Unterwegs auf der A1 durch die Eifel; Kilometer um Kilometer nur Regen und Bäume und fast kein Wald. Da klingelt plötzlich das Handy. Also rechts ran fahren und hören, wer dran ist. Eine unbekannte Stimme, ein fremder Name und eine Nachfrage: „Entschuldigen Sie, aber haben Sie nicht vor Monaten eine Morgenansprache am Radio gehalten?“ Eine ganz andere Welt meldet sich da zu Wort…
Wer bei Verkündigungssendungen mitmacht, war selbstverständlich irgendwann in den letzten Monaten auch dabei; wenigstens zweimal im Jahr „ist man nämlich dran“. Dann steht mein Name auf dem Plan, den die beiden Rundfunkbeauftragten (Kollege Wolfgang Drießen für den Saarländischen, Kalle Grundmann für den Südwest-Rundfunk) zusammentragen.
Aber weiß ich nach fast 20 Jahren in diesem Metier und nach über 200 Beiträgen noch, was genau ich vor x Monaten gesagt habe? Also erst mal Zustimmung zu der Frage signalisieren, zugeben, dass ich gesprochen habe, und warten, was kommt. „Waren Sie es, die ein Gedicht über eine Kirche gelesen hat?“ Ein Gedicht, ja, das mache ich öfter; aber über die Kirche…? Doch – das habe ich auch gelesen. Manfred Hausmann – „Die alte Kirche“. Worte aus diesem Gedicht habe ich noch im Ohr. Er lässt mit seiner alten Kirche einen heimeligen Raum entstehen, einen Traum von Geborgenheit mitten im aufreibenden Alltag. Seine „alte Kirche“ ist ein Zufluchtsort für alle, die innerlich zur Ruhe kommen wollen, denn er weiß: „ob Glück, ob Unglück, beides trägt sich schwer“.
Ob ich das Gedicht noch habe und ob ich es bitte zuschicken könne? Ja, kann ich tun, wenn ich die Anschrift kriege. Also Adresse notieren, noch ein paar Worte wechseln und weiterfahren – über die A1, über nassgrauen Asphalt, vorbei an den Bäumen – jetzt aber in Gedanken beim Anruf, beim Gedicht, bei der Verkündigungs- Arbeit im Radio.
Direkt nach einer Sendung – da gibt es immer mal wieder Nachfragen; dass sich jemand nach Monaten meldet, ist schon überraschend. Dabei weiß ich, dass viele Sendungen „Langzeitwirkung“ haben. Einmal erzählt eine Hörerin, sie habe vor Jahren eine Sendung von Wolfgang Drießen über „den Clown“ gehört, die sie bis heute beeindruckt, die ihr Mut macht, wenn sie mal wieder auf der Nase liegt, wenn sie meint, alles was sie tue, sei vergeblich. Ein anderes Mal fragt jemand, wo denn die Formulare zur Patientenverfügung zu finden seien, über die ich irgendwann mal in einer Innehalten-Sendung gesprochen habe...
Morgenansprachen – sie heißen inzwischen „Gedanken“ (SWR3), „Anstöße“ (SWR1), „Wort zum Tag“ (SWR2), „Morgengruß oder Abendgedanken“ (SWR4) oder beim SR „Zwischenruf“ oder „Innehalten“: das sind kurze Predigten; die erreichen Tausende von Menschen. In aller Frühe, wenn Kopf, Körper und Geist sich für den Tag zurüsten; oder mittendrin im Vormittag, im Büro oder in der Boutique... Beim „Innehalten-Tag“ des Saarländischen Rundfunks erzählen viele Leute aus Stadt und Saarland, was ihnen diese Ansprachen wert sind. Manche stellen ihren Radiowecker so, dass die Ansprachen das Erste sind, was sie hören und was sie auf den Tag einstimmt. Andere hören beim Rasieren oder Zähneputzen zu, andere machen Pause am Frühstückstisch. „Meine Familie hat in der Zeit Redeverbot“, erzählt eine Frau, „ich bestehe darauf, die „Innehalten“-Ansprachen bewusst zu hören. Ich will mehr in meiner Welt als nur Haushaltsarbeit!“
Unterwegs auf der Autobahn und mit jedem Kilometer an diesem grauen Morgen wird sie größer: die Dankbarkeit dafür, Menschen ein gutes Wort weitergeben zu können, das den Weg ihres Lebens inspiriert.
(Fast) alles über kirchliche Sendungen im öffentlich-rechtlichen Radio finden Sie hier:
www.kirche-im-swr.de - für den Südwestrundfunk www.kirche-im-sr.de - für den Saarländischen Rundfunk