen einer Nachhaltigkeitsstudie unter den Helferinnen und Helfern durchgeführt haben, haben 80 % der Befragten bestätigt, dass für sie das Motiv der Gastfreundschaft prägend war für ihre Entscheidung, sich für die Wallfahrt zur Verfügung zu stellen. Offensichtlich wurde ihr Engagement für sie selbst zum Segen, denn mehr als die Hälfte konnte – im Rückblick und mit dem zeitlichen Abstand von 1 ½ Jahren – bestätigen, dass ihr Dienst sie in ihrem persönlichen Glauben positiv beeinflusst und bestärkt hat. Für den Einen und die Andere von ihnen ist die gewährte und praktizierte Gastfreundschaft gleichsam zum Ort der Christus-Begegnung geworden.
So wünsche ich der Synode, dass sie aus der Logik von Gast und Gastgeber zu denken lernt. Dass dieses Motiv entscheidungsleitend wird für die Beratungen und den Austausch mit Bischof Stephan: Als Gastfreundschaft, die sich öffnet für neue Impulse und Anregungen wie Fremde, die wir in unser Haus lassen. Gastfreundschaft – als Chance der Gottesbegegnung, die neues Leben schenkt (vgl. Gen 18,1-15). (vgl Zitat rechts)
Und einen letzten Gedanken möchte ich als Wunsch der Synode mit auf den Weg geben. Es ist die Vision, dass sich immer mehr Pfarrhäuser an den zentralen Orten der Pfarreiengemeinschaften und Pfarreien als „Gasthäuser“ im pastoralen Raum begreifen. Als Orte, an denen Menschen sich geistlich begegnen und austauschen können, wo eine Kultur des gemeinschaftlichen Gebetes gepflegt wird, wo ein Tisch und ein Bett stehen, in dem Pilger (im wörtlichen und übertragenen Sinn) eine Herberge und Menschen mit einem offenen Ohr antreffen…
Vielleicht nur eine verrückte Idee; ein Gedanke jedoch, der sich konsequent an der Praxis der alten Kirche orientiert. Daher kann dieser Impuls dem Bistum, der pilgernden Kirche auf dem Weg in die Zukunft Orientierung und Vorbild sein. Es ist mein Wunsch, dass diese Anregung von immer mehr gläubigen Christen aufgegriffen und praktiziert wird in einer Kultur einladender Begegnung und wechselseitiger Gastfreundschaft.
Mit Ihnen durfte ich mich erinnern: an die guten Erfahrungen der Heilig-Rock-Wallfahrt 2012; mit Ihnen habe ich mich der Urkunden des Evangeliums vergewissert und das Zeugnis der offenen Tür und der Gastfreundschaft neu schätzen gelernt. Schließen möchte ich mit einer kleinen Geschichte aus den Erzählungen der Chassidim, die uns Martin Buber überliefert hat:
„Wo wohnt Gott?“ Mit dieser Frage überraschte der Kosker einige gelehrte Männer, die bei ihm zu Gast waren. Sie lachten über ihn: "Wie redet ihr! Ist doch die Welt seiner Herrlichkeit voll!" Er aber beantwortete die eigene Frage: „Gott wohnt, wo man ihn einlässt.“
Im Rückblick bin ich der Jakobuspilgerin Sandra aus Mitteldeutschland dankbar für die Lektion, die sie mir gestern Abend geschenkt und zugleich zugemutet hat. Ich wünsche der Synode und den Synodalen, unserem Bistum und unseren Kirchengemeinden Erfahrungen, wie ich sie gestern machen durfte. Dass wir immer mehr begreifen, wozu wir berufen sind: „Pilgernde Kirche und Kirche der Gastfreundschaft“.
Prof. Dr. Martin Lörsch