Franz Meures SJ Standortbestimmung des "geistlichen Prozesses" der Synode

Offen für eine neue geistliche Kreativität

P. Franz Meures SJ, geistlicher Begleiter der Synode im Bistum Trier, bei der dritten Vollversammlung am Samstag, 4. Oktober 2014, im EWerk Saarbrücken

P. Meures hat seinen frei vorgetragenen Text leicht überarbeitet und sichtbarer gegliedert.

Ich möchte am Ende dieser Vollversammlung versuchen, zu einer geistlichen Standortbestimmung zu kommen. Wo stehen wir jetzt in unserem geistlichen Suchprozess? Wo sind wir angekommen? Ich hatte vor dieser Vollversammlung dem Geschäftsführenden Ausschuss vorgeschlagen, eine kleine Hilfe für die einzelnen Synodalen zu erstellen. Diese lag in Ihren Tagungsunterlagen. „Anregungen für die Synodalen. Die Arbeit in den Sachkommissionen als geistlicher Prozess“. Diese Hinweise beziehen auf den geistlichen Prozess des Einzelnen.

Jetzt schauen wir auf den geistlichen Prozess der gesamten Synode. Ich bitte Sie, zunächst selbst 2 bis 3 Minuten in Stille auf den Verlauf dieser Vollversammlung zurück zu schauen. Am Donnerstagabend haben wir begonnen. Wie ist es uns gegangen, wie habe ich mich dabei gefühlt? Welche Eindrücke und Klänge waren da? Sehe ich Ansätze, dass wir miteinander einen geistlichen Weg gehen?

(Zeit der Stille)

Ich selbst bin erst gestern am späten Nachmittag angekommen, und insofern ist das, was ich jetzt sagen möchte, nur ein Ausschnitt einer geistlichen Standortbestimmung. Verstehen Sie es bitte nicht als „Dogma“, sondern es soll eine Einladung sein, wach bei der Frage zu bleiben: Wie gehen wir im geistlichen Suchprozess voran?

Was ist mir aufgefallen: Ich kam hier an und fand ein ruhiges, wohlwollendes Arbeitsklima. Ich habe gedacht: Donnerwetter! Das letzte Mal war es so ganz anders, da wurde mehr gerauft. Aber auch heute herrscht kein Klima, in dem nur harmonisiert würde, sondern Gegensätze wurden benannt, traten hervor, wurden diskutiert.

Ich fand Sachkommissionen, die sich zusammengefunden haben, aber noch im Prozess sind, eine Arbeitsgruppe zu werden. Die Kommissionen haben jeweils zu ihrem Thema gefunden und auch zu ihren Fragen gefunden. Sie sind arbeitsfähig geworden, vielleicht noch nicht ganz, aber auf gutem Wege. Das habe ich als erstes wahrgenommen.

„Perspektivwechsel“

Ich will zunächst etwas sagen zum Wort „Perspektivwechsel“, das den ganzen Tag über immer wieder im Raum stand, manchmal auch erwähnt als „Paradigmenwechsel“. Dazu ein Zitat aus dem Neuen Testament, Apostelgeschichte 1, 6. Es wird vor der Himmelfahrt Jesu berichtet. Jesus war den Jüngern erschienen und sprach noch mal mit ihnen. Und dann stellen die Jünger ihm die Frage: „Herr, stellst du in dieser Zeit das Reich für Israel in dieser Zeit wieder her?“ Das ist die alte Frage seit König David, das große Königreich Israel zu erhalten oder wiederherzustellen. Und ich vermute, unser Herr hat sich sehr gewundert. Vielleicht hätte er am liebsten gesagt:  Was? Ihr seid doch all die Jahre bei mir gewesen und mit mir gegangen. Ihr habt doch meinen Tod und meine Auferstehung erlebt. Und da träumt Ihr immer noch vom alten Reich Israel? Habt Ihr so wenig verstanden?

So ist das mit uns Menschen. Manche alten Denkschemata bleiben einfach irgendwo im Gehirn kleben. Und insofern fand ich es sehr erfreulich, wie hier Schritte zu neuen Perspektiven begonnen wurden. Komm Schöpfer Geist! Veni creator spiritus! Es geht um eine neue Kreativität, darum, dass der Geist auch jetzt etwas Neues schaffen kann. Und mir scheint, es gibt im Prozess der Synode die Offenheit dafür.

Konkrete Perspektiven

Ich nenne drei weitere Punkte. Ich habe dazu Worte aus der heiligen Schrift ausgewählt, die ich jeweils kurz auf unsere Situation anwende.

  • 2 Kor 3,3
    Da schreibt Paulus an seine Gemeinde in Korinth. Ihr seid ein Brief Christi. Geschrieben nicht mit Tinte.  Sondern aus dem Geist des lebendigen Gottes. Nicht auf Tafeln aus Stein, sondern wie auf Tafeln im Herzen von Fleisch. - Das wohlwollende Sprechen und Hören, das ich heute Vormittag hier erlebt habe, lässt mich dieses Signal spüren, das Paulus selbst seiner Gemeinde gegeben hat: „Ihr seid ein Brief Christi, und der Geist Gottes schreibt in eure Herzen.“  Das ist die Ausgangslage, mit der wir beraten dürfen und das Neue, das Zukunftsweisende, ausprobieren können.

  • 2 Kor 4, 7  „Diesen Schatz tragen wir in zerbrechlichen Gefäßen“

    Ja, wir haben einen Schatz. Er ist uns gegeben. Aber die Halterung, das, worin wir ihn tragen, ist halt so, wie Menschen sind, tönern, in tönernen Gefäßen. Irdene Gefäße. Es sind Menschen, die hier zusammenkommen. Es menschelt! Wir sind hier mit unseren Gaben, mit unseren Stärken, mit unseren Charismen aber auch mit unseren Grenzen. Manchmal ist es uns zu viel. Manchmal geht es uns auf den Geist. Manchmal bekommt man in der Kommission keine Klärung hin. Oder, oder, oder…

    Das ist so. In diesen Gefäßen, die nun mal so sind, wie wir Menschen sind, tragen wir aber den Schatz des Glanzes der göttlichen Herrlichkeit auf dem Antlitz Christi. Und es ist ein wichtiger Schritt der Synode, dies wahr sein zu lassen. Ja, wir sind ein irdenes Gefäß und tragen darin den Schatz in die Zukunft.

  • Lukas 10, 1 – 16

    Hier handelt es sich um die Aussendungsrede Jesu an die Apostel. Er schickt sie los. Und dabei fällt auf, dass er sagt: Nehmt nichts mit! (V 4) Hier handelt es sich um die erste große Missionsendung Jesu an die Seinen, die er erwählt hat, und man würde vermuten: Ja, die hat er bestens ausgebildet. Und das Know How und all die Kompetenzen, die man braucht als Mitarbeiter in der jungen Kirche, die sollten sie jetzt haben und auch sonstige Mittel. Aber Jesus sagt: Nehmt nichts mit. Ich nenne dies das „Apostolat der leeren Hände“. Nicht all das, was wir gelernt haben, unsere Fähigkeiten, unser Know-how, werden uns den Erfolg der Mission bringen, sondern: die leeren Hände, das Vertrauen darauf, dass Gott vor Ort selbst das Entscheidende wirken wird, dass er allein es ist, der die Herzen der Menschen aufschließen kann.

    Das war ja heute Morgen ein zentraler Begriff bei der Katechese „Die Entscheidung des Herzens“. Die Herzen aufzuschließen, das ist Gottes Sache, und es verlangt von uns bei allen Vorbereitungen, bei allem Material und bei allem Know-how eine innere Haltung des „Apostolates der leeren Hände“.

Von Jesus lernen

Ich will schließen mit einem Wort aus dem Evangelium von heute Morgen, dem Fest des Heiligen Franziskus, Mt 11, 28 – 29.

Jesus sagt: Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt … und lernt von mir.  Woher nehmen wir eigentlich unsere Kriterien im Urteilen? Sehen, Urteilen, Handeln. Beim Urteilen fragt man sich: Woher nehmen wir die Kriterien? Was ist jetzt das Bessere? Oder das Richtigere? Und bei dieser Fragestellung finde ich das Wort „Kommt zu mir, lernt von mir!“ entscheidend.

Ich wünsche Ihnen weiter eine gute Arbeit in den Sachkommissionen, und dann bis zur nächsten Vollversammlung Anfang Mai!

Dankeschön.

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