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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Richen (Stadt Eppingen, Landkreis Heilbronn)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zur Kurpfalz gehörenden
Richen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1935. Ihre Entstehung geht in die
Zeit um 1700 zurück. Um 1722 waren sechs jüdische Familien mit zusammen 30
Personen am Ort, 1743 und 1764 jeweils elf Familien mit zusammen über 50
Personen.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1825 124 jüdische Einwohner (17,5 % von insgesamt 708 Einwohnern); die
höchste Zahl um 1841 mit 169 Personen (etwa
20 Prozent der Ortsbevölkerung). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts
ging die Zahl schnell zurück: 1875 103, 1900 nur noch 34 jüdische Einwohner. Die jüdischen Familien lebten
bis weit ins 19. Jahrhundert fast ausschließlich vom Handel mit
Vieh, Pferden, Wolle, Häuten und Lumpen.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule (Religionsschule im Synagogengebäude) sowie ein rituelles Bad
(hinter dem Haus Hintergasse 15, besteht nicht mehr). Die Toten der Gemeinde
wurden auf den jüdischen Friedhöfen in Heinsheim und Waibstadt, seit 1819 in
Eppingen beisetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein
Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (bereits
1730 wird ein Rabbiner, 1749 ein "Judenschulmeister" genannt). 1827 wurde die Gemeinde dem Bezirksrabbinat Bretten zugeteilt.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Wilhelm
Freudenthaler (zuletzt wohnhaft in Frankfurt am Main). Sein Name steht auf dem
Denkmal für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges auf dem jüdischen Friedhof
in Eppingen.
1933 lebten noch 15 jüdische Personen in Richen. Bis dahin waren in jüdischem Besitz
u.a. die Viehhandlung Adolf und Leopold Dreifuß (Ittlinger Straße 27) und die Koschere Metzgerei Aaron Freudenthaler (Hintergasse 15)
sowie die Getreide- und Futtermittelhandlung Josua Haber. Auf Grund der Folgen
des wirtschaftlichen Boykotts und der zunehmenden Repressalien verzogen die
jüdischen Einwohner von Richen oder wanderten aus, darunter Adolf Dreyfuß mit
seiner Familie nach Palästina. Andere verzogen in die USA oder nach
Argentinien. Beim Novemberpogrom 1938 war nur noch Betty Eppsteiner in
Richen. Sie wurde im Oktober 1940 von Karlsruhe aus nach Gurs deportiert.
Von den in Richen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Alfred Dreifuss (1911),
Gustav Dreifuss (1872), Sofie Dreifuß (1876), Betty Eppsteiner (1882), Wolf
Hanauer (1866), Emil Rothschild (1857), Mina Rottenberg geb. Hanauer
(1881).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
In Richen kam es zu Ausschreibungen im Revolutionsjahr
1848 (1848)
Anzeige in
der "Karlsruher Zeitung" vom 16. März 1848: "Sinsheim.
Erklärung.
Nach Nr. 85 des Landtagsboten wird von dem Herrn Abgeordneten Bassermann
unter den Ortschaften, wo Gewalttätigkeiten gegen Juden vorgekommen sein
sollen, auch Sinsheim genannt. Ob nun Dieses einem Versehen irgend
zuzuschreiben ist, oder ein falsches Gerücht zum Grunde hat, erachten sich
die Unterzeichneten zur Ehre der hiesigen Einwohnerschaft, sowie zur
Beruhigung ihres sehr verehrten Herrn Abgeordneten Bassermann zu folgender
Kundgebung verpflichtet:
Hier in Sinsheim ist nicht das mindeste
Beklagenswerte vorgefallen, und auf keine Weise das gute Einvernehmen der
hiesigen Bürgerschaft unter Christen und Juden einen Augenblick gestört
worden. Im Gegenteil ist der gute Sinn der hiesigen Einwohnerschaft nicht
genug anzuerkennen. Vom ersten Augenblicke an wurden die möglichsten
Einleitungen getroffen und zwar unter gemeinschaftlicher Mitwirkung von
allen Konfessionsangehörigen, jedem Versuche von Ruhestörung jeder Art aufs
kräftigste zu begegnen. Überhaupt hat man in hiesiger Nähe,
Neckarbischofsheim und
Richen ausgenommen nicht
die geringste unangenehme Vorfallenheit zu beklagen.
Sinsheim, den 13. März 1848. Der Synagogenrat: H. Freidenberger. S.
Reinach. A. Zimmern." . |
Bericht des Pfarrverwalters Singer über Reformen im
jüdischen Gemeindeleben (1839)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. November
1839: "Karlsruhe, 24. Oktober. Die hiesige Zeitung enthält
Folgendes:
Richen, Amts Eppingen. Auch dahier schreitet die israelitische
Gemeinde in religiöser Bildung rasch voran, wovon ich mich am jüngst
verflossenen Vorabend des Versöhnungstages zu meinem Vergnügen erfreute.
Die neu eingerichtete Synagoge, die Ordnung in derselben, die äußere
Andacht beim Gebete und der erhebende Vortrag des Vorbeters, eines
hiesigen Privatmannes, alles zeigte, dass die ganze Gemeinde die Bedeutung
dieses hochwichtigen Tages im wahren Geiste erfasst hatte. Am meisten aber
erfreute mich die gehalt- und geistvolle Rede, welche der neu angehende
Rabbinatskandidat Herr Abraham Dreyfuß, der erst dieses Spätjahr seine
Studien auf der Universität Heidelberg vollendete, für das hohe Fest
ganz geeignet in einem würdevollen Vortrag an seine Glaubensbrüder
hielt. Möchte dieser junge Mann und Ihm ähnliche Subjekte recht bald zu
einer Anstellung gelangen, sie würden gewiss unter ihren Glaubensgenossen
mit Segen und Gedeihen wirken. Singer, Pfarrverwalter." |
Die Auflösung der Gemeinde Ende
1935
Artikel
in der Zeitschrift des Central-Vereins ("CV-Zeitung" vom 9.
Januar 1936: "Die Auflösung der Kleingemeinden. Der Oberrat
der Israeliten Badens gibt bekannt, dass mit Genehmigung des
Staatsministeriums und des Synodalausschusses die israelitischen Gemeinden
Michelfeld und Richen
aufgelöst worden sind.
Gleichzeitig wird bekannt gegeben, dass aus den Beständen aufgelöster
Gemeinden vom Oberrat Torarollen verwahrt werden, die anderen Gemeinden
überlassen werden können. Der Oberrat bittet weiterhin bei der
Auflösung von Gemeinden und bei der Abwanderung jüdischer Familien zu
berücksichtigen, dass jüdische und hebräische Bücher, die von den
Betreffenden nicht weiter verwendet werden können, wertvolle Dienste in
Schulen, Bünden usw. leisten können. Der Oberrat hat in Karlsruhe eine
Büchersammelstelle eingerichtet, die die Sichtung und die Weitergabe
solcher Bücher vornehmen soll." |
|
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 8. Januar 1936:
"Zwei jüdische Kleingemeinden in Baden aufgelöst. Karlsruhe.
Der Oberrat der Israeliten Badens gibt bekannt, dass mit Genehmigung des
Staatsministeriums und des Synodalausschusses die israelitischen Gemeinden
Michelfeld und Richen
aufgelöst worden sind." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod des Mohel (Beschneiders) Daniel Schwarzschild (1868)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Mai 1868: "Richen
(Großherzogtum Baden). Am letzten Tag des Pessachfestes starb dahier Herr
Daniel Schwarzschild, ein in unserer Gemeinde und in der weiten Umgegend
wegen seiner Frömmigkeit allgemein geachteter und beliebter Mann. Der
Verstorbene verbrachte stets einen großen Teil des Tags und der Nacht mit
dem Studium in der heiligen Tora, die immer seine Lieblingsbeschäftigung
war. Er war Mohel in mehr denn 15 Gemeinden und wird sich die Zahl der
Kinder, an denen er die Bescheidung vollzogen, auf nahe an 1.000 belaufen.
Der Verlust unserer Gemeinde und des ganzen Kreises ist umso größer, da
der Dahingeschiedene einer von den wenigen in hiesiger Gegend war, die
treue Anhänger unserer heiligen Religion, wie wir sie von unseren Vätern
ererbt haben, sind. Wenn die Reformsucht, der ebenso gefährlich, wenn
nicht noch gefährlichere Indifferentismus, die Verletzung der Sabbat- und
Speisegesetze immer mehr überhand nimmt, so schauen wir uns beim Verluste
dieses Mannes vergeblich nach Männern um, die in den Riss Stehende sein
werden. Möge dessen tief betrübte Witwe in unserer heiligen Religion,
welcher der Verblichene von ganzen Herzen angehangen, Trost finden. J.K." |
Zur Goldenen Hochzeit von Maier Hanauer und seiner Frau
(1885)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Februar 1885:
"Gemmingen, 22. Februar (1885). Am 14. Februar fand in Richen
eine seltene Feier statt, nämlich das Fest der Goldenen Hochzeit der
Maier Hanauer'schen Eheleute. Morgens, 10 Uhr, bewegte sich ein
feierlicher Zug in die festlich erleuchtete Synagoge. Voran schritten die
11 anwesenden Enkel des Jubelpaares (es hat deren 24). Dann folgte das
Jubelpaar, rüstig und gesund, wiewohl der Mann 80 und die Frau 76 Jahre
zählen. Hierauf kamen die Kinder des Ehepaares, geführt von dem
jüngsten Sohne, Herrn Lehrer Hanauer aus Neckarbischofsheim
und viele Freunde, Bekannte und Verehrer; auch viele Nichtjuden, unter
ihnen der Bürgermeister, der Ratsschreiber und die Mitglieder des
Gemeinderats. Nachdem einige Psalmen gesungen waren, überreichte der Herr
Bürgermeister im Auftrage Seiner Königlichen Hoheit, des Großherzogs,
dem Jubelpaare eine Ehrengabe. Herr Lehrer Hanauer hielt die Festrede, in
welcher er die Zufriedenheit und Bescheidenheit, die Rechtlichkeit und die
Menschenliebe, den Glauben und das Gottvertrauen seiner ehrwürdigen
Eltern schilderte. Die Rede machte auf alle Anwesenden, welche
dichtgedrängt die Synagoge füllten, einen erhebenden Eindruck. Zum
Schlusse sangen die Enkel den 150. Psalm.
An der festlichen Mittagstafel beteiligten sich auch der Bürgermeister
und der Ratsschreiber. Von allen Seiten trafen Telegramme und
Glückwunschschreiben ein; zahlreiche teils sehr wertvolle Geschenke
wurden überreicht. - Möge das würdige Jubelpaar noch lange in
Gesundheit und Zufriedenheit hienieden weilen!" |
Zum Tod von Fanny Hanauer geb. Weißbart (1889)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. April 1889: "Richen
(Baden). Am 6. März (3. Weador) ist Frau Fanny Hanauer, Gattin des Moses
Hanauer von hier, im 57. Lebensjahre zur ewigen Ruhe entschlafen, eine
Frau, die es wahrhaft verdient, dass ihr Name in diesen Blättern
rühmlich genannt werde. Die Verstorbene war eine Tochter des berühmten
Rabbi Nathaniel Gabriel Weißbart seligen Andenkens zu Allersheim
in Unterfranken und erhielt in ihrem elterlichen Hause eine sorgfältige
und religiöse Erziehung, Anleitung zu allem Guten und Edlen. Hier wurde
sie richtig vorbereitet für ihren späteren Beruf als Gattin und Mutter.
Die guten Lehren schlugen Wurzel. 24 Jahre lang hatte sie das Glück,
ihrem Manne Gattin, ihren Kindern Mutter zu sein und während dieser Zeit
hat sie mit seltener Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit ihrem Berufe
gelebt. Es war ihr nicht beschieden im Glanz und Reichtum zu leben. Doch
gerade in engen Verhältnissen zeigt sich der Wert des Menschen. Wie gut
verstand es die Entschlafene sich darein zu finden. Geschmückt mit allen
Tugenden des Weibes und zumal des jüdischen Weibes, mit
vorzüglichen |
Herzens- und Geistesgaben ausgestattet, war ihr die Ehe ein Heiligtum,
ihre Häuslichkeit ein Tempel, wo sie am liebsten verweilte, so sie
rastlos von früh bis spät mit Körper und Geist zum Wohl der Ihrigen
tätig war, den sie nie verließ, um an den Vergnügungen und
Zerstreuungen der Welt teilzunehmen, auch nicht, um der Nachbarin
Geschwätz zuzutragen. Doch, wo es galt, eine Mizwoh auszuüben, Kranke zu
besuchen, Trauernde zu trösten, Toten die letzte Ehre zu erweisen, da
wurde sie nirgends vermisst, da war ihr kein Weg zu weit. Wie gegen ihren
Gatten die treue, liebevolle Frau, so war sie auch ihren Kindern die
aufopferndste Mutter, von zärtlicher Liebe zu ihnen erfüllt. Nicht, dass
sie ihnen deswegen auch nur das Geringste nachsah, nein, kein hässliches
Wort verzieh sie ihnen; nur auf ihre Ausbildung und Erziehung bedacht,
opferte sie derselben ihr Gut und Blut. Vom Munde sparte sie es sich ab,
dass ihre Söhne bessere Schulen besuchen konnten, um es zu etwas
Tüchtigem zu bringen. Doch ihre Hauptsorge war es, dass dabei ihre
religiöse Ausbildung vor allem gefördert, dass dieselben im heiligen
Glauben gestärkt wurden. Auch ihre Töchter suchte sie zu tüchtigen
Hausfrauen auf jüdisch-religiöser Grundlage zu erziehen. Leider sollte
sie die Früchte ihrer Entsagung, ihrer Mühen nicht mehr erleben, sie
wurde abberufen, ehe die Kinder der über alles geliebten Mutter ihre
Dankbarkeit erweisen konnten, in dem Maße, wie sie es verdiente.
Wie gegen ihre nächsten Angehörigen und ihre weitere Familie, so war sie
überhaupt gegen alle Menschen von Liebe und Freundlichkeit erfüllt. Sie
beherzigte den jüdischen Grundsatz, dass Gutes zu tun nicht allein den
Reichen zukomme, und nie ließ sie sich eine Gelegenheit entgehen, durch
Wort und Tat es zu üben. Dabei tat sie es ohne jede Nebenabsicht, wie
dies ganz in ihrem Wesen lag, nur aus Freude daran, anderen sich nützlich
und gefällig zu erweisen.
Der Grundzug des Charakters der seligen Entschlafenen war Wahrheit,
Aufrichtigkeit und Treue. Nie kam ein Wort der Lüge über ihre Lippen.
Falschheit war ihrem Wesen gänzlich fremd, und wie sie gut und fromm war,
so glaubte sie auch den Maßstab an andere anlegen zu müssen: Nie hat sie
eine Beleidigung nachgetragen und lieber wollte sie vielmals Unrecht
leiden, als dass sie es einmal vergalt. dazu war sie von einer Geduld und Nachgiebigkeit
beseelt, die wahrhaft bewunderungswürdig war, und die sie manches
ertragen ließ, was sonst für Menschen nicht leicht ertragbar schien.
Dass die Verblichene, trotz ihrer großen Bescheidenheit und
Anspruchslosigkeit volle Anerkennung ihres edlen und gottesfürchtigen Lebenswandels
genoss, dass alle, die sie kannten, liebten und schätzten, das bedarf bei
einem solchen Charakter nicht mehr der Versicherung, das zeigte sich am
deutlichsten während ihres 9-wöchentlichen schweren Krankenlagers und
ihres Hinscheidens, als der Tod sie von ihrem Leiden erlöste, nachdem das
Organ, das Herz, das stets nur von Güte und Liebe überströmte, zuerst
seinen Dienst eingestellt hatte. Die Teilnahme an ihrem Begräbnis war
eine allgemeine, und Juden und Christen, bei denen die Dahingeschiedene
wegen ihrer Biederkeit in gleichem Maße beliebt war, von Nah und Fern
ließen es sich nicht nehmen, der Verstorbenen die letzte Ehre zu
erweisen.
Vor Abgang des Leichenzuges widmete der Schwager, Herr Lehrer Hanauer von Steinsfurt,
der Heimgegangenen ehrende Worte des Nachrufes, indem er die Tugenden
derselben der Trauerversammlung vor Augen führte und ihr allzufrühes
Hinscheiden beklagte. Am Grabe sprach Herr Lehrer Eichstetter von Eppingen,
indem er hervorhob, wie die selig Entschlafene die guten Lehren, die sie
im Elternhaus empfangen, zur sittlichen und religiösen Erziehung ihrer
Kinder verwertete, wie auch diese Kreise das Gute sich forterbe und immer
wieder Früchte trage. Schließlich rief der älteste Sohn der
Hingeschiedenen, Kandidat der Medizin, von tiefer Rührung ergriffen, der
geliebten Mutter den letzten Abschiedsgruß zu, indem er das Gelöbnis der
Kinder aussprach, das Andenken der seligen Mutter dadurch in Ehren halten
zu wollen, dass sie stets in dem Geiste lebten, in dem sie von der Mutter
erzogen wurden. Möge die Dahingeschiedene in einer besseren Welt für
ihren guten und frommen Lebenswandel hienieden ihren Lohn
bekommen!" |
Persönlichkeiten. Bei dem im letzten
Abschnitt genannten ältesten Sohnes von Fanny Hanauer handelte es sich
um:
Wilhelm Hanauer (1866 Richen - 1940), Mediziner, Prof. an der Universität Frankfurt am Main; setzte sich für die Tuberkulosefürsorge und die soziale Hygiene ein. |
Übersetzung der Grabinschrift für Fanny
Hanauer (jüdischer Friedhof in Eppingen
Grabstein Nr. 472 nach der Dokumentation von Bischoff/Hauke): "Hier
ruht die angesehene Frau, Frau Fanni, Frau des verehrten Moses Hanauer,
aus Richen, Tochter unserer Lehrers und Meisters, des Herrn Rabbiners
Nathaniel Gabriel Weisbart - das Andenken des Gerechten sei zum Segen -
aus Allersheim, verstorben am Mi. 3. Adar II 56489; ihren Mund öffnete
sie mit Weisheit, gottesfürchtig in ihrem Herzen, Wahrheit waren ihre
Worte, die ihr auferliegenden Pflichten waren ihr lieb, loyal gegenüber
ihrem Gatten, liebte und zog sie ihre Kinder zum Glauben hin auf,
liebenswert war sie allen wegen ihres Charakters und ihrer treffenden
Meinung, wertvoll für ihr Heim und sehr geliebt von ihren Kindern, bitter
weinen wegen ihr, oh Schwester, trauern ihre Verwandten. Ihre Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod der Witwe von Leopold Stiefel geb. Lazarus
(1899)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juli 1899: "Richen
bei Eppingen, 25. Juni (1899). In einem Zeitalter des Rückgangs echt
religiösen Lebens, erscheint es oft wie eine Oase in dürrer Wüste, wenn
sich Personen durch Tugend und Frömmigkeit und edles Wohltun besonders
auszeichnen. Zu dieser kleinen Betrachtung werden wir durch den vor kurzem
erfolgten Tod der Leopold Stiefel Wwe. von hier, geborene Lazarus,
gestorben in Königsbach bei
Pforzheim veranlasst. Dieselbe war eine wackere Frau im echten Sinne des
Wortes, eine Frau, wie sie König Salomo in den Sprüchen Kap. 31 nicht
besser zeichnen konnte. Mit einem streng religiösen Leben, zu welchem sie
durch ihr Leiborgan, den 'Israelit' stets neue Nahrung erhielt, verband
sie eine Wohltätigkeit, die oft ihre Verhältnisse überstiegen. Keiner,
der sich in dieser Beziehung an sie wandte, ging leer aus. Auch in
beratender Weise hat sie Viele auf die richtige Spur geführt. Deshalb
erwarb sie sich, sowohl hier in ihrer Heimatgemeinde, als auch in
Königsbach, wo sie die letzten fünf Jahre ihres Lebens bei ihrer Tochter
zubrachte, die Liebe und Achtung aller, die sie kannten. Ihre schweren
Leiden ertrug sie mit Geduld und Gottergebenheit, und wollte in schonender
Weise ihrer Umgebung keine Mühe verursachen. Sie ruhe in Frieden. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Verlobungsanzeige von Blanka
Dreifus und Jehuda (Julius) Nußbaum (1936)
Anzeige
in "Jüdische Rundschau" vom 3. April 1936: "Wir haben uns verlobt
Blanka Dreifus - Jehuda (Julius) Nußbaum
Herzlia (Palästina) / Richen,
Friesenheim
Herzlia bei Tel Aviv
Neukirchen, Krs. Ziegenhain
Peßach 5696" |
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
In der ersten Hälfte des 18.
Jahrhundert wurde ein Betsaal im Haus der Familie des Gerson (gest. 1742) und
seines Sohnes Samuel eingerichtet. Gerson hatte bei sich auch einen Rabbi namens
Jacob (gest. 1746) aufgenommen. 1775 wird als Rabbiner Marx Aaron genannt, das
seit 1771 als "Oberrabbiner" für die Ittlinger und Gemminger Juden
eingesetzt wurde. Ein Schulmeister wird 1749 erstmals genannt; 1788 war Hayum
Seeligmann Judenschulmeister.
1790 wurde eine Synagoge eingeweiht (Standort
Ittlinger Straße 18). Zur Einweihung waren auch die Ittlinger Juden anwesend,
zu denen wohl auch verwandtschaftliche Beziehungen bestanden. Über 140 Jahre
diente die Synagoge den jüdischen Einwohnern in Richten als gottesdienstliches
Zentrum. In den 1830er-Jahren fand eine umfassende Renovierung und
"Neueinrichtung" der Synagoge statt (vgl. Bericht oben von 1839;
möglicherweise wurden die Stehpulte durch Bankreihen ersetzt).
Nach Wegzug der meisten Juden vom Ort wurde das Gebäude 1936 verkauft
und in den 1960er-Jahren wegen Baufälligkeit abgebrochen.
Fotos
Historische Fotos:
Historische Fotos sind nicht bekannt, eventuelle
Hinweise bitte an
den Webmaster von Alemannia Judaica, Adresse siehe Eingangsseite |
Pläne/Grundrisse aus dem Jahr 1916
(Quelle: Angerbauer/Frank
s. Lit. S. 204)
|
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Plan des Synagogengebäudes:
Erdgeschoss
|
Plan des Synagogengebäudes: Betsaal
mit Schulzimmer im 1. Stock |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
(Foto links: HStA Stuttgart; rechts: Hahn, Aufnahmedatum 15.9.2003)
|
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Bauliche Situation am
Synagogengrundstück um 1964 (?).
Genauere Beschreibung ist nicht möglich
(ehemalige
Synagoge Gebäude rechts??). Wer eine genauere
Beschreibung des
Abgebildeten geben kann, bitte Hinweis
an den Webmaster von Alemannia
Judaica;
Adresse siehe Eingangsseite |
Das auf dem ehemaligen
Synagogengrundstück erbaute
Wohnhaus Ittlinger Str. 18 |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 248-249. |
| Wolfram Angerbauer/Hans Georg Frank: Jüdische Gemeinden in
Kreis und Stadt Heilbronn. 1986. S. 200-205. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Richen Baden. Jewish
settlers are first mentioned in 1722. In the early 19th century they traded in
cattle, wool and hides. Anti-Jewish rioting broke out during the revolutionary
disturbances of 1848. The Jewish population reached a peak of 103 in 1875 (total
915) but then fell to 34 in 1900 through emigration and the move to the big
cities. In 1933, 15 remained, all but one leaving by 1936.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|