Seit 20 Jahren vermittelt SoFiA e.V. (Soziale Friedensdienste im Ausland) internationale Freiwilligendienste. Damit solche Einsätze eine entwicklungspolitische Wirkung entfalten können, ist es für den Geschäftsführer Peter Nilles entscheidend, dass die Freiwilligen bereit sind, sich auf unkonventionelle Erfahrungen einzulassen.
Badende am Strand einer kanarischen Insel, strahlender Sonnenschein, blauer Himmel... Es könnte eine ganz normale Urlaubsidylle sein, wären zwischen den Feriengästen nicht die erschöpften afrikanischen Männer, denen eine Frau - offenbar eine Urlauberin - eine Trinkflasche reicht.
Die Bilder gingen vor einigen Jahren durch die Presse und demonstrierten das Aufeinanderprallen von gesellschaftlichen Gegensätzen auf irritierende Weise. Für Peter Nilles waren es auch Bilder für die Unterbrechung des Normalen. Das ist für ihn nichts Negatives. Im Gegenteil: Peter Nilles ermutigt die Freiwilligen, die mit SoFiA e.V. ins Ausland gehen, ausdrücklich, Störungen im Alltäglichen zuzulassen und sich davon berühren zu lassen. Er hält das für eine Voraussetzung dafür, dass der Einsatz im Freiwilligendienst letztlich entwicklungspolitisch wirksam wird. Sichtbar wird dies für den Pastoralreferenten im Bistum Trier allerdings nicht unbedingt durch konkrete Veränderungen am Einsatzort; vor allem verändern sich Haltung und Einstellung der Freiwilligen. "Die Konsequenz daraus kann hochpolitisch sein", da ist er sich sicher.
Nilles kritisiert, dass das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) in seinem Evaluierungsbericht des Programms "weltwärts" ausdrücklich vor allem kurzfristige Leistungen und Erfolge der Freiwilligen hervorhebt; dass zum Beispiel in einigen Fällen Veränderungen beim Frontalunterricht erreicht wurden oder dass es dort keine Prügelstrafe mehr gibt... "Wenn man solche vereinzelt auftretenden Effekte hervorhebt, entsteht ja der Eindruck, als könnte mit dem Einsatz von Freiwilligen in unserem Sinn die Welt verändert werden. Das entspringt einer eurozentristischen Sichtweise, die heute nicht mehr akzeptabel ist", sagt Nilles.
Entscheidend für einen guten Freiwilligendienst ist aus seiner Sicht eher, dass es eine sinnvolle Tätigkeit vor Ort gibt und dass der oder die Freiwillige die schon erwähnten Grunderfahrungen machen kann: dass der Alltag und das Alltägliche unterbrochen werden – und dass die Freiwilligen sich durch „Störungen“ berühren lassen. Ganz entscheidend hängt das damit zusammen, wie die Einsatzleistenden sich dem Leben stellen, wie sie Erfahrungen zulassen und dadurch lernen.
Peter Nilles hat dafür ein Modell entwickelt, dass sich an biblischen Gleichnissen orientiert und spirituell ist - und zwar auf eine dem Leben zugewandte Weise.
Und das hält Peter Nilles für die entscheidende entwicklungspolitische Wirkung von Freiwilligendiensten: das Engagement aus einer persönlichen Erfahrung heraus. In dieser Hinsicht hält er den Freiwilligendienst übrigens auch für ein Instrument der kirchlichen Jugendpastoral - mit großem Potenzial.
Um nach dem Abi „rauszukommen“ und dabei auch noch etwas Sinnvolles zu tun, ging ich mit SoFiA e.V. 2002/2003 nach Rumänien. Dort nahm ich für das dortige Kolpingwerk u.a. an mehreren Seminaren zur EU-Erweiterung teil, die für Rumänien damals vor der Tür stand.
Wohl deshalb entschied ich mich nach meinem Dienst für das Studienfach der Europawissenschaften, in dem ich heute promoviere. Bis 2011 war ich in der kulturspezifischen Vorbereitung für die neuen Freiwilligen von SoFiA e.V. aktiv.
2010/2011 habe ich im Rahmen meines Freiwilligendienstes über SoFiA e.V. (Trier) in einer maronitischen Gemeinde in der syrischen Hafenstadt Latakia leben und arbeiten dürfen. Meine Tätigkeiten lagen im Bereich der Jugend- und Messdienerarbeit, der Mitarbeit im Kindergarten und im Büro der Gemeinde. Da ich direkt aus dem Berufsleben kam, sah ich mich oftmals mit anderen Lebens- und Arbeitsgestaltungen konfrontiert und konnte so meinen Blick auf das Leben erweitern.
Im Sommer 2012 haben wir, die fünf ehemaligen Freiwilligen in Syrien, ein ehemaliger Reversefreiwilliger aus der dortigen Pfarrgemeinde und der Priester den Verein „sawa-gemeinsam“ gegründet, um die Begegnung und Zusammenarbeit zwischen der dortigen Gemeinde und uns im Rahmen einer Partnerschaft zu fördern.
(Reverse-Freiwillige: Menschen aus den Partnerländern, die einen Freiwilligendienst in Deutschland leisten.)
Die Texte dieser Seite erschienen original in „contacts“ 3/2012 – der Zeitschrift der AGEH – Personaldienst der deutschen Katholiken für Entwicklungszusammenarbeit; Autorin: Katharina Engels – www.ageh.de - im Original hier
Die Wochenzeitung Paulinus berichtet immer wieder über Projekte von SoFiA eV - zB im Jahr 2009 (Hier gehts ins Archiv)