„Pastorale Handreichung zum Umgang mit Tod und Begräbnis im Bistum Trier“ – Das ist der Titel eines Orientierungstextes, den der damalige Trierer Bischof Dr. Reinhard Marx am 6. März 2007 in Trier vorgestellt hat. Bischof Marx wandte sich gegen eine Kultur, in der Tod und die Toten „Störfaktoren“ seien. Er kritisierte die Tabuisierung des Sterbens. „Zu einer christlichen Kunst zu leben, der ’ars vivendi’, gehört eben auch eine ’ars moriendi’, die Kunst, sich im Leben dem Tod zu stellen und ihn nicht zu verdrängen“, sagte der Bischof.
Die Handreichung gibt neben Präzisierungen über Formen und Notwendigkeiten in der Bestattungskultur zugleich den Pfarrgemeinden Anregungen für eine „mutige und überlegte Gestaltung bei Tod und Bestattung“ (Bischof Marx).
„Tote begraben und Trauernde trösten“ haben die deutschen Bischöfe am 20. Juni 2005 die kirchlichen Positionen beschrieben, die die Bestattungskultur im Wandel unserer Zeit beleuchten. Sie knüpfen damit an ein Schreiben von 1994 an, das überschrieben war mit „Unsere Sorge um die Toten und die Hinterbliebenen“. Die Nachhaltigkeit im Thema macht deutlich, dass es sich sowohl um ein zentrales als auch ein sich schnell wandelndes Thema der Pastoral handelt.
Die vorliegende Pastorale Handreichung konkretisiert für das Bistum Trier das Dokument „Tote begraben und Trauernde trösten“. Dabei sollen sowohl Orientierungen als auch Anregungen für unsere Diözese gegeben werden.
So gibt die Pastorale Handreichung neben Präzisierungen über Formen und Notwendigkeiten hinsichtlich der Bestattungskultur zugleich auch den Pfarrgemeinden Anregungen für eine mutige und überlegte Gestaltung bei Tod und Bestattung von Menschen aus ihrer Mitte. Diese Handreichung erhebt nicht den Anspruch, alle Antworten für die nächsten Jahrzehnte zu geben. Dafür ist unsre Zeit zu schnelllebig. Aber sie will unsere Positionen im Hier und Heute verdeutlichen und zur Gestaltung dieses pastoralen Feldes anregen.
Weil die vorliegende Handreichung pastorale Anregungen geben und in bestimmten Fragen Umsetzungen für das Bistum regeln will, finden sich an manchen Stellen des Textes am Rand zwei erläuternde Begriffe. „Anregung“ meint einen pastoralen Impuls für die Priester, Pfarreien und Dekanate. „Auftrag“ bezeichnet eine pastorale Aufgabe, die vorrangig in Pfarreien oder Dekanaten angegangen und umgesetzt werden soll.
Unser Bischof Reinhard hat im diesjährigen Fastenhirtenbrief unser Zeugnis angesichts von Sterben und Tod, die Bedeutung des christlichen Begräbnisses und einer guten Trauerkultur hervorgehoben.
So wünsche ich Ihnen ein fruchtbares Arbeiten mit der Pastoralen Handreichung zum Wohle der Menschen unseres Bistums.
Trier, am Aschermittwoch 2007
Dr. Georg Holkenbrink
Veränderungen in der Bestattungskultur hat es immer gegeben. Derzeit erleben wir jedoch einen radikalen Umbruch. Starke Tendenzen zur Individualisierung und Anonymisierung sind auch in unserm Bistum zu beobachten.
Neben einer veränderten Einstellung zu Sterben und Tod tragen weitere Gründe zu diesem Umbruch bei. Als Beispiele seien genannt: Die gesellschaftliche Forderung nach Mobilität und Flexibilität verändert vieles. Familien leben oft nicht mehr in einem Ort, sondern Hunderte von Kilometern auseinander. Dann stellt sich die Frage: Wer wird später das Grab pflegen?
Wir leben in einer Gesellschaft, in der die finanziellen Fragen immer mehr dominieren. So bleibt nicht aus, dass auch im Blick auf die Bestattung die Kosten immer wichtiger werden. Die Folge: Es wird häufiger nach den „kostengünstigeren“ Formen des Verstreuens der Asche oder der anonymen Bestattung gefragt.
Die Tradition trägt nicht mehr selbstverständlich.
Dies ist in vielen Lebensbereichen zu spüren: Menschen müssen sich persönlich für etwas entscheiden, sie haben die Wahl. Dies schließt auch den Umgang mit dem eigenen Sterben und der Bestattung ein.
Bislang war die Sorge um die Toten den Familienangehörigen überlassen ; gegenwärtig versuchen immer mehr Menschen, diese Fragen schon zu Lebzeiten zu regeln. Dabei spielen auch die genannten Veränderungen eine Rolle. Die zentralen Glaubensfragen spielen oft nur noch eine nachgeordnete Rolle. Es rückt häufiger aus dem Blickfeld, dass wir bei Gott einen Namen haben und für ihn nicht anonyme Wesen sind: „Ich habe Dich bei Deinem Namen gerufen.“ Dies manifestiert sich auch in einem persönlichen Grab. Für die Trauernden bedeutet der Name auf dem Grab zudem: Hier ist ein konkreter Ort, an dem ich in besonderer Weise trauern kann. Ein solcher Ort fehlt bei anonymen Bestattungen oder beim Verstreuen der Asche.
Angesichts dieser Probleme stellen uns die Bischöfe die folgende Grundaufgabe: „Die Verkündigung der christlichen Botschaft von Tod und Auferstehung ist Grundauftrag der Kirche. Dies bringen Christen durch die Weise zum Ausdruck, wie sie mit Sterben und Tod umgehen. Der christliche Glaube leistet einen unverzichtbaren Beitrag für eine Kultur des Trauerns und des Umgangs mit dem Tod, indem er die Frage nach den Toten und ihrem Schicksal wach hält. Die Kirche versteht sich als Gemeinschaft der Lebenden und Toten und ist deshalb Trägerin eines fortdauernden kulturellen Gedächtnisses.“
Abschließend soll noch einmal betont werden, dass die Pastorale Handreichung die gegenwärtige Situation im Blick hat. Wir müssen weiterhin ein waches Auge für die sich schnell wandelnden Entwicklungen behalten. Zugleich will die Handreichung im Hier und Heute ermutigen, das pastorale Feld von Sterben, Bestattung und Trauer offensiver und christlich profilierter anzugehen. Angezielt ist ein eigenes Profil christlicher Sterbebegleitung, Trauerpastoral, Begräbnisliturgie und Erinnerungskultur.
Es ist daher wichtig, mutig und unverstellt das Gespräch dort zu suchen, wo sich die Fragen und Herausforderungen stellen. Es geht um unser unterscheidbares und hoffnungsvolles Zeugnis als Christen angesichts der Herausforderung des Todes. So gestalten wir unsere Welt in einem guten Sinne mit und passen uns nicht einfach einer Kultur des Vergehens und „Entsorgens“ an.
Wir haben auch angesichts der Verdrängung des Todes den Mut, ein Bekenntnis zum christlichen Bild vom Menschen und seines letzten Zieles abzulegen. Wir sind überzeugt, dass die Kunst des Lebens (ars vivendi) die Kunst, sich ehrlich mit dem unausweichlichen Tod auseinanderzusetzen (ars moriendi), voraussetzt. Es ist eine urchristliche Qualität, dass christliche Gemeinschaft und Solidarität in den Pfarrgemeinden helfen kann, auch Stunden des Verlustes, der Verzweiflung, der Ungewissheit, des Schmerzes und der Rat- und Trostlosigkeit besser zu ertragen.
Zeichen der christlichen Hoffnung finden sich dort, wo ehrliche Anteilnahme gezeigt, wo für eine menschenwürdige Bestattung gesorgt wird; wo die kirchlichen Riten und die Feier der Eucharistie Halt, Sicherheit und Kraft geben und wo wir auf dem Hintergrund unseres Glaubens mit dafür sorgen, dass es angesichts des Todes angemessene Erinnerungsorte und eine entsprechende Erinnerungskultur gibt.
„Die Hoffnung auf ewiges Leben umspannt die Lebenden und die Toten und vereinigt sie zu einer Gemeinschaft, die der Tod nicht auseinander zu reißen vermag. Christen glauben daran: Die Toten leben in Gott und bleiben uns zugleich in anderer, neuer Weise nahe. Die Bestattung eines Menschen und der wiederkehrende Besuch am Grab eines Verstorbenen halten das Bewusstsein für diese Gemeinschaft wach.“
Eine Erneuerung und Vertiefung unseres christlichen Umgangs mit Sterben und Tod kann so insgesamt Teil einer missionarischen Pastoral sein, wie in Anfangszeiten des christlichen Glaubens.