Der Engel und Maria

"... sandte Gott den Engel Gabriel nach Nazaret in Galiläa"

Der Engel bei Maria

Anders als im Text des Evangeliums begegnet der Erzengel Gabriel der Maria nicht in ihrem Haus, sondern vor der befestigten, verschlossenen Stadt Nazaret. Der Engel und Maria stehen auf trockenem braunen Erdboden. (Das erinnert an die Vertreibung der Stammeltern aus dem Paradies, vgl. Gen 31,17.) Die ineinander übergehenden zarten Pastellfarben des Hintergrunds lassen den Himmel ahnen, der sich jetzt über der trostlosen Erde wieder öffnet. Der Gottesbote kommt von links; hinter ihm liegt die Geschichte Israels mit den vielen Verheißungen seiner Propheten; die sollen jetzt in Erfüllung gehen.

Der Engel – sein Gewand ist von gleicher Farbe wie Marias Mantel, wie das Hauptgebäude in Nazaret – trägt einen markanten Botenstab (wie die Zeremonienmeister bei Hofe). Der wird von einem goldenen Kreuz bekrönt (wie ein Vortragekreuz einer Prozession): Jesus, dessen Geburt hier angekündigt wird, geht auf seinen Tod und seine Auferstehung zu (auf dem Himmelfahrtsbild wird er dieses Kreuz, Erinnerungszeichen an sein Menschenleben, „in den Himmel“ mitnehmen! Der Redegestus der Engelshand mit den zwei ausgestreckten und den drei gefalteten Fingern symbolisiert die göttliche und die menschliche Natur Christi, der einer der drei göttlichen Personen ist.

Der Engel ist barfuss (vgl. Jes. 52,7: Wie lieblich sind die Füße der Freudenboten), Maria trägt Schuhe und ein Kopftuch, wie alle ehrbaren Frauen im Codex Egberti. Sie steht aufrecht im Zentrum des Bildes und des Geschehens. Wie der Engel trägt sie einen Heiligenschein. Aufmerksam lauscht sie den Worten des Engels. Ihre Hände drücken Erschrecken und Aufnahmebereitschaft zugleich aus: „Du wirst ein Kind empfangen, einen Sohn wirst du gebären.“ ... „Wie soll das geschehen?“ ... „Ich bin die Magd des Herrn.“ Unglaubliches geschieht: Die Jungfrau empfängt den Gottessohn und bringt ihn zur Welt als ein Menschenkind, das auf den Tod zu leben wird wie jeder Mensch. Damit hat Gott sich auf immer mit den Menschen verbunden. Der Himmel – der „Lebensraum Gottes“ – steht von nun an offen (im Gegensatz zur verschlossenen Stadt).

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