mit Prof. Dr. Erwin Dirscherl, Regensburg
Die Erfahrung des Paulus und des Augustinus: „Was ich will, tue ich nicht, was ich nicht will, tue ich“ beschreibt eine innere Zerrissenheit und Unfähigkeit, das Richtige zu tun. Das Scheitern wird mit Ohnmacht und Herrschaftsverlust in Verbindung gebracht, die sich im eigenen Leib abspielen. Das erfahrene Ausgeliefertsein vor allem in der Sexualität führt mit zu einer Opposition Leib contra Seele.
Vor allem das Verhältnis zur Sexualität im Spannungsfeld von Agape und Eros ist verantwortlich für Verengungen und Abwertungen dieser Dimension menschlichen Lebens. Es macht der Kirche scheinbar zu schaffen, dass wir das Wort Liebe nicht nur auf die intime Zweierbeziehung, sondern auch auf die Liebe zu allen Menschen, ja auch zu unseren Feinden anwenden. Liebe hat immer eine leibliche und geschlechtliche Komponente, weil wir dem Anderen leibhaftig begegnen, zu ihm sprechen und ihn berühren. Papst Franziskus fordert mit Leidenschaft eine Revolution der Zärtlichkeit. Wie differenzieren wir Eros und Agape und wie überwinden wir überkommene Sünden- und Reinheitsvorstellungen, die uns in der Kirche bis heute prägen und blockieren?
Prof. Dr. Erwin Dirscherl ist Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Theologischen Fakultät Regensburg
mit Dr. Yvonne Sophie Thöne, Kassel
Das Basisdokument der Christenheit, die Bibel, bildet ein breites Spektrum zum Thema Liebe und Sexualität ab. Ausgehend von drei alttestamentlichen Texten -
werden die verschiedenen Funktionen von Sexualität beleuchtet und anschließend diskutiert.
Dr. Yvonne Sophie Thöne ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin für Biblische Theologie / Altes Testament an der Universität Kassel
mit Prof. Dr. Sigrid Müller, Wien
Sexualität im Alter ist nicht nur im Kontext von Theologie und Kirche, sondern auch im großen Bereich der Sozialwissenschaften nach wie vor ein Tabu-Thema. Angesichts der demographischen Veränderungen scheint es jedoch zunehmend wichtiger, sich mit dieser Thematik unvoreingenommen zu befassen.
Prof. Dr. Sigrid Müller ist Professorin am Institut für Ethik und Recht an der Universität Wien
mit Sr. Dr. Katharina Kluitmann (OSF), Münster
Der priesterliche Zölibat und die ehelose Keuschheit im geweihten Leben sind eine Herausforderung - genau wie die Ehe.
Grundlage der Gesprächsrunde ist die Erfahrung, dass es möglich ist, auf gute Weise über solch „unsägliche" Themen zu sprechen - und im Tun miteinander weiter an einer hilfreichen Sprache für urmenschliche Erfahrungen in diesem Bereich zu arbeiten.
Sr. Dr. Katharina Kluitmann (OSF) ist Theologin und Psychologin in der Begleitung kirchlicher Mitarbeiter/innen in Münster.
mit Prof. Dr. Stephan Goertz, Mainz
Wenn Homosexuelle eine Liebesbeziehung eingehen, dann gehört wie bei allen anderen die Sexualität zur Realität dieser Beziehung.
Ihre Sexualität kann zwar nicht die Möglichkeit der Zeugung ausschöpfen. Da es in der Sexualität aber nicht lediglich um den Natur-Zweck geht, behält sie ihre sittliche Würde, wenn sie in eine personale Beziehung integriert ist. Daher wird die moralische Verurteilung der homosexuellen Form der Liebe nicht als Leibfeindlichkeit, sondern als Liebesfeindlichkeit empfunden.
Prof. Dr. Stephan Goertz ist Professor für Moraltheologie an der Johannes Gutenberg–Universität Mainz
mit Dr. Eva-Verena Wendt, München
Wie gestalten aktuell Jugendliche und junge Erwachsene sexuelle Beziehungen und Partnerschaften? Ein Blick in die Medienwelt zeigt, dass vor allem die Jugendsexualität seit nun einigen Jahren schon als eher problembehaftet wahrgenommen wird. Wissenschaftliche Studien zeichnen hingegen für die Mehrzahl der Jugendlichen ein anderes Bild und sie belegen, dass die meisten Jugendlichen verantwortungsvoll mit den Themen Sexualität und Partnerschaft umgehen. Wie aber kommt es zu dieser Diskrepanz in der öffentlichen Wahrnehmung?
In der Gesprächsrunde sollen aktuelle Eindrücke über die heutige Jugend, wie sie sich auch in der Schule widerspiegeln, aufgegriffen und diskutiert werden. Dabei sollen auch Risikogruppen und Unterstützungsmöglichkeiten identifiziert werden.
Dr. Eva-Verena Wendt ist Diplom-Psychologin, Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fakultät für Psychologie und Pädagogik an der Ludwig Maximilians-Universität München
mit Prof. Dr. Uwe Sielert, Kiel
Nach einer Phase der analytischen Trennung diverser Lebens- und Gestaltungsformen menschlicher Sexualität sowohl aus einzelwissenschaftlicher als auch moralischer und lebenspraktischer Perspektive entwickelt sich zurzeit in allen Bereichen das Bestreben, eine eher ganzheitliche Sichtweise einzunehmen. Diese neue „Einheit des Widersprüchlichen“ bedarf sowohl einer sexual- und erziehungswissenschaftlichen Begründung als auch einer sexualethischen Bewertung.
Im Gesprächskreis werden die dazu notwendigen Grundlagen referiert und Anregungen für die Diskussion gegeben.
Prof. Dr. Uwe Sielert ist Professor für Sozialpädagogik am Institut für Pädagogik an der Universität Kiel
mit Prof. Dr. med. Ursula Rieke, Mainz
Von den drei Dimensionen der Sexualität: Beziehung – Reproduktion – Lust ist die letztere häufig tabuisiert, überbewertet oder mit „Wollust“ und negativ konnotiert.
Lust ist ein wichtiger Motor für Beziehung und Reproduktion und hat eine große Bedeutung für gelebte sexuelle Fantasien: Übergriffe, Verletzungen, Infektionsrisiken – Schuldgefühle und: Schmerz! Im Bewusstsein seiner eigenen sexuellen Bedürfnisse, sich die Lust auf den Partner/die Partnerin lebendig zu erhalten, Sexualität in ihren „Spielarten“ mit individuellem Leben zu erfüllen und dabei die (Schmerz-)Grenzen und Bedürfnisse des anderen/der anderen zu kennen und zu akzeptieren, entsteht für eine lustvolle/angstfreie sexuelle Praxis (vor allem wenn sie biographisch mit vielen Tabus und Nichtkommunikation behaftet ist) eine große Herausforderung.
In dieser Gesprächsrunde sollen biopsychosoziale Aspekte der Sexualität in Bezug auf die Lustdimension / sexuelle Neigungen/sexuelle Fantasien / sexuelle Praktiken / sexuelle Gewalt mit ihren jeweiligen (gesundheitlichen) Auswirkungen vorgestellt und in ihrer Konsequenz für den beruflichen und privaten Alltag diskutiert werden.
Prof. Dr. med. Ursula Rieke ist Sexualmedizinerin/Sexualtherapeutin und hat den Lehrstuhl Sozialmedizin für Soziale Arbeit an der Katholischen Hochschule Mainz inne
mit Ann-Kathrin Kahle, Münster
Erzieherisches Bemühen rund um die sexuelle Entwicklung von Kindern und Jugendlichen gibt es, seit es Erziehung gibt, und ebenso lange wird gestritten um deren „richtige“ Ziele und Aufgaben.
In der Gesprächsrunde wird es zunächst darum gehen, das den verschiedenen Zielsetzungen zugrunde liegende Sexualitätsverständnis zu diskutieren, um daraus mögliche Intentionen sexualpädagogischen Handelns zu entwickeln. Ausgewählte Erkenntnisse zur psychosexuellen Entwicklung und Lebenswirklichkeit der verschiedenen Altersstufen werden vorgestellt und Konsequenzen für die eigene Arbeit bedacht.
Ann-Kathrin Kahle ist Sexualpädagogin (gsp) und Supervisorin (MA), arbeitet in Fortbildung und Konzeptentwicklung in der Sexualpädagogik und lebt in Münster
mit Otto Boessenecker, Mainz
Sind Liebe, Lust und Leidenschaft noch beziehungskompatibel - und wenn ja, wie kann deren Gestaltung in einer sich beständig verändernden Beziehungslandschaft aussehen, um nicht verlorenzugehen? Welchen unterstützenden Beitrag kann hierbei eine Sexualtherapie leisten?
Oder ist neben der Patchworkfamilie nun die Patchworkbeziehung das Zukunftsmodell? Braucht es überhaupt noch eine enge soziale Liebesbeziehung oder ist diese mittlerweile nur noch ein Relikt des vordigitalen Zeitalters? Der geliebte Tante Emma Laden hat schon lange dem Einkaufszentrum Platz gemacht.
Am Beispiel typischer Beziehungsverläufe werden unterschiedliche Blickrichtungen diskutiert.
Otto Boessenecker ist Sexualpädagoge in Mainz
mit Manuel Uder, Trier
Das „Hohelied“ gehört zu den am häufigsten rezipierten biblischen Texten, es thematisiert das Phänomen „Liebe“ in aller Fülle – in seiner Zartheit und Kraft, Schönheit und Pracht, Lust und Verletzlichkeit.
Von Mitte September bis Ende Oktober 2015 wird es in der Konstantinbasilika in Trier eine große Ausstellung mit 36 Bildern des Künstlers Uwe Appold (Flensburg) zum „Hohenlied“ geben. Zehn Vorstudien hängen während des Forums im Robert Schuman-Haus.
Die ausgestellten Bilder werden Gegenstand des Gespräches sein. Der Künstler selbst hat Zugänge über „fiktive Briefe an König Salomo“ geschaffen. Diese stehen in der Gesprächsrunde zur Verfügung.
Manuel Uder ist Wissenschaftlicher Assistent am Deutschen Liturgischen Institut Trier
mit Volkmar Hahn, Darmstadt
Das Thema Sex und Erotik ist heute in Film, Theater, Literatur, TV etc. selbstverständlich und mächtig. Durch diese mediale Präsenz ist Sexualität deutlich entkrampft und enttabuisiert worden.
Die Kehrseite allerdings ist - so belegen Studien und Erfahrungen aus Beratungsstellen und Praxen - vielfach ein neuer, ebenfalls mächtiger Erwartungsdruck. Damit sind auch Ängste verbunden, bestimmten Standards nicht entsprechen, oder Partnern und Partnerinnen eventuell nicht genügen zu können.
Die Gesprächsrunde will hier hinterfragen und zu einem entspannten Umgang mit dem Thema einladen: ein Talk, angereichert mit kleinen, unterhaltsamen szenischen Ausflügen in die Köpfe von vielleicht gar nicht so entspannten Liebes- und Lustpaaren.
Volkmar Hahn ist Theologe, Theaterpädagoge, Psychodramaleiter in Darmstadt