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Bad Schwalbach (ehem.
Langenschwalbach, Kreisstadt, Rheingau-Taunus-Kreis)
und Orte der Umgebung
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Bad Schwalbach (bis um 1920 meist Langenschwalbach, teilweise auch Bad
Langenschwalbach, seit dem 19. Jahrhundert auch bereits Bad Schwalbach) bestand
eine jüdische Gemeinde bis 1938/39. Ihre Entstehung geht in die Zeit des
16./17. Jahrhunderts zurück. Nach einer Überlieferung suchten die jüdischen
Einwohner im Dreißigjährigen Krieg wie auch die christlichen Einwohner
Zuflucht in der Burg Hohenstein, wurden jedoch abgewiesen und mussten sich im
Wald verstecken (s.u. in der Gemeindebeschreibung von 1936). Um 1668 gab es
sieben jüdische Familien in Langenschwalbach, zwei in Bärstadt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1809 80 jüdische Einwohner (5,5 % von insgesamt 1.455 Einwohnern),
1843 138 jüdische Einwohner, 1858 135 (8,8 % von 1.538), 1871 165 (6,2 % von
2.644), 1885 190 (7,1 % von 2.658), 1895 184 (6,8 % von 2.702), 1905 145
(5,1 % von 2.836), 1910 123 (4,5 % von 2.708). Zur Gemeinde gehörten auch die
in Hausen vor der Höhe (1843 7 jüdische Einwohner), Schlangenbad
(1843 6, 1905 4, 1924 1), Bärstadt (1843 15, 1924 1) und Kemel
(mit Springen, Langschied und Hohenstein 1843 32, 1873 37, 1905 16) lebenden jüdischen
Personen.
Bereits seit dem 18. Jahrhundert war Schwalbach auch ein für jüdische Gäste
attraktiver Kurort. Wohlhabende Juden aus Frankfurt am Main und aus Mainz kamen
regelmäßig nach Schwalbach. Zeitweise bestand ein eigener Kursaal für jüdische
Kurgäste ("Judensaal"), der jedoch auf Grund der beliebten
Musikdarbietungen der sogenannten "Judenkapellen" auch von Nichtjuden
gerne besucht wurde (siehe unten Bericht von 1936).
Auch Schlangenbad gehörte zu den für jüdische
Gäste attraktiven Kurorten. Ständig wohnten am Ort im 19./20. Jahrhundert zwar
kaum mehr als 2 bis 3 jüdische Familien, doch finden sich unter den jüdischen
Kurgästen (teils "Stammgäste") auch bekannte Persönlichkeiten wie
Giacomo Meyerbeer (1791-1864).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule, ein rituelles Bad (seit 1807 in einem Nebengebäude zur
Synagoge) sowie ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde gab es im 19. Jahrhundert einige Jahre einen Rabbiner am Ort
(zuständig für den Bezirk um Langenschwalbach) beziehungsweise einen Lehrer,
der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Das um 1830 eingerichtete Bezirksrabbinat
Langenschwalbach bestand bis 1851. Es war zunächst mit dem (1848
pensionierten und 1858 verstorbenen) Landrabbiner Samuel Salomon Wormser aus
Fulda besetzt, seit 1848 mit dem zunächst in Heddernheim
und Langenschwalbach als Religionslehrer tätigen Rabbiner Dr. Benjamin Hochstädter.
Er verlegte den Sitz des Rabbinates jedoch 1851 nach Bad
Ems. Die Gemeinde war stark orthodox geprägt, nach einem Bericht von 1855
war es die orthodoxeste Gemeinde im Rabbinatsbezirk. Lange wurden die
Gottesdienste nur in hebräischer Sprache abgehalten, der Unterricht der Kinder
in "Jüdisch-Deutsch" (Jiddisch). Seit 1848 (seit 1842 wurde im
Herzogtum Nassau für die jüdischen Lehrer vor ihrer Anstellung die Ablegung
einer staatlichen Prüfung verlangt) bestand vorübergehend ein Religionslehrerseminar
in Langenschwalbach (Direktor war der Bezirksrabbiner Dr. Benjamin Hochstädter).
1851 wurde es gleichzeitig mit dem Rabbinatssitz nach Bad
Ems verlegt.
An der jüdischen Schule wurden um 1844/45 noch 27 Kinder unterrichtet.
In den 1860er-Jahren war Lehrer Bernhard Heidingsfeld in der Gemeinde tätig (genannt im
Bericht von 1870 s.u.: geb. 1835 in Kippenheim,
war verheiratet mit Hellena geb. Sänger aus Buttenwiesen
[sie ist gest. in Langenschwalbach 1866]; zwei Sohne Wilhelm [geb. 1864] und
Jakob [geb. 1866]). Von 1871 an war Lehrer und Kantor Raphael Greif;
er konnte 1896 sein 25jähriges Dienstjubiläum am Ort feiern. Sein Nachfolger
war seit 1901 Levi Spier (geb. 1869 in Mansbach). Er blieb bis zu seinem
Tod 1938 in Bad Schwalbach (siehe Berichte unten).
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Adolf Metzler (geb.
24.12.1893 in Langenschwalbach, gef. 13.4.1917). Außerdem sind gefallen:
Siegmund Metzler (geb. 31.3.1880 in Langenschwalbach, vor 1914 in Wiesbaden
wohnhaft, gef. 29.9.1914), Richard Hamburger (geb. 29.7.1890 in
Langenschwalbach, vor 1914 in Köln wohnhaft, gef. 11.4.1915) und Siegfried
Stern (geb. 18.1.1879 in Langenschwalbach, vor 1914 in Butzbach wohnhaft, gest.
an der Kriegsverletzung am 15.5.1920).
Um 1924, als zur Gemeinde 106 Personen gehörten (3,8 % von 2.790),
waren die Vorsteher der Gemeinde Samuel Stern, Leopold Roos und Ludwig
Katz. Als Lehrer, Kantor und Schochet war weiterhin Levi Spier tätig. Er
unterrichtete an der Religionsschule der Gemeinde damals vier jüdische Kinder;
Spier unterrichtete dazu die Kinder in den jüdischen Gemeinden Kettenbach,
Laufenselden und Wehen. An jüdischen Vereinen bestanden ein Jüdischer
Männerverein (bzw. Männer-Kranken- und Bruderverein; gegründet
1733; 1924/32 unter Leitung von Samuel Stern, 16 Mitglieder, 1932 20 Mitglieder)
sowie ein Israelitischer Frauenverein (gegründet 1882; Zweck und
Arbeitsgebiet: Unterstützung der Armen, Pflege der Kranken und Bestattungswesen
1924 unter Leitung von Getta (Jetta) Stern und Rickchen Löwenberg mit 18
Mitglieder; 1932 unter Leitung von Getta Stern mit 32 Mitgliedern). 1932
waren die Vorsteher unverändert Samuel Stern (1. Vors.), Leopold Roos (2.
Vors.) und Ludwig Katz (3. Vors. und Schatzmeister). Inzwischen gab es wieder
mehr jüdische Schüler: im Schuljahr 1931/32 unterrichtete Lehrer Spier 13
Kinder.
1933 lebten noch 94 jüdische Personen in Bad Schwalbach (3,1 % von
insgesamt 3.052 Einwohnern). In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen
Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien
weggezogen beziehungsweise ausgewandert, sodass 1937 nur noch 44, 1939 nur noch
vier jüdische Personen gezählt wurden. Beim Novemberpogrom 1938 wurde
nicht nur die Synagoge an Brand gesetzt. Auch die Schaufenster und
Ladeneinrichtungen sowie die Inneneinrichtungen der Wohnungen von fünf jüdischen
Geschäftsleuten wurden zerstört. Der entstandene Schaden wird auf 62.000 RM
beziffert.
Von den in Bad Schwalbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben
nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem
und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", jeweils unter (Bad)
Schwalbach und Langenschwalbach): Gerda Ackermann geb. Kahn (1893), Jakob
Ackermann (1898), Manfred Ackermann (1892), Amalie Bamberger geb. Wolff (1876),
Jenny Damidt geb. Stern (1889), Bertha David geb. Stern (1863), Eugen Halevi
Eschwege (1877, "Stolperstein" in Wiesbaden, siehe Presseartikel unten), Julius Falk (1891), Julius Frank (1890), Elsa Fränkel geb.
Stern (1899), Amalie Friedberger (1868), Julius Greif (1887), Käte Grünebaum
geb. Marxheimer (1862), Berta Grünewald geb. Kaufmann (1859), Emmy Haas geb.
Rosenthal (1886), Paula Hahn geb. Katz (1889), Emmi Hamburger (1885), Anna
Henlein (1880), Ingeborg (Inge) Henlein (1921), Marx Henlein (1879), Selma
Herzfeld geb. Löwenberg (1876), Rosa(lie) Heymann geb. Henlein (1875 oder
1878), Hugo Katz (1900), Ludwig Katz (1896), Emma Kaufmann (1864), Karl Kaufmann
(1895), Paula Kötzer geb. Eschwege (1882), Bella Kronenberger geb. Kaufmann
(1887), Katerina (Kätchen) Landau geb. Wolf (1866), Minna Ledermann geb.
Marxheimer (1888), Sophie Levita geb. Adler (1877), Emmy Lewkowitz geb. Metzler
(1893), Ruth (Rachel) Lewkowitz (1924), Ferdinand Lichtenstein (1903), Toni
Lilienstein geb. Marxheimer (1890), Moritz Löwenberg (1874), Minna Mansbacher
geb. Weinberg (1890), Hugo Marxheimer (1896), Leopold (Leo) Marxheimer (1895),
Marx Marxheimer (1883), Ruth Marxheimer (1925), Thekla Marxheimer geb. Strauss
(1895), Adolf Roos (1879), Leopold Roos (1866), Agathe (Auguste) Rosenthal geb.
Ackermann (1903), Selma Schiff geb. Adler (1881), Lina Seelig geb. Metzger
(1895), Bienchen (Bina) Seligmann geb. Seemann (1863), Katharina (Kätchen)
Sender geb. Stern (1865), Amalie Emma Simon (1889), Samuel Stein (1858), Irma
Stern (1893), Sally Strauß (1897), Dina Strauß (1895), Isaak Strauß (1868),
Martha Vleeschhouwer geb. Kaufmann (1889), Thekla Voremberg geb. Heidingsfeld
(1868), Leo Waldeck (1888), Henny Wolf geb. Kahn (1882), Julius Wolf (1909),
Moritz Wolf (1870), Moritz Wolf (1873), Dina Zacharias geb. Kaufmann (1899),
Wilhelmine Ziemer geb. Waldeck (1885).
Aus Kemel sind umgekommen: Lili Appel geb. Strauß (1910), Frida Ernst
geb. Stern (1901), Elise Leopold geb. Ackermann (1867), Julius Stern (1910), Leo
Stern (1908), Max Stern (1862), Minna Stern geb. Strauß (1873), Moritz Stern
(1905), Sally Stern (1897), Alfred Strauß (1899), Berta Strauß geb. Klein
(1881).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeine
Beiträge zur jüdischen Geschichte von Bad Schwalbach
Über die jüdische Gemeinde in Bad Schwalbach und
dessen Bedeutung auch für jüdische Kurgäste (1870)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juni 1870: "Bad
Schwalbach
im Mai (1870). So weltbekannt unser Badeort ist, so heilbringend unsere
Quellen schon für so viele Tausende unserer Glaubensgenossen geworden, so
ist doch noch wenig über die hiesige jüdische Gemeinde in Ihr
geschätztes Blatt gedrungen.
Die 40 jüdischen Mitglieder fühlen sich recht glücklich in dem humanen
Ensemble mit der übrigen christlichen Einwohnerschaft, und man sollte
nicht glauben, dass auch hier einstens Druck geherrscht, der unsere
Voreltern zwang, 14 Schritt vom Brunnen entfernt zu bleiben, um Wasser zu
trinken; auch durften selbe das Wasser nicht selbst schöpfen. Nach einer
speziellen Verfügung des Landgrafen Ernst hatten die Juden daselbst ihren
eigenen Platz, der sogar durch eine Aufschrift bezeichnet war (Culturgeschichte
Dr. Genth’s, Schwalbachs Stadtleben im 17. Jahrhundert). Heute ist ein
Jude bei den Stadtverordneten, 4 bei der Bürgerrepräsentanz. Dieses Jahr
fungiert zum zweiten Male unser beliebter und humaner Kantor und Lehrer
Heidingsfeld am Aktienbadehause als Kassierer, und war der Direktor
dieser Anstalt, Herr Bürgermeister Phillippi so freundlich, am Schabbat
diesen Dienst selbst zu führen. – Dieses Etablissement, eine Zierde der
Stadt, war hier ein lang gefühltes Bedürfnis, denn oft mussten Fremde
8-14 Tage auf Bäder waren und konnten ihre Kur nicht beginnen, da das
obere Badehaus nicht genügte, dem großen Aufschwung unseres Badeortes
Rechnung zu tragen. Das Aktienbadehaus kostet 100.000 Gulden und bietet
mehr Komfort und mehr Bäder, und werde daher alte Besucher unseres Bades
angenehm überrascht sein, anstatt der Läden in der Kolonade Bäder
anzutreffen; aber noch mehr überraschen dürfte, gegenüber eine
Trinkhalle zu finden, die zu den schönsten in den Bädern Deutschlands
gezählt werden kann. Dieselbe wird dieser Tage vollendet. Das
Mineralwasser des erstgenannten Badehauses am Lindenbrunnen, soll nach
Analysen von berühmten Professor an Kraft der Gase, dem oberen gleich
sein, und erfreut sich daher auch dieses einer lebhaften Benützung. –
Weiter besteht hier eine Kurkommission, die den Zweck hat,
Verschönerungen zu treffen und überhaupt für Annehmlichkeiten der
Badegäste Sorge zu tragen und bedurfte es nur der Anregung von meiner
Seite, zu den 40 Zeitungen des Lesekabinetts, noch 2 jüdische Blätter
zuzufügen und liegen heute schon der Israelit und die Zeitung des
Judentums auf; eine Rücksicht, die unserem Direktor Herrn von Kössler
zur Ehre gereicht. Bei der Gründung eines Hospitals im vorigen Monat und
in einer Generalversammlung befragt, um die Stellung der verschiedenen
Religionen zu diesem, war der Vorstand sofort bereit, die Abänderung
eines Status vorzunehmen und heißt es darin: Hospital für alle
Konfessionen, und wird in diesem unserem Glauben insofern Rechnung
getragen sein, als eine jüdische Küche daselbst ist, und jüdische
Wärter darin fungieren. Fasst man alle diese Tatsachen zusammen, so
werden gewiss die Leser Ihres geschätzten Blattes es gerechtfertigt
finden, dass wir mit unseren Verhältnissen zufrieden sind. Möge uns Gott
weiter in diesem humanen Ensemble beschützen, da das für uns und unsere
6-700 jüdischen Badebesucher gewiss befriedigend und unseren Mitbürgern
zur Ehre und Vorteil gereicht. Gundersheim." |
Gemeindebeschreibung von Bad Schwalbach (1936!)
Artikel
im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom Juni
1936 S. 359-360: "Bad Schwalbach. Es ist das dritte der Westtaunusbäder
von Weltruf. 3000 Einwohner; schon 790 als Bauernhof erwähnt; seit dem
15. Jahrhundert Kurort mit etwa 1 Dutzend Quellen, worunter heute der
Weinbrunnen und der Stahlbrunnen die wichtigsten sind. 1583 schickt Dr.
Paul Luther, Sohn von Martin Luther, seinen Patienten Kurfürst August von
Sachsen hierher. Nach dem 30jährigen Krieg allmählich Luxusbad ersten
Ranges, heute hinter Wiesbaden zurückgeblieben.
- Judengemeinde von vor dem 30jährigen Krieg. Als die Bürger vor den
damals kriegsüblichen Räubereien in der Burg Hohenstein, ¾ Stunde
südwestlich Schwalbach, Schutz finden, werden die Juden zurückgewiesen.
Mit den Leibeigenen finden sie ein Waldversteck beim heutigen Judenborn.
Am späteren Aufstieg des Bades haben die wohlhabenderen Frankfurter und
Mainzer Juden starken Anteil, trotzdem war eine Synagoge vorhanden, aber
kein jüdischer Arzt zugelassen war. 1715 verbietet die Luxus- und
Kleiderordnung der Frankfurter Gemeinde bei Strafe des Bannes und einer
Buße von 100 Talern den Kuraufenthalt in Schwalbach vom 1.-9. Aw, weil
die Schwalbacher gute Küche die Frankfurter Feinschmecker zur
Übertretung der Vorschriften für ‚die 9 Täg’ verführte. Modernste
und teuerste Delikatesse waren damals allerdings selbst bei Fürsten ‚frische
Heringe’! In demselben Jahre 1715 wird die noch heute unveränderte ‚neue
Synagoge’ in der Erbsengasse eingeweiht. Die jüdischen Kurgäste
müssen einen besonderen Kursaal, den ‚Judensaal’, benutzen, der aber
auch von den Nichtjuden stark besucht wird, weil es dort amüsanter
zugeht, und die Judenmusikanten besser aufspielen und singen. Hervorragend
muss Isacher Süßkind, Vater von ‚Jud Süß’ Oppenheimer gewesen
sein, ‚ein herrlicher Diskantist, ein Tochtermann des berühmten Singers
R. Schmele Chafans (Anmerkung: soll natürlich Schmule Chasans heißen,
d.h. Rabbi Samuels, des Vorbeters), welcher diese einzige an Süßkind
verheiratete Tochter gehabt und sich zu Frankfurt aufgehalten und daselbst
gewohnt hat.’ (Jud Süß war also Enkel eines Frankfurter Chasans!). Ein
halbes Jahrhundert später R. Jacob aus Schwalbach, ein bedeutender
Gelehrter und Pentateuch-Erklärer, in Frankfurt (1776).
Eine Typusepidemie in Schwalbach (1813/14) fordert nicht ein einziges
jüdisches Opfer. Die Zeitgenossen führen das auf den reichlichen Genuss
von Zwiebeln und Knoblauch durch die Juden zurück und ahmen ihnen nach.
Um 1850 ist die Gemeinde einige Zeit Rabbinatssitz, einige Jahre hat sie
auch ein Lehrerseminar, das später nach Ems
verlegt wird. Schwalbach gehört seitdem, wie die meisten Gemeinden des
West-Taunus, zum Rabbinatsbezirk Wiesbaden. Die Gemeinde hatte um 1900
eine Höchstzahl von 160 Seelen, heute dürfte kaum noch die Hälfte
vorhanden sein. Parkhotel Roos (noch immer empfehlenswert) in der
Parkstraße.
Seit 1931 besitzt Schwalbach ein neues Kurhotel, von Wilhelm Kreis,
Dresden, einem Kind des Rheins und des Taunus, aus Eltville, erbaut, das
wohl in seiner Art einzig dasteht. Seit 1932 neue heizbare Wandelhalle mit
Konzertmuschel, worin die Weinbrunnenkonzerte bei schlechtem Wetter
stattfinden. In der Halle drei schön ausgestattete Kaufläden. Die Halle
ist mit dem Neuen Kurhotel, dem Stahlbadhaus und dem Weinbrunnen durch
einen gedeckten Gang verbunden. – Einige schöne Fachwerkbauten. ‚Stadt
Frankfurt’, Adolfstraße, mit besonders schönem Schnitzwerk. –
Schöne Spaziergänge: Villa Lilly mit sehenswertem Wildpark 1 ¼ Stunden.
– Zur Waldwiese ‚Eberderunner’ 1 Stunde nach Adolfeck mit
Römerkastell, Pfahlgräben, Römertürmen usw. 1 Stunde und anderes
mehr." |
Ortsbeschreibung zu Schlangenbad (1936!)
Artikel
im Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt vom Juni 1936:
"Schlangenbad, 500 Einwohner; seit 300 Jahren als Badeort
bekannt; 10 Heilquellen. Immer nur wenige Judenfamilien, 2-3, die zu Bad
Schwalbach gehörten. Lange Zeit im 18. Jahrhundert Abenteurer-Treffpunkt,
da sie durch einen die nassauisch-kurmainzische Grenze überschreitenden Galeriegang
etwaigen Fahndungen leicht entwischen konnten! Später, von 1800 an etwa,
zahlreiche jüdische Kurgäste, jüdische Spielbank-Besitzer, jüdische Unterhaltungskapellen.
Zu den ersteren gehörten als Stammgäste Giacomo Meyerbeer und
Jenny Lind*, die von Bismarck hochgeschätzte 'schwedische Nachtigall' (zu
jener Zeit war Schlangenbader Wasser das modernste Hauptpflegemittel in
Paris, Moskau, Wien!) Unter den Kapellen war die beliebteste die des
streng orthodox lebenden Hähnle Hachenburger, dessen ebenso toratreuer Sohn und Nachfolger Herz später als 'Hofmusikus Herz' eine
führende Rolle im Darmstädter Musikleben spielte und als erster
jüdischer Kapellmeister moderner Art mit seinem 36 Mann starken Orchester
Konzertreisen bis nach Köln und Amsterdam unternahm. Er schrieb die
damals im Hessenlande üblichen Synagogenmelodien nieder. - Schöne
Ausflüge nach Hausen v.d. Höhe, nach dem berühmten Weinort Rauenthal,
nach Georgenborn. - Von Schlangenbad in zwei Stunden (roter Punkt), aber
auch von der Hohen Wurzel direkt über Restaurant 'Schanze' in 1 3/4
Stunden, beide Wege durch stillen, prächtigen Hochwald, nach Bad
Schwalbach." |
*Anmerkung des Webmasters: die Sängerin
Jenny Lind war selbst nicht jüdischer Herkunft, jedoch mit dem aus einer
jüdischen Familien stammenden Otto Goldschmidt verheiratet. |
Aus der
Geschichte des Rabbinates in Langenschwalbach
Neue Rabbinatsbezirkseinteilung (1843)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. August 1843:
"Wiesbaden,
im August (1843). Vor einigen Tagen hat unsere hohe Landesregierung die
Rabbinats-Bezirks-Einteilung geordnet, und die Theologen für dieselben
bestimmt. Nämlich: 1) die jüdischen Gemeinden in den Amtsbezirken
Wiesbaden, Rüdesheim, Eltville, Hochheim, Höchst, Königstein und
Idstein sind hinsichtlich der Konfirmation, Religions-Schul-Visitation und
zur Hälfte auch der Kopulationen dem Dr. Höchstädter übertragen,
hinsichtlich der anderen Hälfte der Kopulationen dem früheren
Privatrabbinen Igstädter; 2) Diez, Limburg, Hadamar, Montabaur, Wallmerod,
Selters und Hachenburg dem Dr. Wormser; 3) Weilburg, Runkel, Mennerod,
Herborn und Usingen dem Dr. Süßkind; 4) Langenschwalbach, Wehen,
Nastätten, St. Goarshausen, Nassau und Braubach dem vormaligen
Landrabbinen S. Wormser mit einem Substituten für die jährlichen
Konfirmationen und Schulvisitationen." |
Beiträge von Rabbiner Dr. Benjamin Hochstädter
(1847-1851)
Bericht
über die Bezirkskonferenzen
1845-1847 (der Lehrer) im Rabbinatsbezirk
Langenschwalbach unter Rabbiner
Dr. Hochstädter
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des
Judentums" vom 4. Juli 1847; bei Interesse
bitte Textabbildungen anklicken. |
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Veränderungen
im Synagogen- und
jüdischem Schulwesen auf Grund des Engagements von Rabbiner
Dr. Höchstädter (1847)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des
Judentums" vom 4. Oktober 1847; bei
Interesse bitte Textabbildungen anklicken. |
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Zum Tod des Landrabbiners Samuel Salomon Wormser (1858)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Mai 1858: (abgekürzt,
teilweise freier zitiert) "Vom
Rhein, im April 1858. In unserer an echter Frömmigkeit und
talmudischer Gelehrsamkeit so armen Zeit ist der Verlust großer Männer
doppelt schmerzlich... Einen wehmütigen Nachruf verdient
wohl mit Recht der leider am 30. März laufenden Jahres zu Hadamar im
Herzogtum Nassau erfolgte rasche Hintritt des ehrwürdigen Landrabbiners
Herrn Samuel Salomon Wormser von Langenschwalbach, welcher deshalb die
ganze Gemeinde tief erschütterte und das schöne Fest (Chag,
gemeint hier das Pessachfest, an dem Rabbiner Wormser starb) zur
Trauer (Ewal) ihr umwandelte.
Einer berühmten Rabbinerfamilie entstammend und jüngster Sohn des
Oberrabbiners zu Fulda (geb. am 17. Januar 1770), entfaltete er in noch
sehr jugendlichem Alter große, durch seltene Geistesgaben geförderte
talmudische Gelehrsamkeit, was seine zahlreichen Diplome von Fürth,
Mannheim, Bonn, Frankfurt und von anderen Orten beurkunden. Schon vom
Jahre 1804 an, wo er sich nach Limburg an der Lahn verheiratete, fungierte
er als Rabbiner in wichtigen Angelegenheiten; jedoch erst mit dem Jahre
1811 wurde er definitiv mit allen Ehren und Würden staatlich als
Landrabbiner der Grafschaft Katzenellenboden angestellt und zwar mit dem
anfänglichen Wohnsitz zu Nastätten
und dann zu Langenschwalbach. Am letztgenannten Badeorte hatte der verklärte
Nestor bis zu seiner auf seinen Antrag im Jahre 1848 wegen Ablebens seiner
Frau erfolgte Pensionierung segensreich gewirkt. Von dieser Zeit an lebte
er an den Wohnorten seines einzigen Sohnes, des zu Hadamar wohnenden
Bezirksrabbiners Dr. Wormser, welcher die höchste Freude seines Mannes-
und Greisenalters war. Bis zu seinem letzten Lebenstage Erew
Pessach (Vortag des Pessachfestes) – an welchem er großer Schwäche
wegen das Bett nicht verlassen konnte – heiter, gesund und im vollen
Besitze seiner eminenten Geisteskräfte und sich fortwährend mit Tora
und Gebet beschäftigend: 'sein Auge war nicht getrübt und seine
Säfte nicht geschwunden' (5. Mose 34,7), blieb auch sein Aussehen
jugendlich frisch und sein herrliches Auge verdunkelte sich nicht eher,
als bis um Mitternacht – Leil Erew
Pessach (Nacht vor dem Pessachfest) es sich auf ewig schloss! Ach,
dieser Trauerfall, obgleich als eine gute Heimkehr und mit einem Kuss
durch den Mund Gottes erfolgt, kam immer noch zu früh, und sehr lange
noch wird diese seltene patriarchalische Erscheinung nah und fern vermisst
werden. Denn nicht nur beklagen wir in dem Verklärten eine unersetzliche
Zeder in dem sehr gelichteten Libanon des alten Judentums, als vielmehr
einen Charakter, der heutigen Tages wohl schwerlich wieder zu finden sein
dürfte. Streng orthodox übte er seine religiösen Pflichten sowie
alle Tugenden und namentlich Gerechtigkeit nur im Verborgenen; er war dabei als großer
Menschenkenner leutselig und liebenswürdig, schonend gegen alle Menschen,
die er eben dadurch zur Gottesfurcht und Tugend hinzuleiten verstand. Das
'und viele brachte er von Sünde zurück' (Maleachi 2,6) fand im vollsten
Sinne des Wortes auf diesen treuen Hirten seine Anwendung, der gleich
seinem berühmte Bruder HaRaw HaGaon Raw Sekel - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen - in Fulda stets in bescheidener
Zurückgezogenheit gewirkt hatte. Sein überaus zahlreich besuchtes
Leichenbegängnis fand am ersten Tage der Halbfeiertage, den 1.
April statt, und sprach der Sohn des Verewigten tief ergreifende, von
Tränen fast erstickte Worte. – ... Auf dem Friedhofe angelangt,
sprach derselbe noch einiges über Verse 22 und 23 des 9. Kapitels in
Jeremias, um den Lebenswandel des verklärten Frommen zur Nachahmung
anzuempfehlen und schloss mit einem Gebet – auf dass Seine Seele sich
freuen möge eines ewigen Glückseligkeit im Lande des ewigen Lebens. 'Aber
die Verständigen werden glänzen wie der Glanz des Himmels, und die,
welche viele zur Gerechtigkeit führten, wie die Sterne, immer und ewig'
(Daniel 12,3).
Ja, Dein Gedächtnis lebt in Segen
Bei der Mit- und Nachwelt freudig fort.
Überall tritt uns Dein Bild entgegen,
Allen warst Du ja sein sichrer Hort." |
Anmerkung: Bei dem im Bericht genannten
Sohn von Samuel Salomon Wormser, dem "Bezirksrabbiner Dr.
Wormser" handelt es sich um Dr. S. Salomon Wormser (geboren 1814). Er
hatte in Bonn studiert und 1838 mit "summa cum laude"
promoviert. Ab 1839 war er als Religionslehrer in Schwalbach tätig und
unterstützte dabei auch seinen Vater (vgl. unten den Bericht über den
Trauergottesdienst in der Synagoge von 1839). Dr. Wormser war sehr
reformfreudig, kam dabei jedoch in Konflikt mit der Gemeinde, die 1842
sogar eine Entlassung als Religionslehrer forderte. Wormser war seit 1843
Bezirksrabbiner in Diez (vgl. oben die
Rabbinatseinteilung von 1843, worin Dr. Wormser genannt wird), seit 1852
in Hadamar. |
Zum Emeritierung von Dr. Benjamin Hochstädter als Rabbiner von
Bad Ems, zuvor Heddernheim und Langenschwalbach (1886)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. November 1886:
"Frankfurt,
3. November (1886). Der seit kurzem emeritierte Emser Bezirksrabbiner Herr
Dr. Höchstädter, welcher jetzt hier wohnt, erhielt von der königlichen
Regierung das nachfolgende Schreiben: Wiesbaden, den 4. Oktober 1886.
Eurer Wohlgeboren haben sich in Folge Ihres hohen Alters veranlasst
gefunden, aus Ihrem Amte als Bezirksrabbiner des Rabbinatsbezirkes Ems
auszuscheiden. Beinahe 50 Jahre haben Euer Wohlgeboren im Interesse der
Israeliten des mir unterstellten Verwaltungsbezirkes gewirkt, und nachdem
Sie zunächst längere Jahre als Religionslehrer und Prediger der
Kultusgemeinden in Heddernheim und
Langenschwalbach tätig waren, noch 35
Jahre lang das Amt eines Bezirksrabbiners bekleidet. Ich darf Ihr
Ausscheiden aus dem Dienste nicht vorübergehen lassen, ohne Ihnen namens
der königlichen Staatregierung besonderen Dank und Anerkennung für Ihre
segensreiche Wirksamkeit auszusprechen! Der Königliche
Regierungspräsident von Wurmb." |
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1870 und 1898 (nur für Feiertage) sowie 1900
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1870: "Die
Gemeinde Bad Schwalbach sucht für die Dauer der bevorstehenden Festtage
einen mit den nötigen Kenntnissen versehenen Vorbeter. Meldungen werden
entgegen genommen von dem Vorsteher J. Stern." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. August 1898: "Vorbeter
gesucht.
Da unser Lehrer und Vorbeter zur Zeit unwohl ist, so suchen wir
für Rosch Haschono und Jom Kipur einen Vorbeter und Bal Tokea.
Geeignete Bewerber wollen sich gefälligst baldigst an den Vorstand unter
Angabe der Ansprüche melden.
Der Kultusvorstand.
I.A.: E. Hamburger,
Langenschwalbach." |
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Im Jahr 1900 wurde die Stelle zugleich in
der liberalen "Allgemeinen Zeitung des Judentums" wie auch in
der konservativ-orthodoxen Zeitschrift "Der Israelit"
ausgeschrieben: |
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. August 1900:
"Die israelitische Kultusgemeinde Bad Langenschwalbach, Kreis
Untertaunus, sucht einen tüchtigen Religionslehrer und Kantor,
welcher auch zugleich die Befähigung zum Schächten hat. Anfangsgehalt
1000 Mark nebst freier Wohnung und Akzidenzien. Portofreie Meldungen unter
Beifügung der Zeugnisabschriften sind an den Kultusvorstand zu
richten.
Emanuel Hamburger, Vorsteher." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1900: "Die
israelitische Kultusgemeinde Bad Langenschwalbach, Kreis Untertaunus,
sucht einen tüchtigen Religionslehrer und Kantor, welcher auch
zugleich die Befähigung zum Schächten hat. Anfangsgehalt 1000 Mark nebst
freier Wohnung und Akzidenzien. Portofreie Meldungen unter Beifügung der
Zeugnisabschriften sind an den Kultusvorstand zu richten.
Emanuel Hamburger, Vorsteher." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. August 1900:
"Die Kultusgemeinde zu Langenschwalbach Kreis Untertaunus, sucht für
kommenden Rosch Haschana (Neujahrsfest) und Jom Kippur einen
Vorbeter, welcher zugleich Baal Tokea (Schofarbläser) sein
muss. Offerten mit Gehaltsanspruch sind baldigst an den Vorstand
einzureichen.
Emanuel Hamburger, Vorsteher." |
25-jähriges Jubiläum von Religionslehrer und Kantor
Raphael Greif (1896)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. März 1896: "Langenschwalbach,
24. Februar (1896). Am 23. dieses Monats beging der Religionslehrer und
Kantor der hiesigen israelitischen Kultusgemeinde, Herr Raphael Greif,
sein 25jähriges Jubiläum. Reiche Gaben und sinnige Geschenke der
Gemeinde, früherer und gegenwärtiger Schüler, sowie viele
Aufmerksamkeiten auch über den Rahmen der Gemeinde hinaus, von Freunden
und Verehrern aus der nichtjüdischen Bevölkerung zeigten dem Jubilar,
welche Achtung er sich im laufe seiner hiesigen Wirksamkeit erworben
hatte. Den Mittelpunkt der Feier bildete das Bankett, das die Gemeinde im
schön gelegenen ‚Hotel de Paris’ veranstaltete. Zur Verherrlichung
des Festes trug durch seine Anwesenheit auch der Landrat des Kreises, Herr
von Köller, bei. Nach einem von einer früheren Schülerin gesprochenen
sinnigen Prolog ergriff Herr Bezirksrabbiner Dr. Silberstein aus Wiesbaden
das Wort, um, einem ehrenvollen Auftrage der königlichen Regierung
gemäß, dem Jubilar das Beglückwünschungsschreiben des Herrn
Regierungs-Präsidenten nach einer längeren, die Verdienste des Jubilars
würdigenden Ansprache zu überreichen. Hieran schloss sich ein
allerliebstes Bild. Drei Enkelinnen des Jubilars, die Vergangenheit,
Gegenwart und Zukunft darstellend, überreichten dem Gefeierten unter
sinnigen Versen Gaben, die dem Charakter ihrer Rolle entsprachen. Den
Reigen der Toaste eröffnete Herr Dr. Silberstein mit einem Trinkspruch
auf den Kaiser, dem die Versammlung begeistert zustimmte; Herr Henlein
weihte in längerer Ausführung dem um die Gemeinde verdienten Jubilar
sein Glas. Dieser selbst gab den Gefühlen, die ihn bewegten, in längerer
Ansprache beredten Ausdruck und trank auf das Wohl Aller, die ihm diesen
schönen Tag bereitet haben." |
Zum Tod von Röschen Spier, Mutter von Lehrer Spier (1902)
Im Jahr nach dem Dienstantritt von Lehrer Spier in Bad
Schwalbach, starb seine Mutter in Mansbach. Davon berichtet der nachfolgende
Artikel.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. August 1902: "Mansbach
(Regierungsbezirk Kassel). Eine herrliche, edle Frau, eine Esches
Chajil (wackere Frau) in des Wortes weitgehendster Bedeutung, Frau
Röschen Spier, Gattin des Herrn Wolf Spier, hier, ist nicht mehr. Am
Freitag Erew Schabbos Chasan (= Freitag, 8. August 1902) hauchte
sie ihre reine Seele aus. Welche Liebe und Verehrung sie in allen
Schichten der Bevölkerung genoss, davon legte die Sonntag stattgefundene
Beerdigung beredtes Zeugnis ab. Von Fern und Nah - Juden und eine große
Anzahl Christen - waren sie herbeigeeilt, um der Verstorbenen die letzte
Ehre zu erweisen. Im Trauerhause schilderte in beredter Weise Herr Lehrer
Strauß die trefflichen Eigenschaften und vielen Tugenden der
Dahingeschiedenen. Auf dem Friedhofe widmete der älteste Sohn, Herr
Lehrer Spier aus Groß-Zimmern,
schmerzlich bewegt in tief ergreifenden Worten seiner Mutter einen zu
Herzen gehenden Nachruf. Wohl kein Auge blieb tränenleer, als er Abschied
von der Mutter nahm, gelobend, in ihrem Geiste zu wirken und zu leben.
Einen innigen Abschiedsgruß rief auch der zweite Sohn, Herr Lehrer
Spier aus Bad Schwalbach, der Verklärten zu. M.M. aus
F." |
Verbesserungen für den Ruhegehalt des Lehrers (1908)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. September
1908: "Oberlahnstein. Dem
Beispiele der meisten Gemeinden im ehemaligen Herzogtum Nassau folgend,
kaufte nunmehr auch unsere Kultusgemeinde die hiesige jüdische
Lehrerstelle in die Ruhegehaltskasse der Kommunalbeamten des
Regierungsbezirks Wiesbaden ein. - Diese erfreuliche Tatsache ist auch von
den Gemeinden Herborn und Langenschwalbach
zu berichten. - Vivat sequentes!" |
25-jährige Amtstätigkeit von Lehrer Levi Spier (1926)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. April 1926: "Langenschwalbach,
23. März (1926). Am 7. März war es unserem allverehrten Herrn Lehrer
Spier vergönnt, auf eine 25jährige segensreiche Amtstätigkeit innerhalb
unserer Gemeinde zurückzublicken. Mit Einsatz seiner ganzen Kraft war
Herr Spier während dieser Zeit bemüht, die in unserer Gemeinde von
altersher geheiligten, nach strengem Tauroh-(Tora-) Gesichtspunkte
geführten Institutionen von Gottesdienst, Schule und Schechita
hochzuhalten und weiter auszubauen. In schöner Weise hat die von diesem Gottesfürchtigen
ausgestreute Saat Früchte getragen, welche die mühevolle Arbeit eines in
Landgemeinden tätigen Lehrers reichlich entlohnte. Eine stattliche Anzahl
seiner Schüler, die, an dem leuchtenden Vorbild ihres Meisters sich
erhebend, dem wahren überlieferten Judentum die Treue bewahrten,
bekleiden heute in vielen Gemeinden unseres Vaterlandes führende Ämter
innerhalb des konservativen jüdischen Lebens: der Sohn des Jubilars ist
vor wenigen Wochen als Direktor an die Talmud-Tora-Schule nach Hamburg
berufen worden.
Die allseitige Liebe und Verehrung, welche Herr Spier sich in unserer
Gemeinde wie in den zahlreichen Filialgemeinden erworben, fand beredten
Ausdruck in dem am Sonntagnachmittag stattgefundenen Gottesdienst, zu dem
viele Nachbarkollegen und auswärtige Freunde erschienen waren. Unter den
Klängen von Baruch Haba betrat der Jubilar, geführt vom
Gemeindevorstand, die festlich geschmückte Synagoge. Eine Reihe von
Vertretern verschiedener Korporationen brachten darauf Herrn Spier ihre
Glückwünsche entgegen und hoben die gewaltige Arbeit und Pflichttreue in
lobender Anerkennung hervor. Im Namen der Gemeinde sprachen die Herren
Vorsteher L. Roos und Dr. Lazarus, Wiesbaden. Für den Lehrerverein im
ehemaligen Herzogtum Nassau überreichte Herr E. Capell, Wiesbaden, eine
kunstvoll ausgeführte Adresse. Auch der Rabbiner der Altisraelitischen
Kultusgemeinde Wiesbaden, Herr Dr. Ansbacher, hatte als Freund des
Jubilars es sich nicht nehmen lassen, persönlich seine Glückwünsche zu
überbringen. Nach einer zündenden Ansprache verlieh er Herrn Spier den
Chawer-Titel, eine Ehrung, welche dem Jubilar ganz besondere Freude
bereitete. Zum Schluss dankte Herr Vorsteher Julius Katz, Wiesbaden, für
die Dienste, welche Herr Spier vertretungsweise der Altisraelitischen
Kultusgemeinde geleistet hatte; gleichzeitig sprach er im Namen der
früheren Schüler. Nach Gesang dankte der Jubilar voll tiefer
Ergriffenheit für die ihm erwiesene Ehrung, dabei seine Absicht
kundgebend, weiterhin auf seinem Posten im Dienste seiner Gemeinde für
Tauroh-Judentum wirken zu wollen. In gehobener Festesstimmung wurde darauf
das Minchagebet verrichtet. Die Ausführung des kantoralen Teiles hatte
der Nachbarkollegen, Herr M. Hes, Wiesbaden, übernommen. Ein Festessen im
hause des Jubilars hielt die Hauptteilnehmer noch lange bei frohester
Stimmung beisammen. (Alles Gute) bis 120 Jahre!" |
Anmerkung: der im Texte genannte
"Sohn von Levi Spier" war Dr. Arthur Spier (1898-1985),
der seit 1926 als Studienassessor, später Direktor der Hamburger
Talmud-Tora-Schule wirkte. Über das Leben und die Bedeutung Dr. Arthur
Spier: Link zu englischer
Seite; bei hagalil.com Seite
über die Talmud-Tora-Schule Hamburg; Literatur: Ursula Randt, Die
Talmud Tora Schule in Hamburg, München – Hamburg 2005. |
Beim Jubiläum von Lehrer Spier hielt Bezirksrabbiner
Dr. Lazarus die Festrede (1926)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1926:
"Langenschwalbach, 13. April (1926). Zu dem Bericht in der
jüngsten Nummer über das Amtsjubiläum des Herrn Lehrer Spier teilt
uns der Berichterstatter ergänzend mit, dass Herr Dr. Lazarus in
seiner Eigenschaft als Bezirksrabbiner von Wiesbaden
(Langenschwalbach gehört dem Bezirksrabbinate Wiesbaden an) die Festrede
gehalten hat." |
Zum 60. Geburtstag von Lehrer Levi Spier (1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. August 1929: "Bad
Schwalbach, 29. Juli (1929). Am 27. Tamus (Sonntag, 4. August) begeht Herr
Lehrer L. Spier in geistiger und körperlicher Frische seinen 60.
Geburtstag. In mehr als 28 Jahren ist er mit dem Leben unserer Gemeinde
als ihr begeisterter Lehrer und kraftvoller Führer aufs innigste
verwachsen. Die reichen Erfolge seines Wirkens im Dienste unserer
Gemeinschaft, die er durch Heranbildung einer echt jüdischen Jugend zum
Mittelpunkt und Bollwerk jüdischen Lebens gemacht hat, verdankt er ebenso
seinem unendlichen Schaffensdrang wie dem Zauber seiner Persönlichkeit.
In weiten Kreisen der jüdischen und nichtjüdischen Umwelt erfreut er
sich größter Beliebtheit und tiefster Verehrung. Möge er noch recht
lange Jahre die Befriedigung seines noch immer drängenden Schaffenseifers
erleben und die Früchte seiner Werke genießen." |
Zum Tod von Lehrer Levi Spier (1938)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1938: "Bad
Schwalbach, 26. August 1938. Die hiesige im Abnehmen begriffene Kehilloh
(Gemeinde) hat leider ein Stück ihrer Geschichte verloren mit dem Ableben
des Hauptlehrers Z. Spier. Spier war von aufrichtiger Gottesfurcht und
Liebe zur Tora erfüllt und wirkte einschließlich der früheren
Wirkungskreise ein halbes Jahrhundert im Berufe als Vorbeter. Ob es galt,
am Omud seine Kehilloh zur Kewonoh anzueifern, mit Kindern und Erwachsenen
zu lernen, oder seine Gemeinde zu betreuen, er war immer mit gleicher
Liebe und Hingabe bei der Sache. Mancher seiner Schüler, heute in der
Ferne weilend, denkt noch dankbar des väterlichen Freundes seiner Jugend.
Lehrer Spiers unerschütterliche Toraliebe und Toratreue war es auch vor
Allem zu danken, dass unsere Gemeinde die Traditionen einer gesetzestreuen
Kehilloh bis heute bewahrte, und sein Andenken wird für immer zum Segen
bleiben. Am Grabe sprachen Herr Rabbiner Dr. Lazarus, Wiesbaden, Lehrer
Capell im Namen des Lehrervereins Hessen-Nassau und Herr Roos für die
Gemeinde. Im Laufe des Schiw’oh (‚Trauersitzen’ in der Woche nach
dem Tod) entwarf Herr Rabbiner Dr. Ansbacher, Wiesbaden, ein
lebensgetreues Bild des Entschlafenen. Seine Seele sei eingebunden in
den Bund des Lebens." |
Gründung des Lehrerseminars in Langenschwalbach
(1848)
Die "Lehranstalt zur
Ausbildung künftiger israelitischer Religionslehrer und Vorsänger"
bestand von 1848 bis 1851 in Langenschwalbach. Sie wurde durch den
Bezirksrabbiner Dr. Hochstädter geleitet.
Nachstehend findet sich die öffentliche Bekanntmachung des neuen
Lehrerseminars und nähere Informationen zum Lehrplan usw. (Artikel in der
"Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. April
1848):
Der Text wird nicht ausgeschrieben - bei Interesse bitte
anklicken. |
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Über den Unterricht im israelitischen
Religionslehrerseminar in Langenschwalbach im Sommersemester 1849 (1849)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. August 1849:
Der Artikel wird nicht ausgeschrieben - bei Interesse bitte die
Textabbildungen anklicken |
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Artikel von Bezirksrabbiner Dr. Hochstädter über die Anstalt zur Ausbildung
israelitischer Religionslehrer und Vorsänger im Herzogtum Nassau
(1850)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. November
1850:
Der Artikel wird nicht ausgeschrieben - bei Interesse bitte die
Textabbildungen anklicken. |
Fortsetzung in der
"Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. November 1850: |
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Über
den "Deutsch-Israelitischen Kinderhort" in Langenschwalbach (Sitz
des Vereins in Limburg an der Lahn)
Jahresbericht des "Deutsch-Israelitischen Kinderhorts" in
Langenschwalbach (1900/01)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Oktober 1901:
"Limburg a.L., im Oktober (1901). Der 'Deutsch-Israelitische
Kinderhort' versendet seinen Jahresbericht. Am 9. vorigen Monats (= 9.
September 1901) hat derselbe seine Heilstätte zu Bad Schwalbach
geschlossen. Im Vorjahre waren 41 Pfleglinge in Pflege, in diesem Jahre
92. Aber trotz dieser erhöhten Wirksamkeit konnte der Verein nicht allen
Aufnahmesuchenden willfahren. Eine erhebliche Zahl, die schon in diesem
Jahre einer Pflege dringen bedurften, haben wir für das nächste Jahr
vormerken müssen. Die 92 Pfleglinge verteilen sich auf die Heilstätte zu
Bad Langenschwalbach und das Ferienheim zu Neubrandenburg. Dem Berufe nach
waren vertreten: Arbeiterinnen 2, Buchhalterinnen 4, Hausfrauen ohne
besonderen Beruf 16, Händlerinnen 2, Kunstschülerinnen 2, Köchinnen 3,
Lehrerinnen 7, Modistinnen 4, Schneiderinnen 14, Verkäuferinnen 6. Ohne
Beruf waren 32, darunter in Folge von Krankheit 10. Dem schulpflichtigen
Alter gehörten 22 Kinder (17 Mädchen, 5 Knaben an. 37 waren im Alter von
14-20 Jahren und 33 waren älter als 20 Jahre. Ausgegeben wurden in 2668
Verpflegungstagen 8381,57 Mark. Die Verpflegungskosten betrugen pro Kopf
und Tag 3,14 Mark. Ein Teil der Pfleglinge war in einem so schwächlichen
Zustande eingekehrt, dass derselbe zunächst 8-12 Tage das Bett hüten
musste. In diesen Fällen wurde die Pflege um 8-14 Tage verlängert. Der
Vorstand wendet sich nun an alle Menschenfreunde mit der Bitte um Hilfe,
damit er ein Grundstück erwerben könne, das allen sanitären
Anforderungen genügt. Wenn vieler Herzen und Hände sich regen, dann wird
die Heilstätte des Deutsch-Israelitischen Kinderhorts im kommenden Jahre
ihre Tore weit auftun können. Der Vorstand des Deutsch-Israelitischen
Kinderhorts besteht aus den Herren: A.M. Behrendi - Jena, Kaufmann; S.
Fränkel - Bamberg, Lehrer; S. Hamburg -
Volkmarsen, Kaufmann; Dr. Ferd.
Hausmann - Straßburg, Elsaß, Arzt; H. Hirsch - Kirtorf, Kaufmann; W.
Kronheim - Fraustadt, Kaufmann; S. Lomnitz - Limburg a.
L.; Jos. Marcus,
Burgsteinfurt, Fabrikant; Th. Müllerheim - Neubrandenburg, Kaufmann; L.
Nußbaum - Bocholt, Lehrer; M. Ostermann, Bochum, Lehrer; Dr. H. Picard - Lauterburg, Elsaß, Arzt; M. Niclas -
Limburg, Kaufmann; Leopold Sternberg
- Limburg, Kaufmann; B. Strauß - Gensingen, Lehrer; Gustav Westheimer -
Grünstadt, Stadtrat." |
Jahresbericht des "Deutsch-israelitischen
Kinderhorts" in Langenschwalbach (1901/02)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 23. Dezember 1902: "Limburg an der Lahn. Dem Jahresbericht
des 'Deutsch-Israelitischen Kinderhort' zu Limburg an der Lahn (pro
1901/1902) entnehmen wir:
Der '*Deutsch-Israelitische Kinderhort Limburg an der Lahn' unterhält zu Bad
Schwalbach eine Heilstätte für blutarme, bleichsüchtige und
erholungsbedürftige Frauen und Mädchen; zu Neubrandenburg ein Ferienheim
für schwächliche und abgezehrte Knaben. Ferner bezweckt er,
kurbedürftigen Kindern den Besuch des vom Arzte vorgeschriebenen Kurortes
zu ermöglichen. Während wir nun in den Vorjahren auch diesem Zwecke, den
wir keineswegs als einen Nebenzweck ansehen, die nötigen Mittel zuführen
konnten, war uns dies im abgelaufenen Berichtsjahre leider nicht möglich;
denn auch uns hat die Ungunst der Zeit- und Erwerbsverhältnisse eine
erhebliche Mindereinnahme gebracht, wo wir bisher ohnedies mit
beschränkten Mitteln zu rechnen hatten.
Eine weitere, noch weniger erfreuliche Folge dieser ungünstigen
Erwerbsverhältnisse war die überaus große Zahl der bei uns
Hilfesuchenden, die sich zum Teil auch daraus erklären lässt, dass
unsere Heilstätte zu Bad Schwalbach bei unseren armen, hilfsbedürftigen
Glaubensgenossen sich einer Wertschätzung erfreut, wie sie keiner zweiten
Anstalt zuteil wird.
In diesem Jahre wurde unsere Heilstätte von 77 Pfleglingen, selbst aus
den entferntesten Teilen unseres weiten Vaterlandes, besucht, und zwar von
9 Frauen, 64 Mädchen und 4 Knaben, darunter 17 Pfleglinge des Vorjahres.
9 gehörten dem schulpflichtigen Alter an, 18 waren zwischen 14 und 20
Jahre alt, 30 (7 Frauen und 23 Mädchen) zählten 20 bis 30 Jahre und 19
waren älter als 30 Jahre.
In 2464 Verpflegungstagen wurden 994 Stahlbäder, zum Teil mit Malzzusätzen,
verabreicht, und es wurde täglich dreimal Wein- der Stahlbrunnen
getrunken. - Ausgegeben wurden Mark 0.016,40. Die Verpflegungskosten
betragen pro Kopf und Tag 3.65 Mark." |
Kleine Mitteilungen
Dr. Albert Cohn aus Paris zum Aufenthalt ist zur
Kur in Bad Schwalbach (1863)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Juli 1863: "Bad
Langenschwalbach, den 9. Juli (1863). Sie haben in der jüngsten Nr. Ihres
geschätzten Blattes von dem kurzen Aufenthalt des Dir Moses Montefiore in
Kreuznach berichtet; es wird Ihnen daher nicht uninteressant sein zu
vernehmen, dass unser Kurort eine nicht minder berühmte Persönlichkeit
schon seit einiger Zeit beherbergt. Herr Dr. Albert Cohn aus Paris weilt
nämlich bereits einige Wochen mit seiner Gattin hier. Sein schlichtes,
einfaches, offenes Wesen, seine Liebenswürdigkeit, sein freundliches
Entgegenkommen gegen Jedermann, sowie seine bekannte Freigebigkeit, haben
ihm die Herzen aller Derjenigen gewonnen, die die Gelegenheit hatten, ihn
näher kennen zu lernen. Wie wir hören, beabsichtigte derselbe dieses
Jahr wieder eine Reise nach Palästina zu unternehmen, wurde aber durch
ein kleines Unwohlsein daran verhindert. Möchten ihm die hiesigen Quellen
die gewünschte Stärkung bringen, auf dass es diesem herrlichen Manne
noch lange Jahre vergönnte sei, so Großes für Juden und Judentum wie
bisher zu leisten. Herr Albert Cohn hat seine Reise nach Palästina
indessen nicht aufgegeben, gedenkt sie vielmehr nach wieder vollkommen
gestärkter Gesundheit, wenn auch vielleicht nicht mehr in diesem Jahre,
anzutreten. Derselbe wird sich alsdann an Ort und Stelle wohl selbst
überzeugen, ob das Kolonisationsprojekt schon an der Zeit, und da man dem
bewährten Urteile dieses edlen Mannes wohl vertrauen darf, so darf man
jetzt schon gespannt sein, wie dasselbe ausfallen wird. Bis dahin wir wohl
auch nichts Entscheidendes in dieser Angelegenheit geschehen
können." |
Anmerkung: zu Dr. Albert Cohn (1814-1877)
siehe Artikel
in The JewishEncyclopedia.com |
Die Kaiserin von Russland zu Besuch in Bad
Schwalbach (1864)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. August 1864: "Eltville
(Nassau), den 26. Juli (1864). Ihre Majestät, die Kaiserin von Russland,
welche gegenwärtig in Bad Schwalbach weilt, beehrte heute unseren
Glaubensgenossen, den Gutsbesitzer Herr Adolph Marx, mit Allerhöchstihrem
Besuche." |
Der Bezirksrabbiner klagt ein altes Recht ein (1905)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. Mau 1905:
"Langenschwalbach, 19. Mai (1905). Gerichtsentscheidung
bezüglich Trauungsgeböhren. Heute wurde am hiesigen Amtsgerichte eine
Entscheidung gefällt, die weite jüdische Kreise des ehemaligen
Herzogtums Nassau interessieren dürfte. Ein junger Metzger von hier ließ
sich vor einiger Zeit in einem hiesigen jüdischen Hotel von dem Rabbiner
Herrn Dr. Kahn in Wiesbaden trauen. Der Bezirksrabbiner Herr Dr.
Silberstein - Wiesbaden stützte sich auf eine alte nassauische
Verfügung, dass nur der Bezirksrabbiner die Trauungen in seinem Bezirke
vornehmen darf und klagte auf Zahlung von Mark 12, obwohl er selbst die
Trauung nicht vollzogen hatte. Der Vertreter des Beklagten verweigert in
dem zweiten Termine die Zahlung aus den Gründen, weil der Kläger nichts
geleistet, auch keine Zahlung beanspruchen könne und die nassauische
Verfügung durch die Einführung der Zivilehe aufgehoben sei. In dem
heutigen Termin wurde folgendes Urteil verkündet: Die Klage wird
abgewiesen und der Kläger in die Kosten
verurteilt." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod von Simon May in Hamburg (1866)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Dezember 1866: "Bad
Schwalbach, 24. November (1866). Überrascht und schmerzlich berührt hat
uns die Trauerkunde von dem Ableben des nun in Gott ruhenden Herrn Simon
May in Hamburg. Auch hier in Bad Schwalbach hat sich der werte Verblichene
ein bleibendes Andenken geschaffen. Voriges Jahr im Sommer zum Besuche
seines älteren Bruder, Herr H. May, hier weilend, musste er schon leider
verflossenen Sommer für seine eigene, stark angegriffene Gesundheit unser
Heilbad in Anspruch nehmen. Sein Gottvertrauen, sein echter Humor ließen
ihn unter der liebevollen, unvergleichlichen Pflege seiner beiden Töchter
auf Zeiten seinen Schmerz vergessen. Wie hat er in den Wirren des Krieges,
in dessen schwerster Zeit er hierher kam, wenn er und so viele, die um ihn
waren, in langer Zeit keine Nachricht von ihren Lieben erhielten, wie hat
er da, vielleicht selbst mit bangem herzen, getröstet, wie nur ein echt
jüdisches Herz es vermag, mit den Worten: ER (sc. Gott) wird es
wohlweislich fügen! – Dem Jahrgedächtnis um seinen seligen Vater, das
er hier morgens in der Synagoge, unter namhaften Spenden an hiesige Arme,
denen er unvergesslich bleiben wird, abhielt, setzte er beim Minchagebet,
das er schon wieder wegen Unwohlsein in meinem Saale verrichten musste,
die Krone auf, indem er durch eine namhafte Unterstützung einen in der
Nähe wohnenden Israeliten vor gänzlichem Verarmen rettete. Im Vereine
mit Herrn Blumenthal aus Paris, mit dem er sich hier eifrigst über
Jerusalem und dessen Zustände unterhielt, bewerkstelligte er für die
dortigen Armen eine Kollekte, die ein Namhaftes eintrug. – Wer konnte
auch diesem beredten Fürsprecher der Armen mit Nein entgegentreten? –
Er war der Glanz- und Mittelpunkt der Tisch- und anderen Gesellschaft; wer
hätte nicht dem von ihm so schön vorgetragenen jüdischen Tischgebet die
nötige Achtung gezollt? Wer möchte nicht bei gesellschaftlichen
Ausflügen und in engerem kreise seinen belehrenden Worten mit Begierde
lauschen? – Das Herz bebt, die Feder zittert, da wir ihn nicht mehr
unter denen wissen, denen der Stütze war, da er dem Wirkungskreise
entrissen worden, für den sein Herz so eifrig strebte! – Doch selig
nach dem Tode, ein solches Andenken zu hinterlassen, dreimal selig so
gelebt zu haben! – W. Gundersheim." |
Unteroffizier Fritz Strauß wird ausgezeichnet (1915)
Meldung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März 1915: "Bad
Schwalbach, 19. März (1915). Unteroffizier Fritz Strauß, Sohn des
hiesigen Restaurateurs Strauß, ist die Hessische Tapferkeitsmedaille
verliehen worden." |
Zum Tod von Elise Roos geb. Stein (1916)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 2. Juni 1916:
"Langenschwalbach. In dem großen Kreise der langjährigen
Gäste des bekannten Hotel Roos wird das Hinscheiden der Frau Elise Roos
geb. Stein, Gattin des Herrn Leopold Roos, tiefes Bedauern hervorrufen.
Denn Frau Roos war das Muster einer tüchtigen, umsichtigen und
unermüdlichen Hausfrau und eine liebenswürdige Wirtin, die ihren Gästen
viele frohe Stunden bereitete." |
Anzeigen
zur Werbung für Langenschwalbach sowie Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und
einzelner Personen
Werbeanzeigen für Langenschwalbach (1909 / 1910)
Der Verkehrsverein Langenschwalbach wies in seinen Anzeige in den
jüdischen Periodika in besonderer Weise auf die jüdischen, rituell geführten
Hotels hin.
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Juni 1910:
"Langenschwalbach schafft gesundes Blut. Langenschwalbach im
Taunus. Stahl- und Moorbad. Rituell geführte Hotels an Platze.
Prospekt und Wohnungsnachweis durch den Verkehrsverein." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juni 1909: "Langenschwalbach
im Taunus. Altberühmtes Stahl- und Moorbad. Stärkste reine Eisenquellen.
Natürliche Kohlensäurenbäder. Eisenmoorbäder. - Liegekuren im Kurpark.
Ausgezeichnete Erfolge bei Blutarmut, Frauenleiden, Herzleiden,
Nervenleiden, Gicht und Rheumatismus. - Schöne Umgebung, ausgedehnte
Waldungen. Golf- und Tennisplätze. - Täglich Konzerte. - Rituell
geführte Hotels am Platze. - Prospekte, Wohnungsnachweis und jede
Auskunft unentgeltlich durch den Verkehrs-Verein." |
Anzeige des Manufakturwarengeschäftes H. Stern in Bad
Schwalbach (1869)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
1. September 1869: "Für einen jungen Mann, welcher schon im
Manufakturwarengeschäft gearbeitet hat, ist eine Stelle bei sofortigem
Eintritt bei mir offen. Sabbat und Feiertage geschlossen. H. Stern
in Bad Schwalbach." |
Anzeige der Manufakturwaren-Geschäftes Rosenbuch
& Stern (1884)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. März 1884: "In
unserem Manufakturwaren-Geschäfte ist per sofort die Stelle eines Kommis
zu besetzen; derselbe muss eine schöne Handschrift haben und die
Buchführung besorgen können. Samstag und Feiertage geschlossen. Rosenbusch
& Stern, Bad Schwalbach." |
Anzeige des Kurz-, Woll- und Weißwarengeschäftes J.
Stern (1890)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Dezember 1890:
"Für mein samstags und Feiertage streng geschlossenes Kurz-, Woll-
und Weißwaren-Geschäft suche per sofort einen angehenden Commis
und eine Verkäuferin. Offerten mit Gehaltsansprüchen erbeten. -
Auch kann ein Mädchen bei mir in die Lehre treten.
J. Stern, Goldene Kette, Bad Schwalbach." |
Werbung für das jüdische Restaurant Gundersheim (1867)
beziehungsweise Hotel du Park (1874), Verkauf des Hotels 1878
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juni 1867: "Restaurant
Gundersheim. Bad Schwalbach. Meine Restauration befindet sich von
jetzt ab in einer neuen Villa in der Promenade, vis-à-vis dem Hôtel
Allée-Saal am Kaisergarten. Café im Freien. Gut möblierte Zimmer. Table
d'hôte 1 Uhr." |
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Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Mai 1874:
"Bad Schwalbach. Hôtel du Park in den Kuranlagen in der Nähe
des Weinbrunnens. Neu erbautes Hotel, komfortable eingerichtete Zimmer mit
prachtvoller romantischer Aussicht; großer Speisesaal; Restaurations-,
Kaffee-, Billard- und Lesezimmer etc. etc. Schattige Terrassen für im
Freien zu speisen. Table d'hôte, Diners apart (auch außerhalb des
Hotels). Restauration à la carte zu jeder Zeit. Feine Weine, Prompte
Bedienung. W. Gundersheim." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Februar 1878:
"Das vor drei Jahren neu erbaute Hôtel du Park in Bad Schwalbach,
inmitten der Kuranlagen gelegen, enthaltend 14 Zimmer, 14 Mansarden, 1
großen Speisesaal mit 2 kleineren Sälen, geräumigem Eiskeller (mit Eis
gefüllt), vor dem Hause schöner Garten, bisher einzige feine
israelitische Restauration, ist sofort zu verkaufen oder zu verpachten.
Näheres bei Ph. Biba, Bad Schwalbach, Provinz Hessen-Nassau." |
Lehrlingssuche für das Schuh- und Ledergeschäft A. Stern (1900)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Mai 1900: "Für
mein Schuh- und Ledergeschäft, Samstags geschlossen, suche einen Lehrling
mit guten Schulkenntnissen. Kost und Logis im Hause.
A. Stern, Bad Schwalbach." |
Lehrlings- und Lehrmädchen-Suche des Damen-Konfektions- und
Manufakturwarengeschäftes J. Weinberg Witwe (1900)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. August 1900:
"Lehrlingsgesuch. Für mein Herren- und Damen-Konfektions- und
Manufakturwarengeschäft suche ich zum baldigen Eintritt einen Lehrling
eventuell Volontär, sowie ein
Lehrmädchen. Samstage und Feiertage frei.
Kost und Logis im Hause.
J. Weinberg Witwe, Bad Schwalbach." |
Anzeige des Manufaktur- und Modewarengeschäftes Hugo
Waldeck (1901)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Oktober
1901:
"Für mein Manufaktur- und Modewaren-Geschäft
suche
zum baldigen Eintritt einen Lehrling und ein Lehrmädchen.
Kost und Logis im Hause.
Hugo Waldeck, Langenschwalbach." |
Wohnung durch A. Marxheimer zu vermieten (1903)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 5. Juni 1903:
"Bad Schwalbach!
In der nächsten Nähe des Kurhauses 2-3 Zimmer mit Küche, mit oder
ohne Möbel, für die Sommer-Monate zu vermieten. A. Marxheimer." |
Wohnung durch Hermann Katz zu vermieten (1903)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. Juli 1903:
"Langenschwalbach.
Eine prachtvolle, ganz neu hergerichtete 4-Zimmer-Wohnung mit Küche,
möbliert oder unmöbliert, für die Saison zu
vermieten.
Hermann Katz, 'Goldene Kette'." |
Anzeige von Emanuel Hamburger (1904)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April
1904:
"Ein älteres, ordentliches Mädchen
zur Führung eines kleinen Haushaltes baldigst gesucht. Angabe der
Lohnansprüche, sowie Zeugnisse erwünscht.
Emanuel Hamburger.
Bad Langenschwalbach." |
Lehrlingssuche des Manufaktur-Warengeschäftes M. Marxheimer (1906)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. Januar
1906: "Für mein Manufaktur-Warengeschäft suche ich per
Ostern einen Lehrling mit guter Handschrift aus anständigem Hause.
Samstag und Feiertage geschlossen.
Sodann suche ich für meinen jungen Mann per Ostern eine Commisstelle
in ähnlicher Branche. Samstag und Feiertage geschlossen erwünscht.
M. Marxheimer. Bad Langen-Schwalbach." |
Anzeige des Restaurants Schönbach, Villa Zillerthal
(1922)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. April 1922:
"Eine
perfekte Köchin
mit gutem Gehalt per sofort gesucht.
Restaurant
Schönbach - Villa Zillerthal -
Langenschwalbach."
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Verlobungsanzeige von Betti de Taube und Dr. med. Hugo
Tannenbaum (1924)
Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins") vom 26. Juni 1924:
"Betti de Taube - Dr. med. Hugo Tannenbaum.
Verlobte.
Jever (Oldenburg) - Bad
Langenschwalbach (Taunus) Juni 1924." |
Verlobungsanzeige von Else Stern und Salomon Wilhelm
Fränkel (1924)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1924: "Gott
sei gepriesen.
Else Stern - Sal. Wilh. Fränkel. Verlobte.
Langenschwalbach - Mainz." |
Else Fränkel geb. Stern (geb. 1899) und ihr
Mann Salomon Wilhelm Fränkel wurden am 30. September 1942 von Mainz nach
Polen deportiert und in einem Vernichtungslager ermordet. |
Todesanzeige für Lina Marxheimer geb. Stein,
langjähriges Vorstandsmitglied im israelitischen Frauenverein (1929)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Januar 1929: "Nachruf.
Am 27. Dezember 1928 verschied Frau Lina Marxheimer geb. Stein. Sie
gehörte seit 3 Jahrzehnten unserem Vorstande an und hat während dieser
Zeit eine ungemein segensreiche Tätigkeit entwickelt. In ihrer klugen und
gütigen Art war sie allen Armen und Bedrängten eine Mutter. Ihr Ableben
bedeutet für uns einen unersetzlichen Verlust. Wir werden ihr Andenken,
das in ihren guten Werken fortlebt, stets in hohen Ehren halten und nicht
vergessen.
Bad Schwalbach, den 6. Januar 1929. Der Vorstand des israelitischen
Frauenvereins.
G. Stern, Vorsteherin." |
Neueröffnung der Pension Rosenthal (1929)
Meldung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Mai 1929: "In Bad
Schwalbach bei Wiesbaden ist Hotel-Pension Rosenthal neu eröffnet. Das
Haus befindet sich in bester Lage direkt neben dem Kurgarten, hat gute,
streng koscher geführte Küche und neu eingerichtete Zimmer. Erstklassige
Verpflegung zu billigsten Preisen. Garagen vorhanden. Schriftliche
Bestellung an: J. Rosenthal, Bad Schwalbach, Villa auf der
Höhe." |
Verlobungsanzeige von Klara Braunschweiger und Arthur Stern (1930)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April 1930:
"Klara Braunschweiger - Arthur Stern.
Verlobte.
Hünfeld - Bad
Schwalbach. Nissan 5690 (= März/April 1930) |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
zu Personen,
die in Bad Schwalbach
(Langenschwalbach) geboren sind |
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KK (Mainz 1939) für Ingeborg
Henlein (geb.
9. Februar 1921 in Langen-Schwalbach), wohnhaft
in Mainz, am 25. März 1942 deportiert ab Mainz -
Darmstadt in das Ghetto Piaski, umgekommen
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KK (Mainz 1939) für Marx
Henlein (geb.
25. März 1879 in Bad Schwalbach(, wohnhaft
in Mainz, am 27. September 1942 deportiert ab
Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt, wo er
am 2. August 1943 umgekommen ist |
KK (Mainz 1939) für Samuel
Stern (geb.
4. Juli 1868 in Langenschwalbach), wohnhaft in
Mainz, am 27. September 1942 deportiert ab
Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt, wo er
am 19. Oktober 1942 umgekommen ist |
Zur Geschichte der Synagoge
Im 17. Jahrhundert war bis 1683 eine Synagoge "Unter der
Pferdeschwemme", danach "An der Hohl". 1715 konnte eine neue
Synagoge in der Erbsengasse erbaut und eingeweiht werden. Über dem Eingang
stand als Baujahr allerdings 1743, eventuell das Jahr einer Renovierung oder
Erweiterung. Auch 1885 wurde die Synagoge renoviert. Der Betraum hatte 80 Plätze
für Männer und 40 für Frauen.
Über Gottesdienste in der Synagoge liegen nur wenige Berichte vor. Aus dem Jahr
1839 stammt nachstehender Bericht über einen von Landrabbiner Wormser
gehaltenen Trauergottesdienst zum Tod des Herzogs Wilhelm zu Nassau in
der Synagoge. Beim Gottesdienst predigte der Sohn von Landrabbiner
Wormser.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. Oktober 1839: "Langenschwalbach,
1. September (1839) (Fr. J.). Heute Nachmittag fand in der hiesigen
Synagoge ein Trauergottesdienst wegen des Ablebens Seiner Durchlaucht des
Herzogs Wilhelm zu Nassau statt. Der ehrwürdige Herr Landrabbine Wormser
leitete die Feier ein mit einigen Worten der tiefsten Rührung. Dessen
einziger Sohn, Herr Dr. Wormser, ein in jüdischer und weltlicher
Gelehrsamkeit ausgezeichneter Mann, hielt eine in jeder Beziehung
vorzügliche Trauerrede zur Befestigung des Glaubens an Unsterblichkeit
der Seele, nach Psalm 90, welche die Gemüter aller Anwesenden nicht nur
sehr ergriff, sondern auch wahrhaft tröstete und erbaute. Er stellte
darin des Hochseligen Regenten- und Privatleben im höchsten Lichte dar
und knüpfte daran mit Zuversicht die beseligendste Hoffnung für die
Regierung Seines durchlauchtigsten Sohnes. Zum Schlusse sprach der
Landrabbine das Seelengebet für den hohen Verblichenen und das für Sein
Regentenhaus und dem jetzt regierenden durchlauchtigsten Herzig Adolph zu
Nassau. So endigte eine Feier, welche noch lange im Andenken der
jüdischen Gemeinde und eines sehr zahlreichen christlichen Publikums
beider Konfessionen fortleben wird." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die
Inneneinrichtung der Synagoge völlig zerstört. SA Leute zündeten darauf
sowohl die Synagoge, als auch ein angrenzendes Wohnhaus an. Die Brandruine wurde
beseitigt.
Ein Denkmal erinnert seit 1988 am Synagogenstandort an die frühere
Synagoge. Die Inschrift lautet: "Hier stand von 1715 bis zu ihrer
Zerstörung am 10. November 1938 die Synagoge der jüdischen Gemeinde Bad
Schwalbach. Zum Gedenken an die Verfolgung und Vernichtung unserer jüdischen
Mitbürger. 'So spricht der Herr: Wer euch antastet, der tastet meinen Augapfel
an!' Sacharia, Kap. 2,12".
Adresse/Standort der Synagoge: Erbsenstraße
2 / Ecke Pestalozzistraße
Fotos
Historische Aufnahmen
(Quelle: Arnsberg Bilder S. 186)
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Blick zur Synagoge (Aufnahme
von 1928 durch den Sohn des
Lehrers Spier: Dr. Arthur Spier) |
Blick zum Toraschrein; oben
ist als hebräische
Inschrift ein Zitat aus 1. Mose 28 zu lesen:
"wie
ehrfurchtgebietend ist dieser Ort; hier
ist nichts anderes als Gottes
Haus..." |
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Das Denkmal für die
Synagoge
an ihrem früheren Standort
(Fotos: Stefan Haas) |
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Das Denkmal im Juni
2016
(Fotos: Hahn, Aufnahmen vom 21.6.2016) |
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Blick auf das
Grundstück der ehemaligen Synagoge |
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Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Januar 2009:
Die ersten "Stolpersteine" werden
verlegt |
Bericht im "Wiesbadener Kurier"
vom 17. Januar 2009 (Artikel):
Stolpersteine gegen das Vergessen - Künstler am 23. Januar in Bad Schwalbach
BAD SCHWALBACH (red). Stolpersteine nennt der Künstler Gunter Demnig Gedenktafeln in der Größe von Pflastersteinen, die er zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus mit deren Namen, Geburts- und Todesdaten im Gehweg von deren letzten Wohnort einbringt. In Bad Schwalbach soll jetzt mit Stolpersteinen an drei jüdische Bad Schwalbacher Bürger erinnert werden.
"Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", sagt Gunter
Demnig. "Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier wohnten". Inzwischen liegen die goldglänzenden Stolpersteine in über 300 Orten Deutschlands (unter anderem auch in Wiesbaden), ebenso in Österreich, Ungarn und in den Niederlanden.
Gunter Demnig verlegt am Freitag, 23. Januar, in Bad Schwalbach drei Stolpersteine und beginnt um 9 Uhr in der Kirchstraße 4..." |
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Bericht im "Wiesbadener Tagblatt"
vom 28. Januar 2009 (Artikel)
von Christopher Schäfer:
Stolperstein an der falschen Stelle? Stadt widerspricht dem Einwand älterer Bürger
BAD SCHWALBACH. Vergangenen Freitag wurden in Bad Schwalbach drei Stolpersteine verlegt - die ersten im ganzen Rheingau-Taunus-Kreis. Sie sollen an das Schicksal jüdischer Mitbürger während des Dritten Reiches erinnern, als eingeschlagene Inschriften vor ihren ehemaligen Wohnhäusern. Aber hat man überhaupt die richtigen Häuser für die Verlegung ausgesucht?
Zumindest in einem der Fälle gibt es Zweifel: Der Viehhändler Manfred Ackermann habe keineswegs in der Kirchstraße 4 gewohnt, moniert Willy Scherer (85), ein alter Bad Schwalbacher. "Ackermann wohnte in der Brunnenstraße", sagt Scherer, "denn in der Kirchstraße 4 war seinerzeit die Bäckerei Falk." Die Familie Falk, ebenfalls Juden, hätten das Geschäft zuvor von seinem Großvater, dem Friseurmeister Fischer,
übernommen..." |
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Der Stolperstein für
Manfred Ackermann
in der Kirchstraße 4
(Foto: Hahn, Aufnahmen vom 21.6.2016) |
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Februar 2009:
Bad Schwalbacher
Ausstellung über Emigranten-Schicksale und Weg in Gaskammern. |
Artikel
von Hannelore Wiedemann im "Wiesbadener Kurier" vom 3. Februar
2009 (Artikel):
In der Bronx nie Fuß gefasst - Bad Schwalbacher Ausstellung dokumentiert Emigranten-Schicksale und Weg in Gaskammern
BAD SCHWALBACH. Über das, was sich während des Dritten Reiches im Untertaunus abspielte, ist bislang wenig bekannt. Für die aktuelle Ausstellung im Bad Schwalbacher Museum hat Leiterin Martina Bleymehl-Eiler in alten Akten recherchiert.
Was ist aus den genau 98 jüdischen Bürgern geworden, die 1933 - dem Jahr der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten - in Bad Schwalbach ansässig waren? Um Antworten auf diese Frage zu finden, hat die Historikerin im Wiesbadener Hauptstaatsarchiv Einblick in die so genannten Entschädigungsakten genommen - und zahlreiche erschütternde Schicksale aufgedeckt. Einige davon hat sie in der Ausstellung "Erinnern und nicht vergessen", die noch bis zum 8. Februar im Kur-, Stadt- und Apothekenmuseum zu sehen ist, dokumentiert..." |
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Vgl. Informationen zu den
"Stolpersteinen" in der Website der Stadt: http://stadt.bad-schwalbach.de/index.php?pid=379
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Juni 2016:
Verlegung eines "Stolpersteines"
in Wiesbaden für den in Bad Schwalbach geborenen Eugen Eschwege
Anmerkung: Eugen Eschwege ist am 9. September 1877 in Bad Schwalbach (Langenschwalbach)
geboren. Er lebte später mit seiner Frau Thekla und seinen beiden Töchtern
in Mainz, wo er eine Musikakademie leitete. 1935 emigrierte Sohn Helmut nach
Palästina, Mutter und Schwester folgten 1937. Die Ehe wurde geschieden.
Danach zog Eugen Eschwege nach Wiesbaden in die Dotzheimer Straße 31.
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Artikel von Anja
Baumgart-Pietsch im "Wiesbadener Kurier" vom 3. Juni 2016: "Wiesbaden.
Stolperstein in der Dotzheimer Straße 31 erinnert an den Komponisten und
Musiklehrer Eugen Eschwege.
WIESBADEN - Kaum kommt der kleine Lautsprecher gegen den Verkehrslärm der
Dotzheimer Straße an: Busse donnern im Sekundentakt vorbei, ein Mann mit
einem Laubbläser biegt um die Ecke, rücksichtslose Passanten drängeln sich
protestierend durch. Aber an die Ohren der großen Gruppe, die zur
Stolpersteinverlegung vor dem Haus Nummer 31 erschienen ist, dringen die
Töne doch. Es sind Lieder aus dem Zyklus 'Six Yiddish Scenes' von Paul Alan
Levi. Der amerikanische Komponist ist ein Großneffe des Mannes, dessen hier
gedacht wird: Es handelt sich um den im ehemaligen Langenschwalbach, heute
Bad Schwalbach, geborenen Komponisten und Musiklehrer Eugen Eschwege. Sein
letzter Wohnsitz war in diesem Haus, dort wohnte er, krank, von seiner
Familie getrennt und verarmt, bis zur Deportation 1942.
Großnichte auf Lesereise. 'Mein Herz weint in mir', singt die
Sopranistin auf der Aufnahme, 'denn ich muss mich von dir trennen. Meine
Gedanken wandern hin und her, von dir zu scheiden, fällt mir schwer.' Es ist
melancholische Musik auf der Basis osteuropäischer Volkslieder, die Levi
vertont hat. Er selbst ist nicht nach Deutschland gekommen, aber elf der
Nachfahren von Eugen Eschwege, die heute in Israel leben, sind da. Darunter
ist auch die bekannte Autorin Judith Levi, ebenfalls eine Großnichte
Eschweges. Mit ihrem Buch 'Reise der Versöhnung. Eine Jüdin entdeckt ein
verändertes Deutschland' ist die emeritierte Professorin für
Sprachwissenschaft gerade auf Lesereise in Deutschland. Außerdem sind fünf
Enkel, zwei Urenkel und ein kleiner Ur-Ur-Enkel von Eugen Eschwege gekommen,
um sich an den Großvater zu erinnern. Man habe gar nicht viel von ihm
gewusst, sagt Dina Mor-Yosef, eine Enkelin, die am Stolperstein eine Kerze
anzündete. 'Es wurde nicht viel über die Vergangenheit gesprochen. Unsere
Eltern wollten uns einen neuen Start, ein neues Leben ermöglichen und uns
nicht damit belasten.' Als die Großmutter, der die Flucht vor den Nazis nach
Palästina gelungen war, starb, fanden die Nachkommen alte Aufzeichnungen und
begannen, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Mor-Yosef erlernte
dafür sogar eigens die deutsche Sprache. Doch die Nachforschungen wurden
ihnen nicht leicht gemacht: Weder die Stadt Bad Schwalbach noch Wiesbaden,
noch Mainz, wo Eschwege immerhin als 'Musikdirektor' einer Akademie gewirkt
hatte, konnten Unterlagen auffinden. Heimatforscherin Ingrid Dahl aus
Igstadt und die Mitglieder des Aktiven Museums konnten dennoch einiges
herausfinden, sodass Stolperstein und Erinnerungsblatt (siehe nebenstehender
Artikel) nun präsentiert werden konnten.
Ingrid Dahl liest auf Deutsch und Judith Levi auf Englisch die
Lebensgeschichte Eschweges vor. Die Angehörigen filmen mit ihren Smartphones
und wischen sich Tränen aus den Augenwinkeln, besonders, als vorgelesen
wird, dass ihr Großvater sich an der Schlachthof-Rampe zur Deportation
einfinden musste. Urenkel Omri spricht einige kurze, bewegte Worte, seinen
kleinen Jungen an der Hand. 'Ich habe jetzt mehr Einblick in die Geschichte
meiner Familie gewonnen', sagt er. 'Dies ist ein guter Tag. Wir sind dankbar
für diesen Erinnerungsstein. Wir atmen doch alle die gleiche Luft. Unser
aller Leben ist endlich, auch hier sind wir gleich. Wir sollten uns als
Menschen doch eigentlich wie eine einzige große Familie fühlen.' Und so
sprechen alle Mitglieder dieser Familie: Versöhnlich und friedvoll. Weitere
Stolpersteine wurden auch in der Kirchgasse und am Kaiser-Friedrich-Ring
verlegt, jeweils in Anwesenheit von Angehörigen."
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 287-291. |
| ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 186. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994: keine Artikel zu Bad
Schwalbach, da die Synagoge 1938 völlig zerstört wurde. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 292. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 288-389. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Bad Schwalbach
Hesse-Nassau. Established around 1680, the community built a synagogue
(1715) and provided Jews visiting the local spa with kosher food (1767) and
musical entertainment. Though affiliated with the rabbinate of Wiesbaden, the
Orthodox community stipulated that religious instruction be given in Juden-Deutsch
(Western Yiddish) rather than standard German. It grew from 80 (5 % of the
total) in 1809 to 190 (7 %) in 1885, thereafter declining. On Kristallnacht
(9-10 November 1938), Nazis burned down the synagogue and community center. Of
the 94 Jews living there in 1933, at least 17 emigrated; only four remained in
1939.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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