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Friedhöfe in der Region"
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Georgensgmünd (Kreis
Roth bei Nürnberg)
Jüdischer Friedhof
Dokumentation des Friedhofes von Peter Kuhn
siehe unter Literatur
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
Siehe Seite zur Synagoge in Georgensgmünd
(interner Link)
Zur Geschichte des Friedhofes
(Foto: Historische Ansichtskarte aus der Sammlung von Peter Karl
Müller, Kirchheim/Ries)
Den jüdischen Friedhof ließ der
markgräfliche jüdische Hofbankier Jakob aus Roth nach 1580 anlegen. Jakob
aus Roth hatte bereits 1542 das Friedhofsgrundstück auf dem Georgensgmünder "Thalbuck"
erworben. Der
Friedhof diente in der Folgezeit neben Georgensgmünd den jüdischen Gemeinden Windsbach, Thalmässing,
Hilpoltstein, Roth und Schwabach als Begräbnisstätte. Im Jahr 1718 wurde der
Friedhof erstmals erweitert. Die nächsten Erweiterungen wurden 1734 und 1741
vorgenommen. Im 19. Jahrhundert
erreichte der Friedhof nach nochmaligen Erweiterungen seine heutige Fläche von 117,60 ar.
Der Friedhof ist mit einer massiven Steinmauer umgeben. Etwa 1.800 Grabsteine sind
erhalten, davon ca. 1.263 im alten und 503 im neuen Teil. Der älteste erhaltene
Grabstein ist von 1596, ein weiterer von 1605 (für den zwischen Steinhart und Trendel am 26. Dezember
1605 ermordeten Isak, Sohn des Joel). Als letzter wurde 1948 ein Schwabacher KZ-Überlebender
beigesetzt.
Das Taharahaus links neben dem Eingang (mit Tahara-Raum,
Warteraum für Männer, Dienstwohnung für den Friedhofswärter und Warteraum
für die Frauen im Obergeschoss) von 1723 ist erhalten. Es steht an der Stelle
eines älteren Taharahauses ("ein kleins Häußlein", das gegen 1630
erbaut worden war). Das Gebäude und den eigens gegrabenen
Grundwasserbrunnen spendeten zwei reiche Rabbiner aus Schwabach. In dem
zweigeschossigen Gebäude befanden sich neben dem Leichenwaschraum mit Brunnen
je ein Trauerraum für Männer (unten) und Frauen (oben) sowie eine
Dienstwohnung für den Friedhofswärter (oben). 1890 wurde ein
hölzerner Vorbau errichtet.
Inschrift der Tafel am Friedhofsgebäude aus dem Jahr 1723 (Stiftertafel): "Die
wohlhabenden Brüder, geehrter Herr Rabbiner Joseph Jossele und sein Bruder,
geehrter Herr Rabbiner Moshe - sie sollen beide gesund sein - beide Söhne des
Herrn Abraham Shemuel von Schwabach, haben freigebig von ihrem Vermögen gegeben
zu errichten dieses Gebäude zu Ehren des allmächtigen Gottes, er soll gesegnet
sein, und zu Ehren der Menschheit.
Der geehrte Herr Rabbiner Joseph hat diese Grube graben lassen, in welcher
Wasser enthalten ist. Er hat alle Ausgaben aus seiner Tasche bezahlt. Das Haus,
welches der geehrte Herr Rabbiner Moshe und seine Frau Serle - sie soll lange
leben - bauen haben lassen mit all den Räumen im oberen Stockwerk - für
Männer und Frauen besonders abgeteilt - und das Tahara-Haus im unteren
Stockwerk, zusammen mit ... für alle ... im Haus, ist alles aus deren eigenem
Vermögen bezahlt worden.
Möge es niedergeschrieben werden auf diesen Stein, dass dieses Gebäude
bestehen soll für Generationen nach ihnen. Und als Belohnung für all dieses,
sollen sie alle haben ein langes Leben, sie und ihre Frauen und Kinder und
Kindes-Kinder in Freude und Zufriedenheit. Amen - Selah".
Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde der Friedhof unter dem
damaligen Kultusvorstand der Gemeinde Schwabach,
Herrn Grünbaum restauriert. Grünbaum war längere Jahre Vorsteher des
Friedhofverbandes Georgensgmünd.
Die ersten Schändungen des Friedhofes waren vor Beginn der NS-Zeit im Januar
1930 (siehe Berichte unten).
Aus der Geschichte des Friedhofes
Der Schwabacher Kultusvorstandes Grünbaum
und sein Engagement für den Friedhof in Georgensgmünd (Bericht von 1891)
- Grünbaum war
tätig in vielen Ämtern der jüdischen Gemeinde (Kultusvorstand, Beschneider,
ehrenamtlicher Vorbeter, Vorsteher des Friedhofsverbandes Georgensgmünd) und
der Stadt Schwabach (Mitglied des städtischen Gemeindekollegiums, Vorstand der
Feuerwehr).
Artikel
aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. November 1891:
"Schwabach, 4. November (1891). Heute ist Herr Grünbaum,
Kultusvorstand hier, nach Nürnberg übergesiedelt und wird der Verlust
dieses Mannes hier allgemein empfunden und bedauert. Denn Herr Grünbaum,
ein Mann von scharfem Verstande und eminenter Arbeitskraft, ist ein Wohltäter
und ein gottesfürchtiger Sohn der Tora im eigentlichen Sinne des
Wortes, der jedem mit Rat und Tat beistand. Er ist Mohel
(Beschneider) und war
seit
mehreren Jahren war er Kassier, dann Kultusvorstand hier und Vorstand des
Friedhofsbezirkes (gemeint der Verbandsgemeinden zum Friedhof
Georgensgmünd) und versah alle diese Ämter mit Umsicht,
Gewissenhaftigkeit und in selbstloser Weise.
Als Kultusvorstand verdankt ihm die israelitische Gemeinde hier materiell
sehr Vieles und er bewirkte es, dass die städtische Gemeinde für den
Religionsunterricht Lokal und Beheizung stellt und einen jährlichen
Beitrag von 100 Mark an die jüdische Gemeinde beisteuert. Durch Klugheit,
Offenheit und unparteiisches Vorgehen ist es ihm gelungen, den
Frieden in der Gemeinde während der ganzen Zeit seiner Vorstandschaft
aufrecht und Ruhe und Ordnung während des Gottesdienstes zu erhalten.
Sein Verdienst war es zunächst, Mittel zu beschaffen zur Restaurierung
des Friedhofes
in Georgensgmünd, welcher sich in sehr misslichen Zuständen befand
und neue Statuten für für den Verband zu entwerfen.
Herr Grünbaum hatte auch die Kasse für durchreisende, jüdische Arme;
die Armen waren seine Hausgenossen und er sorgte auch dafür, dass
dieselben auch bei anderen Leuten Unterkunft und Beköstigung erhielten.
Bei all diesen guten Werken stand ihm seine fromme und biedere Gattin als
wahre Gehilfin zur Seite. Die hiesige israelitische Gemeinde wusste aber
auch die großen Verdienste ihres Vorstandes gebührend zu würdigen; denn
am vergangenen Freitag Abend überrascht die Mehrzahl der
Gemeindemitglieder Herrn Grünbaum in seiner Wohnung, überreichten ihm
einen prächtigen silbernen Pokal und drückten mit warmen tiefgefühlten
Worten den Dank der jüdischen Gemeinde aus. In welcher Achtung Herr Grünbaum
bei seinen nichtjüdischen Mitbürgern dahier stand, geht daraus hervor,
dass derselbe in das Gemeindekollegium und zum Vorstande der freiwilligen
Feuerwehr gewählt worden ist. Der Vorstand des Gemeindekollegiums sprach
in öffentlicher Sitzung Herrn Grünbaum den Dank der Gemeinde für sein
ersprießliches Wirken im Dienste der Gemeinde aus und das
Gemeindekollegium gab seine Zustimmung durch Erheben von den Sitzen zu
erkennen. Die beiden städtischen Kollegien veranstalteten Herrn Grünbaum
zu Ehren eine Abschiedsfeier, bei welcher Gelegenheit Herr Bürgermeister
Bohl und Herr Landrat Wiesner Herrn Grünbaum feierten und sein objektives
Wirken und seine eminente Arbeitskraft besonders hervorhoben, und die
freiwillige Feuerwehr ehre die Verdienste ihres scheidenden Vorstandes
durch Überreichung eines Diploms als Ehrenmitglied.
Man sieht also, dass man streng gläubiger Jude sein und dennoch in großer
Achtung bei seinen nichtjüdischen Mitbürgern stehen kann; ferner, dass
der Antisemitismus Gott sei Dank hier keinen Boden hat und dass hier
Frieden und Eintracht zwischen den verschiedenen Konfessionen herrscht.
Möge Herr Grünbaum in seinem neuen Domizil die Liebe und Hochachtung
finden, die er sich in so hohem Maße erworben hatte und möge er und
seine werte Familie stets recht glücklich sein: der Dank und die besten Wünsche
der Bewohner Schwabachs werden ihn stets begleiten." |
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Ausschreibung der
Friedhofdiener-Stelle 1902 |
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. April 1902: "Friedhofdiener-Stelle.
Die durch Ableben erledigte Stelle eines Friedhofsdieners in Georgensgmünd
soll wieder besetzt werden. Der fixe Gehalt beträgt 400 Mark etwaige
Nebenverdienste ungefähr 200 Mark, außerdem kann die Stelle eines
Gemeindedieners der Kultusgemeinde in Georgensgmünd gegen entsprechende
Bezahlung mit übernommen werden.
Bewerber, welche kleine Familie haben und nebenbei ein Handwerk, wie
Buchbinderei, Glaserei etc. betreiben können, erhalten den Vorzug.
Gesuchen wollen bis spätestens 1. Mai unter Angabe der bisherigen
Lebensstellung und unter eventueller Beilegung von Zeugnissen an den
unterfertigten eingereicht werden.
Der Kreisvorstand der vereinigten Friedhofsgemeinden: Ludwig Herrmann,
Schwabach." |
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Über die Beisetzung von
Rabbiner Salomon Ansbacher aus Nürnberg im Friedhof Georgensgmünd am 4.
Oktober 1911 siehe auf
der Seite zu Veitshöchheim. |
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Friedhofschändung am 21. Januar 1930:
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Presseartikel
(es war die 78. Schändung eines jüdischen Friedhofes in Deutschland seit
den 1920er-Jahren; Artikel in der Jüdisch-liberalen Zeitung vom 5.
Februar 1930 und der Zeitschrift des "Centralvereins" 31. Januar
1930): "Am 21. Januar (1930) werden auf dem israelitischen Friedhof
Georgensgmünd bei Nürnberg Grabsteine umgeworfen, beschädigt und
beschmutzt. Ein Polizeihund nimmt die Spur der Täter auf, verliert sie
aber wieder, und so konnten sie bisher noch nicht festgenommen werden. Die
nationalsozialistische Ortsgruppe Georgensgmünd hat hundert Mark
Belohnung für die Auffindung des Täters ausgesetzt. Sie will damit
offenbar deutlich von der Tat und dem Täter abrücken. Sie hat das umso
mehr nötig, als Georgensgmünd einer der Orte ist, wo die
nationalsozialistische Bewegung stark agitiert und der ‚Stürmer’
viele gelesen wird. Hoffentlich wird hier die Auffindung des Täters die
Schuldfrage klären." |
Friedhofschändung
am 28./29. Januar 1930: |
Artikel in der Zeitschrift des Centralvereins (CV-Zeitung) vom
21. Februar 1930: Friedhofsschändung in Georgensgmünd. In Nr. 5 der 'C.V.-Zeitung'
vom 31. Januar dieses Jahres meldeten wir eine Friedhofsschändung, die am 21.
Januar auf dem israelitischen Friedhof Georgensgmünd bei Nürnberg verübt
worden war. Damals wurden Grabsteine umgeworfen, beschädigt und beschmutzt. Zu
unserem größten Schmerze müssen wir heute mitteilen, dass wenige Tage später
der gleiche Friedhof in weit schlimmerem Maße beschädigt wurde. In der Nacht
vom 28. zum 29. Januar wurde an einem Grabstein die hebräische Inschrift
herausgebrochen, dafür wurden, wie aus dem oben stehenden Bilde ersichtlich,
die Worte 'Sara, Du stinkst' eingekratzt. Bei zwei weiteren Grabsteinen wurde
das Wort 'Sau' ebenfalls mit einem spitzen Gegenstand eingekratzt. Obschon
sofort nach Entdeckung der Tat die Ortsgendarmerie und Kriminalbeamte der
Polizeidirektion Nürnberg die Verfolgung aufnahmen, auch Fingerabdrücke
festgestellt und ein Polizeihund auf die Spur gesetzt wurde, konnten die Täter
noch nicht ermittelt werden." |
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Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
Februar 1930: "Friedhofsfrevel (Berichte des Schwabacher Tagblatts).
Georgensgmünd, 22. Januar (1930). Von gemeiner Hand wurden in der
vergangenen Nacht im hiesigen israelitischen Friedhof Grabsteine
umgeworfen und Grabsteinaufsätze demoliert. EIn von der hiesigen
Kultusgemeinde requirierten Polizeihund hat zwar sofort die Spur
aufgenommen, aber schon mehrere Personen die Wegstrecke passiert hatten,
hat der Polizeihund versagt, sodass bis jetzt der Täter nicht ermittelt
werden konnte. Die hiesige Ortsgruppe der Nationalsozialistischen
Arbeiterpartei hat auf Ergreifung der Täter eine Belohnung von 100
Reichsmark ausgesetzt.
Georgensgmünd, 2. Februar (1930). Zu der bereits gemeldeten
Friedhofschändung auf dem hiesigen israelitischen Friedhof hat sich nun
ein zweiter Fall angereiht; so wurden von Grabsteinen Platten losgelöst
und mit unflätigen Worten beschmiert. Eine am vergangenen Mittwoch sofort
gerufene Kriminalpolizeigruppe hat an Ort und Stelle Fingerabdrücke
gemacht und mit zwei Polizeihunden gearbeitet. Die beiden Polizeihunde
haben sonderbarerweise die gleiche Spur - wie der Polizeihund solche beim
erstenmal nahm - wieder aufgenommen. Doch konnte ein positives Ergebnis
zur Feststellung des oder der Täter nicht herbeigeführt werden.
Hoffentlich wird es doch gelingen, des Täters noch habhaft zu
werden.
Die Verwaltung des israelitischen Bezirksfriedhofes Georgensgmünd hat
auch die Ergreifung des oder der Täter der verschiedenen
Friedhofschändung eines Belohnung von 300 Reichsmark
ausgesetzt." |
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Lage des Friedhofes
Der Friedhof befindet sich am nordwestlichen Ortsrand von
Georgensgmünd, erreichbar vom Haus mit der Adresse "Judenbastei 9"
(früheres Taharahaus).
Pläne / Fotos
(Pläne aus: Georgensgmünd. Juden in Georgensgmünd
(Kurzinformation), hg. im Oktober 1987. Gestaltung und Text: Friedrich Glenk;
Fotos: Historische Aufnahme von Theodor Harburger aus: Inventarisation jüdischer Kunst-
und Kulturdenkmäler Bd. 2 S. 227; Aufnahmedatum 18.8.1928; Original der Fotos in den Central
Archives Jerusalem); neue Fotos: Hahn, Aufnahmedatum: 30. Juli 2006).
Pläne des Friedhofes |
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Gesamtplan mit altem und
neuem
Friedhofsteil |
Karte des neuen
Friedhofsteiles |
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Historische
Ansichtskarte mit Friedhof und Taharahaus
(aus der Sammlung Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries) |
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Ansicht wie oben, jedoch
vergrößerte Darstellung |
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Der Friedhof am 18. August
1928
- Teilansicht |
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Tahara-Haus
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach) |
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Eingang zum Friedhof mit
Tahara-Haus |
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Fotos von 2006 |
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Der Weg zum Friedhof führt
über die "Judenbastei" |
Eingang zum
Friedhof
mit Tahara-Haus |
Taharahaus |
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Hinweistafel |
Stiftertafel von
1723
(Übersetzung siehe oben) |
Alter Grabstein |
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Teilansichten des
Friedhofes |
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Teilansichten
des Friedhofes |
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Grabstein mit
Einschusslöchern (?) |
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Blick auf Georgensgmünd
vom
Friedhof |
Im neueren Teil |
Erweiterungsfläche des
Friedhofes mit
den letzten Gräbern der 1930er-Jahre |
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Gräber für
Johanna Schweizer
geb. Schweizer aus Windsbach und Julie
Bär geb. Weinschenk aus
Windsbach |
Gedenkstein für in der
NS-Zeit
Umgekommene aus der
Familie Weinschenk |
Grabstein für die letzte
Beigesetzte:
"Jetel" (gest. 1948) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
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