Forum "geschieden - wieder verheiratet": Herausgefordert als Seelsorger...

Schluss-Wort des Bischofs

Bischof Stephan Ackermann bedankte sich im Schlusswort des Forums für offene Gespräche und viele Anregungen für sein eigenes Nachdenken, aber auch für Pastoral, Beratungs-Angebote und das Verhalten der Kirche als Arbeitgeberin... Er werde manches auch über das Bistum hinaus weitertragen...

Zum Schluss nenne ich einige Punkte, die mich persönlich bewegt haben. Ich habe ja gestern bereits Erwartungen, Hoffnungen und etwas von der eigenen Haltung, mit der ich in dieses Forum gegangen bin, formuliert und werde nun noch einige Punkte nennen, die ich wahrgenommen und mitgenommen habe.

Theorie begegnet Betroffenheit

Das Besondere dieses Forums war - und das ist auch von einer Reihe von Teilnehmerinnen und Teilnehmern in den Gruppen so benannt worden und ich habe es auch in Randgesprächen so gehört - dass es hier die Verbindung von Menschen gab, die sich wissenschaftlich mit den Fragen von Ehe und Familien aus unterschiedlichen Perspektiven beschäftigen, dass es Menschen gab, die in der Pastoral damit zu tun haben in den verschiedenen kirchlichen Zusammenhängen und dass auch Menschen hier waren, die mit einer persönlichen Betroffenheit an diesem Thema interessiert sind, die darum ringen, darunter leiden, ihren Weg gesucht und an vielen Stellen auch gefunden haben. Wie weit sie mit sich und der Kirche im Einzelnen froh sind, das differiert, wie wir gehört haben.

Diese Mischung von Personen und auch immer wieder die biografischen Zeugnissen, die wir gehört haben, waren etwas ganz Besonderes. Das hat uns davor bewahrt, „einfach drauf los“ auf die systematische, theologische, dogmatische oder politische Ebene zu gehen. Denn die Gespräche waren immer mit jeweils anderen Perspektiven durchsetzt, und ich will einfach auch in unser aller Namen denjenigen danken, die sich mit ihrer persönlichen Erfahrung eingebracht haben. Wir danken für den Mut, das zu tun bei Menschen, die sie nicht kennen und von denen sie auch nicht wissen konnten, wie diese damit umgehen. Es war eine große Bereicherung, diese Verbindung zu spüren.

Jenseits von "Gesprächsverboten" - das tut auch dem Bischof gut

Es ist auch deutlich geworden, wie wichtig es ist, möglichst ohne Angst zu sprechen. Ich glaube, ein ganz angstfreies Gespräch, das gibt es kaum. Aber die Scheu, die Zurückhaltung, die selbstauferlegten Gesprächsverbote beiseite zu lassen und in einen Austausch zu treten, das hat an vielen Stellen geholfen. Wie gut, dass wir wirklich in dieser Weise darüber sprechen konnten. Auch mir selbst - und ich als Bischof konnte das erleben - hat das sehr gut getan.

Ich habe mich als Bischof gerade was das Thema „Geschieden–Wiederverheiratet“ angeht, auch durch die Arbeitsgruppe in der Bischofskonferenz, in der ich ja aktiv bin, sehr stark in den letzten Monaten mit den lehrhaften Aspekten dieser Frage beschäftigt. Die sind wichtig. Die gehören dazu, die kann man nicht wegtun. Aber der seelsorgerische Aspekt, der droht verloren zu gehen, wenn man sich zu einseitig damit beschäftigt. Der seelsorgerliche Aspekt, der ist mir hier wieder sehr nahe gekommen, angefangen von dem darstellenden Spiel der jungen Leute des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums. Mich auch als Seelsorger herausgefordert zu fühlen, war mir wichtig und hat gut getan und hat an dieser Stelle für ein Stück Erdung gesorgt.

Herausgefordert als Seelsorger

Ich habe eine ganze Reihe von Aspekten mitgenommen, die ich hier jetzt nicht aufzählen kann, die ich in der Tasche mitnehme in die verschiedenen Foren, Gremien, Bereiche, in denen ich und wir als Bistum unterwegs sind. Wichtig ist mir, dass - über die Grundsatzfragen hinaus - sehr konkrete Dinge auch für unser Bistum Relevanz haben. Ich nenne exemplarisch zwei Punkte:

  1. Den Nahraum Kirche gestalten
    Wie gestalten wir den Nahraum Kirche, in den größer werdenden seelsorgerischen Strukturen? Braucht es nicht gerade da, wo Menschen in schwierigen Situationen sind, den Nahraum Kirche und droht er nicht verloren zu gehen in der Entwicklung, in der wir die Kirche erleben in den Pfarreien und Pfarreiengemeinschaften vor Ort? Wie können wir an dieser Stelle den Nahraum stärken über die Dinge hinaus, die wir schon haben, seelsorglich, pastoral. Ich denke auch noch einmal an die Beratungsstellen, an die Familienbildungsstätten, wo wir schon im relativen Nahraum da sind für Menschen in schwierigen Situationen. Mann - Frau, Mutter - Vater, Kinder - Was heißt das auch für unser Leben in der territorialen Struktur der Pfarreien und Pfarreiengemeinschaften? Ich denke, auf diese Frage müssen wir noch mehr Energie verwenden.
    Und auf den Punkt, den Frau Diewald angedeutet hat: Wie kommen wir zu stärkeren Verlässlichkeiten? Das geht nur über Verbindlichkeit. Dass gerade in so sensiblen Bereichen jemand, der betroffen ist, sich nicht bange fragen muss, ob der Seelsorger ihm gegenüber wohl geschickt oder großherzig oder eng gerippt ist. Nicht wissen, wie mit mir umgegangen wird, das verunsichert. Natürlich hängen solche Situationen immer an den konkreten Personen, aber trotzdem braucht es eine stärkere Vergewisserung und Verlässlichkeit. Das nehme ich auf jeden Fall auch als Punkt mit. Wir schätzen die Vielfalt in unserem Bistum, aber Vielfalt kann auch belastend sein. Weil es mit ihr eben positive und kritische Erfahrungen gibt.
  2. Gemeinsam Kirche sein
    Ich habe bei diesem Forum auch erfahren, dass wir uns in den Runden, im Gespräch stark verstanden haben als Kirche, die wir gemeinsam sind. Über die allerweitesten Strecken dieses Abends und dieses Tages habe ich gespürt, da ist nicht das, was wir sonst oft haben: „Ihr da“ - „wir hier“. Nein, „wir“ sind Kirche. „Wir“ müssen gemeinsam darum ringen. Natürlich mit unterschiedlichen Rollen und Verantwortlichkeiten. Die sind wahrzunehmen, die sind es auch, die uns in die Pflicht nehmen. Aber dass die Betroffenen gesagt haben: „Ich bin in der Situation, geschieden-wiederverheiratet zu sein, aber ich will bewusst zur Kirche gehören und diesem Sinne bringe ich mich ein“, das war für mich eine wichtige Erfahrung.

Wie geht es weiter?

Ich glaube, wir sind in einer Situation, die zurzeit – aber ich möchte nicht zu vollmundig sein – für diese Thematik auch eine besondere Chance enthält. Die Frage ist ja an verschiedenen Stellen in der Kirche virulent. Ich erinnere noch mal an die Arbeitsgruppe, die wir im Rahmen des Gesprächsprozesses der Bischofskonferenz ins Leben gerufen haben und die intensiv an dieser Frage arbeitet. Da arbeite ich mit.

Ich erinnere an die außerordentliche Synode und an die ordentliche Synode, die der Papst einberufen hat - natürlich mit einem größeren thematischen Kontext, in dem aber die Frage „Geschieden- Wiederverheiratet“ auch in dem Fragebogen, der an die Bistümer ging, angesprochen ist. Wir deutschen Bischöfe haben alles, was zurückgemeldet worden ist, auch ins Netz gestellt und öffentlich gemacht. Ich glaube, das ist ein deutliches Signal, dass da ein Befund ist, der auch wahrgenommen wird. Natürlich sind da auch diejenigen, die sich schon länger mit der Frage beschäftigen und sagen: „Schon so lange besteht das Thema und was hat sich bewegt?“

Meine Kraft für verantwortliche Lösungen

Für mich persönlich kann ich nur sagen, ich werde meine Kräfte für eine verantwortliche Lösung einsetzen. Das kann ich Ihnen versprechen, auch wenn ich nicht nach Rom fahre. Auch das muss ich hier nochmals klar stellen. Ich gehe davon aus, dass es in diesem Herbst so sein wird, dass bei der außerordentlichen Synode nur die Vorsitzenden aller Bischofskonferenzen Teilnehmer sind und dann im nächsten Jahr jede Bischofskonferenz dem Papst über die Vorsitzenden hinaus noch Vorschläge machen kann, etwa die Vorsitzenden der Familienkommissionen der Bischofskonferenz. Ich bin also nicht direkt beteiligt an der Synode, aber natürlich arbeiten wir an dem, was unser Beitrag von Deutschland aus sein kann.

Den Geschiedenen unter uns ist schon gedankt worden, und ich möchte auch nochmals Herrn Binninger danken und auch der Konzeptgruppe, die im Vorfeld gearbeitet hat und deren Mitglieder hier als Moderatorinnen und Moderatoren tätig waren. Dafür nochmals ein dickes Kompliment! Ich sage Dankeschön und auf Wiedersehen und alles Gute!

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