Liebe Mitbrüder im priesterlichen und diakonischen Dienst,
liebe Schwestern und Brüder!
Die Partnerschaft mit der Kirche Boliviens ist für viele in unserem Bistum geradezu selbstverständlich, wenn es darum geht, Weltkirche zu leben. So ist auch für mich persönlich in verschiedenen Bezügen und Aktionen Bolivien immer wieder präsent. Aber warum ist das so? Ist es lediglich eine gute Tradition? Es könnte auch der Wunsch eine Rolle spielen, einen Hauch der Anden und der bolivianischen Folklore verspüren zu wollen. Oder es könnte darum gehen, das schlechte Gewissen angesichts der weltweiten Ungerechtigkeiten durch Spenden an interessante Projekte zu beruhigen. Hinter der Verbundenheit mit Bolivien steckt jedoch viel mehr: Diese Partnerschaft steht exemplarisch für den Anspruch, als Christ und als Ortskirche in der heutigen Zeit über den Tellerrand hinauszuschauen und den Blick zu weiten, aber auch dafür, Anteil zu nehmen angesichts der globalen Herausforderungen, sich zu beteiligen („Participatio“) und sich einzumischen für mehr weltweite Gerechtigkeit.
Die Bolivien-Kleidersammlung der Katholischen Jugend stellt ein Aushängeschild der Partnerschaft mit Bolivien dar. Diese Aktion steht zum einen für eine Entwicklung von der „Bolivienhilfe“ hin zu einer Partnerschaft auf Augenhöhe. Die Kirche Boliviens und die Kirche in unserem Bistum machen sich gemeinsam auf den Weg, und das ganz im Sinne des Konzils. Zum anderen steht diese pastorale Aktion der Bolivienpartnerschaft für vielfältige handlungsorientierte Elemente:
Es geht um ehrenamtliches Engagement: Überwiegend junge Menschen betätigen sich in ihrer Freizeit bei der Kleidersammlung, tun Gutes und haben durchaus Spaß dabei.
Es geht um Begegnung: Menschen aus den Partnerländern begegnen sich persönlich, sie „bereichern“ sich, z. B. im Rahmen von Freiwilligeneinsätzen oder Begegnungsreisen, in die eine und in die andere Richtung.
Es geht um innovative Projekte in Bolivien: Projekte – insbesondere im Erzbistum Sucre – fördern Bildung und Ausbildung von jungen benachteiligten Menschen. Auch das Thema Inklusion ist eine aktuelle Herausforderung im Partnerland. Hierbei besteht das Anliegen darin, ausgegrenzte Menschen zu stärken und ihnen eine Teilhabe an Gesellschaft und Kirche konkret zu ermöglichen. Ein weiteres Thema ist der in Bolivien deutlich spürbare Klimawandel, der beispielsweisedie effektive Speicherung und Nutzung von Regenwasser erfordert. Gerade bei diesem Thema zeigt sich: Bolivien ist nicht weit weg, sondern ganz nah.
Es geht aber auch um innovative Projekte bei uns: In einem Pilotprojekt im saarländischen Teil unseres Bistums wird als Ergänzung zu der bewährten Straßensammlung seit gut einem Jahr die Sammlung von Gebrauchtkleidung mittels Containern erprobt. Ein weiteres Beispiel ist 2nd Hemd & Hose. Bei diesem etwas anderen Kleidermarkt der Bolivienpartnerschaft geht es nicht zuletzt um eine kritische Auseinandersetzung gerade junger Menschen mit dem eigenen Konsumverhalten. Wie wird Kleidung hergestellt? Wie viel Kleidung brauchen wir? Wie entledigen wir uns ihrer? Auf diese Fragen bietet die Bolivienpartnerschaft der Katholischen Jugend im Bistum Trier, vertreten durch den BDKJ-Diözesanverband, Antworten und konkrete Handlungsansätze.
Ich danke allen, die bei der Bolivien-Kleidersammlung mit anpacken oder andere dazu motivieren. Ich danke auch allen Verantwortlichen, die organisieren, planen und für diese große und bekannte Aktion einstehen. Gleichzeitig rufe ich dazu auf: Machen Sie guten Mutes weiter, und „be-teiligen“ Sie sich!
Trier, im April 2015
Dr. Stephan Ackermann
Bischof von Trier