Geistlicher Zwischenruf von P. Franz Meures SJ

"Hört, was der Geist der Synode sagt"

Franz Meures SJ ist geistlicher Begleiter der Synode

Für den ersten Abend war mein geistliches Wort vorgesehen. Ich wollte etwas sagen zum geistlichen Prozess der Synode. Doch dann hatten wir eine sehr lange Tagesordnungsdebatte. So kam es nicht mehr zu diesem geistlichen Wort. Ich will dies jetzt nicht nachholen. Ich wollte zu folgendem Thema sprechen: „Geistlich entscheiden, wie geht das?“ Drei Überschriften hatte ich. Erstens: Geistlich Entscheiden - einsam und gemeinsam. Zweitens: Geistlich Entscheiden - mit Intuition, mit Gefühl und mit Verstand. Drittens: Geistlich Entscheiden - im Geiste Jesu.

Die Botschaft des Geistes ist schon da...

Dann habe ich etwas sehr überraschendes erlebt. Ich habe gestern und heute Vormittag intensiv zugehört. Und jeder Satz meiner Redevorlage tauchte von selbst hier im Plenum auf.  Ich fand dies ein starkes Ereignis. „Hört, was der Geist der Synode sagt!“ Ich erlebte, dass die Botschaft des Geistes schon da ist. Sehr spannend, sehr interessant! Wenn Sie möchten, kann ich den Text trotzdem noch in den Versand geben.

Ich will etwas sagen,  zu einem grundsätzlichen Punkt, der mir in diesen Tagen aufgefallen ist, auch in den vorgelegten Dokumenten. Wir haben mit Hilfe des Konzils – Gottlob - zurückgefunden zu den Getauften und zur allgemeinen Berufung zur Heiligkeit, zum allgemeinen Priestertum der Gläubigen. Das ist eine großartige Sache, aber irgendwie sind wir dann doch in der Volkskirche stecken geblieben. Denn wir haben, wie heute Morgen schon erwähnt, zu viele Getaufte, die gar nicht glauben und die auch keinen Kontakt mehr zur Kirche haben. Insofern meine ich, wir sollten – angesichts dieser Lage - unsere Sprache in diesem Punkt etwas verändern.

Ich lese einen Satz aus der Einleitung der Sachkommission 2. Ähnliches habe ich auch in anderen Texten gefunden: „Alle Getauften sind Jüngerinnen und Jünger, sind Missionarinnen und Missionare.“ Alle Getauften! Ich würde sagen: sie könnten es werden, aber sie sind es nicht automatisch. So wie es da steht - im Indikativ - fallen wir zurück auf das alte Opus Operatum, welches wir aus der Sakramententheologie und dem Sakramentenrecht kennen: Wenn etwas sakramental geschehen ist, dann ist es doch auch da. So geht es nicht mehr.

Wenn ein Mensch oder ein ganzes Flüchtlingslager in Syrien den Antrag auf Asyl in Deutschland stellt und die Behörden sagen „Ja machen wir, ihr habt alle jetzt eine Genehmigung nach Deutschland zu kommen“, dann haben diese Leute einen gültigen Schein, dorthin zu gehen. Aber sie müssen das auch tun.

Taufe ist kein Automatismus mehr

Das Volk Israel ist damals aus Ägypten aufgebrochen - wir wissen nicht, ob es alle waren, - und sie waren 40 Jahre unterwegs. Das war damals ein ganzes Lebensalter. Auf Deutsch: Wir sind das ganze Leben unterwegs. Und als später in der babylonischen Gefangenschaft das Edikt des Kyros kam „Jawohl, ihr könnt wieder nach Israel zurück und den Tempel wieder aufbauen“ zeigt sich: viele wollen gar nicht zurück und sind auch nicht gegangen. Und viele sind zurückgekehrt; aber sie wollten ihren Besitz und ihre Äcker zurück haben und der Wiederaufbau des Tempels und die Wiederherstellung ihrer Religion war ihnen dann gar nicht mehr so wichtig.

Welche Menschen können den Glauben weiter geben  und welche würden wir gerne als Missionare sehen? Das können nur Christen sein, die eine persönliche Bekehrung zu Christus durchgemacht haben,  eine Hinwendung zu ihm. Wir brauchen Christen, die einen persönlichen Glaubensweg gehen. Es geht nicht nur um die Frage: Was suchen die Menschen?, sondern auch um die Frage: Suchen sie wirklich nach Gott?

Früher sagte man: Diese Person ist katholisch getauft und ein praktizierender Christ, sie kann für den Pfarrgemeinderat kandidieren. Das geht nicht mehr, das sind volkskirchliche Kategorien, die nicht mehr greifen. Wir brauchen heute einen neuen Blick: „Wo sind Menschen, die sich wirklich auf dem Weg gemacht haben, persönlich Gott zu suchen? Und auf Folgendes müssen wir achten: In der Taufe versprechen wir nicht nur dreimal Glaubst du? Glaubst du? Glaubst du? -  an den Vater, den Sohn den heiligen Geist. Sondern zunächst werden wir dreimal gefragt: Widersagst du? Widersagst du? Widersagst du?

Taufe ist Entscheidung gegen und Entscheidung für

Taufe ist eine Entscheidung über das, was ich nicht will, und das, was ich will. Was hindert mich auf meinem Weg zu Gott und woran glaube ich, so dass ich daran festhalten will? In unserer heutigen Gesellschaft sind die Kräfte, die uns dauernd wieder vom Glauben wegbringen, so stark, dass wir diesen Taufprozess ständig wiederholen müssen.

Glaube ich denn noch? Oder habe ich mich der allgemeinen Konsumgesellschaft ergeben, und irgendwie gehen wir ja noch zur Kirche aber na ja…Wir sind in einer ständigen Krisis. Und das ist wichtig: Immer wieder neu umkehren! Nicht sagen: Einmal umgekehrt reicht für immer. Sondern es ist immer wieder nötig, sich zu Christus umzudrehen (P. Meures wendet sich zum Kreuz um). Immer wieder neu! Das gilt auch für kirchliche Mitarbeiter. Denn das wichtigste Instrument der Seelsorge ist der Seelsorger.

"Sie sollten mehr beten, Pater..."

Ich erzähle Ihnen ein persönliches Beispiel. Vor 12 Jahren war ich in einer leitenden Position, war völlig erschöpft und ausgepowert. Ich war sehr verkrampft, ging in eine Physiotherapie und hatte ein Gespräch mit einer Sportärztin, eine junge Frau.  Sie fragte mich genau nach meinem Beruf und was ich denn so mache. Dann meinte sie: „Dann müssen Sie wohl Ihren Beruf wechseln.“ Sie hatte verstanden, dass ich Priester bin. Und sie merkte, dass ich ziemlich fertig war. Und dann sagt sie auf einmal „Wissen Sie was? Sie sollten mehr beten!“ – „Wie bitte?“  fragte ich. „Sie sollten mehr beten, Sie glauben doch gar nichts mehr“.

Das war ein Volltreffer, ja ein wirklicher Volltreffer. Sie hatte Recht. Und mir – als Person in einem hohen kirchlichen Leitungsamt – das von einer Frau, von einer jungen Sportärztin ins Gesicht sagen zu lassen: „Sie glauben doch gar nicht mehr, Sie sind doch völlig erschöpft und resignier!“. Und dann die nächsten Schritte zu tun, wieder in Exerzitien zu fahren, mich wieder umzudrehen (P. Meures wendet sich wieder zum Kreuz um) und zu sagen:  Herr wenn du es willst, dann machen wir mal weiter.

Sie wissen: die, die am meisten brennen, sind am ehesten ausgebrannt. Aber beim Dornbusch, um dort abschließend anzuknüpfen, heißt es: „Er sah einen Busch, der brannte aber nicht verbrannte“.

Danke schön.

 

P. Meures hat Abschrift des gesprochenen Textes sprachlich leicht überarbeitet.

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