Verehrte, liebe Synodale!
Sehr herzlich begrüße ich Sie zur 5. Vollversammlung unserer Diözesansynode hier im ehemaligen Saarbrücker E-Werk, das uns schon vor einem knappen Jahr ein guter Ort für unsere Beratungen war. Dass wir hier gut tagen konnten, lag zum einen an den großzügigen und einladenden Räumlichkeiten, aber wesentlich eben auch an den guten Menschen, die sich um uns gekümmert haben, damit wir hier in angenehmer Atmosphäre arbeiten, beten und feiern konnten. Denen, die sich dieses Mal (wieder) um uns kümmern, schon ein großes Dankeschön vorweg.
Ein herzliches Willkommen sage ich in unser aller Namen zwei neuen Synodalen: Priestern, die als Vertreter ihrer Dekanate gewählt wurden: P. Siegmund Pawlicki SJ für das Dekanat Trier und Pfr. Axel Huber für das Dekanat Schweich-Welschbillig.
Vieles ist seit den ersten Oktobertagen des vergangenen Jahres geschehen. Vor allem liegt zwischen damals und heute eine enorme Arbeit der Sachkommissionen. Insofern kommen wir heute anders zusammen als vor einem Jahr. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich damals zum Schluss etwas salopp zu den Mitgliedern des Dekanats Saarbrücken gesagt: „Danke für die gute Aufnahme. Wir kommen gerne wieder!“ Dass dies tatsächlich so schnell konkret würde, war damals noch nicht abzusehen. Unsere Beratungen haben aber gezeigt, dass wir unbedingt eine zusätzliche Vollversammlung brauchen, wenn wir zu soliden Ergebnissen kommen wollen. Ihnen allen Dank für die Bereitschaft, sich die Zeit auch zu dieser zusätzlichen Vollversammlung zu nehmen!
Das gilt auch deshalb, weil wir auf das Ende der Synode zugehen: Schon in gut drei Monaten werden wir uns zu unseren letzten Plenumsberatungen in Trier treffen. Das Wissen darum prägt das Gefühl, mit dem wir heute hier ankommen. Da ergeht es Ihnen nicht anders als mir. Im Nachgang zur Koblenzer Vollversammlung hat mir eine unserer Synodenbeobachterinnen u.a. geschrieben: Nach meinem Eindruck „arbeiten die Synodalen intensiv, sie erleben aber auch die ihnen zugemutete Verantwortung mitunter als Belastung. D.h. aber, dass die Synode wirkliche Arbeit leistet und nicht eine „Show“ ist. Arbeit ist eben beides: Schön und anstrengend zugleich“. Das, was in Koblenz galt, gilt nun in verstärkter Weise: Die Synode ist eine schöne Erfahrung, aber sie ist anstrengend zugleich.
Für die Vollversammlung liegen uns mehr als 100 Empfehlungen zu den Beratungsgegenständen vor. Da kann einem flau werden, weil jeder spürt, so, wie diese vielen Empfehlungen aktuell vorliegen, können sie nicht das Endergebnis der Synode sein. Denn bei einigen Empfehlungen besteht noch deutlicher Klärungsbedarf (den die Kommissionen auch selbst markiert haben). Andere Empfehlungen lassen sich trotz der Übereinstimmungen, die auch sichtbar werden, nicht alle widerspruchsfrei miteinander verwirklichen, da sie zum Teil miteinander konkurrierende Ziele verfolgen. Das ist zwar nicht verwunderlich, macht aber die Herausforderung deutlich, die vor uns liegt.
Ebenso spüren wir, dass die Synode sich letztlich nicht in einer Fülle von Einzelempfehlungen erschöpfen kann, sondern in den Empfehlungen oder über sie hinaus so etwas wie ein Gesamtbild, eine Gesamtvorstellung für die nähere Zukunft unseres Bistums sichtbar werden muss. Die Synode wird erst dann wirklich richtungsweisend sein, wenn irgendwie zu spüren ist, dass ihr Gesamtergebnis mehr ist als die Summe der Teile, die pure Addition einzelner Empfehlungen.
Liebe Synodale, damit sage ich Ihnen nichts Neues. Immer wieder ist die Notwendigkeit eines „Zukunfts-“ oder „Leitbildes“ genannt worden. Zugleich haben wir aber auch gespürt, dass sich ein solches Bild offensichtlich nicht abstrakt und im Vorhinein entwerfen lässt, so sehr wir uns dies auch wünschen würden. Das Zukunftsbild wächst eher im Ringen um konkrete Empfehlungen und Festlegungen. Was uns soeben in der Eröffnungsliturgie in meditativer Weise vorgetragen worden ist und was Sie auf den ausgelegten Faltblättern auch noch einmal vorliegen haben, sind Ansätze für ein solches Zukunftsbild. So wie ich es verstehe, ist es das Bild einer durch die Zeit pilgernden Kirche, die sich als Weggefährtin und Herberge versteht. Herzlichen Dank an die Synodalen, die uns dieses Angebot eines Bildes vorgelegt haben.
Mit den Beschlüssen der Synode wollen wir Antwort geben auf den epochalen Gestaltwandel, in dem die Kirche in unserem Bistum steht. Darüber scheint mir unter uns Konsens zu bestehen. Aus diesem Konsens ergibt sich aber, dass Vorschläge, die bloß darauf abzielen würden, die Elemente der bisherigen sozialen Gestalt der Kirche zu stützen, zu verstärken oder wiederzubeleben, zum Scheitern verurteilt sind, selbst wenn man anderes dafür zurückstellen oder gar aufgeben würde. Mit einigen Kurskorrekturen hier und ein paar „pastoraltechnischen“ Verbesserungen da, ist es nicht getan. Es geht um Grundsätzlicheres. Hier in Saarbrücken fiel im vergangenen Jahr das Stichwort vom Perspektivwechsel.
Kurz vor den Sommerferien stieß ich auf eine Meldung, die für mich sehr erhellend war (in: KNA-Ökumenische Information 29/ 2015; vgl. auch www.ekir.de). Sie betraf unsere Schwesterkirche, die evangelische Kirche im Rheinland: Die Rheinische Landeskirche hatte in einem Evaluierungsprojekt Vertreter von Partnerkirchen im In- und Ausland eingeladen, die Landeskirche „unter die Lupe zu nehmen“. Wir würden so etwas vielleicht „Visitation durch externe Partner“ nennen. Die „Visitationsgäste“ kamen unter anderem aus dem Kongo, aus Indonesien, aus Polen, Rumänien, Frankreich und Deutschland. Deren Eindrücke fasste ein namibischer Bischof zum Schluss zusammen in dem Satz: „Was die Kirche tut, ist gut, aber es fehlen das Salz und das Licht.“ Wir danken unserer Schwesterkirche für den Mut, sich auf diese Weise von außen anschauen zu lassen, und wir ahnen, dass man über uns Ähnliches sagen könnte!
Ich würde mir wünschen, wenn es uns in der Synode in den kommenden Tagen und Monaten gelingen würde, in und durch die vielen Einzelempfehlungen (die unverzichtbar sind!) hindurch, das Salz und das Licht, von dem wir leben und das wir als Kirche zugleich sein sollen, sichtbar werden zu lassen. Erlauben Sie mir deshalb, noch einmal die Grundfragen in Erinnerung zu rufen, die ich seinerzeit bei der Ausrufung der Synode gestellt habe:
Liebe Synodale, ich sage das nicht, um den Druck auf die Synode zu erhöhen oder Befürchtungen zu verstärken. Solche Empfindungen sind da. Das dürfen wir uns ruhig eingestehen:
Bei dem einen mag es mehr die Befürchtung sein, dass uns die Zeit der Synode davonläuft. Insofern ist der Druck da, nun zügig zu klaren Entscheidungen zu kommen. Bei anderen Synodalen mag eher die Angst vor den Konsequenzen unserer Entscheidungen mitschwingen, oder die Angst, bisher Vertrautes aufzugeben; vielleicht schlummert in Ihnen auch die schlichte Befürchtung, mühsam Erarbeitetes der letzten Monate wieder loslassen zu müssen, weil sich keine Mehrheit dafür findet. Schließlich kann mich auch die Unsicherheit darüber umtreiben, was wohl passiert, wenn ich mich mit dem zeige, was ich zu bestimmten Empfehlungen denke.
Der geistliche Begleiter unserer Synode, Pater Meures, hat uns ja schon früh darauf hingewiesen, dass Druck, Angst und Überforderung keine Zeichen für das Wirken des Geistes Gottes sind. Im Gegenteil. Und zu unserer Ermutigung will ich daran erinnern, wie oft wir in den vergangenen zwei Jahren im Synodengebet die Bitte ausgesprochen haben: „Lass die Synode eine Versammlung des offenen Wortes und des geschwisterlichen Miteinanders sein.“ Wie oft schon haben wir so gebetet, und wie viele Menschen in unserem Bistum haben so für die Synode, für uns gebetet! Soll das umsonst gewesen sein?
Ein geschwisterliches Miteinander schließt einen munteren Streit nicht aus – gerade ein geschwisterliches Miteinander! Setzen wir uns also gegenseitig nicht unter Druck, aber scheuen wir auch nicht die leidenschaftliche Kontroverse um der Sache willen.
Ohne dass dies geplant war, verbindet sich der Verlauf unserer Synode mit dem 50-jährigen Jubiläum des Zweiten Vatikanischen Konzils. Im Dezember 1965 wurde diese weltweite Kirchensynode abgeschlossen. Der große Theologe und Konzilsteilnehmer Karl Rahner hat damals in München einen Vortrag zum Konzilsabschluss gehalten und darin unter anderem die bemerkenswerten Sätze gesagt: Der Dienst des Konzils „zielt … nicht auf die Selbstbehauptung der Kirche in der Zukunft, sondern er zielt in und nach dem Konzil … vor allem auf die Ankunft des Reiches Gottes, will ganz einfach: Glaube, Hoffnung und Liebe… Alle Theologie, alles Dogma, alles Kirchenrecht, alle Anpassung und alles Nein der Kirche, alle Institution, alles Amt und alle Vollmacht, alle heilige Liturgie und alle mutige Mission haben nur das einzige Ziel: Glaube, Hoffnung und Liebe zu Gott und den Menschen. Alle anderen Pläne und Taten der Kirche aber würden absurd und pervers, wollten sie sich dieser Aufgabe entziehen und allein sich selbst suchen.“ (Das Konzil - Ein neuer Beginn. Vortrag beim Festakt im Herkulessaal der Münchener Residenz am 12.12.1965, Herder-Freiburg, 2. Aufl. 1966, 24f).
Wir dürfen diese Sätze über das Konzil auch auf unsere Synode hin hören. Und wenn wir in den nächsten beiden Tagen nach Kriterien fragen, die uns zur Unterscheidung und zur Entscheidung bei den Empfehlungen helfen, dann kann uns in jedem Fall dieses von Karl Rahner genannte Kriterium helfen, das so einfach ist und zugleich so anspruchsvoll, indem es fragt:
Mit diesen Überlegungen wünsche ich uns fruchtbare Beratungen!
Liebe Synodale!
Lassen Sie mich zum Schluss noch eine Information geben, die schon über die Synode hinausführt. Es ist bereits mehrfach gefragt worden, wie wohl die Beschlüsse der Synode nachher umgesetzt werden. Hinter der Frage habe ich auch das Interesse gehört, an der Umsetzung beteiligt zu werden (Hierzu liegen inzwischen ja auch entsprechende Anträge vor).
Bei einer Klausur, die es im Juli zusammen mit den Weihbischöfen, den Leitungsverantwortlichen des Generalvikariates und dem Domkapitel gab, haben wir uns zur Frage der Umsetzung auch schon Gedanken gemacht. Noch liegt kein fertiges Konzept vor.
Fest steht aber, dass es für die Umsetzung eine Art von „Umsetzungskommission“ geben wird. Die Umsetzung der Synode wird nicht einfach durch die Regelstrukturen der bischöflichen Behörde bewerkstelligt werden. Das wäre angesichts der laufenden Regelarbeit auch nicht möglich und sinnvoll. Deshalb soll es ein besonderes Instrument für die Umsetzung geben, das selbst verständlich eng mit den Verantwortlichen im Generalvikariat zusammenarbeiten muss, andererseits aber eben auch Personen und Verantwortliche aus dem Bistum (haupt- und ehrenamtliche) berücksichtigt. Die Leitungskonferenz ist beauftragt, bis zur Vollversammlung im Dezember ein konkretes Konzept vorzulegen.