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Ebelsbach (Kreis
Haßberge)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Ebelsbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1939. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück. 1683
lebten mindestens vier jüdische Familien am Ort. Die insbesondere von der
Adelsfamilie von Rotenhan im Ort aufgenommenen jüdischen Familien wohnten
überwiegend in dem bis heute sogenannten Judenhof, wo sich auch die
Einrichtungen der Gemeinde befanden. Das Grundstück des Judenhofes war im
Eigentum der Familie von Rotenhan. 1731/32 waren elf jüdische
Familie im Ort ansässig.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1810 133 jüdische Einwohner (30,1 % von insgesamt 442), 1814 147
jüdische Einwohner (ein Drittel der Ortsbevölkerung), 1867 93 (19,9 % von
468), 1880 84 (15,8 % von 532), 1900 54 (9,6 % von 565), 1910 34 (5,4 % von
628). Durch die Auswanderung nach Nordamerika ging bereits Mitte des 19.
Jahrhunderts die Zahl der jüdischen Einwohner stark zurück.
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 wurden in Ebelsbach auf
insgesamt 30 Matrikelstellen (einschließlich drei Ergänzungen bis 1822)
die folgenden jüdischen Familienvorstände (mit neuem Familiennamen und
Erwerbszweig) genannt: Nathan Wolf Hellmann (Viehhandel), Lazarus Wolf Hellmann
(Viehhandel), Israel Seligmann Mai (Warenhandel), Gerst Seligmann Mai (geringer
Warenhandel), Gutmann Loeser Bettmann (Schmushandel), Lazarus Laemlein Baumann
(Schnittwarenhandel), Simon Seligmann Mai (Schnittwarenhandel), Isaac Magol
Bloch (Handel mit altem Eisen), Aron Liebmann Frank (Schnitthandel), Gumpers
Salomon Kohn (Viehhandel), Loeb Seligmann Goldschmitt (Viehhandel), Gabriel Wolf
Wollmann (Leinwarenhandel), Seligmann Abraham Baum (Schnitthandel), Israel
Hirsch Eck (Schnitthandel), Samuel Israel Rosenbacher (Betthandel und
Schlachten), Hirsch Moses Stein (gest. 1817), Hirsch Israel Rosenbacher
(Schlachten), Gutmann Seligmann Goldschmitt (Handel mit alten Kleidern), Pfeifer
Seligmann Bachmann (Schnitt- und Warenhandel), Seligmann Süssel Bachmann
(Schnitt- und Dürrenobsthandel), Joseph Loeb Braun (Spezereihandel und
Schlachten), Abraham Jacob Baum (ohne Erwerb, alt), Mindel, Witwe von Seligmann
Nathan Goldschmitt (ohne Erwerb), Moses Simon Fried (Viehhandel), Giedel, Witwe
von Simon Maier (lebt von Almosen), Nathan Laemlein Fleischmann (Schmuser),
Laemlein Fleischmann (Metzgerei, seit 1822), Marx Mai (Gold- und
Silberarbeiterprofession, seit 1823), Sussmann Rosenbacher (Metzgerei), nicht in
der Liste aufgenommen: Gumpel Nathan (Handel mit
Galanteriewaren).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), ein Gemeindehaus
mit Schulraum für den Religionsunterricht sowie ein rituelles Bad (1841 neu
errichtet). 1850 hatte die jüdische Schule 39 Schüler. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Limbach
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Die Gemeinde
gehörte zum Distriktsrabbinat Schweinfurt.
Seit Anfang des 20. Jahrhunderts hatte die Gemeinde Ebelsbach keinen eigenen
Lehrer mehr (vgl. jedoch 1904 noch die Nennung eines Lehrers Wolfromm in
Ebelsbach s.u.). Danach kam der jüdische Lehrer Moritz Hammelburger aus Haßfurt
nach Ebelsbach, um den Religionsunterricht zu erteilen.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Gefreiter Wilhelm
Fried (geb. 22.4.1877 in Ebelsbach, vor 1914 in Leipzig wohnhaft, gef.
25.1.1916).
Um 1924, als noch 28 Personen zur jüdischen Gemeinde gehörten (4,2 %
von insgesamt 670), waren die Vorsteher der Gemeinde Nathan Fleischmann
und S. Hellmann. Auch 1932 war Nathan Fleischmann Gemeindevorsteher, als
Schatzmeister war S. Rosenbacher tätig. Noch ein jüdisches Kind erhielt
damals Religionsunterricht.
1933 lebten noch 27 jüdische Personen in Ebelsbach. Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien verließen
bald die ersten von ihnen den Ort. Bis zum Sommer 1938 verzogen 21 in
andere Orte in Deutschland (u.a. neun nach Bamberg, fünf nach Berlin), zwei
emigrierten nach Holland, einer nach Frankreich, einer in die USA. Am 15.
April 1939 verließ der letzte jüdische Einwohner Ebelsbach.
Von den in
Ebelsbach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jette Bachrach
1852), Jakob Bettmann (1873), Meta Blume geb. Gutmann (1890), Amalie Dessen
(1865), Nathan Fleischmann
(1874), Siegfried Fleischmann (1905), Justin Gerstner (1921), Franziska Heumann geb. Fried (1875),
Adolf Kohn (1868), Getti Löwentritt (1878), Gretchen Meyer geb. Hellmann
(1860), Ernst Oppenheimer (1924), Gustav Oppenheimer (1881), Josef Oppenheimer
(1869), Fanny
Schweitzer geb. Fleischmann (1855), Edith Ullmann geb. Fleischmann (1912).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
25-jähriges Amtsjubiläum des Gemeindevorstehers Benny
Bettmann (1904)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Februar 1904: "Ebelsbach,
1. Februar (1904) (Ehrung). Am letzten Samstag wurde in ehrender Weise das
25-jährige Amtsjubiläum des verdienstvollen Vorstehers der hiesigen
Synagogengemeinde, des Herrn Benny Bettmann, dessen klangvoller
Name weit über das Weichbild des Ortes bekannt ist, gefeiert. Beim
Morgengottesdienste in der festlich geschmückten Synagoge würdigte der
geistliche Führer der Gemeinde, Herr Rabbiner Dr. Stein, in einer
wohldurchdachten, schwungvollen Rede das rege Interesse, das der Jubilar
dem Wohle der Kommune stets entgegenbrachte. Unter Zugrundelegung des
Ausspruches: 'Sei von Aharons Schülern Friede liebend etc.', nannte er
den wackeren Vorsteher einen Menschenfreund, einen Friedensliebenden, weil
er jede Spaltung der Gesamtheit vermied. Nach Beendigung des Gebetes begab
sich die ganze Gemeinde in die Wohnung des Gefeierten, wo Lehrer
Wolfromm in kernigen Worten die innigsten Glückwünsche der Gemeinde
zum Ausdruck brachte, und als äußeres Erinnerungszeichen dankbarer
Anerkennung derselben, einen wertvollen Pokal überreichte. Alsdann
ergriff Dr. Stein nochmals das Wort, übergab eine nach künstlerischem
Geschmack ausgeführte Adresse mit entsprechender Widmung. Mit dem
Gleichnisse vom fruchtbaren Baume in der Wüste, den ein müder Wanderer
segnete, beschloss er seinen Segenswunsch. Durch die zahlreichen Beweise
aufrichtiger Liebe und dankbarer Verehrung, abgesehen von den vielen
eingelaufenen Gratulationen, wurde der Gefeierte sichtlich gerührt und
sprach in schlichten, bescheidenen Worten seinen herzlichen Dank aus, mit
der Bemerkung, die hohe Wertschützung übersteige das Maß seiner
Verdienste. - Möge es dem Herrn Jubilar vergönnt sein, noch viele, viele
Jahre zum Heile der Allgemeinheit, wie zur eigenen Befriedigung weiter zu
wirken, dem Judentum zum Heil. Das walte
Gott." |
Aus der Familiengeschichte
Ergänzende Informationen zur Familie von Siegfried
Rosskamm aus Ebelsbach (1870-1938)
Joan Salomon (drjoansalomon[et]gmail.com) teilt uns mit Schreiben
vom 23. August 2013 mit: "In the page Limbach
juedischer Friedhof is a photo of the grave of Siegfried Rosskamm aus
Ebelsbach. He is my great uncle - one of my grandmother's four siblings. I think he is the
oldest. He was married twice; he had four children with his first wife, Gretchen
nee Fleischmann, who is also buried in the Limbach cemetery and two of those
children, Sam Rosskamm and Karolina Rosskamm emigrated to New York during the
holocaust, and spent the rest of their lives here. Sam was a printer and Karolina was a
nurse, both never married, and both were first cousins of my mother. Karolina gave one of the affidavits of support for my mother to come here and she also paid for the passage on the ship for my
mother. I just recently researched this entire side of my family, and found the graves of Sam and Karolina. The cemetery is near my
house...
Of the five Rosskamm siblings, my grandmother and her sister Johanna perished in the
holocaust. Siegfried survived and never left Germany (as you know), Benjamin came to New York in 1941 with his
wife, son and daughter in law, and Philippine married a fellow named Eisenberg and had a daugher who moved to Israel. I don't know what happened to Philippine and her
husband." |
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Rechts: Grabsteine
von
Sam Rosskamm und
Karolina Rosskamm (USA) |
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Zur Geschichte der Synagoge
Ein Betsaal war vermutlich bereits Ende des 17. Jahrhunderts
vorhanden. Eine Synagoge wurde um 1715 erbaut und 1749 erweitert.
Der Toraschrein der Synagoge stammte aus der Mitte des 18. Jahrhunderts. Die
Synagoge war bis in die 1930er-Jahre Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens.
Auf Grund des Wegzuges der jüdischen Einwohner wurde die Synagoge vermutlich um
1935 geschlossen und verkauft.
Über Vorkommnisse beim Novemberpogrom 1938 liegen keine Informationen
vor. Die Ritualien der Synagoge, die zuvor nach Schweinfurt
gebracht worden waren, wurden dort beim Novemberpogrom 1938 zerstört.
Adresse/Standort der Synagoge: Judenhof
1 (alte Anschrift: Hauptstraße 45)
Fotos
(Fotos der historischen
Judaica von Theodor Harburger, Aufnahmedatum 3.6. und 11.8.1929; Quelle: Central Archives for the
History of the Jewish People, Jerusalem; veröffentlicht in Th.
Harburger: "Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern.
1998 S. 167-170; neue Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 9.4.2007)
Historische Judaica aus
Ebelsbach
(aufgenommen 1929) |
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Etrog-Behälter aus dem
Privatbesitz von
Nathan Fleischmann (Zinn; Nathan Fleischmann
ist unter
den Umgekommenen der NS-Zeit s.o). |
Etrog-Behälter aus dem
Privatbesitz von
Marie Hellmann (Nürnberger Arbeit
1. Hälfte 18.
Jahrhundert) |
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Hochzeitsring aus
dem Privatbesitz von Marie Hellmann (Gold,
mit den Namen von Hirsch und
Breinle) |
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Der ehemalige Judenhof,
Mittelpunkt
des jüdischen Gemeindelebens |
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Blick über den ehemaligen
Judenhof mit den Mauerresten der ehemaligen Synagoge (?) |
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Gedenkstein mit
Inschrift: "Zum Gedenken an die jüdische Gemeinde unseres Ortes, die
seit dem 18. Jahrhundert ansässig war. Hier gab es eine Synagoge, ein
Ritualbad sowie ein Gemeindehaus mit Schulraum für den
Religionsunterricht. Während der Verfolgung durch die Nationalsozialisten
verließen die letzten Ebelsbacher Juden 1939 den Ort. Wie viele von ihnen
in den Konzentrationslagern umkamen, ist nicht bekannt. Den Toten zur
Ehre, den Lebenden zur Mahnung". |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 284-285. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 47. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 379-380.
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| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 112-113. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Ebelsbach, Lower Franconia.
A Jewish community existed at least from the mid-18th century. The Jewish
population stood at 133 in 1810 (total 442) and thereafter declined steadily to
27 in 1933. Most Jews left for other German cities before Kristallnacht
(9-10 November 1938), including nine to nearby Bamberg. The last Jew left
Ebelsbach in April 1939.
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