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Gensingen mit
Horrweiler (VG Sprendlingen-Gensingen, Kreis Mainz-Bingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Gensingen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1900 / 1938.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Eine
offizielle Gründung der Gemeinde war 1804. Im benachbarten Horrweiler
gab es bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine kleine Gemeinde, die dann
aufgelöst wurde. Die hier noch lebenden jüdischen Einwohner wurden der
Gemeinde Gensingen angeschlossen.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1808/10 drei jüdische Familien mit zusammen 15 Personen, 1824 26
jüdische Einwohner, 1828 32, 1856 54, 1857 61, 1871 44, 1895 55, 1900 38 (3,5 % von insgesamt
1.083 Einwohnern), 1910 27 (2,6 % von 1.052).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zumindest in der
zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und als Schochet tätig war
(vgl. unten Ausschreibungstexte von 1863, 1869 und 1900). Unter den Lehrern
werden genannt: um 1865 Julius Lippmann und dann nach ihm Baruch Strauß: er war von 1867 bis zum Jahr
der offiziellen Auflösung 1900 der letzte Lehrer der jüdischen Gemeinde. Er
übernahm auch den Religionsunterricht in
Ockenheim (1898 genannt). Die Gemeinde war dem Bezirksrabbinat in Bingen
zugeteilt.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1901 Ferdinand Simon und
Moritz Simon.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Alfred Simon
(1891-1914; gefallen als erster Gensinger Kriegsteilnehmer). Jacob Simon
(eventuell noch weitere Kriegsteilnehmer) wurde 1916 mit dem EK II
ausgezeichnet.
Um 1924, als noch 21 jüdische Personen der Gemeinde angehörten (1,8 %
von insgesamt 1.145), waren die Vorsteher der Gemeinde Albert Simon und
Moritz Simon III. Auch 1932 waren die Vorsteher Albert Simon (1. Vors.)
und Moritz Simon III, dazu wird als Schriftführer und Schatzmeister Johann Becker
(nichtjüdisch; war in der politischen Gemeinde Gensingen von 1864 bis 1940
als Gemeinderechner und Untererheber tätig) genannt. Den
Religionsunterricht der jüdischen Kinder in Gensingen übernahm Lehrer Baier aus
Bingen.
Folgende ehemalige jüdische Familien - aus der Zeit nach 1900 - sind
bekannt (nach der "Gensinger Chronik" s.u.):
- Familie Sigmund Simon (1840-1892), war verh. mit Antonia geb.
Kahn. Kinder waren: Isidor (geb. 1871), Rosa (geb. 1782, gest. 1884), Edmund
(geb. 1877), Methilde (geb, 1881, gest. 1890). Wohnhaus und
Kellerei/Weinhandlung der Familie standen an der Verbindungsstraße von der
Alzeyer Straße zur Langgasse (später hier Raiffeisenkasse Gensingen). Die
beiden Söhne waren im Ersten Weltkrieg: Isidor beim Infanterieregiment 118 in
Worms; Edmund war als Offiziersstellvertreter bei der Feldartillerie. Edmund
Simon und Frau wurden nach der Deportation ermordet; Isidor Simon und seine Frau
konnten zu ihrem Sohn in die USA emigrieren.
- Familie Moritz Simon I (geb. 1855), war verh. mit Elisabeth
geb. Hirsch aus Osthofen. Kinder waren: Richard (geb. 1889, Kriegsteilnehmer
im Ersten Weltkrieg, kam in englische Kriegsgefangenschaft; seit 1921 in
Frankfurt, später in Brasilien), Alfred Wilhelm (geb. 1891, gefallen 1914 als
Angehöriger des Infanterieregiments 117), Emmy (geb. 1892; später verh. mit
Sally Seelig aus Hechtsheim; die beiden wohnten später in Offenbach/Main, von
wo aus die nach Brasilien emigrierten), Robert (geb. 1897; 1937 mit den Eltern
und der Großmutter mütterlicherseits - Klara Hirsch geb. 1856 - nach Frankfurt
gezogen und später in die USA emigriert). Wohnhaus und Geschäft der Familie
Moritz Simon (Frucht- und Weinhandel, Weinkommissionsgeschäft) waren im Haus
Alzeyer Straße 8 (Ecke Bahnhofstraße).
- Familie Moritz Simon II, war verh. mit Helene geb. Haas. Kinder waren:
Olga (geb. 1881), Martha (geb. 1884, nach Deportation in der NS-Zeit
umgekommen), Arthur (geb. 1885, nach Deportation in der NS-Zeit umgekommen),
Ernst (geb. 1894, gefallen 1915 in Frankfurt). Die Familie hat bereits um 1900
Gensingen verlassen.
- Familie Albert Simon (geb. 1862 in Gensingen), verheiratet mit
Fanny geb. Schuster aus Oberseemen. Kinder waren: Jakob (1894, starb an einem
Autounfall), Joseph (geb. 1897, verließ 1912 Gensingen), Sara (geb. 1895, früh
verstorben). Ehepaar Simon ist mit dem Sohn Joseph nach 1933 in die USA
emigriert. Familie Albert Simon hatte einen Viehhandel und Metzgerei im Haus
Ernst-Ludwig-Straße 7.
- Familie Sigmund Lahm (geb. 1859, aus Stein-Bockenheim),
verheiratet mit einer Schwester von Albert Simon - Johanna geb. Simon (geb.
1863). Kinder waren: Frieda (geb. 1889, in die USA emigriert), Recha (geb. 1890,
später verh. Mayer, in der NS-Zeit nach Deportation umgekommen), Bertha (geb.
1896, später verheiratet mit Max Weiß aus Langenlonsheim; weitere Geschichte
s.u.), Dorothea (geb. 1901, in die USA emigriert), Markus (geb. 1904, früh
verstorben). Sigmund Lahm war zusammen mit seinem Schwager Albert Simon als
Viehhändler und Metzger tätig.. Er war Sänger und Vorstandsmitglied der
Männergesangvereins sowie langjähriger Gemeindevorsteher. Frau Johanna Lahm starb 1913. Die Familie wohnte Langgasse
6.
- Familie Max Weiß (geb. 1887 in Langenlonsheim), war verheiratet
mit Bertha geb. Lahm (s.o.). Kinder waren: Manfred (geb. 1924), Richard (geb.
1925), Hannelore (geb. 1930, früh verstorben), Ernst (geb. 1931, vgl. Kennkarte
unten), Erich (geb.
1933). Die gesamte Familie ist in der NS-Zeit umgekommen.
- Familie Max Simon (geb. 1863 in Gensingen), war verh. mit Rosa
(geb. 1887 in Mühlheim/Koblenz). Rosa Simon war in Ersten Weltkrieg Leiterin
des Lazarettes in Gensingen, später bei Roten Kreuz und in der Krankenpflege
tätig. Max Simon war als Metzger, Viehhändler und Kohlenhändler tätig; die
Familie lebte in der Römerstraße 20. Das
Ehepaar zog am 1. April 1939 nach Mainz; später in das KZ Theresienstadt
deportiert, wo Max Simon starb. Rosa Simon hat Theresienstadt überlebt.
- Familie Ferdinand Simon, war in 1. Ehe verh. mit Henriette
geb. Wolf aus Ockenheim. Kinder waren: Amalie (geb. 1876), Bernhard (geb.
1877), Anna (geb. 1878), Julius (geb. 1882), Klara (geb. 1883, siehe
Kennkarte unten), Johanna (geb.
1885, verh. nach Mayen), Alfred (geb. 1886). In 2. Ehe verh. mit Betty Simon
geb. Rothensis aus Bensheim. Kinder waren: Adolf (geb. 1887, früh
verstorben), Wilhelm (geb. 1889), Ludwig (geb. 1891), Karl (geb. 1892; im 1.
Weltkrieg als Sanitäter tätig, gest. 1920 in Gensingen), Elise (geb. 1893,
früh verstorben). Ferdinand Simon war als Weinhändler und Kommissär tätig.
Fast alle der Kinder sind - teilweise bereits um 1900, teilweise nach 1933 - in
die USA ausgewandert beziehungsweise emigriert.
- Familie August Simon, war in 1. Ehe verh. mit Pauline geb.
Wachter. Kinder waren. Adolf, Markus und Emil. In 2. Ehe verh. mit Barbara
geb. Mayer. Kinder waren Martha (geb. 1883), Julius (geb. 1886, früh
verstorben), Ferdinand (geb. 1889, früh verstorben), Rosa (geb. 1890), Flora
(geb. 1891), Paul (geb. 1894, früh verstorben), Elisabeth (geb. 1898, verh. mit
Otto Gres, nach der Deportation umgekommen). Die Töchter Martha und Rosa sind
nach der Deportation im Ghetto Theresienstadt umgekommen.
- Familie Julius Kahn (aus Stein-Bockenheim), war verh. mit Amalie
geb. Kahn - einer Schwester des 1863 geborenen Max Simon (s.o.).Kinder
waren: Ernst (Weltkriegsteilnehmer, starb nach dem Krieg in den USA an den
Folgen einer Kriegsverletzung), Hilde (geb. 1893, verh. 1926 nach Köln; in der
NS-Zeit nach Deportation umgekommen), Emilie (geb. 1895), Alfred (geb. 1896),
Friedrich (geb. 1899). Julius Kahn war Makler in Textilien sowie Getreide und
Wein; er starb 1924 in Gensingen. Die Familie lebte Bahnhofstraße 19. Zwei
Söhne und Mutter Amalie Simon sind bereits vor 1993 in die USA
ausgewandert.
Nach 1933 sind fast
alle der noch am Ort lebenden jüdischen Gemeindeglieder (1933: 17 Personen = 1,4 % von 1.166 Einwohnern) auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Sechs Personen
verzogen 1933/37 nach Frankfurt, drei Personen 1935/38 nach Wiesbaden, zwei
verstarben noch in Gensingen (1933 und 1938). Flora Simon (geb. 1891) konnte in
die USA auswandern. Die übrigen verzogen nach Darmstadt, Bad Nauheim und
Biebelsheim.
Von den in Gensingen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Julie Bernhard (1868),
Elisabeth Gres geb. Simon (1898), Julie Landsberg geb. Simon (1864), Hilde Marx geb. Kahn (1893),
Recha Mayer geb. Lahm (Tochter des langjährigen Gemeindevorstehers Sigmund
Lahm, geb. 1890), Arthur Simon (1885), Eduard Edmund Simon (1877, siehe
Informationen zu "Stolperstein"
in Bingen), Ferdinand
Simon (1868), Klara Simon (1883), Martha Simon (1884), Max Simon (1863), Rosa
Simon (1890), Siegfried Simon (1864), Amalie Strauß geb. Simon (1869), Berthold Strauß (Sohn des
Lehrers Baruch Strauß, geb. 1885), Berta Weiß geb. Lahm (1896), Erich Weiß
(1933), Ernst Weiß (1931), Manfred Weiß (1924), Max Weiß (1887), Richard
Weiß (1925), Mina Wolff geb. Spier
(1883).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters (Chasan) / Schochet
1863 / 1869 / 1900
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. März 1863:
"Die israelitische Religions-Gemeinde zu Gensingen beabsichtigt einen
Lehrer und Vorbeter aufzunehmen mit einem jährlichen Gehalt von 250
Gulden nebst freier Wohnung und kann ein solcher sogleich eintreten.
Bewerber wollen sich an den Vorstand daselbst wenden." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Februar 1869:
"Lehrer gesucht. In der israelitischen Gemeinde zu Gensingen bei
Bingen ist die Stelle eines Religionslehrers, Vorsängers und Schochet, am
liebsten sofort, zu besetzen. Einkommen 350 Gulden nebst freier Kost und
freier Wohnung. Bewerber wollen sich wenden an den Vorsteher Marcus
Simon." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Februar 1900: "die
Religions-Lehrer- Chasen- und Schochetstelle in hiesiger
Religionsgemeinde ist bis 1. April dieses Jahres zu besetzen. Bewerber
sollen sich bei dem Vorstand der israelitischen Gemeinde Herrn Siegmund
Lahm, Gensingen, Rheinhessen melden."
|
Anmerkung: Die Stelle wurde nach 1900
vermutlich nicht mehr besetzt, da die Gemeinde in diesem Jahr - nach dem
Bericht zum Tod von Lehrer Baruch Strauß - aufgelöst wurde. |
Zum Tod von
Lehrer Baruch Strauß (gest. 1931 in Mannheim, von 1867 bis 1900 letzter Lehrer
in Gensingen)
Anmerkung: die Datierungen enthalten einen Fehler: statt 14. und 15. Nissan
muss es 14. und 15. Kislew heißen.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember
1931: "Mannheim, 7. Dezember (1931). Am Heiligen
Schabbat Paraschat Wajeze (= 21. November 1931) sagten die
Klausbesucher zueinander: Es ist doch eine besondere Gnade von Gott, wenn
ein 88-jähriger, wie Herr Baruch Strauß, mit solcher Kraft, mit
solcher Wärme, die Haftara (Lesung des Prophetentextes) sagen
kann. Sie rühmten die Energie des jugendlichen Greises, der im Winter wie
im Sommer morgens und abends, den Weg zum Gotteshaus fand... Bis zwei Tage
nach dem Schabbat (23. November 1931) die Kräfte versagten. Noch
einmal konnte er am 14. Nissan (gemeint 14. Kislew = 24. November 1931) zu
Mincha gehen, aber schon am 15. Nissan (gemeint 15. Kislew = 25.
November) war es nur mehr ein Flüstern, als er die letzte Mincha-Tefilloh
verrichtete... Am Erew Schabbat (27. November 1931) geleiteten ihn
viele, viele Menschen auf den Friedhof in Frankfurt, an der Seite der
Gattin, die ihm nach 53-jähriger Ehe vor einigen Jahren im Tode
vorausgegangen war, zu Grabe, wo Herr Rabbiner Dr. Hoffmann das
Bild des Greises an den Trauernden vorüberziehen ließ und den Dank sagte
an den echten Jehudi alten Schlages, dem wo er immer wirkte,
Ehrerbietung zuteil ward bei den Menschen. Fast nur aus sich selbst heraus
hatte Baruch Strauß sich jüdisches Wissen angeeignet und es
weitergegeben, als er, der aus Hochstadt
am Main stammte, in Sprendlingen, in Darmstadt und, von 1867 an, in Gensingen
bei Bingen als Lehrer tätig war. Im Jahre 1900 musste er die Auflösung
der kleinen Gemeinde erleben; er verlegte seinen Wohnsitz nach Frankfurt,
wo er als Haschkomo-Chasen an der Börneschul bald bekannt, beliebt und
geehrt wurde, geehrt besonders, als ihm Rabbiner Nobel seligen
Andenkens 1918 zum 75. Geburtstage den Chawer-Titel
(Ehrenrabbiner) verlieh. Als die Gattin, die mit ihm in vorbildlichster
Weise die Kinder zu echten jüdischen Menschen erzogen hatte, ihm
entrissen wurde, bereiteten ihm die Kinder in Liebe und Verehrung ein
neues Heim, und als er vor wenigen Jahren im Hause des Sohnes und der
Schwiegertochter in Mannheim das Heim des Lebensabends fand, da
fand er zugleich auch die Klausgemeinde als neue Heimat, und hier wurde er
nochmals dem Alter und der Jugend Vorbild des Jehudi, dem keine
Stunde zu früh und zu spät, kein Wetter zu stürmisch war, wenn es galt,
eine Mizwa (religiöse Weisung) zu erfüllen. Und so war es auch ein
Ausdruck größter Verehrung, wenn Herr Rabbiner Dr. Unna im Namen
der Mannheimer Freunde Baruch Strauß das Geleite gab zum Grab
und ihm dort herzliche Worte des Gedenkens widmete, Worte, wie sie auch
während der Trauerwoche im Trauer-Hause von einem der
Söhne in kindlicher Liebe, von Freunden des Heimgegangenen in bewegtem
Erinnern gesprochen wurden." |
Aus dem jüdischen
Gemeindeleben
Spendenaufruf für eine arme jüdische Familie durch Lehrer
Baruch Strauß (1877)
Anmerkung: Lehrer Baruch Strauß war mit Minna Strauß geb. Goldschmidt
verheiratet. Die beiden hatten folgende Kinder: Hermann (geb. 1875, im Alter von
8 Jahren gestorben), Lina (geb. 1877), Siegmund (geb. 1879), Rosa (geb. 1881),
Sali (geb. 1883), Berthold (geb. 1885, umgekommen in der NS-Zeit). Lehrer
Strauß genoss hohes Ansehen am Ort, auch durch sein Engagement außerhalb der
jüdischen Gemeinde. U.a. war er im Vorstand des Turnvereins in Gensingen
tätig. Familie Strauß wohnt in der Langgasse 18 (Vordergebäude zur Synagoge).
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. August 1878: "Wohltätige
Glaubensgenossen! In der Nähe Hanaus lebt eine jüdische Familie mit
sieben unmündigen Kindern in sehr dürftigen Verhältnissen. In dieser
üblichen Lage befindet sich dieselbe schon Jahre lang und hielt sie ihr
Ehrgefühl zurück, sich zu offenbaren. Nun aber kommt der Schuldherr und
will wegen 600 Mark das Obdach, das einzig übrige gebliebene Vermögen,
verkaufen lassen.
In dieser Bedrängnis nun wagt es der ergebenst Unterzeichnete, trotz der
schlechten Zeitverhältnisse und der so oft in Anspruch genommenen
Mildtätigkeit, wohltätige Glaubensgenossen für die achtbare, mit von
Jugend an bekannten Familie um Unterstützung zu bitten. Der Geber alles
Guten wird Sie dafür belohnen. Gaben werden von der verehrlichen
Redaktion dieses Blattes, von Lehrer Krauß in Hochstadt, sowie von dem
Unterfertigten dankbar entgegen genommen und wird in diesen Blättern
seinerzeit darüber quittiert. Gensingen (Rheinhessen), 15. August
1877, B. Strauß, Lehrer." |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Kriegsauszeichnung für Jakob Simon (1916)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. Juli 1916:
"Gensingen an der Nahe. Jakob Simon erhielt das Eiserne
Kreuz." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
Anzeige von Ferdinand Simon (1900)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juni 1900: "Suche
für meinen Sohn von 14 Jahren eine Stelle in einem
Manufakturwarengeschäft, wo Kost und Logis im Hause per sofort.
Ferdinand Simon, Gensingen (Rheinhessen)." |
Kennkarten
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarten
zu Personen,
die in Gensingen geboren sind |
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Kennkarte (Mainz 1939) für Klara
Simon (geb. 14. Juli 1883 in
Gensingen), Hausangestellte, später wohnhaft in Mainz, am 25. März 1942
deportiert ab Mainz - Darmstadt in das Ghetto Piaski,
umgekommen |
Kennkarte (Mainz 1941)
für Ernst Weiß (geb. 9. August 1931 in
Gensingen), wohnhaft in Bingen und Mainz, am 25. März 1942
deportiert
ab Mainz - Darmstadt in das Ghetto Piaski, umgekommen |
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Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betsaal vorhanden. Eine Synagoge wurde 1862
erbaut. Nach einer Überlieferung wurde sie aus Horrweiler hierher umgesetzt. Das
Bethaus wurde im rückwärtigen Teil des Grundstückes in der heutigen Langgasse
errichtet. Es handelt sich um einen eingeschossigen Fachwerkbau. Im vorderen
Grundstücksteil stand das Wohnhaus des Lehrers.
Wie lange die Synagoge Zentrum des jüdischen Gemeindelebens in Gensingen war,
ist nicht bekannt. Auf Grund der klein gewordenen Zahl der jüdischen Einwohner
könnte das Gebäude bereits vor 1933 oder wenig später verkauft worden
sein. Längere Zeit wurde das Gebäude als Lagerhaus genutzt. Nachdem in den
1990er-Jahren Gebäudeteile einstürzten, wurde hier ein Wohnhaus erbaut, in das
nach Angaben des Synagogenbuches des Landesamtes für Denkmalpflege
"offensichtlich Teile der ehemaligen Synagoge einbezogen
wurden".
Adresse/Standort der Synagoge: Langgasse 18 -
Synagoge im Hintergebäude (alte
Anschrift Hundsgasse 89)
Fotos
Fotos sind noch
nicht vorhanden; über Hinweise oder Zusendungen freut sich
der Webmaster
von "Alemannia Judaica", Adresse siehe Eingangsseite. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 249. |
| Gensinger Chronik - Beiträge aus Kultur und Geschichte
der Gemeinde 768-1968. Darin ein Abschnitt von Carl Schertel und
Hermann Hofmann: Die einstige jüdische Gemeinde. S.
72-76 (Online
als pdf-Datei zugänglich; freundlicherweise im August 2009 erhalten von
Michael Simons in Tucson, AZ/USA - Nachkomme von Bernhard
Simon) |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 131-132. |
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 165 (mit weiteren Literaturangaben).
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Gensingen Hesse. Established
in 1804, the community numbered 38 (3 % of the total) in 1900. All the Jews left
by October 1939.
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